Normen
AVG §7 Abs1 Z3;
AVG §7 Abs1;
AVG;
BAO §278;
BAO §76 Abs1 litc;
BAO §76;
BAO;
FinStrG §72 Abs1 lite;
FinStrG §72;
FinStrG §77;
GEG §6;
GEG §7;
GEG;
VStG §51a;
AVG §7 Abs1 Z3;
AVG §7 Abs1;
AVG;
BAO §278;
BAO §76 Abs1 litc;
BAO §76;
BAO;
FinStrG §72 Abs1 lite;
FinStrG §72;
FinStrG §77;
GEG §6;
GEG §7;
GEG;
VStG §51a;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 19. November 2009 brachte der Beschwerdeführer beim Landesgericht Salzburg eine Wiederaufnahmsklage betreffend das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 6. Jänner 2009, 3Cg…/02, ein. Am Deckblatt des Schriftsatzes scheint der Vermerk "Verfahrenshilfe gebührenbefreit!!" auf und wird nach der klagenden Partei angeführt "vertreten durch: Dr. (M.) Rechtsanwältin (Anschrift) (als bestellte Verfahrenshelferin)". Der Schriftsatz wird mit den Ausführungen eingeleitet, in der bezeichneten Rechtssache habe der Kläger am 16. Oktober 2009 zwar einen gesonderten Verfahrenshilfeantrag zur Einbringung der gegenständlichen Wiederaufnahmsklage an das Landesgericht Salzburg gestellt, wobei dieses Verfahren zur GZ 7 Nc…/09 des Landesgerichtes Salzburg anhängig sei. Da es sich bei der gegenständlichen Wiederaufnahmsklage jedoch um ein - außerordentliches - Rechtsmittel im Rahmen des Verfahrens 3 Cg …/02g des Landesgerichtes Salzburg handle, und somit aufgrund der Wiederaufnahmsklage kein neues Verfahren eingeleitet werde, könne die Wiederaufnahmsklage im Rahmen der bereits für den Beschwerdeführer bewilligten Verfahrenshilfe für das Verfahren 3 Cg…./02 des Landesgerichtes Salzburg eingebracht werden.
Mit Beschluss vom 23. Dezember 2009 wies das Landesgericht Salzburg den Verfahrenshilfeantrag vom 16. Oktober 2009 ab. Einen dagegen erhobenen Rekurs wies das Oberlandesgericht Linz mit rechtskräftigem Beschluss vom 20. Juli 2010 ab.
Mit Zahlungsauftrag vom 27. Juli 2010 schrieb die Kostenbeamtin des Landesgerichtes Salzburg dem Beschwerdeführer für die Wiederaufnahmsklage Pauschalgebühr nach TP 1 GGG und eine Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG vor.
Der Beschwerdeführer stellte mit Schriftsatz vom 11. August 2010 den Antrag, ihm die Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Zahlungsauftrag zu bewilligen und "jede Entscheidung über diesen Verfahrenshilfeantrag an ein jedenfalls unbefangenes, gleichwertiges Landesgericht außerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Oberlandesgerichts Linz zu delegieren.
Die Kostenbeamtin des Landesgerichts Salzburg wies diese Anträge mit Bescheid vom 24. August 2010 ab.
Mit Schriftsatz vom 12. August 2010 erhob der Beschwerdeführer gegen den Zahlungsauftrag Einwendungen mit der Begründung, dass die für das vorangegangene Verfahren 3 Cg…/02 bewilligte Verfahrenshilfe Gültigkeit für das Wideraufnahmeverfahren habe. Detaillierte rechtliche Ausführungen behalte er dem mit Schriftsatz vom 11. August 2010 beantragten Verfahrenshelfer vor. Gleichzeitig wurde der Delegierungsantrag wegen "Befangenheit des Landesgerichtes Salzburg und des Oberlandesgerichtes Linz" wiederholt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag und den Delegierungsantrag ab. Bei der Wiederaufnahme handle es sich um ein selbständiges Prozessverfahren, das unabhängig von dem Vorverfahren sei. Demnach gelte die in einem Zivilprozess bewilligte Verfahrenshilfe nicht für eine mit diesem Verfahren im Zusammenhang stehende Wiederaufnahmsklage. Da auch der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zu 7 Nc…/09i rechtskräftig abgewiesen worden sei, komme ihm die Verfahrenshilfe nicht zu und sei der Zahlungsauftrag zu erlassen gewesen.
