Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §33 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, eine auf § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gestützte Ausweisung.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei mit einem von der Österreichischen Botschaft Skopje ausgestellten Visum C, welches vom 6. Mai bis 18. Juni 2004 gültig gewesen sei, in das Bundesgebiet eingereist. Am 15. September 2004 habe sie einen österreichischen Staatsbürger geheiratet. Daraufhin habe sie gestützt auf diese Ehe am 12. Oktober 2004 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt. In der Folge sei ihr - nach den damals geltenden Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 (FrG) - eine quotenfreie Erstniederlassungsbewilligung, welche bis 30. November 2005 gültig gewesen sei, erteilt worden.
Auf Grund eines anoymen Hinweises, wonach die Ehe der Beschwerdeführerin von ihrem Bruder vermittelt worden sei, seien Erhebungen wegen des Vorliegens einer Aufenthaltsehe eingeleitet worden. Im Zuge dieser Erhebungen sei zweimal versucht worden, das Ehepaar an der angeblich gemeinsamen ehelichen Wohnung in 1050 Wien anzutreffen. Dies sei ohne Erfolg geblieben. Im Zuge der Erhebungen sei festgestellt worden, dass der zur Wohnung gehörende Postkasten "übervoll" gewesen sei. Einem Nachbarn, dem auch Fotos beider Personen gezeigt worden seien, seien sowohl die Beschwerdeführerin als auch deren Ehemann unbekannt gewesen.
Am 4. Juli 2005 habe der Ehemann der Beschwerdeführerin zugestanden, dass die Ehe vermittelt worden sei. Er habe in der Zeit von April 2004 bis Dezember 2004 seinen Wehrdienst geleistet. Etwa im Juli oder August 2004 habe ihn ein anderer Rekrut mit Namen S gefragt, ob er dessen Schwester - die Beschwerdeführerin - gegen ein Entgelt von EUR 7.000,-- heiraten würde. Die Beschwerdeführerin habe er erst bei der Bestellung des Aufgebots am Standesamt kennengelernt. Nach der Eheschließung habe es keinen weiteren Kontakt zu ihr gegeben. Erst im Jänner oder Februar 2005 sei S wieder zu ihm gekommen und habe ihn ersucht, mit der Beschwerdeführerin zum Arbeitsamt zu gehen. Von den für die Eheschließung versprochenen EUR 7.000,-- habe er EUR 6.000,-- erhalten. Er sei damals wegen offener Verwaltungsstrafen im Ausmaß von EUR 5.000,-- in finanziellen Nöten gewesen. Deshalb sei er einverstanden gewesen, die Beschwerdeführerin zu heiraten. Mit dem für die Eheschließung erhaltenen Geld habe er die Verwaltungsstrafen beglichen.
Im Verfahren - so die belangte Behörde weiter - hätten sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihr Bruder bestritten, dass es sich bei der fraglichen Ehe um eine Aufenthaltsehe handle. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, ihren Ehemann in einer Diskothek kennengelernt zu haben und ihn zu lieben. Weiters habe sie angegeben, mit ihm gemeinsam in 1140 Wien zu wohnen. Die genaue Adresse habe sie aber nicht gekannt.
Einen Antrag auf Verlängerung ihres Aufenthaltstitels habe die Beschwerdeführerin nicht eingebracht. Es sei sohin gegen sie das gegenständliche Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet worden. In diesem habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, die von ihrem Ehemann erwähnten EUR 6.000,-- seien ihm zur Gründung des gemeinsamen Haushaltes gegeben worden. Sie habe aber schließlich eingeräumt, mit ihm nie zusammengezogen zu sein. Als Grund habe sie "unglückliche Umstände, die sie nicht zu vertreten" hätte, genannt. Sie habe der Behörde auch in Aussicht gestellt, in ihr Heimatland auszureisen, um von dort aus einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Absolvierung eines Studiums stellen zu wollen.
Demgegenüber bekämpfe nunmehr die Beschwerdeführerin allerdings die von der Behörde erster Instanz erlassene Ausweisung mit dem Vorbringen "in höchstem Maße in Österreich integriert" zu sein, hier einen Arbeitsplatz zu haben und Sozialversicherung zu zahlen. Weiters verweise sie auf familiäre Bindungen zu ihrem Bruder und ihrem Onkel. Auch mache sie geltend, sie wäre nach wie vor mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet, weshalb kein Grund bestünde, gegen sie eine Ausweisung zu erlassen. Mittlerweile sei keine Rede mehr davon, dass sie ausreisen wolle, um vom Ausland aus einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Ausbildung einzubringen.
