VwGH 2010/04/0070

VwGH2010/04/007031.1.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X e.U., Platten- und Fliesenlegermeister in Y, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates Wien vom 4. März 2010, Zl. VKS - 7173/09, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. Stadt Wien, Wiener Wohnen, in Wien, vertreten durch Schwartz Huber-Medek & Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2; 2. ARGE A-B-C bestehend aus 1. A Fliesenverlegungsgesellschaft mbH 2. B GmbH und

3. C GmbH in Y, vertreten durch Köhler Draskovits Unger Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Amerlingstraße 19), zu Recht erkannt:

Normen

12010E101 AEUV Art101 Abs1;
31971L0305 Vergabekoordinierungs-RL öffentliche Bauaufträge 1971;
32004L0018 Vergabe-RL öffentliche Bauaufträge Art4 Abs2;
61989CJ0243 Kommission / Dänemark;
61995CJ0185 Baustahlgewebe / Kommission;
62001CJ0057 Makedoniko Metro VORAB;
62005CJ0238 Asnef-Equifax VORAB;
62007CJ0538 Assitur VORAB;
62011CJ0226 Expedia VORAB;
BVergG 2006 §129 Abs1 Z8;
BVergG 2006 §19 Abs1;
BVergG 2006 §2 Z13;
BVergG 2006 §20 Abs2;
KartG 2005 §1;
KartG 2005 §2 Abs2 Z1;
VwRallg;
12010E101 AEUV Art101 Abs1;
31971L0305 Vergabekoordinierungs-RL öffentliche Bauaufträge 1971;
32004L0018 Vergabe-RL öffentliche Bauaufträge Art4 Abs2;
61989CJ0243 Kommission / Dänemark;
61995CJ0185 Baustahlgewebe / Kommission;
62001CJ0057 Makedoniko Metro VORAB;
62005CJ0238 Asnef-Equifax VORAB;
62007CJ0538 Assitur VORAB;
62011CJ0226 Expedia VORAB;
BVergG 2006 §129 Abs1 Z8;
BVergG 2006 §19 Abs1;
BVergG 2006 §2 Z13;
BVergG 2006 §20 Abs2;
KartG 2005 §1;
KartG 2005 §2 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 sowie den mitbeteiligten Parteien zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Der vorliegende Beschwerdefall betrifft ein Vergabeverfahren der Stadt Wien, Wiener Wohnen (im Folgenden: Auftraggeberin), zur Vergabe von Rahmenverträgen zur Durchführung von Fliesenlegerarbeiten in allen von der Auftraggeberin verwalteten Wohnhausanlagen bzw. -häusern in allen 23 Wiener Bezirken (offenes Verfahren im Oberschwellenbereich, Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren, unionsweite Veröffentlichung im Supplement zum ABl. der EU vom 26.6.2008, 2008/S122-163284).

2. Vorliegend geht es um die Zuschlagsentscheidungen der Auftraggeberin je vom 31. Juli 2009 zugunsten der zweitmitbeteiligten Partei (im Folgenden: ARGE) betreffend sechs näher bezeichnete Lose.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Nichtigerklärung dieser Zuschlagsentscheidungen abgewiesen (Spruchpunkt 1.), eine näher bezeichnete einstweilige Verfügung aufgehoben (Spruchpunkt 2.) und ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin die von ihr entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen habe (Spruchpunkt 3.).

In ihrem Nachprüfungsantrag hat der Beschwerdeführer drei Rechtswidrigkeiten geltend gemacht, von denen nur mehr zwei Gegenstand der vorliegenden Beschwerde sind:

a) Die von der ARGE angebotenen Preise würden eine unplausible Zusammensetzung aufweisen, da die ARGE den geschätzten Auftragswert um rund 33 % (und damit deutlich mehr als die übrigen Bieter) unterschritten habe und daher eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt hätte werden müssen.

b) Die Bildung der ARGE an sich sei eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung.

Auf beide Vorbringen im Nachprüfungsantrag geht der angefochtene Bescheid wie folgt ein:

3.1. Zur Preisangemessenheit (a) führt die belangte Behörde zunächst aus, die Nachlässe des Beschwerdeführers lägen zwischen 21,08 und 25,54 %, jene der ARGE zwischen 32,29 und 32,75 %. Die belangte Behörde habe unter Verwendung der Gutachten des Sachverständigen Dr. B (SV Br; erstattet im Verfahren zur Zl. VKS -

6991/09), des von der ARGE vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. K (SV K), des vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. T (SV T) sowie des von der Auftraggeberin beigezogenen Sachverständigen H (SV H) eine Überprüfung der Kalkulation der ARGE vorgenommen und habe den im Wesentlichen schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der SV K und SV H sowie teilweise des SV Br folgen können. Sodann folgt eine detaillierte Darstellung der Prüfung der Kalkulation der ARGE (Seiten 29 bis 49 angefochtener Bescheid).

Die ARGE habe ihre Kalkulation gemäß der ÖNORM B 2061 erstellt. Die von der Auftraggeberin durchgeführte Prüfung der Angemessenheit der Preise, eine vertiefte Angebotsprüfung im Sinne des § 125 BVergG 2006, sei vollinhaltlich dokumentiert und im Ergebnis gesetzeskonform durchgeführt worden. Trotz teilweise großer Abschläge gegenüber der Basiskalkulation habe sich durchgehend gezeigt, dass eine Deckung sämtlicher variabler Kosten sowie auch der Fixkosten gewährleistet sein werde. Daher sei der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Auftraggeberin habe keine vertiefte Angebotsprüfung vorgenommen, unberechtigt.

