VwGH 2010/13/0130

VwGH2010/13/013023.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, in der Beschwerdesache der F. Privatstiftung in E, vertreten durch LBG Wirtschaftstreuhand- und Beratungsgesellschaft m.b.H. in 1030 Wien, Boerhaavegasse 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde), vom 10. Juni 2010, Zl. RV/1163-W/05, betreffend Körperschaftsteuer 2001 und 2002, den Beschluss gefasst: Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Normen

11997E056 EG Art56;
12010E063 AEUV Art63;
12010E267 AEUV Art267;
62002CJ0319 Manninen VORAB;
62009CJ0233 Dijkman VORAB;
DBAbk Belgien 1973;
DBAbk BRD 1955;
KStG 1988 §13 Abs3 idF 2000/I/142;
KStG 1988 §22 Abs3 idF 2000/I/142;
KStG 1988 §24 Abs5 idF 2000/I/142;
PSG 1993;
VwGG §38b;

 

Spruch:

Ist Art. 56 EG (nunmehr Art. 63 AEUV) dahin auszulegen, dass er einem System der Besteuerung von einer österreichischen Privatstiftung erzielter Kapitalerträge und Einkünfte aus der Veräußerung von Beteiligungen entgegensteht, das eine steuerliche Belastung der Privatstiftung in Form einer "Zwischensteuer" zur Sicherung einer inländischen Einfachbesteuerung nur für den Fall vorsieht, dass auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens beim Empfänger von Zuwendungen aus der Privatstiftung eine Entlastung von der an sich auf solchen Zuwendungen lastenden Kapitalertragsteuer erfolgt?

Begründung

A. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine österreichische Privatstiftung mit (u.a.) einem in Belgien und einem in Deutschland ansässigen Begünstigten. Sie erzielte in den beiden Streitjahren 2001 und 2002 Kapitalerträge und Einkünfte aus der Veräußerung von Beteiligungen, die dem im Jahr 2001 erstmals anzuwendenden System der sogenannten Zwischenbesteuerung solcher Einkünfte von Privatstiftungen unterlagen. Gemäß dem System der Zwischensteuer brachte die Beschwerdeführerin in ihren Steuererklärungen von diesen Einkünften die jeweils höheren Zuwendungen an die beiden Begünstigten in Belgien und Deutschland in Abzug, von denen sie 25% Kapitalertragsteuer als Quellensteuer einbehalten hatte. Innerhalb der dafür jeweils zur Verfügung stehenden mehrjährigen Frist beantragte der in Belgien ansässige Begünstigte unter Berufung auf das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Belgien für beide Streitjahre und der in Deutschland ansässige Begünstigte unter Berufung auf das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Deutschland für das Jahr 2001 die Erstattung von Kapitalertragsteuer, wobei diesen Anträgen nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid Folge geleistet wurde.

B. Beschwerdeverfahren

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Zuwendungen, hinsichtlich derer es später zu Rückerstattungen von Kapitalertragsteuer gekommen sei, seien von der Bemessungsgrundlage für die sogenannte Zwischensteuer wegen der Rückerstattung nicht mehr abzuziehen. Es vertrat außerdem die Ansicht, solche Zuwendungen seien auch nicht geeignet, zu der im Gesetz vorgesehenen Gutschrift in früheren Jahren entrichteter Zwischensteuer zu führen. Dies betraf im vorliegenden Fall - da das strittige System im Jahr 2001 erstmals anzuwenden war - die Frage, ob und in welchem Umfang auf Grund der Zuwendungen von 2002 in diesem Jahr eine Gutschrift von für das Jahr 2001 entrichteter Zwischensteuer zustehe.

Die belangte Behörde schloss sich in ihrer Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Bescheide des Finanzamtes dessen Rechtsansicht in der Hauptsache an und bestätigte die Belastung der Beschwerdeführerin mit Zwischensteuer in der damals noch vorgesehenen Höhe von 12,5% der durch die Zuwendungen an die Begünstigten in Belgien und Deutschland im Jahr 2001 und an den Begünstigten in Belgien im Jahr 2002 jeweils nicht verringerten Bemessungsgrundlage. Hinsichtlich dieser Zuwendungen seien nämlich Entlastungen von der Kapitalertragsteuer auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen erfolgt, was ihren Abzug von der Bemessungsgrundlage für die Zwischensteuer ausschließe.