In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe zwar am 15. September 2004 einen bis 30. November 2005 gültigen Aufenthaltstitel erhalten. Jedoch habe sie keinen Antrag auf Verlängerung dieses Aufenthaltstitels eingebracht. Sie halte sich seit Ablauf des ihr erteilten Aufenthaltstitels, somit seit 1. Dezember 2005, unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Es lägen daher die Voraussetzungen zur Erlassung einer Ausweisung im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG vor.
Zu der nach § 66 FPG vorzunehmenden Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin zunächst zum Zweck der Familiengemeinschaft mit einem österreichischen Staatsbürger einen bis 30. November 2005 gültigen Aufenthaltstitel erhalten habe. Sie halte sich seit 16. Mai 2004 im Bundesgebiet auf. Es sprächen viele Indizien dafür, dass es sich bei der Ehe der Beschwerdeführerin um eine Aufenthaltsehe handle. An familiären Bindungen habe die Beschwerdeführerin ihren Bruder und einen Onkel, die sich im Bundesgebiet aufhielten, geltend gemacht. Sie habe auf ihre sehr guten Deutschkenntnisse verwiesen sowie darauf, dass sie in Österreich über einen Arbeitsplatz verfüge und Sozialversicherung bezahle. Ihren eigenen Ausführungen zufolge sei sie beim Unternehmen P Service in P beschäftigt und verdiene dort durchschnittlich monatlich EUR 500,--. Im Sommer habe sie sechs Wochen lang in einem Altersheim als Zimmermädchen gearbeitet. Dem vorliegenden Versicherungsdatenauszug vom 11. März 2010 sei zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin zumindest die letzten fünf Jahre keiner "angemeldeten Beschäftigung" nachgegangen sei.
Vor dem Hintergrund des mehrjährigen Aufenthalts der Beschwerdeführerin in Österreich und der von ihr angeführten familiären und "allfälligen" beruflichen Bindungen im Bundesgebiet sei davon auszugehen, dass mit der Ausweisung ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin verbunden sei. Dieser sei jedoch zulässig, weil er zum Erreichen von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, hier konkret zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten sei. Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin sei überwiegend unrechtmäßig gewesen. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses öffentliche Interesse verstoße die Beschwerdeführerin gravierend, weil sie seit 1. Dezember 2005 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig sei. Zudem werde das Gewicht der aus ihrem Aufenthalt resultierenden persönlichen Interessen entscheidend relativiert, weil die Beschwerdeführerin "offensichtlich" versucht habe, durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe einen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zu erwirken.
Im vorliegenden Fall sei die Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens von solchem Gewicht, dass die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an ihrer Ausreise.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Eingangs ist im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (16. März 2010) festzuhalten, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles nach den Bestimmungen des FPG in der Fassung des BGBl. I Nr. 135/2009 richtet.
In der Beschwerde werden die Ausführungen der belangten Behörde, wonach sich die Beschwerdeführerin seit Ablauf des ihr zuletzt erteilten Aufenthaltstitels nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, nicht bekämpft. Vor dem Hintergrund der Feststellungen im angefochtenen Bescheid begegnet die behördliche Beurteilung, dass sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und daher der darauf abstellende, die Ausweisung ermöglichende Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren vor und macht geltend, dass auf "Seite 2 des Bescheids vom 19.7.2006" (dabei handelt es sich um den in erster Instanz ergangenen Bescheid) ausgeführt werde, dass sie sich erst seit kurzer Zeit im Bundesgebiet aufhalte, keinerlei Beschäftigung nachgehe, weder kranken- noch sozialversichert sei und in Österreich über keine familiären Bindungen verfüge. Auch im Berufungsbescheid sei vermerkt, dass ein Versicherungsdatenauszug ergeben hätte, die Beschwerdeführerin sei zumindest die letzten fünf Jahre keiner angemeldeten Beschäftigung nachgegangen. Das alles sei "nachweislich falsch".
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde ihrer Entscheidung ohnedies die Richtigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin zum in Österreich lebenden Bruder und Onkel zu Grunde gelegt hat. Dies gilt auch für das Vorbringen zu ihrer Erwerbstätigkeit. Lediglich das Bestehen einer aus der Erwerbstätigkeit resultierenden Sozialversicherung hat sie in Frage gestellt.