Sodann folgt in der Begründung des angefochtenen Bescheides eine umfassende Auseinandersetzung mit den verschiedenen Sachverständigengutachten, welche in die zusammenfassende Feststellung münden, auf Grund der Gutachten des SV K und des ergänzenden Gutachtens des SV Br (im Verfahren zur Zl. VKS - 6991/09) könne als erwiesen angenommen werden, dass das vom SV H angewandte System einer Plausibilitätsprüfung eine taugliche Methode einer Angebotsprüfung dargestellt habe, um im Sinne des § 125 Abs. 4 BVergG 2006 global zu ermitteln, ob die angebotenen Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar seien. Auch SV K sei durch eine parallele Preisprüfung zum Ergebnis gelangt, dass die von der ARGE angebotenen Preise betriebswirtschaftlich nachvollziehbar und erklärbar seien, dieses Ergebnis sei letztlich auch vom SV Br bestätigt worden. Durch das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten des SV T sei es nicht gelungen, die den Feststellungen zugrundeliegenden Gutachten zu widerlegen oder zu erschüttern.

Sodann führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, das Gutachten des SV Br aus dem Verfahren vor der belangten Behörde zur Zl. VKS - 6991/09 habe im vorliegenden Verfahren herangezogen werden können, da dieses im vorliegenden Nachprüfungsverfahren als im Einverständnis der Parteien als verlesen gelte.

Die Wahl des Preisaufschlags- und -nachlassverfahrens sei unbedenklich, da es sich bei diesem Preisfindungsverfahren nach Ansicht der belangten Behörde grundsätzlich um eine sinnvolle und gerechtfertigte Vorbeugung gegen spekulative Angebote auf Einheitspreisebene handle. Daher sehe sich die belangte Behörde auch nicht veranlasst, von ihrer schon mehrfach geäußerten Ansicht über die Zulässigkeit von Auf- und Abschlägen auf Obergruppenebene abzugehen.

Das Nachprüfungsverfahren habe ergeben, dass die Auftraggeberin die Frage der Preisangemessenheit und der plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises des Angebotes der ARGE im Rahmen einer ordnungsgemäßen, vertieften und ausreichenden Angebotsprüfung durchgeführt habe und diese auch in den Vergabeakten umfangreich und nachvollziehbar dokumentiert habe.

3.2. Zum Vorwurf einer wettbewerbswidrigen Absprache und dem Ausscheidungsgrund nach § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 (b) führt der angefochtene Bescheid wie folgt aus:

Zunächst sei aus den Vergabeakten ersichtlich, dass sich die Auftraggeberin mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob durch die Bildung der ARGE durch drei Mitglieder wettbewerbswidrige Absprachen vorlägen. Es sei dokumentiert, dass keine konkreten Hinweise darauf gefunden hätten werden können, dass von den Mitgliedern der ARGE eine kartellrechts- oder wettbewerbswidrige Absprache zum Nachteil der Auftraggeberin getroffen worden wäre.

Eine nachteilige Abrede im Sinne des § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 liege nur dann vor, wenn das Wettbewerbsergebnis auf Grund der Abrede tatsächlich oder möglicherweise ungünstiger ausfallen könnte als ohne Abrede.

Fallbezogen sei das Angebot der ARGE für die verfahrensgegenständlichen Lose jedoch unbestritten günstiger als jenes der Mitbewerber und sei somit selbst eine vermeintliche Abrede "alles andere als nachteilig".

Die Bildung der ARGE stelle auch keine verbotene Vereinbarung im Sinne des Art. 101 Abs. 1 AEUV dar. Die Vereinbarung sei nämlich nicht geeignet, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen, da es sich bei den vorliegenden Rahmenverträgen um Einzelabrufe mit geringen Auftragssummen handle. Daher lägen Vereinbarungen zwischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gemäß der Definition im Anhang zur Empfehlung 2003/361/EG der Europäischen Kommission (ABl. EG 124 vom 20.5.2003) vor, die nicht geeignet seien, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Damit komme auch die Anwendung des Art. 81 EUV nicht in Frage.

Ein Vorbringen dahingehend, dass die Mitglieder der ARGE jedes für sich in der Lage gewesen wäre, eigenständig ein Angebot für alle (ausgeschriebenen) 48 Lose zu legen, habe der Beschwerdeführer nicht gemacht. Hinweise darauf seien auch weder den Vergabeakten zu entnehmen noch im Nachprüfungsverfahren hervorgekommen.