Für diese Ansicht der belangten Behörde spricht nach innerstaatlichem Recht, dass sich das Gesetz mit "Entlastung auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens" nicht auf Entlastungen an der Quelle zu beziehen scheint, weil das Erfordernis des Unterbleibens einer Entlastung zu dem Erfordernis einer Einbehaltung von Kapitalertragsteuer (an der Quelle) hinzutritt. Dem Gesetz ist zudem auch nicht im Sinne der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung zu entnehmen, dass nur eine Entlastung gemeint sei, die - wie die Zuwendung, von der Kapitalertragsteuer einbehalten wurde - noch "im Veranlagungszeitraum" erfolgt.

Im Gegensatz zum Finanzamt vertrat die belangte Behörde jedoch im Sinne des Eventualbegehrens der Beschwerdeführerin die Ansicht, auf Grund der im Jahr 2002 erfolgten Zuwendungen an den Begünstigten in Belgien, die in diesem Jahr - anders als diejenigen an den Begünstigten in Deutschland, der für 2002 keine Rückerstattung beantragt hatte - nach der von der belangten Behörde in der Hauptsache vertretenen Auffassung zu keiner Verringerung der Bemessungsgrundlage für die Zwischensteuer geführt hätten, stehe der Beschwerdeführerin eine teilweise Gutschrift der für das Jahr 2001 festgesetzten Zwischensteuer zu.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin geltend, der Ausschluss von Zuwendungen, hinsichtlich derer der Begünstigte auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens eine Entlastung von der Kapitalertragsteuer erwirkt habe, von der den Zuwendungen im Veranlagungszeitraum vom Gesetz sonst zugebilligten Wirkung, die Bemessungsgrundlage für die Zwischensteuer zu verringern (die Zwischensteuer zu "unterdrücken"), verletze - auch bei der von der belangten Behörde zugestandenen Eignung gleichartiger Zuwendungen der Folgejahre, zu Gutschriften zu führen - die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß (im Streitzeitraum) Art. 56 EG.

C. Maßgebliche Bestimmungen des nationalen Rechts § 13 Abs. 3 KStG 1988 lautete in der hier maßgeblichen

Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000:

"(3) Bei Privatstiftungen, die (Anmerkung: wie die Beschwerdeführerin, eine eigennützige außerbetriebliche Stiftung) nicht unter § 5 Z 6 oder 7 oder unter § 7 Abs. 3 fallen, sind weder bei den Einkünften noch beim Einkommen zu berücksichtigen, sondern nach Maßgabe des § 22 Abs. 3 gesondert zu versteuern:

1. In- und ausländische Kapitalerträge aus

"(5) Körperschaftsteuer, die auf Kapitalerträge und Einkünfte im Sinne des § 13 Abs. 3 und 4 entfällt, ist nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen im Wege der Veranlagung gutzuschreiben:

1. Die Körperschaftsteuer ist bei Abgabe der Steuererklärung auf Grund einer erfolgten Veranlagung festgesetzt und entrichtet.

2. Die Privatstiftung tätigt Zuwendungen im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 7 des Einkommensteuergesetzes 1988, die nicht zu einem Unterbleiben der Besteuerung gemäß § 13 Abs. 3 letzter Satz geführt haben.

3. Die Gutschrift beträgt 12,5% der für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer maßgeblichen Bemessungsgrundlage der Zuwendungen.

4. Die Privatstiftung führt ein Evidenzkonto, in dem die jährlich entrichtete Körperschaftsteuer, die gutgeschriebenen Beträge und der jeweils für eine Gutschrift in Betracht kommende Restbetrag fortlaufend aufgezeichnet werden.

5. Im Falle der Auflösung der Privatstiftung ist der im Zeitpunkt der Auflösung für eine Gutschrift in Betracht kommende Betrag zur Gänze gutzuschreiben."

