VwGH 2013/08/0146

VwGH2013/08/014613.11.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des G S in S, vertreten durch Dr. Erwin Bajc, Dr. Peter Zach, Mag. Dr. Reinhard Teubl und Mag. Harald Terler, Rechtsanwälte in 8600 Bruck/Mur, Mittergasse 28, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 29. Mai 2013, Zl. BMASK- 520119/0001-II/A/3/2013, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. L K in K, 2. S N in K, 3. P H in F, 4. Burgenländische Gebietskrankenkasse in 7001 Eisenstadt, Esterhazyplatz 3, 5. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 6. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65- 67), zu Recht erkannt:

Normen

ArbVG §34 Abs1;
ASVG §35 Abs1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs4;
ASVG §49;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2013:2013080146.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der Erst-, Zweit- und Drittmitbeteiligte im Zeitraum vom 9. bis zum 10. November 2009 als Dienstnehmer des Beschwerdeführers der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlagen.

Die genannten Mitbeteiligten, jeweils ungarische Staatsangehörige, seien am 10. November 2009 auf der Baustelle des Beschwerdeführers in N. im Zuge einer durch eine anonyme Anzeige ausgelösten Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Bruck, Eisenstadt, Oberwart bei Arbeiten an der Fassade des Hauses des Beschwerdeführers angetroffen worden. Bei der Befragung durch die Kontrollorgane habe der Erstmitbeteiligte als "Sprachrohr" für die anderen fungiert und ihnen beim Ausfüllen der Personalblätter und beim Beantworten der Fragen geholfen, weil er als einziger der deutschen Sprache ausreichend mächtig gewesen sei. In den einzelnen Personenblättern sei angegeben worden, dass der Beschwerdeführer der "Chef" sei und sie einen Stundenlohn von EUR 10,-- erhalten würden. Sie würden bereits seit dem 9. November 2009 auf der Baustelle arbeiten, wobei eine Arbeitszeit von 9 Stunden (von 07.00 bis 16.00 Uhr) vereinbart worden sei. Sie seien in Ungarn arbeitslos, hätten dort keinen Gewerbeschein und seien in Österreich nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Auch Entsendebestätigungen würden nicht vorliegen. Der Erstmitbeteiligte habe keinen Malerbetrieb in Ungarn. Mit dem Beschwerdeführer sei mündlich vereinbart worden, dass der Erstmitbeteiligte das Material und das Gerüst in Ungarn besorgen sollte. Des Weiteren habe der Beschwerdeführer bei der ersten Besichtigung (der Baustelle) die genauen Aufgaben bekannt gegeben, und zwar das Anbringen eines dünnen Vollwärmeschutzes und das anschließende Verspachteln und Ausmalen. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau seien zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht anwesend gewesen. Der "Tipp" in Richtung des Erstmitbeteiligten sei aus dem Bekanntenkreis des Beschwerdeführers gekommen. Der Erstmitbeteiligte habe sich nur mit einer Visitenkarte ausgewiesen. Weitere diesbezügliche Dokumente, insbesondere Rechnungen, würden nicht vorliegen. Der Zweit- und Drittmitbeteiligte seien zwar bei der ersten Besichtigung ebenfalls dabei gewesen, sie hätten sich allerdings im Hintergrund gehalten und keinen Einfluss auf die Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und dem Erstmitbeteiligten genommen.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass die Feststellungen zum Hergang der Kontrolle aus dem Protokoll über die Kontrolle und der Niederschrift über die Vernehmung des Erstmitbeteiligten durch die Beamten des Finanzamtes zu entnehmen seien. Darin seien der Hergang der Kontrolle, die Kooperation der drei ungarischen Staatsangehörigen sowie deren Personendaten festgehalten worden. Insbesondere die Angaben in den Personenblättern würden der Feststellung der Dienstnehmereigenschaft der drei ungarischen Staatsangehörigen zu Grunde gelegt. Diese seien für die belangte Behörde der wichtigste Beweis, mit dem die Frage beantwortet werden könne, wem die drei ungarischen Staatsangehörigen als Dienstnehmer zuzurechnen seien. Der Beschwerdeführer habe keine Beweise für den behaupteten Fixpreis, den er mit dem Erstmitbeteiligten vereinbart haben soll, vorweisen können. Für die belangte Behörde erscheine lebensnah und logisch, dass sich ein der deutschen Sprache nicht mächtiger ausländischer Staatsangehöriger im Fall einer behördlichen Kontrolle beim Ausfüllen von Formularen und beim Beantworten von Fragen an einen Vertrauten halten werde, welcher der deutschen Sprache mächtig sei. Daraus könne "nicht per se" auf eine "Absprache" oder "Beratung" der genannten Mitbeteiligten geschlossen werden.