Auch den Ausführungen des Beschwerdeführers zum relevanten Markt im Sinne der kartellrechtlichen Bestimmungen folge die belangte Behörde nicht: Es seien Standard-Fliesenlegerarbeiten ausgeschrieben, für welche die Wettbewerbsbedingungen in ganz Österreich im Wesentlichen gleich seien. Die Bieter, die sich am vorliegenden Vergabeverfahren beteiligt hätten, hätten ihren Sitz in Wien, Niederösterreich, Burgenland und Oberösterreich und böten ihre Fliesenlegerleistungen nicht nur in diesen Bundesländern, sondern den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechend auch im übrigen Österreich an. Daher müsse man die Fliesenlegerarbeiten in Österreich als sachlich und örtlich relevanten Markt ansehen. Auf diesem Markt hätten die Mitglieder der ARGE nicht annähernd 5 % Marktanteil. Selbst wenn man von einem höheren Marktanteil ausgehen wollte, wäre lediglich ein Bagatell-Kartell im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 1 Kartellgesetz 2005 gegeben. Letztlich seien Fragen des Kartellrechts primär von den Wettbewerbsbehörden und dem Kartellgericht zu behandeln, nicht jedoch von einem öffentlichen Auftraggeber.

Daher sei der Ausscheidenstatbestand des § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 nicht gegeben.

4. Gegen die Spruchpunkte 1. und 3. des angefochtenen Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, die im Wesentlichen Folgendes vorbringt:

a) Zur Preisangemessenheit:

Aus dem gewählten Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren nach § 2 Z. 28 BVergG 2006 ergebe sich, dass eine Prüfung des Angebotes der ARGE beschränkt auf die Summe der Positionspreise einer Obergruppe (Obergruppenpreise) nicht zulässig sei. Vielmehr ergebe sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweise auf die hg. Erkenntnisse Zl. 2003/04/0181 und Zl. 2004/04/0032), dass auch einzelne, unplausible Positionen eine plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises des Angebotes verhindern und somit bereits ein einziger unplausibler Einheitspreis ausreichend sei, eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises anzunehmen (Verweis auf das hg. Erkenntnis Zl. 2004/04/0040). Diesen Anforderungen an eine vertiefte Angebotsprüfung sei im Beschwerdefall nicht entsprochen worden. Es reiche keinesfalls aus, nur den Deckungsbetrag der Gesamtleistung eines Loses zu untersuchen und nachzuweisen, dass der Gesamtdeckungsbetrag größer als 0 sei. Vielmehr sei es geboten, jede Obergruppe für sich zu betrachten. Diesen Anforderungen hätten die Gutachten von SV K und SV H nicht entsprochen.

b) Zur wettbewerbswidrigen Bildung der ARGE:

Die Bildung einer ARGE seitens der zweitmitbeteiligten Partei sei eine wettbewerbswidrige Absprache gewesen und habe den Ausscheidungstatbestand nach § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 erfüllt.

Verstöße gegen kartellrechtliche Bestimmungen stellten jedenfalls einen Verstoß gegen den Grundsatz des Wettbewerbs dar. Solche Verstöße seien einerseits nach Art. 101 AEUV (ex-Art. 81 EG) sowie § 1 Kartellgesetz zu prüfen.

Im Beschwerdefall hätten die Mitglieder der ARGE unzweifelhaft für jedes einzelne Los ein eigenes Angebot legen können. Ob sie auch in der Lage gewesen wären, selbständig ein Angebot für alle ausgeschriebenen Lose abzugeben, sei nicht relevant, weil die ARGE bzw. ihre Gesellschafter bei der vorliegenden Ausschreibung nicht gezwungen gewesen seien, bei allen Losen mitzubieten.

Auch erfülle die Bildung der ARGE und damit ihre horizontale Zusammenarbeit im Sinne der Leitlinien der Kommission den Tatbestand einer Wettbewerbsbeschränkung im Sinn des Art. 101 Abs. 1 AEUV. Die Ausnahmen des Art. 101 Abs. 3 AEUV lägen nicht vor, sodass es sich bei der Bildung der ARGE um eine verbotene Vereinbarung im Sinn des Art. 101 Abs. 1 AEUV handle.

Auch sei die von der belangten Behörde vorgenommene Marktabgrenzung nicht zutreffend. Im Wege einer engeren Marktabgrenzung erscheine es keineswegs unzulässig, den sachlich relevanten Markt über "Fliesenlegerarbeiten in Gemeindewohnungen" abzugrenzen, zumal jede vierte Wohnung in Wien von der Auftraggeberin verwaltet oder vermietet werde. In diesem Markt hielte die ARGE nach eigenen Vorbringen schon jetzt einen Marktanteil von ca. 52,6 %, daher werde die Bagatellschwelle des § 2 Kartellgesetz um mehr als das Doppelte übertroffen. Darüber hinaus verstoße auch ein Bagatell-Kartell gegen den Grundsatz des Wettbewerbs nach § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006.

Selbst wenn man einen Verstoß gegen Kartellvorschriften nicht bejahen würde, läge dennoch zumindest ein Verstoß gegen den Grundsatz des Wettbewerbes im Sinne des § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 vor.

c) Verfahrensfehler:

Hier rügt die Beschwerde eine nicht ausreichende Auseinandersetzung mit den vorliegenden Sachverständigengutachten, insbesondere mit dem Gutachten des SV Br, welcher den Standpunkt vertreten habe, die gewählte Vorgangsweise der Prüfung des Angebotes der ARGE sei ungeeignet. Es sei auch unrichtig, dass der SV Br seine gutächtliche Stellungnahme revidiert habe. Er habe ausschließlich den Kalkulationsvorgang des SV H als richtig wiedergegeben angesehen, jedoch grundsätzlich seine Stellungnahme nicht revidiert. Fest stehe, dass die Gutachten der SV Br und SV K gänzlich diametral seien. Die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit den aufgezeigten Widersprüchen der Sachverständigengutachten auseinanderzusetzen. Vielmehr habe sie das Gutachten des SV Br einseitig gewürdigt.