D. Erläuterung des Vorlagebeschlusses

1. Privatstiftungen der hier vorliegenden Art wurden vom österreichischen Gesetzgeber mit dem Privatstiftungsgesetz, BGBl. Nr. 694/1993, eingeführt, wobei zum abgabenrechtlichen Teil in den Erläuterungen (1132 BlgNR XVIII. GP 17-18) dargelegt wurde, das neue, im Entwurf noch "Privatrechtsstiftung" genannte Rechtsinstitut solle nicht nur ein Instrument sein, um bestehende private und unternehmerische Vermögensstrukturen zu erhalten, sondern auch der Tendenz entgegenwirken, solche Vermögen aus der österreichischen Volkswirtschaft abzuziehen. Diese Zielrichtungen rechtfertigten eine u.a. von den folgenden Grundsätzen getragene Besteuerung:

"Die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht der übrigen (Anmerkung: wie die Beschwerdeführerin nicht gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen) Privatrechtsstiftungen soll unabhängig davon gegeben sein, ob nach der Stiftungsurkunde ausschließlich eigennützige Zwecke (eigennützige Stiftungen) oder neben eigennützigen auch gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (doppelnützige Stiftungen) verfolgt werden. Die Steuerpflicht soll sich allerdings nicht auf bestimmte Kapitaleinkünfte und auf die Veräußerung bestimmter Beteiligungen erstrecken. Diese Ausnahmen erscheinen dadurch sachlich gerechtfertigt, daß die für diese Einkünfte maßgebenden Quellen in aller Regel aus dem Privatvermögen des Stifters stammen und die Einfachbesteuerung der Erträge auf der Ebene der Begünstigten anläßlich der Zuwendung auf einem für vergleichbare Einkünfte natürlicher Personen entsprechenden Steuerniveau hergestellt wird. Ein längerfristiger thesaurierungsbedingter Steuerentfall ist daraus im Hinblick auf den regelmäßig mit solchen Stiftungen verbundenen Versorgungsauftrag nicht zu erwarten.

Außerhalb der vorgenannten Befreiungen soll das für personenbezogene Körperschaften geltende Besteuerungssystem (Einfachbesteuerung durch die Summe von Körperschaftsteuer und ausschüttungsbezogenem Halbsatzverfahren) Anwendung finden. Übersetzt auf Privatrechtsstiftungen soll daher jede laufende und einmalige Geld- oder Sachzuwendung der Privatrechtsstiftung an Begünstigte als Einkommensverwendung der Stiftung und beim Begünstigten - vergleichbar einer Dividende - als einkommen(körperschaft)steuerpflichtiger Kapitalertrag erfaßt werden."

An anderer Stelle der Erläuterungen (1132 BlgNR XVIII. GP 39- 40) wurde ausgeführt, mit der Kapitalertragsteuerbefreiung für Zinserträge empfangende Privatrechtsstiftungen werde "lediglich ein Steuerstundungseffekt bis zur steuerpflichtbegründenden Zuwendung an Begünstigte" bewirkt und durch die Befreiung werde erreicht, dass das für natürliche Personen maßgebende Besteuerungsniveau "auf der Ebene des Begünstigten anläßlich der Besteuerung der Zuwendung solcher Stiftungseinkünfte erreicht" werde.

Dieses zunächst ohne die oben wiedergegebenen Vorschriften über eine "Zwischenbesteuerung" der Privatstiftung Gesetz gewordene Modell hatte - soweit hier von Bedeutung - zwei das Steueraufkommen verringernde und in der Folge als problematisch empfundene Eigenschaften: Es räumte (erstens) die - in den Erläuterungen auch erwähnte, aber bewusst in Kauf genommene - Möglichkeit der steuerfreien Thesaurierung ein. Der Entschluss zur Besteuerung erst auf Begünstigtenebene musste (zweitens) zum Unterbleiben einer Besteuerung in Österreich führen, soweit das Recht zur Besteuerung der Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen nur einem anderen Staat zustand. Letzteres war in Bezug auf Belgien und im Streitzeitraum auch in Bezug auf Deutschland zur Gänze der Fall (Erfassung der Zuwendungen als nicht anderweitig geregelte Einkünfte im Doppelbesteuerungsabkommen mit Belgien, BGBl. Nr. 415/1973, und in dem bis 2002 noch anzuwendenden Abkommen mit Deutschland, BGBl. Nr. 221/1955, in der Fassung BGBl. Nr. 361/1994).