Es kann nun dahingestellt bleiben, ob der belangten Behörde bei ihren EDV-unterstützt durchgeführten Anfragen an die von der österreichischen Sozialversicherung geführte Datenbank und ihrer telefonischen Recherche, die den vorgelegten Akten zufolge ergeben hat, dass die Beschwerdeführerin bei ihrem Ehemann mitversichert sei, - angesichts der den Verwaltungsakten entnehmbaren unterschiedlichen Schreibweise ihres Familiennamens (Weiss, Weiß, Weisz) - Fehler unterlaufen sind. Es gelingt der Beschwerdeführerin nämlich nicht, die Relevanz des Verfahrensfehlers - zum Ergebnis der Ermittlungen zum Bestehen einer Sozialversicherung hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin der Aktenlage zufolge kein Parteiengehör eingeräumt - für den Ausgang des Verfahrens darzulegen.
Auf dem Boden der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten und von der belangten Behörde berücksichtigten Umstände ist nämlich selbst bei Vorliegen einer aus eigener Erwerbstätigkeit herrührenden Sozialversicherung nicht ersichtlich, dass diese Umstände in ihrer Gesamtheit von solchem Gewicht wären, dass die belangte Behörde aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK von der Erlassung der gegenständlichen Ausweisung hätte Abstand nehmen müssen. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde - unter Zugrundelegen der Angaben des Ehemanns der Beschwerdeführerin - davon ausging, es habe zu keiner Zeit ein gemeinsames Familienleben bestanden und die Ehe sei - bezogen auf die Beschwerdeführerin - nur deswegen geschlossen worden, um ihr ein Aufenthaltsrecht in Österreich zu verschaffen. Dass ein gemeinsames Familienleben mit dem österreichischen Ehegatten nie stattfand, hat die Beschwerdeführerin im Übrigen im Verwaltungsverfahren eingeräumt.
Es trifft aber auch die Ansicht der belangten Behörde zu, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert beizumessen sei. Gegen diese Vorschriften hat die Beschwerdeführerin in gravierender Weise verstoßen, indem sie eine Aufenthaltsehe eingegangen ist und seit Ablauf des ihr zuletzt erteilten Aufenthaltstitels bereits jahrelang unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist. Die von ihr geltend gemachte - aber infolgedessen, dass sie über kein die Erwerbstätigkeit zulassendes Aufenthaltsrecht verfügt, jedenfalls aus fremdenrechtlicher Sicht als unrechtmäßig einzustufende (vgl. hinsichtlich Aufenthaltstitel § 8 iVm § 33 Abs. 1 NAG; sh. auch das zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit ergangene, aber im Hinblick auf § 33 Abs. 1 NAG insoweit vergleichbare hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, Zl. 2012/23/0019) - Erwerbstätigkeit, aus der sie nach ihren eigenen Angaben ein monatliches Nettoeinkommen von lediglich etwa EUR 500,-- erwirtschaftet, kann im gegenständlichen Fall nicht als von solchem Gewicht angesehen werden, sodass die Erlassung der Ausweisung unzulässig wäre. Dies gilt auch für die geltend gemachten familiären Bindungen zu Onkel und Bruder; und zwar umso mehr, als sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der gegenständlichen Beschwerde lediglich darauf hingewiesen wird, dass diese in Österreich lebten. Dass die Beschwerdeführerin zu diesen Verwandten intensiven Kontakt pflegen würde, wurde in der Beschwerde nicht behauptet.
Die Beschwerdeführerin macht schließlich noch geltend, die Ehe mit dem österreichischen Staatsbürger sei nie aufgehoben worden, weshalb es an "der Voraussetzung der Behauptung einer Scheinehe" mangle. Dem ist zu entgegnen, dass es für die Beurteilung, ob eine Aufenthaltsehe vorliegt, nicht darauf ankommt, ob eine solche Ehe für nichtig erklärt wurde (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 6. September 2012, Zl. 2011/18/0020, mwN).
Zusammengefasst ist sohin die Beurteilung der belangten Behörde, § 66 FPG stehe der Erlassung der gegenständlichen Ausweisung nicht entgegen, nicht zu beanstanden.
Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 12. Dezember 2012
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