Weiters sei das im Verfahren bei der belangten Behörde zur Zl. VKS - 713/09 eingeholte Gutachten des privaten Sachverständigen SV T nicht berücksichtigt worden. Ebenso sei den Anträgen des Beschwerdeführers auf Ladung der SV T und SV Br nicht Folge geleistet worden.

5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die erst- und die zweitmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Rechtslage:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. I Nr. 15/2010 (BVergG 2006), lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

28. Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren ist jenes Verfahren, bei dem vom Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen zusätzlich zu den beschriebenen Leistungen auch Bezugspreise bekannt gegeben werden, zu denen die Bieter in ihren Angeboten - gewöhnlich in Prozent ausgedrückt - Aufschläge oder Nachlässe angeben.

Grundsätze des Vergabeverfahrens

§ 19. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

Allgemeine Bestimmungen über Bewerber und Bieter

§ 20.

(2) Arbeitsgemeinschaften und Bietergemeinschaften können Angebote oder Teilnahmeanträge einreichen, sofern nicht in der Ausschreibung aus sachlichen Gründen die Teilnahme oder die Bildung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften für unzulässig erklärt wurde. Der Auftraggeber kann ferner in der Ausschreibung aus sachlichen Gründen eine allfällige Beschränkung der Mitgliederanzahl oder der Zusammensetzung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften vorsehen. … Im Auftragsfall schulden Bietergemeinschaften als Arbeitsgemeinschaften dem Auftraggeber die solidarische Leistungserbringung.

Prüfung der Angemessenheit der Preise - vertiefte

Angebotsprüfung

§ 125. (1) Die Angemessenheit der Preise ist in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen.

(2) Bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise ist von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen.

(3) Der Auftraggeber muss Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs. 4 und 5 vertieft prüfen, wenn

1. Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen,

2. Angebote zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen gemäß § 79 Abs. 4 aufweisen, oder

3. nach Prüfung gemäß Abs. 2 begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.

(4) Bei einer vertieften Angebotsprüfung ist zu prüfen, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Geprüft werden kann insbesondere, ob

1. im Preis aller wesentlichen Positionen alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten sind und ob die Aufwands- und Verbrauchsansätze nachvollziehbar sind;

2. der Einheitspreis (Pauschalpreis, Regiepreis) für höherwertige Leistungen grundsätzlich höher angeboten wurde als für geringerwertige Leistungen;

3. die gemäß § 97 Abs. 3 Z 3 geforderte oder vom Bieter gemäß § 109 Abs. 2 vorgenommene Aufgliederung der Preise oder des Gesamtpreises (insbesondere der Lohnanteile) aus der Erfahrung erklärbar ist.

(5) Im Zuge der vertieften Angebotsprüfung muss der Auftraggeber vom Bieter eine verbindliche schriftliche - bei minder bedeutsamen Unklarheiten auch mündliche oder telefonische - Aufklärung verlangen. Die anschließende Prüfung hat unter Berücksichtigung der eingegangenen Erläuterungen bzw. der vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise zu erfolgen. Der Auftraggeber hat insbesondere Erläuterungen in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des gewählten Fertigungs- oder Bauverfahrens bzw. der Erbringung der Dienstleistung, die gewählten technischen Lösungen, außergewöhnlich günstige Bedingungen, über die der Bieter bei der Erbringung der Leistung verfügt, die Originalität der vom Bieter angebotenen Leistung, die am Ort der Leistungserbringung geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen oder die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an den Bieter bei der Überprüfung entsprechend zu berücksichtigen. Die vom Bieter erteilten Auskünfte sind der Niederschrift über die Prüfung der Angebote beizuschließen. Sofern der geschätzte Auftragswert 120 000 Euro nicht erreicht, kann von der Vorgehensweise gemäß diesem Absatz abgesehen werden.

Ausscheiden von Angeboten

§ 129. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

3. Angebote, die eine - durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte - nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen;

8. Angebote von Bietern, die mit anderen Unternehmern für den Auftraggeber nachteilige, gegen die guten Sitten oder gegen den Grundsatz des Wettbewerbes verstoßende Abreden getroffen haben;"

2. Zur plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vertieften Angebotsprüfung nach § 125 BVergG 2006 ist es Aufgabe des Auftraggebers, die Angemessenheit der Preise (gegebenenfalls im Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung) zu beurteilen. Die Vergabekontrollbehörde hat nicht nur zu prüfen, ob die betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit von sachkundigen Personen auf Grund ausreichend detaillierter Unterlagen geprüft worden ist. Sie hat vielmehr - ebenso wie der Auftraggeber bei der vertieften Angebotsprüfung - unter Berücksichtigung der auch dem Auftraggeber zur Verfügung gestandenen Unterlagen die Preisgestaltung auf ihre betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit in der Regel aus sachverständiger Sicht zu prüfen, wobei im Einzelnen die in § 125 Abs. 4 Z. 1 bis 3 BVergG 2006 genannten Kriterien maßgeblich sind. Da es sich hiebei um eine Plausibilitätsprüfung handelt, muss zweifellos nicht die gesamte Kalkulation des Bieters minutiös nachvollzogen, sondern nur - grob - geprüft werden, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 2011, Zl. 2007/04/0201, mwN).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde aus sachverständiger Sicht eine derartige Plausibilitätsprüfung vorgenommen. Die Ergebnisse dieser Plausibilitätsprüfung wurden im angefochtenen Bescheid detailliert dargestellt.