Der Ministerialentwurf zum Budgetbegleitgesetz 2001 nahm mit dem Projekt einer "Zwischenbesteuerung" der Privatstiftung zunächst nur das erste der beiden Probleme in Behandlung, indem er schon weitgehend die oben wiedergegebenen Regelungen in den §§ 13, 22 und 24 KStG 1988 vorsah, jedoch noch ohne den letzten, jetzt strittigen Satzteil in § 13 Abs. 3 KStG 1988 ("sowie keine Entlastung von der Kapitalertragsteuer auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens erfolgt"). Dieser letzte Satzteil betraf das zweite der erwähnten Probleme und wurde im Gesetzgebungsprozess erst in der Regierungsvorlage hinzugefügt, ohne dass die aus dem Ministerialentwurf übernommenen Erläuterungen in dieser Hinsicht ergänzt worden wären. Auch erfolgte keine Anpassung der Formulierung in § 24 Abs. 5 Z 2 KStG 1988, in Bezug auf deren Auslegung die belangte Behörde dem Finanzamt im vorliegenden Fall nicht zu folgen vermochte ("Zuwendungen (...), die nicht zu einem Unterbleiben der Besteuerung gemäß § 13 Abs. 3 letzter Satz geführt haben").

Die auf den strittigen (letzten) Satzteil in § 13 Abs. 3 KStG 1988 somit nicht Bezug nehmenden Erläuterungen der Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 2001, 311 BlgNR XXI. GP 175, führten zum neu eingeführten System einer "Zwischensteuer" aus:

"Das seit 1993 bestehende Stiftungssteuerrecht ist ertragsteuerlich dadurch gekennzeichnet, dass trotz Geltung des Trennungsprinzips die Gesamtsteuerbelastung von Privatstiftung und den Begünstigten jener der Steuerbelastung einer natürlichen Person gleichkommt. Es gelten daher für betriebliche Einkünfte, Vermietungseinkünfte, einzelne Kapitaleinkünfte und einzelne sonstige Einkünfte im Sinne des EStG 1988 die Regeln für Kapitalgesellschaften, sodass die 34%ige Körperschaftsteuerbelastung und die 25%ige Zuwendungsbelastung etwa dem 50%igen Spitzeneinkommensteuersatz entsprechen. Soweit natürliche Personen halbsatz- oder endbesteuert sind, ist die Privatstiftung bislang steuerfrei gestellt, da mit jeder Zuwendungsbesteuerung das der natürlichen Person für unmittelbar erzielte Einkünfte entsprechende Steuerniveau erreicht wird. Einen Steuervorteil hat dieses System für Privatstiftungen und ihre Begünstigten insofern ausgelöst, als im Falle längerfristig thesaurierter steuerfrei gestellter Einkünfte eine Ungleichbehandlung zu Lasten vergleichbarer Vermögensveranlagungen natürlicher Personen gegeben ist.

Diese im Zinsenvorteil liegende Besteuerungslücke soll mit Wirkung ab 2001 teilweise geschlossen werden. Zinserträge aus Einlagen- und Forderungswertpapieren sollen einer Art Zwischenbesteuerung unterworfen werden, und zwar zu einem besonders ermäßigten Steuersatz. Diese Besteuerung setzt zunächst mit dem Anfallen der Erträge ein. Werden (in der Folge) seitens der Privatstiftung Zuwendungen getätigt, kommt es aber nach Maßgabe der näheren gesetzlichen Regelungen zu einer Gutschrift. Im Ausmaß erfolgter Zuwendungen ändert sich daher an der Gesamtsteuerbelastung nichts.

Das System wird durch gesetzliche Änderungen in zwei Bereichen implementiert. Erstens werden die bisherigen Befreiungsbestimmungen in § 13 Abs. 2 entsprechend adaptiert. Die Besteuerung der bisher befreiten Erträge erfolgt nach Art einer Schedulenbesteuerung mit einem ermäßigten Steuersatz von 12,5% (siehe § 13 Abs. 3) im Wege der Veranlagung. Eine Besteuerung unterbleibt insoweit, als im Jahre des Erzielens der Zinserträge Ausschüttungen vorgenommen werden. Zweitens wird in § 24 Abs. 5 eine Gutschrift dieser ermäßigten Steuer vorgesehen; sie wird im Wege der Veranlagung erfolgen. Diese Steuergutschrift setzt zunächst voraus, dass die ermäßigte Steuer im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung bereits tatsächlich entrichtet ist. Weiters müssen Zuwendungen vorliegen, von denen Kapitalertragsteuer einbehalten worden ist. Die Gutschrift erfolgt in Entsprechung des ermäßigten Satzes mit einem Betrag von 12,5% der Zuwendung. Formal ist die Führung eines Evidenzkontos erforderlich, aus dem sich Entwicklung und Stand der für eine Gutschrift in Frage kommenden Beträge ergeben müssen.