Bei dem bekämpften Zahlungsauftrag sowie bei dem den Berichtigungsantrag erledigenden Bescheid handle es sich um eine Entscheidung einer Verwaltungsbehörde, weswegen eine Delegierung an ein außerhalb der Zuständigkeit des Sprengels des Oberlandesgerichts liegendes Landesgericht verfehlt sei. Eine allfällige Befangenheit eines ordentlichen Gerichts, soweit eine pauschale Befangenheit überhaupt möglich sei, ziehe nicht zwangsläufig die Befangenheit der Justizverwaltungsbehörden nach sich. Zudem könne nicht eine Behörde, sondern lediglich ihr Organwalter befangen sein.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt erachtet, dass ihm "keine Pauschalgebühr vorgeschrieben wird", und im Recht "auf Entscheidung durch ein unbefangenes Organ und Delegierung der Entscheidungspflicht".
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 2 GGG gilt die Gebührenfreiheit auf Grund der Verfahrenshilfe nur für das Verfahren, für das sie bewilligt wurde, einschließlich des Rechtsmittelverfahrens und des Exekutionsverfahrens, solange keine Änderung an der Gewährung der Verfahrenshilfe eintritt.
Gemäß § 7 Abs. 1 GEG kann der Zahlungspflichtige, wenn er sich durch den Inhalt des (gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. vom Kostenbeamten zu erlassenden) Zahlungsauftrages beschwert erachtet, binnen 14 Tagen dessen Berichtigung verlangen.
Über den Berichtigungsantrag entscheidet gemäß § 7 Abs. 3 GEG der Präsident des Gerichtshofs erster Instanz, wenn aber der Zahlungsauftrag von einem Oberlandesgericht erlassen wurde, der Präsident dieses Gerichtshofs im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid.
Der Beschwerdeführer trägt vor, eine Wiederaufnahmsklage sei ein außerordentliches Rechtsmittel, sodass die im wiederaufzunehmenden Verfahren bewilligte Verfahrenshilfe auch für das Verfahren über die Wiederaufnahmsklage gelte.
Sehe man die Wiederaufnahmsklage nicht als Rechtmittel an, so liege jedenfalls eine planwidrige Lücke im Gesetz vor, welche mittels Analogie zu schließen sei, indem § 9 Abs. 2 GGG auch auf die Wiederaufnahmsklage anzuwenden sei.
Die vom Beschwerdeführer vertretene Ansicht hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit dem im angefochtenen Bescheid zutreffend zitierten Erkenntnis vom 9. September 1993, 92/16/0046, verworfen. Auf die Gründe jenes Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
Weiters führt der Beschwerdeführer ins Treffen, im Schriftsatz vom 12. August 2010 habe er ein detailliertes rechtliches Vorbringen ausdrücklich dem zu bestellenden Verfahrenshelfer vorbehalten, weswegen die belangte Behörde zuerst über den Antrag auf Verfahrenshilfe hätte entscheiden müssen.
Die Vorschreibung von Gerichtsgebühren nach dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz (GEG) stellt kein gerichtliches, sondern ein verwaltungsbehördliches Verfahren dar, auf das mangels besonderer Anordnung nicht die Bestimmungen der Prozessordnungen anzuwenden sind. Da für dieses in den §§ 6 und 7 GEG nur bruchstückhaft geregelte Verfahren weder das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) noch die Bundesabgabenordnung (BAO) anzuwenden sind, sind mangels gesetzlicher Regelungen die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens heranzuziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2012, 2011/16/0216). Die Bewilligung von Verfahrenshilfe ist weder im AVG noch in der BAO vorgesehen und findet sich im Verwaltungsrecht für Strafverfahren (§ 51a VStG und § 77 FinStrG).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage bedurfte es nach dem den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe abweisenden Bescheid der Kostenbeamtin vom 24. August 2010 keines weiteren Zuwartens mit dem angefochtenen Bescheid bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides vom 24. August 2010.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, der Delegierungsantrag (wohl im Schriftsatz vom 11. August 2010) beziehe sich "auf das Verfahren insgesamt somit das gesamte Zivilverfahren." Die belangte Behörde hätte fälschlicherweise angenommen, nur das Verfahren über die Einwendungen (gegen den Zahlungsauftrag) sei betroffen. Über den Delegierungsantrag "des gesamten Verfahrens" hätte jedoch nicht die belangte Behörde zu entscheiden gehabt, sondern das erkennende Gericht, weswegen sie eine gerichtliche Zuständigkeit in Anspruch nehme, welche den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belaste.
Da der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 11. August 2010 einen Antrag stellte, "jede Entscheidung über diesen Verfahrenshilfeantrag (Anmerkung: Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Zahlungsauftrag vom 27. Juli 2010) an …..zu delegieren", ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, eine Delegierung werde im Justizverwaltungsverfahren beantragt.