Die Beschwerde wendet sich nun gegen die von den Sachverständigen SV H und SV K, auf welche sich die belangte Behörde bei ihrer Plausibilitätsprüfung gestützt hat, angewendete Methode, bei der die Prüfung auf die sogenannten Obergruppenpreise beschränkt sein sollte.

Eine solche Beschränkung ist aus den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Gutachten nicht ersichtlich: So heißt es auf Seite 31 des angefochtenen Bescheides, dass die Kalkulation der ARGE hinsichtlich der Plausibilität der Zusammensetzung und Angemessenheit der Preiskomponenten überprüft worden sei. An anderer Stelle findet sich am angefochtenen Bescheid die Aussage (Seite 48), dass seitens des SV H alle ausgeschriebenen Positionen in die vertiefte Angebotsprüfung einbezogen worden seien. Der SV habe auf Basis der ausgeschriebenen Mengen überprüft, ob Unterdeckungen bei den einzelnen Positionen entstünden. Zur Frage der Obergruppen führt die belangte Behörde aus, aus dem Umstand, dass (entsprechend den Vorgaben in der Ausschreibung) Aufschläge bzw. Nachlässe jeweils nur auf Obergruppen gegeben werden durften, ergebe sich zwingend, dass es sich bei den Nachlässen um geschätzte Nachlässe handle, die ihre Grundlage in den entsprechend der ÖNORM B 2061 kalkulierten Positionspreisen fänden.

Ausgehend von diesen im angefochtenen Bescheid angeführten und nicht als unschlüssig zu erkennenden beweiswürdigenden Überlegungen ist die von der belangten Behörde vorgenommene Plausibilitätsprüfung nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die Beschwerde legt auch nicht konkret dar, inwieweit die von ihr angeführte andere Methode zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Eine solche Relevanzdarstellung wäre aber schon deshalb notwendig gewesen, weil sich im angefochtenen Bescheid die (unbestrittene) Feststellung findet, dass die Nachlässe der ARGE rund 32 % ausmachten, aber auch die Nachlässe des Beschwerdeführers zwischen 21 und 25 % gelegen seien. Ausgehend davon stellen sich die von der ARGE vorgenommenen Nachlässe nicht von vornherein als derart ungewöhnlich dar, dass eine konkrete Relevanzdarstellung verzichtbar wäre.

Gleiches gilt für die im Zusammenhang mit der Plausibilitätsprüfung durch die Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler: Die belangte Behörde hat sich mit den diversen Sachverständigengutachten im angefochtenen Bescheid auseinandergesetzt und kann ihre Auffassung, der Angebotspreis der ARGE sei plausibel, zumindest auf die übereinstimmenden Gutachten des SV H und des SV K stützen. Zu welchem konkreten Ergebnis die durch den Beschwerdeführer beantragte Ladung der genannten Sachverständigen geführt hätte und inwieweit eine andere Auseinandersetzung mit den zum Teil widersprechenden Sachverständigengutachten ein anderes Ergebnis gebracht hätten, legt die Beschwerde nicht konkret dar.

3. Zur Bildung der ARGE und zur wettbewerbswidrigen Abrede:

3.1. Die Beschwerde bringt hiezu vor, die Bildung einer ARGE an sich sei eine wettbewerbswidrige Absprache gewesen und habe den Ausscheidungstatbestand nach § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 erfüllt.

3.2. Zum Ausscheidenstatbestand des § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 18. Juni 2012, Zl. 2010/04/0011, festgehalten:

"Nach den Materialien zu dieser Bestimmung (vgl. RV 1171 BlgNR XXII. GP zu § 19) hat der Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbs neben der innerstaatlichen auch eine gemeinschafts(jetzt: unions)rechtliche Grundlage, wobei die Erläuterungen auf ein Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (nunmehr: Union; EuGH) in der Rechtssache C-243/89 verweisen, wonach die Richtlinie 71/305/EWG die Entwicklung eines echten Wettbewerbs auf dem Gebiet der öffentlichen Bauaufträge bezweckt und daher Selektions- und Zuschlagskriterien aufstellt, die einen solchen Wettbewerb gewährleisten sollen.

In dieser Hinsicht hat der EuGH in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass 'die Gemeinschaftsvorschriften auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarkts erlassen wurden, in dem der freie Verkehr gewährleistet und Wettbewerbsbeschränkungen unterbunden sind' (vgl. das Urteil vom 19. Mai 2009 in der Rechtssache C-538/07 , Assitur Srl/Camera di Commercio, Industria, Artigianato e Agricoltura di Milano, Slg. 2009, I-04219, Randnr. 25, mwN).