Beispiel: Eine Privatstiftung erzielt im Jahr 2001 einen Zinsertrag von 2 Millionen S. Die Zuwendungen betragen in diesem Jahr 500 000 S. Es fällt eine Zwischensteuer von 12,5% von 1,5 Millionen S, also 187 500 S an. Im Jahr 2002 wird ein Zinsertrag von 2,5 Millionen Schilling erzielt. Es kommt in diesem Jahr zu keinen Zuwendungen. Die Zwischensteuer beträgt für 2002 312 500 S. Im Jahre 2003 fallen Zinserträge von 2 Millionen Schilling an, die Zuwendungen betragen 2,1 Millionen S. Es fällt in diesem Jahr keine Zwischensteuer an. Von de(n) in den Jahren 2001 und 2002 angefallenen Zwischensteuern wird ein Betrag im Ausmaß von 12,5% von 100 000 S, also 12 500 S gutgeschrieben."

Mit dem - auf den vorliegenden Fall noch nicht anzuwendenden -

Abgabenänderungsgesetz 2004, BGBl. I Nr. 180, nahm der Gesetzgeber Änderungen in § 24 Abs. 5 KStG 1988 vor, die der im Beschwerdefall von der belangten Behörde nicht bestätigten Auslegung des Finanzamtes entsprachen. Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte, bei denen es auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen (entweder nicht zur Abfuhr von Kapitalertragsteuer in Österreich oder) zu einer Rückerstattung von Kapitalertragsteuer kommt, führen demnach auch nicht zu Gutschriften in Vorjahren entrichteter Zwischensteuer. Das bedeutet für Stiftungen mit solchen Begünstigten, dass die Jahr für Jahr zu entrichtende Zwischensteuer auch dann, wenn niemals thesauriert, sondern laufend ausgeschüttet wird, erst bei Auflösung der Stiftung - unverzinst - gutzuschreiben ist. Diese Änderung wurde in den Erläuterungen zum Abgabenänderungsgesetz 2004, 686 BlgNR XXII. GP 20, als bloße "Klarstellung" bezeichnet, wobei der Verwaltungsgerichtshof aber im Einklang mit der belangten Behörde der Ansicht ist, dass der ursprüngliche Wortlaut ungeachtet der vom Gesetzgeber verfolgten Absichten eine solche (vom Finanzamt vertretene) Auslegung nicht zuließ.

Zuletzt wurde - soweit erwähnenswert - nach einer hier nicht näher darzustellenden Änderung in § 13 Abs. 3 letzter Satz KStG 1988 durch das Abgabenänderungsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 34, mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, der Steuersatz der Zwischensteuer von 12,5% auf 25% verdoppelt, der "Thesaurierungsvorteil" damit zur Gänze abgeschafft (981 BlgNR XXIV. GP 9) und die mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 nur teilweise geschlossene "Besteuerungslücke" beseitigt. In den Erläuterungen dazu hieß es, am "System der Zwischensteuer als Vorwegbesteuerung" solle sich "nichts ändern" (981 BlgNR XXIV. GP 133).

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon im Erkenntnis vom 23. Juni 2009, 2006/13/0183, VwSlg 8452/F, unter Bezugnahme auf EuGH-Judikatur die Ansicht vertreten, bei grenzüberschreitenden Zuwendungen von Privatstiftungen handle es sich um Kapitalverkehr im Sinn des Art. 56 EG. Er hält es auch für wahrscheinlich, dass eine nur mit Zuwendungen an ausländische Begünstigte verbundene, bei Zuwendungen an inländische Begünstigte hingegen ausbleibende steuerliche Belastung der Privatstiftung wie die im vorliegenden Fall strittige eine Beschränkung des Kapitalverkehrs bedeutet, weil sie geeignet ist, von entsprechenden grenzüberschreitenden Gestaltungen abzuhalten. Im Hinblick auf das grundsätzliche Verbot auch einer Beschränkung von geringer Tragweite oder geringfügiger Bedeutung (vgl. etwa das Urteil des EuGH vom 1. Juli 2010, Rs C- 233/09 , Slg 2010 I-06649, Dijkman, Rn. 42) ist es dabei nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht maßgeblich, dass die strittige Regelung im vorliegenden Fall - auf Grund der zunächst unterbliebenen Anpassung des § 24 Abs. 5 KStG 1988 an die Hinzufügung des letzten Satzteils in § 13 Abs. 3 KStG 1988 - noch in einer Fassung anzuwenden wäre, die - wie oben aufgezeigt - einen Abbau entrichteter Zwischensteuern durch Gutschriften in den Folgejahren in einem weiteren Umfang erlaubt als die späteren Fassungen.