Die Adresse, an der der Erstmitbeteiligte seinen Maler- und Tapeziererbetrieb haben sollte, sei überprüft worden. Dabei hätten sich keine Hinweise auf einen solchen Betrieb ergeben. Ein an der genannten Adresse befindliches Möbelhaus sei nicht mit dem Erstmitbeteiligten und seinem behaupteten "ordnungsgemäßen" Betrieb in Ungarn in Verbindung zu bringen, weshalb in weiterer Folge

"auch keine wie immer geartete selbständige Tätigkeit des (Erstmitbeteiligten) vorliegen kann und daher seine Dienstnehmereigenschaft festgestellt werden konnte. Dies gilt umso mehr für (den Zweit- und Drittmitbeteiligten), die im Verfahren nie behauptet hatten, selbständig zu sein. Die Feststellungen hinsichtlich der Dienstgebereigenschaft des (Beschwerdeführers) ergeben sich für die Berufungsbehörde ganz klar aus dem Gesamtbild des Falls. Die Art der Anbahnung (Tipp aus dem Bekanntenkreis, mündliche Abmachung über Stundenlohn, Auftrag zur Materialbeschaffung und genaue Anweisungen für die Ausführung der Arbeiten) in Verbindung mit dem Umstand, dass dies alles erst auf der Baustelle bei der ersten Besichtigung geschah, deuten für die Berufungsbehörde auf ein Dienstverhältnis unter (dem Beschwerdeführer) als Dienstgeber hin. Denn bei lebensnaher Betrachtung erscheint es für die Berufungsbehörde, wenn tatsächlich ein Werkvertrag beabsichtigt gewesen wäre, logischer, wenn (der Beschwerdeführer) den 'Unternehmer' (Erstmitbeteiligten) zuvor unter den auf der Visitenkarte angegebenen Daten kontaktiert hätte und alle Details rund um den Auftrag bereits im Vorfeld bekannt gegeben hätte und die erste Besichtigung der Baustelle dem 'Unternehmer' nur noch als eine Art 'Lokalaugenschein' vor dem Beginn der Arbeiten gedient hätte."

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten, die kaum Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben würden, könne bei Integration der Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers, wenn gegenteilige Anhaltspunkte fehlten, ein Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 Abs. 2 ASVG vorausgesetzt werden. Ein Werkvertrag sei somit ausgeschlossen. Die Annahme einer selbständigen Tätigkeit des Erstmitbeteiligten scheitere auch daran, dass kein Unternehmen betrieben werde, unter dem dieser hätte tätig werden können.

Dienstgeber sei gemäß § 35 Abs. 1 ASVG derjenige, der nach rechtlichen (und nicht bloß tatsächlichen) Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet werde, wen also das Risiko des Betriebes im Gesamten treffe. Der Beschwerdeführer habe den Erstmitbeteiligten beauftragt, eine Vollwärmefassade an seinem Haus anzubringen und habe dafür EUR 10,-- pro Stunde als Entgelt versprochen. Es seien keine Gewährleistungspflichten vereinbart worden. Daher treffe das Risiko der Durchführung der Arbeiten allein den Beschwerdeführer. Da weder der Beschwerdeführer (gesundheitliche Probleme) noch seine Ehefrau (Berufstätigkeit in der Steiermark) die Arbeiter während der Arbeitszeit hätten beaufsichtigen können, müsse noch geprüft werden, ob dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Betriebsführung zustünde, wobei die wirklichen rechtlichen Verhältnisse maßgeblich seien und nicht der nach außen in Erscheinung tretende Sachverhalt. Dem Beschwerdeführer sei als Auftraggeber jedenfalls rechtlich die Möglichkeit zugestanden, auf die Betriebsführung Einfluss zu nehmen. Er hätte jederzeit neue Anweisungen an den Erstmitbeteiligten und die beiden anderen Arbeiter geben können. Dass er dies aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich nicht gekonnt habe, sei nicht relevant. Der Beschwerdeführer sei somit als Dienstgeber des Erstmitbeteiligten anzusehen.