Die Materialien führen zu den Begriffen freier, lauterer bzw. fairer Wettbewerb weiters aus, der freie Wettbewerb sei der nicht behinderte, das heißt z.B. keinen (Zugangs- oder Ausübungs‑)Beschränkungen unterliegende Wettbewerb; der faire Wettbewerb betreffe das Verhältnis Auftraggeber-Bewerber/Bieter und der lautere Wettbewerb betreffe das Verhältnis zwischen den Bewerbern/Bietern. Ein unlauterer Wettbewerb sei dann gegeben, wenn ein Unternehmer z.B. durch Bestechung, Preisabsprachen mit bestimmten Mitkonkurrenten oder Ausnützen seiner marktbeherrschenden Position einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu erlangen suche.

Der Ausscheidungstatbestand des § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 steht in einem systematischen Zusammenhang zu § 19 Abs. 1 BVergG 2006. Während sich § 19 Abs. 1 BVergG 2006 an den Auftraggeber richtet und diesen verpflichtet, Vergabeverfahren entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs durchzuführen, richtet der Ausscheidenstatbestand des § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 die korrespondierende Pflicht zu einem diesen Grundsätzen entsprechenden Verhalten an die Unternehmer (vgl. Öhler/Schramm in

Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar2 (2009), Rz. 102 zu § 129).

Dieser Ausscheidenstatbestand setzt einerseits voraus, dass eine Abrede von einem Bieter (§ 2 Z. 13 BVergG 2006) getroffen wurde. Der Begriff der Abrede umfasst nicht nur ausdrückliche (und schlüssige) Vereinbarungen zwischen Unternehmern, sondern auch Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und vor allem aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmern, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (vgl. Öhler/Schramm, aaO, Rz. 106 und 108 zu § 129).

Abreden verstoßen gegen den Grundsatz des Wettbewerbs, wenn eine Abrede das Wettbewerbsverhalten von Unternehmen in einem konkreten Vergabeverfahren koordiniert und dadurch eine für den Auftraggeber nachteilige Beeinflussung des Wettbewerbsergebnisses beabsichtigt oder (tatsächlich oder möglicherweise) bewirkt wird (vgl. Öhler/Schramm, aaO, Rz. 111 zu § 129). Abreden, die gegen den Grundsatz des Wettbewerbes (oder gegen die guten Sitten) verstoßen, sind per se für den Auftraggeber nachteilig, was weitere Voraussetzung des Ausscheidenstatbestandes des § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 ist (vgl. Öhler/Schramm, aaO, Rz 113)."

3.3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die Auffassung der belangten Behörde, es komme für das Vorliegen dieses Ausscheidenstatbestandes darauf an, ob das Wettbewerbsergebnis auf Grund der Abrede für den öffentlichen Auftraggeber tatsächlich oder möglicherweise ungünstiger ausfallen könnte, und die darauf aufbauende Argumentation, selbst eine vermeintliche Abrede der ARGE hätte im Beschwerdefall keine Auswirkung, da das Angebot der ARGE unbestritten günstiger gewesen sei als jenes der Mitbewerber, nicht zutreffend. Vielmehr sind Abreden, die gegen den Grundsatz des Wettbewerbes verstoßen, per se für den Auftraggeber nachteilig.

3.4. Mit der Frage, ob die Bildung der ARGE an sich gegen den Grundsatz des Wettbewerbes verstoßen hat, hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auseinandergesetzt.

Dabei hat sie zunächst den relevanten Markt für Fliesenlegerarbeiten abgegrenzt und ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass dieser Österreich insgesamt umfasse. Ausgehend von diesem Markt stellte die belangte Behörde sodann fest, dass die Mitglieder der ARGE auf diesem Markt nicht annähernd 5 % Marktanteil besäßen und daher die Bildung der ARGE an sich lediglich ein Bagatellkartell nach § 2 Abs. 2 Z. 1 Kartellgesetz 2005 bilde und somit wettbewerbsrechtlich unproblematisch sei.

Verstoßen Abreden gegen das Kartellgesetz 2005, so verstoßen sie jedenfalls gegen den Grundsatz des Wettbewerbes (vgl. Öhler/Schramm, aaO, Rz. 111).

Bei einer solchen Prüfung ist zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein wettbewerbswidriges Verhalten konkret nachzuweisen hat, um ein Angebot nach § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 ausscheiden zu können (vgl. Hauck in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht3 (2010), 572 f, Rz. 1463; vgl. idS auch das obzitierte hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2012, Zl. 2010/04/0011, wonach vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH eine Mehrfachbeteiligung als Bieter und Subunternehmer nicht automatisch und in jedem Fall als eine wettbewerbswidrige Abrede beurteilt werden darf, sondern den betroffenen Bietern durch den öffentlichen Auftraggeber die Möglichkeit gegeben werden muss, nachzuweisen, dass eine Gefahr einer Beeinflussung des Wettbewerbs unter Bietern nicht besteht). Der Auftraggeber ist in Anwendung des § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 im Vergleich zu Kartellbehörden auch nicht verpflichtet, ein Angebot im Hinblick auf seine Kartellrechtskonformität einer vollständigen und abschließenden Bewertung zu unterziehen. Der Auftraggeber muss daher keine Feinprüfung des betreffenden Sachverhalts vornehmen, sondern kann einen gröberen Maßstab bei der Durchführung der kartellrechtlichen Prüfung der Angebote anlegen (vgl. Eilmansberger/Holoubek,

Der öffentliche Auftraggeber als Kartellbehörde? Zur kartellrechtlichen Überprüfung von Angeboten einer Bietergemeinschaft im Vergabeverfahren, ÖZW 2008, 11).