Die Prüfung der Rechtfertigung der durch den letzten Satzteil des § 13 Abs. 3 KStG 1988 wohl bewirkten, grundsätzlich verbotenen Beschränkung des Kapitalverkehrs wird dadurch erschwert, dass das damit verfolgte Ziel in den Gesetzesmaterialien nie dargelegt wurde. In Fällen der vorliegenden Art, in denen die Zwischensteuer trotz erfolgter Zuwendung zu entrichten ist, geht es nicht um die in den Materialien erwähnte "Vorwegbesteuerung" zum Ausgleich der Möglichkeit steuerfreier Thesaurierung, die sich aus der Entscheidung zur Besteuerung erst beim Begünstigten zunächst ergeben hatte. Die Zwischensteuer dient in diesen Fällen einer Abmilderung des zweiten der zuvor erwähnten Probleme dieser Konstruktion. Es liegt darin, dass entgegen den ursprünglich - nach den Erläuterungen zum Privatstiftungsgesetz - verfolgten Absichten nicht "lediglich ein Steuerstundungseffekt bis zur steuerpflichtbegründenden Zuwendung an Begünstigte" eintritt, wenn die Zuwendung in Österreich auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht besteuert werden kann. Die angestrebte Einfachbesteuerung in Österreich käme in diesem Fall nicht zeitverzögert, sondern überhaupt nicht zustande. Mit dem durch das Budgetbegleitgesetz 2001 eingeführten, jetzt strittigen letzten Satzteil des § 13 Abs. 3 KStG 1988 wurde dieses Problem bloß abgemildert und nicht zur Gänze beseitigt, weil die Privatstiftung nicht endgültig besteuert, sondern ihr nur eine Abgabe auferlegt wird, die gemäß § 24 Abs. 5 KStG 1988 spätestens bei Auflösung der Privatstiftung wieder gutzuschreiben ist. Im Umfang der damit - bis zu dieser Gutschrift - bewirkten Belastung der Privatstiftung versagt ihr das Gesetz aber eine mit Zuwendungen im Veranlagungszeitraum sonst verbundene Befreiung von der Steuerpflicht, wenn der steuerlichen Erfassung der Zuwendung bei deren Empfänger ein Doppelbesteuerungsabkommen entgegensteht.

Im Schrifttum ist zu der Frage, ob sich diese Bindung einer Steuerbefreiung der Privatstiftung an eine nicht wegen eines Doppelbesteuerungsabkommens zu unterlassende oder rückgängig zu machende Besteuerung der Zuwendung beim Begünstigten mit Art. 56 EG vereinbaren lässt, die Auffassung vertreten worden, nach den Maßstäben des Urteils des EuGH vom 7. September 2004, Rs C-319/02 , Slg 2004 I-07477, Manninen, die auf das System der Zwischensteuer "spiegelbildlich" übertragbar seien, müsse die Zwischenbesteuerung der Privatstiftung unterbleiben oder gutgeschrieben werden, wenn die Zuwendung im Ausland besteuert wird (Metzler in Lang/Schuch/Staringer, KStG, § 13 Rz 187). Der Verwaltungsgerichtshof schließt nicht aus, dass dies zutreffen könnte, hält die Unterschiede des hier zu beurteilenden, komplizierten Systems gegenüber den in der Rechtsprechung des EuGH schon behandelten aber für zu groß, um ein solches Auslegungsergebnis als offenkundig anzusehen. Die Frage wird daher mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt.

Wien, am 23. Oktober 2013

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