VwGH 2012/16/0049

VwGH2012/16/004918.3.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des Ing. K in S, vertreten durch Mag. Robert Schgör, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 47/1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. Dezember 2011, Zl. IKD(Gem)-525055/2-2011-Gb/Re, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des zuständigen Mitglieds des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 29. Mai 2009, bestätigt durch den unbekämpft gebliebenen Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 10. Dezember 2009, wurde gegenüber der S GmbH im Instanzenzug Kommunalsteuer für die Jahre 2001 bis 2007 festgesetzt und ein Betrag von EUR 65.984,11 samt Säumniszuschlag von EUR 1.319,70 nachgefordert.

Mit Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 22. März 2010 wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der S GmbH zur Haftung für die gegenüber der S GmbH festgesetzte Kommunalsteuer in einem Teilbetrag von EUR 48.692,05 für den Zeitraum Jänner 2001 bis Juli 2003 herangezogen und zur Zahlung aufgefordert.

Gegen den Abgabenbescheid vom 29. Mai 2009 und gegen den Haftungsbescheid vom 22. März 2010 erhob der Beschwerdeführer jeweils Berufung vom 23. April 2010. Die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbescheid ist nach der Aktenlage unerledigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Berufungsbescheid bestätigt, womit der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der S GmbH zur Haftung für die gegenüber der S GmbH festgesetzte Kommunalsteuer in einem Teilbetrag von EUR 41.997,30 für den Zeitraum Jänner 2001 bis Dezember 2002 herangezogen und zur Zahlung aufgefordert worden war.

Der Begründung folgend sei der Beschwerdeführer während des genannten Zeitraumes Geschäftsführer der S GmbH gewesen. Die rückständigen Abgaben hätten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, was auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers zurückzuführen sei. Exekutionsmaßnahmen gegen die S GmbH seien nicht erfolgreich gewesen. Der Beschwerdeführer habe nicht konkretisiert, warum ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen sei. Ein Haftungsbescheid sei zulässig, wenn die Einhebungsverjährung gegenüber dem Primärschuldner noch nicht eingetreten sei. Im zu Grunde liegenden Abgabenverfahren sei mit Bescheid vom 2. Dezember 2008 die Kommunalsteuernachforderung festgesetzt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt in der Beschwerde die Auffassung, dass die im Jahre 2001 und 2002 fällig gewordene Kommunalsteuer verjährt sei. Die Verjährungsfrist dafür habe am 31. Dezember 2006 und am 31. Dezember 2007 geendet. Der gegenüber der S GmbH erlassene Kommunalsteuerbescheid vom 2. Dezember 2008 sei daher hinsichtlich der Kommunalsteuer für die Jahre 2001 und 2002 der Verjährung unterlegen. Ein darauf gegründeter Haftungsbescheid könne weder eine Verjährungsunterbrechung noch eine Verlängerung der Verjährung begründen.

§ 11 Kommunalsteuergesetz 1993 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 142/2000 lautet auszugsweise:

"§ 11. (1) Die Steuerschuld entsteht mit Ablauf des Kalendermonates, in dem Lohnzahlungen gewährt, Gestellungsentgelte gezahlt (§ 2 lit. b) oder Aktivbezüge ersetzt (§ 2 lit. c) worden sind. Lohnzahlungen, die regelmäßig wiederkehrend bis zum 15. Tag eines Kalendermonats für den vorangegangenen Kalendermonat gewahrt werden, sind dem vorangegangenen Kalendermonat zuzurechnen.

(2) Die Kommunalsteuer ist vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monates (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

(3) Erweist sich die Selbstberechnung des Unternehmers als nicht richtig oder wird die selbstberechnete Kommunalsteuer nicht oder nicht vollständig entrichtet, hat die Gemeinde einen Kommunalsteuerbescheid zu erlassen."

Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt nach Abs. 2 leg. cit. bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.

§ 238 Abs. 2 BAO folgend wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann gemäß § 248 BAO unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224, Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen.

Nach der Rechtsprechung hat die Berufungsbehörde, wenn ein zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch gemäß § 248 BAO gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch beruft, zunächst nur über die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, weil sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Berufung gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sind in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. September 2011, 2011/16/0085, mwN).

Der Beschwerdeführer hat sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gemäß § 248 BAO gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen, weshalb die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend die Meinung vertritt, es sei zunächst über die Haftung zu entscheiden und der hier geltend gemachte, jedoch den Abgabenanspruch betreffende Verjährungseinwand, in jenem Verfahren zu klären.

Durch den Abgabenbescheid wurde die hier interessierende Kommunalsteuer für die Jahre 2001 und 2002 festgesetzt. Der Festsetzungszeitpunkt (erstinstanzlicher Bescheid im Jahre 2008) ist als Beginn der Einhebungsverjährungsfrist zu sehen, weshalb eine Einhebungsverjährung im Beschwerdefall nicht vorliegt. Die Verjährung hinsichtlich der Festsetzung wäre im Abgabenverfahren geltend zu machen.

Verweist der Beschwerdeführer in der Beschwerde auf die Betrauung betriebsfremder Spezialisten mit der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Erfassung und Abwicklung und macht damit mangelndes Verschulden geltend, hat er es verabsäumt im Detail darzulegen, welcher konkrete Sachverhalt den Spezialisten mitgeteilt worden wäre und auf welcher Grundlage diese die Kommunalsteuer berechnet hätten. Die bloße Übertragung der steuerlichen Belange auf einen Steuerberater schließt nicht jedwedes Verschulden gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 1 BAO aus (vgl. das Erkenntnis vom 9. Juni 1986, 85/15/0069).

Gerade die vom Beschwerdeführer für die Jahre 2001 und 2002 behauptete Liquidität der S GmbH ist Voraussetzung für die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, weil die Abgaben ja sonst nicht hätten entrichtet werden können.

Mit seinem übrigen Vorbringen (so soll entgegen der Aktenlage der Haftungsbescheid des FA Linz am 15. Februar 2012 zugegangen sein) entfernt sich der Beschwerdeführer vom festgestellten Sachverhalt bzw. der unbestrittenen Aktenlage, weshalb darauf nicht einzugehen war.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. März 2013

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