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes gegen Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz 2005 - KartG 2005), BGBl. I Nr. 61/2005 in der (vorliegend noch maßgeblichen) Fassung BGBl. I Nr. 2/2008, lauten wie folgt:

"Kartellverbot

§ 1. (1) Verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmern, Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartelle).

(2) Nach Abs. 1 sind insbesondere verboten

1. die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;

2. die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;

  1. 3. die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;
  2. 4. die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;

    5. die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

(3) Die nach Abs. 1 verbotenen Vereinbarungen und Beschlüsse sind nichtig.

(4) Einem Kartell im Sinn des Abs. 1 stehen Empfehlungen zur Einhaltung bestimmter Preise, Preisgrenzen, Kalkulationsrichtlinien, Handelsspannen oder Rabatte gleich, durch die eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt wird (Empfehlungskartelle). Ausgenommen sind Empfehlungen, in denen ausdrücklich auf ihre Unverbindlichkeit hingewiesen wird und zu deren Durchsetzung wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Druck weder ausgeübt werden soll noch ausgeübt wird.

Ausnahmen

§ 2.

(2) Jedenfalls vom Verbot nach § 1 ausgenommen sind die folgenden Kartelle:

1. Kartelle, an denen Unternehmer beteiligt sind, die gemeinsam am gesamten inländischen Markt einen Anteil von nicht mehr als 5 % und an einem allfälligen inländischen räumlichen Teilmarkt von nicht mehr als 25 % haben (Bagatellkartelle);

…"

Die Abgrenzung des sachlich betroffenen Marktes ist eine Tatfrage (vgl. etwa den Beschluss des Obersten Gerichtshofes als Kartellobergericht vom 12. Dezember 2011, 16 Ok 8/10, Randnr. 5.7., der im Übrigen auch darauf hinweist, dass im Europäischen Kartellrecht die Marktabgrenzung nur eingeschränkt überprüfbar ist, Randnr. 5.14., sowie idS das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache C-185/95 P , Baustahlgewebe GmbH gegen Kommission, Randnrn. 96 ff).

Unter Berücksichtigung der oben angeführten eingeschränkten Verpflichtung des Auftraggebers, ein Angebot auf seine Kartellrechtskonformität zu überprüfen, können die zur Abgrenzung des vorliegend sachlich betroffenen Marktes der Fliesenlegerarbeiten von der belangten Behörde angestellten beweiswürdigenden Überlegungen nicht als unschlüssig erkannt werden.

Dieser Marktabgrenzung hält die Beschwerde bloß die Behauptung entgegen, vorliegend handle es sich um einen wesentlich kleineren Markt, nämlich den Markt der "Fliesenlegerarbeiten in Gemeindewohnungen" in Wien, auf welchem die ARGE bereits 52,6 % Marktanteil hätte. Sie bringt jedoch keine konkreten Anhaltspunkte für das Bestehen eines allfälligen inländischen räumlichen Teilmarktes vor, welche im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfung der Beweiswürdigung aufzugreifen wären.

Ausgehend von den sohin festgestellten Marktanteilen der ARGE am sachlich relevanten Markt konnte die belangte Behörde zu Recht annehmen, dass die Bildung der ARGE jedenfalls die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Z. 1 Kartellgesetz 2005 erfülle und somit ein Bagatellkartell darstellen würde.

Was nun die von der Beschwerde aufgeworfene Frage anlangt, ob die Mitglieder der ARGE im Beschwerdefall einzeln in der Lage gewesen wären, ein eigenständiges Angebot zu legen, stellt die Behörde ausdrücklich fest, dass den Vergabeakten nicht zu entnehmen gewesen und auch nicht im Zuge des Nachprüfungsverfahrens hervorgekommen sei, dass die Mitglieder der ARGE jedes für sich in der Lage gewesen wären, eigenständig ein Angebot für alle ausgeschriebenen 48 Lose zu legen. Die Beschwerde entgegnet diesem Argument, darauf komme es nicht an, weil der vorliegende Auftrag in Losen zu vergeben gewesen sei. Nun trifft zu, dass es den Bietern nach den Feststellungen der belangten Behörde auf Grund der vorliegenden Ausschreibung frei gestanden ist, nur für ein Los, für einige Lose oder für alle Lose anzubieten.

Hiezu ist festzuhalten, dass sich diese Frage im Beschwerdefall schon deshalb nicht stellt, weil es sich vorliegend nur um ein Bagatellkartell handelt (vgl. auch Rüffler, Kartellrechtswidrige Bietergemeinschaften im Vergabeverfahren, RPA 2009, 291 f).

3.5. Die Beschwerde führt gegen das Vorliegen eines Bagatellkartells nach Kartellgesetz 2005 unionsrechtlich ins Treffen, die Bildung der ARGE stelle eine verbotene Vereinbarung im Sinn des Art. 101 Abs. 1 AEUV dar und beruft sich dabei auf näher angeführte Bekanntmachungen der Kommission, darunter die Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Artikel 81 (EG) nicht spürbar beschränken (de minimis) (ABl. 2001, C 368, S. 13; im Folgenden: De-minimis-Bekanntmachung).