Der Beschwerdeführer rügt, der angefochtene Bescheid sei ihm nicht rechtmäßig zugestellt worden. Der angefochtene Bescheid sei beim Postamt nicht aufgefunden worden und sei ihm nach seinem diesbezüglichen Zustellantrag nur ohne Rückschein übermittelt worden.
Dass eine Zustellung nicht erfolgt sei, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet, vielmehr bringt er selbst vor, der Bescheid sei zugestellt worden, er sei lediglich ohne Rückschein übermittelt worden. Eine zwingende Zustellung mit Rückschein sieht das Gesetz indes nicht vor.
Weiters sei der angefochtene Bescheid nach Ansicht des Beschwerdeführers mangelhaft, weil ihm nicht entnommen werden könne, wer ihn erlassen und gezeichnet habe und ob die Person, die ihn gezeichnet habe, auch berechtigt gewesen sei, dies zu tun. Offensichtlich sei der angefochtene Bescheid von der Vizepräsidentin des Landesgerichtes Salzburg gezeichnet worden.
Der angefochtene Bescheid ist ausdrücklich als Bescheid bezeichnet. Aus dem Bescheidkopf ergibt sich klar der Präsident des Landesgerichtes Salzburg als bescheiderlassende Behörde. Der Beschwerdeführer räumt selbst ein, dass der Bescheid von der Vizepräsidentin des Landesgerichtes Salzburg (mit dem Zusatz: "In Vertretung") gezeichnet wurde. Dass die Vizepräsidentin dazu nicht befugt gewesen wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht konkret und ist auch sonst im Verfahren nicht hervorgekommen.
Schließlich rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe ihm nicht mitgeteilt, dass nur einzelne Organe abgelehnt werden können; sie hätte ihn zur Verbesserung seines Antrages und zur Vorlage allfälliger Bescheinigungsmittel auffordern und anleiten müssen. Die den angefochtenen Bescheid zeichnende Vizepräsidentin des Landesgerichtes Salzburg sei die Ehefrau des Richters, der im Verfahren 3 Cg …/02 wegen Befangenheit "abberufen" worden sei.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Pflicht zur Rechtsbelehrung (Manuduktionspflicht), wie sie in § 13a AVG und in § 113 BAO geregelt ist, ein allgemeiner Grundsatz eines rechtsstaatlichen Verfahrens im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung ist. Denn das Recht, einen Antrag auf Ablehnung eines Organwalters zu stellen, bildet keinen solchen Grundsatz und wurde beispielsweise im Anwendungsbereich der BAO erst durch das AbgRmRefG, BGBl. I Nr. 97/2002, mit der Neufassung des § 278 BAO und auch nicht allgemein, sondern nur hinsichtlich der Mitglieder des Berufungssenates geschaffen.
Maßgeblich für die Befangenheit bei Vorliegen sonstiger wichtiger Gründe ist, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln, sodass eine parteiliche Ausübung seines Amtes als wahrscheinlich angesehen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. November 2012, 2011/06/0202).
Jeder Vorwurf einer Befangenheit hat konkrete Umstände aufzuzeigen, welche die Objektivität des Entscheidungsträgers in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen (vgl. hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2012, 2010/05/0212).
Allein das Vorbringen, dass der angefochtene Bescheid von der Ehefrau des im betreffenden zivilgerichtlichen Verfahren entscheidenden Richters gezeichnet worden sei, vermag deren Befangenheit nicht zu begründen. Aus welchen Gründen der Ehemann der Vizepräsidentin des Landesgerichtes Salzburg im betreffenden zivilgerichtlichen Verfahren befangen gewesen wäre und ob diese Gründe auf seine Ehefrau durchschlagen könnten, lässt die Beschwerde offen und ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Akten.
Angesichts des unstrittigen Sachverhaltes und der nach dem erwähnten hg. Erkenntnis vom 9. September 1993 eindeutigen Rechtslage hätte im Übrigen auch ein nicht vom Vorwurf der Befangenheit belasteter Organwalter zu keinem im Spruch anderen als den angefochtenen Bescheid gelangen dürfen. Die Relevanz des mit der behaupteten Befangenheit geltend gemachten Verfahrensfehlers (vgl. aus dem Bereich des AVG etwa das erwähnte hg. Erkenntnis vom 12. November 2012, aus dem Bereich der BAO etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2009, 2006/13/0143) zeigt der Beschwerdeführer somit nicht auf.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 29. April 2013
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