Der Zweit- und Drittmitbeteiligte seien vom Erstmitbeteiligten auf die Baustelle des Beschwerdeführers "mitgenommen" worden. Sie wären bei der ersten Besichtigung bereits dabei gewesen und hätten keinen bis kaum Kontakt zum Beschwerdeführer gehabt. Dennoch seien sie als Dienstnehmer nicht dem Erstmitbeteiligten zuzurechnen, weil alle drei Genannten in Ungarn arbeitslos seien und der Erstmitbeteiligte dort keine Gewerbeberechtigung besitze und nicht pflichtversichert sei. Mangels Vertrages habe der Erstmitbeteiligte auch aus rechtlicher Sicht keine Möglichkeit gehabt, auf die Arbeit des Zweit- und Drittmitbeteiligten Einfluss zu nehmen. Daher komme eine Dienstgebereigenschaft des Erstmitbeteiligten nicht in Betracht.

Jedem Bauherrn müsse klar sein, dass die Herstellung einer Vollwärmefassade nicht von einer einzelnen Person durchgeführt werden könne. Auch hinsichtlich des Zweit- und Drittmitbeteiligten habe der Beschwerdeführer die rechtliche Möglichkeit der Einflussnahme auf die Betriebsführung gehabt. Er hätte auch ihnen jederzeit spezielle Anweisungen geben können, weshalb er auch als Dienstgeber der Genannten anzusehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet. Die übrigen mitbeteiligten Parteien haben sich an dem Verfahren nicht beteiligt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bringt vor, das Haus, an dem die Arbeiten durchgeführt worden seien, stehe im Eigentum des Beschwerdeführers. Dieser habe kein Unternehmen, er betreibe insbesondere keinen Malerbetrieb und leiste keine Fassadenarbeiten. Aus dem Bekanntenkreis habe er erfahren, dass der Erstmitbeteiligte diese Tätigkeit ausführen würde, da er in Ungarn ein entsprechendes Unternehmen betreibe. Im Zuge der Besichtigung der Baustelle sei der Materialpreis sowie das Entgelt für die durchzuführenden Arbeiten vereinbart worden. Der Erstmitbeteiligte habe selbständig den Zweit- und Drittmitbeteiligten am 9. November 2009 auf die Baustelle mitgebracht und mit den Arbeiten begonnen. Am 10. November 2009 sei die Kontrolle durch Organe des Finanzamts durchgeführt worden. Dem Erstmitbeteiligten sei zum Zeitpunkt des Ausfüllens der Fragebögen bewusst gewesen, dass er in Österreich keine Gewerbeberechtigung gehabt habe und er habe daher angegeben, dass er als Dienstnehmer beschäftigt sei, um allfälligen Strafen zu entgehen. Er habe gewusst, dass er die entsprechenden Angaben im Fragebogen zu tätigen habe, zumal er bereits mehrfach in Österreich Tätigkeiten für andere Personen ausgeübt habe. Der UVS Steiermark habe im Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG das Verfahren gegen den Beschwerdeführer zu Recht eingestellt. Es könne doch nicht sein, dass ein Eigentümer eines Hauses als Unternehmer betrachtet werde, wenn er eine Person mit der Durchführung von Bautätigkeiten am eigenen Objekt beauftrage. An Weisungen sei der Auftragnehmer nur insoweit gebunden, als allenfalls ein Fertigstellungstermin, eine entsprechende Erscheinungsform des Werkes und gewisse Materialvorgaben getätigt würden. Wie, mit welchen Hilfspersonen und in welcher Zeit diese Arbeiten ausgeführt würden, sei hier nicht vereinbart worden.

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass eine Integration der drei Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers vorliege und ein Werkvertrag ausgeschlossen sei. Es stelle sich die Frage, welchen Betrieb der Beschwerdeführer gehabt haben solle. Er sei im öffentlichen Dienst tätig, habe ein Ferienhaus in N. und für dieses Ferienhaus habe er die Arbeiten in Auftrag gegeben. Der Beschwerdeführer verfüge nicht über eine "organisierte Einheit", welche einen Betrieb rechtfertigen würde. Der Erstmitbeteiligte hingegen führe die Fassadierungs- und Malerarbeiten gewerbsmäßig durch. Er habe diese schon öfter in Österreich durchgeführt. Er trete unternehmerisch auf, habe das Material, das Werkzeug und seine Helfer, sodass jedenfalls von einer Unternehmenstätigkeit des Erstmitbeteiligten auszugehen sei. Das Risiko für das geschuldete Werk treffe ausschließlich diesen. Wären nach Fertigstellung des Gewerks Mängel aufgetreten, so hätte dieser für die Mängel einstehen müssen.

2. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgeschlossen ist noch nach § 7 eine Teilversicherung begründet.

Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2001, Zl. 96/08/0028).

Ob bei Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jener persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG) - nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. Nr. 12.325/A).

Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.

Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein.