Nach dem Urteil des EuGH vom 13. Dezember 2012 in der Rechtssache C-226/11 , Expedia Inc. gegen Autorite de la concurrence u. a., ist eine Bekanntmachung der Kommission wie die De-minimis-Bekanntmachung für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich (vgl. Urteil "Expedia", Randnr. 29, mwN). Diese Bekanntmachung dient nämlich nach dieser Rechtsprechung des EuGH dazu, "zu erläutern, in welcher Weise die Kommission als Wettbewerbsbehörde der Union selbst Art. 101 AEUV anwenden wird. Infolgedessen hat die Kommission durch die De-minimis- Bekanntmachung die Ausübung ihres Ermessens beschränkt und kann nicht von dieser Bekanntmachung abweichen, ohne gegen allgemeine Rechtsgrundsätze, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes, zu verstoßen. Zum anderen möchte sie den Gerichten und den Behörden der Mitgliedstaaten einen Leitfaden für die Anwendung dieses Artikels an die Hand geben" (Randnr. 28 des Urteils "Expedia"). Auch aus den mit der De- minimis-Bekanntmachung verfolgten Zielen ergibt sich, so der EuGH in Randnr. 27 des Urteils "Expedia", "dass die Bekanntmachung für die Wettbewerbsbehörden und die Gerichte der Mitgliedstaaten nicht verbindlich sein soll".

Daher kann die von der Beschwerde angeführte Deminimis-Bekanntmachung der Kommission, wie auch die übrigen in der Beschwerde angeführten Bekanntmachungen der Kommission, auch im vorliegenden Beschwerdefall sowohl für die Auftraggeberin als auch für die Vergabekontrollbehörde als belangte Behörde nicht verbindlich sein (vgl. im Übrigen zur Unverbindlichkeit der Deminimis-Bekanntmachung für Gerichte das obzitierte Urteil des OGH vom 12. Dezember 2011, 16 Ok 8/10, Randnr. 8.3.).

Dass im Beschwerdefall die Bildung der ARGE gegen Art. 101 AEUV verstoßen würde, wurde im Nachprüfungsverfahren und wird in der vorliegenden Beschwerde nur allgemein behauptet, jedoch nicht konkret dargelegt. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des EuGH hinzuweisen, wonach eine Vereinbarung nur dann unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt, wenn sie eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt und geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (vgl. Randnr. 17 des Urteils "Expedia", mwN). Weiters ist nach der Rechtsprechung des EuGH anhand des tatsächlichen Rahmens einer Vereinbarung zu beurteilen, ob eine spürbare Beschränkung des Wettbewerbs vorliegt (vgl. Randnr. 21 des Urteils "Expedia", mwN; vgl. auch das Urteil des EuGH vom 23. November 2006 in der Rechtssache C-238/05 , Asnef-Equifax, Servicios de Informacion sobre Solvencia y Credito, SL, Administracion del Estado gegen Asociacion de Usuarios de Servicios Bancarios (Ausbanc), Randnr. 35, mwN). Die Beurteilung der Wirkungen von Vereinbarungen oder Verhaltensweisen erfordert nach der Rechtsprechung des EuGH eine Berücksichtigung des jeweiligen konkreten Rahmens (nämlich des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in dem die betreffenden Unternehmen tätig sind, der Natur der betroffenen Waren und Dienstleistungen, der auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und der Struktur dieses Marktes oder dieser Märkte). Die Vereinbarkeit mit den Wettbewerbsregeln der Europäischen Union lässt sich (in diesem Sinne) nicht abstrakt beurteilen (vgl. das Urteil "Asnef-Equifax", Randnrn. 49 und 54).

Vor dem Hintergrund des vom Auftraggeber in Anwendung des § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 anzuwendenden gröberen Maßstabes ist daher fallbezogenes Vorbringen zu verlangen, das konkret eine vergaberechtlich gemäß § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 aufzugreifende Wettbewerbswidrigkeit dartut, welche ohne Feinprüfung (wie etwa eine umfassende Untersuchung der Marktwirkungen) feststellbar ist (vgl. so Eilmansberger/Holoubek, aaO, l0f). Ein solches vergaberechtlich aufzugreifendes Vorbringen wurde im Nachprüfungsverfahren nicht erstattet und ist auch der Beschwerde nicht zu entnehmen.

Wenn die Beschwerde letztlich gegen die Annahme eines Bagatellkartells vorbringt, durch die Bildung der ARGE und das gemeinsame Anbieten von Leistungen erfolge eine Preisabsprache und werde somit eine Kernbeschränkung verwirklicht, so ist darauf hinzuweisen, dass § 20 Abs. 2 BVergG 2006 die Bildung von Bietergemeinschaften und somit auch die Einreichung (gemeinsamer) Angebote in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht zulässt, sofern dies nicht in der Ausschreibung aus sachlichen Gründen für unzulässig erklärt wurde (vgl. zur Zulässigkeit von Bietergemeinschaften das Urteil des EuGH vom 23. Jänner 2003 in der Rechtssache C-57/01 , Makedoniko Metro, Randnr. 60, und Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG).

3.6. Daher ist die Auffassung der belangten Behörde, die Bildung der ARGE sei fallbezogen nicht als wettbewerbswidrige Abrede zu werten und habe daher nicht den Ausscheidenstatbestand nach § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 erfüllt, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 49 Abs. 6 VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 31. Jänner 2013

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