3.1. Bei Beschäftigten, die ihre Tätigkeit disloziert, d.h. in Abwesenheit des Dienstgebers oder des von ihm Beauftragten außerhalb einer Betriebsorganisation ausüben, stellt sich die Frage der Weisungsgebundenheit im Hinblick auf das arbeitsbezogene Verhalten in anderer Weise als bei einer Einbindung in eine Betriebsorganisation. Im ersten Fall wird das Vorliegen eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses in der Regel durch eine über die bloß sachliche Kontrolle des Ergebnisses einer Tätigkeit hinausreichende, die persönliche Bestimmungsfreiheit einschränkende Kontrollmöglichkeit bzw. durch (auf das Ergebnis derartiger Kontrollen aufbauende) persönliche Weisungen dokumentiert, während die Einbindung eines Dienstnehmers in eine Betriebsorganisation in der Regel zur Folge hat, dass dieser den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit nicht jederzeit selbst regeln oder ändern kann. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis wird hier oft weniger durch die ausdrückliche Erteilung von persönlichen Weisungen als vielmehr durch die "stille Autorität" des Arbeitgebers indiziert sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2013, Zl. 2013/08/0051).

3.2. Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2011, Zl. 2010/08/0129).

Eine Integration des Beschäftigten in einen Betrieb setzt das Vorhandensein eines Betriebs des Beschäftigers voraus. Beim Begriff des Betriebes im Sinn des § 35 Abs. 1 ASVG kann - wie auch zur Umschreibung dieses Begriffes in allen arbeitsrechtlichen Zusammenhängen - auf die Rechtsprechung zu § 34 Abs. 1 ArbVG zurückgegriffen werden. Gemäß § 34 Abs. 1 ArbVG gilt jede Arbeitsstätte als Betrieb, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb derer eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 15. Juli 2013, Zl. 2011/08/0151, mwN).

Der bloße Umstand, dass der Beschwerdeführer Eigentümer eines Hauses ist, an dem die hier zu Rede stehenden Arbeiten durchführt wurden, begründet keinen Betrieb. In Ermangelung eines Betriebes des Beschäftigers, in den die Beschäftigten integriert gewesen wären, reicht das bloße Vorliegen einfacher manueller Arbeiten nicht aus, um vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG ausgehen zu können.

4. Es ist somit zu klären, ob bei Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jener persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist (siehe oben 2.).

Den Feststellungen des angefochtenen Bescheides ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer an die Beschäftigten persönliche Weisungen erteilt (zur Unterscheidung zwischen persönlichen und sachlichen Weisungen vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2011, Zl. 2009/08/0123) oder über eine die persönliche Bestimmungsfreiheit der genannten Mitbeteiligten gleichartig einschränkende Kontrollmöglichkeit (siehe oben 3.1.) verfügt hätte. Auch aus dem von der belangten Behörde hervorgehobenen Umstand, dass die durchzuführenden Arbeiten erst anlässlich der ersten Besichtigung der Baustelle und nicht schon im Vorfeld besprochen wurden, ergibt sich nicht das Vorliegen persönlicher Weisungen an die genannten Mitbeteiligten. Diese bildeten unter der - auf seinen Sprachkenntnissen beruhenden - Vermittlung des Erstmitbeteiligten eine Gruppe von Arbeitern, die Material und Gerüst besorgten und die ohne weitere Anleitung einen Vollwärmeschutz an der Fassade des nicht zu einem Geschäftsbetrieb gehörenden Hauses des Beschwerdeführers aufbrachten. Das Vorliegen fachlicher Weisungen, das als Indiz für das Fehlen unternehmerischer Gestaltungsmöglichkeiten herangezogen werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2009, Zl. 2006/08/0333), wurde ebensowenig festgestellt wie eine etwaige Beistellung von Betriebsmitteln durch den Beschwerdeführer.

Die iSd § 4 Abs. 2 ASVG vorzunehmende Abwägung aller Umstände der vorliegenden Beschäftigungen ergibt auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen, dass bei der Tätigkeit des Erst- bis Drittmitbeteiligten die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

5. Auch das Vorliegen einer Beschäftigung der genannten Mitbeteiligten als freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 4 ASVG wäre zu verneinen, weil die Erbringung ihrer Dienstleistungen nicht für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches erfolgte (§ 4 Abs. 4 Z 1 ASVG; vgl. zur Ausnahme einer Beschäftigung im privaten Bereich von der Pflichtversicherung als freier Dienstnehmer Mosler, Die sozialversicherungsrechtliche Stellung freier Dienstnehmer, RdA 2005, 487 ff).

6. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

7. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Ein Ersatz für Eingabengebühren war wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (vgl. § 110 ASVG) nicht zuzusprechen.

Wien, am 13. November 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte