VwGH 2012/09/0006

VwGH2012/09/000628.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der Dr. SF in F, vertreten durch Dr. Bertram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Bahnhofstraße 21, gegen den Bescheid der Vollversammlung (bestehend aus 10 namentlich genannten Mitgliedern) des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 7. Dezember 2011, Zl. UVS-0262.11, betreffend Dienstbeurteilung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §7 Abs1 Z3;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
EGVG 2008 Art1 idF 2009/I/020;
UVSG Vlbg 1990 §5 Abs8;
UVSG Vlbg 1990 §5;
UVSG Vlbg 1990 §6;
UVSG Vlbg 1990 §7;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2012:2012090006.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit Bescheid des Präsidenten des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg Dr. R wurde gemäß § 5 Abs. 8 des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat, LGBl. Nr. 34/90 idF LGBl. Nr. 36/2009 (UVS-G) iVm § 17 Abs. 3, 5 und 6 des Landesbedienstetengesetzes 1988 (LBG 1988) die Dienstbeurteilung der Beschwerdeführerin für das Jahr 2010 mit "nicht entsprechend" festgesetzt.

Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde keine Folge.

Die belangte Behörde ging nach Durchführung mehrerer mündlicher Verhandlungen und Einholung von ärztlichen Gutachten von folgendem Sachverhalt aus (Schreibfehler im Original):

"Im Jahr 2010 sind von der (Beschwerdeführerin) 17 Rechtssachen und zu Beginn des Jahres 2011 zwei weitere Rechtssachen nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen der §§ 31 Abs 3 und 51 Abs 7 VStG erledigt worden. In 14 dieser Fälle kam neben der (Beschwerdeführerin) auch der Amtspartei Parteistellung zu. Bei allen anderen neun UVS-Mitgliedern kam es im Jahr 2010 insgesamt nur zu einer Erledigung außerhalb der Frist des § 51 Abs 7 VStG.

Um eine höhere Zahl von nicht rechtzeitigen Erledigungen abzuwenden, war es erforderlich, im Jahr 2010 durch eine Änderung der Geschäftsverteilung 26 Rechtssachen von der (Beschwerdeführerin) auf ein anderes UVS-Mitglied zu übertragen. In 16 Fällen musste ein dem UVS zur Verfügung stehender juristischer Mitarbeiter für die Ausarbeitung von Entwürfen beigezogen werden. In elf der oben genannten 17 nicht rechtzeitig erledigten Rechtssachen erfolgte im Jahr 2010 auch keine bescheidmäßige Erledigung nach Ablauf der Entscheidungsfristen (Einstellung des Verfahrens). Die Fristen gemäß den §§ 51 Abs 7 bzw 31 Abs 3 VStG sind in einer dieser Rechtssachen bereits im April 2010, in den meisten dieser Rechtssachen bereits im Oktober 2010 und in zwei dieser Rechtssachen im November 2010 abgelaufen. Im Jahr 2010 erfolgte auch weiterhin nicht eine Erledigung einer Rechtssache, bei welcher die Frist nach § 51 Abs 7 VStG bereits am 29.12.2009 abgelaufen war.

Zu Ende des Jahres 2010 waren - über die oben erfassten Fälle hinaus - zahlreiche schriftliche Erledigungen von Rechtssachen übermäßig lange ausständig. So hat die (Beschwerdeführerin) im Jahr 2010 in einigen Rechtssachen zwar die Entscheidung mündlich verkündet, bis Ende 2010 aber nicht die erforderliche schriftliche Entscheidung in diesen Rechtssachen ausgefertigt. Eine dieser Verkündungen erfolgte bereits am 23.10.2009, je eine dieser Verkündungen im Februar 2010, im März 2010 und im Mai 2010, je zwei dieser Verkündungen erfolgten bereits im Juni 2010 und im Juli 2010. Vergleichbare Fälle gibt es bei anderen UVS-Mitgliedern nicht.

Die durchschnittliche Dauer der Strafberufungsverfahren betrug bei der (Beschwerdeführerin) mit 325 Tagen erheblich mehr als das Doppelte der durchschnittlichen Dauer der Strafberufungsverfahren bei den anderen UVS-Mitgliedern (147 Tage). Bei der Zahl von 325 Tagen sind die noch nicht schriftlich abgeschlossenen Verfahren nicht berücksichtigt. Deren Berücksichtigung würde zu einer noch wesentlich höheren durchschnittlichen Erledigungsdauer führen.

In 15 Rechtssachen der (Beschwerdeführerin) (somit in mehr als 1/4 von allen ihren rechtzeitigen Erledigungen) wurde die Entscheidungsfrist nach § 51 Abs 7 VStG gerade noch durch eine Fax-Zustellung der Entscheidung an die Erstinstanz am letzten Tag der Frist gewahrt. In 5 zusätzlichen Fällen erfolgte die Zustellung der Erledigung erst innerhalb der letzten Woche vor Ablauf der vorgenannten Frist. In mehr als 1/3 der Rechtssachen erfolgte die Erledigung erst innerhalb der letzten Woche vor Fristablauf.

In 22 der im Jahr 2010 von der (Beschwerdeführerin) abgeschlossenen 45 Rechtssachen ohne Zurückweisungen wegen Verspätung und ohne Rückziehungen gab es (meist gleich nach Einlangen der Berufungen beim UVS) Phasen einer Untätigkeit von zwölf Monaten und mehr.

Ende des Jahres 2010 betrug der Erledigungsrückstand bei der (Beschwerdeführerin) - trotz der bereits erwähnten Entlastungsmaßnahmen - 105 Rechtssachen, während der durchschnittliche Rückstand der anderen Mitglieder ohne die (Beschwerdeführerin) bei 57 Rechtssachen lag.

Im Jahr 2010 wurden vom UVS (Präsident und sechs weitere Mitglieder mit 100 %, zwei Mitglieder mit 70 % und ein Mitglied mit 60 % Beschäftigungsausmaß) insgesamt 1.380 Rechtssachen erledigt. Davon entfallen auf die (Beschwerdeführerin) 59 rechtzeitig abgeschlossene Erledigungen, außerdem war die (Beschwerdeführerin) an 29 Kammersachen (Strafsachen) als 'weiteres Mitglied' beteiligt. Unter den erwähnten 59 Erledigungen der (Beschwerdeführerin) haben sich l2 (das sind mehr als 20 %) Zurückweisungen wegen Verspätung befunden. Solche Entscheidungen sind mit einem erheblich geringeren Aufwand verbunden als Sachentscheidungen. Von diesen 12 verspäteten Berufungen waren zudem 3 Mal 2 Fälle völlig gleichgelagert. Bei den Erledigungen aller Strafberufungen im Jahr 2010 ohne Berücksichtigung der Fälle der (Beschwerdeführerin) beträgt der Anteil der Zurückweisungen wegen Verspätung zahlenmäßig nur ungefähr 6,5 % aller Erledigungen.

Die (Beschwerdeführerin) hatte im Jahr 2010 mehrfach Zusagen, die sie dem Präsidenten in gemeinsamen Besprechungen hinsichtlich der Erledigung von Rechtssachen gemacht hat, in der Folge nicht eingehalten.

Die (Beschwerdeführerin) hat die tägliche Anwesenheitspflicht von 09.00 bis 11.00 Uhr in Folge von Verspätungen regelmäßig nicht eingehalten. Weiters hat sie die Regelung über die Zulässigkeit einer Unterschreitung der Sollarbeitszeit missachtet.

Die (Beschwerdeführerin) ist wiederholt zu festgesetzten Terminen erst (mit zum Teil erheblichen) mit Verspätung erschienen. Mehrmals ist sie erst nach festgesetztem Verhandlungstermin beim UVS eingetroffen.

Der (Beschwerdeführerin) ist weiters ein Tonband über die Aufnahme einer Verhandlungsschrift in Verstoß geraten.

Weiters wurden von der (Beschwerdeführerin) Gebührennoten von Dolmetschern über einen langen Zeitraum (einmal ein Jahr, einmal ca ein halbes Jahr) nicht erledigt. Eine Rechtssache ist gemäß § 51 Abs 7 VStG verjährt, weil die (Beschwerdeführerin) anstatt diesen Akt zu erledigen an einer Silvesterfeierlichkeit im Unabhängigen Verwaltungssenat teilnahm und in weiterer Folge nach Hause ging. Trotz der zahlreichen Gespräche der (Beschwerdeführerin) mit dem Präsidenten, deren Gegenstand die unzureichende Leistung der (Beschwerdeführerin) war, hat sie im Jahr 2010 dem Präsidenten gegenüber nicht geäußert, dass bei ihr eine gesundheitliche Beeinträchtigung vorliege.

Am 28.03.2008, am 27.02.2009, am 04.03.2009 und am 19.03.2009 sind dem UVS insgesamt fünf aufhebende VwGH-Erkenntnisse betreffend Verfahren der (Beschwerdeführerin) zugegangen. Diese hat jedenfalls bis zum 05.05.2011 in keinem dieser Fälle den erforderlichen Ersatzbescheid erlassen und der Akt der Erstbehörde befand sich in allen Fällen nach wie vor beim Unabhängigen Verwaltungssenat. Der (Beschwerdeführerin) war am 05.05.2011 nicht bewusst, dass sich diese Akten noch in ihrem Zimmer befunden haben.

In einer weiteren Rechtssache (UVS-1-059/E7-2009) ist der (Beschwerdeführerin) eine Verhandlungsschrift vom 25.03.2009 in Verstoß geraten, weshalb es dem juristischen Mitarbeiter nicht möglich gewesen ist, einen Entscheidungsentwurf auszuarbeiten. In einem anderen Berufungsverfahren (UVS-1-876/E7-2009), in welchem Verjährung eingetreten war, hat die (Beschwerdeführerin) einem Rechtsanwalt am 19.02.2010 mitgeteilt, dass dieses Verfahren wegen Verjährung einzustellen war und ihm zugesichert, das Erkenntnis umgehend zuzustellen. Ein Jahr später urgierte der Rechtsvertreter nochmals telefonisch bei der (Beschwerdeführerin) und ersuchte um die Übermittlung der Entscheidung. Nach weiterem Warten hat der Rechtsvertreter am 12.04.2011 schriftlich ersucht, ihm die Entscheidung zuzusenden. Diese Entscheidung hatte die (Beschwerdeführerin) dem Rechtsvertreter am 05.05.2011 noch nicht zugestellt.

Schon vor dem Jahr 2010 wurde der (Beschwerdeführerin) von ihrem Internisten ein Medikament gegen depressive Zustände verschrieben. Dies erfolgte im Jahr 2008 oder 2009. Da der Zustand der (Beschwerdeführerin) in der Folge nicht ganz befriedigend war, wurde sie an einen Psychiater überwiesen. Dieser hat dasselbe Medikament, jedoch in Form eines Retard-Präparates verschrieben. Die (Beschwerdeführerin) hat dieses Medikament auch im Jahr 2010 eingenommen. In Behandlung beim Psychiater war die (Beschwerdeführerin) damals ein paar Monate, beginnend im Jahr 2008 und endend im Jahr 2009. Im März des Jahres 2011 hat die (Beschwerdeführerin) in der Folge erstmals wieder einen Psychiater aufgesucht. Dieser blieb bei der zuvor verwendeten Medikation, erhöhte allerdings die Dosierung. Zusätzlich begann die (Beschwerdeführerin) ab diesem Zeitpunkt mit einer Gesprächstherapie.

3.4. Bei der (Beschwerdeführerin) liegen internistische Erkrankungen (Zuckerkrankheit, Hochdruckkrankheit), eine wechselnd starke depressive Störung sowie bei den Persönlichkeitsmerkmalen eine problematische Arbeitsorganisation vor. Dies auch im hier relevanten Jahr 2010.

Die beschriebenen Erkrankungen sind nicht hauptsächlich für die kritisierten Defizite bei der Arbeitsleistung verantwortlich. Hauptsächlich verantwortlich für das Defizit bei der Arbeitsleistung sind die persönlichkeitsmäßigen Voraussetzungen und die Charakterzüge der (Beschwerdeführerin).

Es wäre der (Beschwerdeführerin) trotz der vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Jahr 2010 möglich gewesen, die in ihre Verantwortung fallenden Rechtssachen rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Frist zu erledigen; mit Ausnahme des vierten Quartals 2010 waren die erwähnten persönlichkeitsmäßigen Voraussetzungen Grund für die verzögerten Erledigungen. Mit Ausnahme des vierten Quartals wäre es der (Beschwerdeführerin) aus medizinischer Sicht möglich gewesen, die Dienstzeiten (Kernzeit von 09.00 bis 11.00 Uhr) im Jahr 2010 einzuhalten. Mit Ausnahme des vierten Quartals des Jahres 2010 wäre es der (Beschwerdeführerin) aus medizinischer Sicht möglich gewesen, im Rahmen ihres Beschäftigungsausmaßes (70 %) an ihrem Arbeitsplatz anwesend zu sein. Es wäre der (Beschwerdeführerin) aus medizinischer Sicht weiters möglich gewesen, trotz der Erkrankung von sich aus darauf aufmerksam zu machen, wenn Fälle von Verjährung bedroht sind. Die internistischen Probleme der Blutzucker- und Blutdruckerhöhung der (Beschwerdeführerin) sind dieser seit dem Jahr 2007 bekannt.

3.5. Im Jahr 2010 wurden 13 der 40 Erledigungen von Verfahren der (Beschwerdeführerin) in der Sache selbst vom zuvor erwähnten juristischen Mitarbeiter vorbereitet. Drei weitere Entscheidungen (Einstellung wegen Verjährung, Zurückweisung) wurden ebenfalls von diesem juristischen Mitarbeiter vorbereitet.

Im Jahr 2011 wurden von der (Beschwerdeführerin) bis zum 15.11.2011 50 Verfahren in der Sache selbst erledigt, davon wurden 46 Erledigungen vom juristischen Mitarbeiter vorbereitet. Sohin wurden lediglich vier Entscheidungen in der Sache wurden von der (Beschwerdeführerin) ohne Mitwirkung des juristischen Mitarbeiters getroffen. Alle 18 Bescheide, mit denen das Verfahren wegen Verjährung eingestellt werden musste, die im Jahr 2011 erlassen wurden, wurden vom juristischen Mitarbeiter vorbereitet. Drei Weiterleitungen wegen Unzuständigkeit wurden ebenfalls vom juristischen Mitarbeiter vorbereitet.

Von der (Beschwerdeführerin) wurde im Jahr 2011 bis zum 15.11.2011 eine Zurückziehung einer Berufung selbst erledigt. Weiters wurde eine Weiterleitung wegen Unzuständigkeit von der (Beschwerdeführerin) selbst vorgenommen. Alle sonst im Jahr 2011 bis zum 15.11.2011 abgeschlossenen Verfahren wurden durch Rückziehung des Rechtsmittels beendet. In diesen Fällen war keine bescheidmäßige Erledigung erforderlich.

In der Zeit nach dem 01.06.2011 wurden 36 Verfahren von der (Beschwerdeführerin) abgeschlossen. Dabei handelte es sich um 28 Erledigungen in der Sache, wobei lediglich zwei der Berufung stattgebende Entscheidungen von der (Beschwerdeführerin) ohne Mithilfe des juristischen Mitarbeiters erarbeitet wurden.

Zurzeit ist im Hinblick auf die Amtsfähigkeit nicht mehr von einer relevanten Erkrankung auszugehen.

3.6. Hinsichtlich der Anwesenheiten bzw hinsichtlich der Pünktlichkeit ergibt sich im Jahr 2010 folgendes Bild:#htmltmp1#

3.7. Hinsichtlich der Anwesenheiten bzw hinsichtlich der Pünktlichkeit ergibt sich im Jahr 2011 folgendes Bild:#htmltmp2#

Wie sich aus der obigen Darstellung zeigt, ist hinsichtlich der Pünktlichkeit der (Beschwerdeführerin) seit Juni 2011 jedenfalls keine Verbesserung gegenüber dem Jahr 2010 erkennbar.

3.8. Weiters kam es seit September 2011 zu folgenden Vorfällen:

Während der Einvernahme eines Zeugen im Rahmen einer Kammerverhandlung am 14.09.2011 hat die (Beschwerdeführerin) (als weiteres Kammermitglied) intensiv auf dem Display ihres Handys gelesen (vermutlich SMS-Nachrichten); dies über einen ununterbrochenen Zeitraum von zwei bis drei Minuten. In der Folge stellte sie dem Zeugen eine Frage, die dieser bereits zuvor beantwortet hatte.

Zu einer am 22.09.2011, 09.00 Uhr anberaumten Verhandlung, bei der neben dem Kammervorsitzenden und dem Berichterstatter der Anwalt des Beschuldigten, ein Vertreter der Finanzpolizei, ein Zeuge sowie eine Gruppe von Polizeischülern mit dem Ausbildungsleiter als Zuhörer anwesend waren, erschien die (Beschwerdeführerin) erst um 09.10 Uhr. Sie war zuvor nicht im Amtsgebäude anwesend.

Am 27.09.2011 ist die (Beschwerdeführerin) wiederum unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen. Dies obwohl mit ihr auf den 27.09.2011 ein Gesprächstermin vereinbart war.

Am 29.09.2011 erschien die (Beschwerdeführerin) unentschuldigt nicht zum Betriebsausflug. Am 05.10.2011 wurde mit der (Beschwerdeführerin) unter anderem betreffend der eben genannten Vorfälle ein Gespräch geführt, es wurde vereinbart, dass solche Vorfälle in Zukunft von der (Beschwerdeführerin) vermieden werden. Weiters wurde die (Beschwerdeführerin) in diesem Gespräch darauf hingewiesen, dass sie das Protokoll zur 73. Vollversammlung vom 19.09.2011, bei der sie als Schriftführerin eingeteilt war, umgehend anfertigen solle. Das Protokoll wurde von der (Beschwerdeführerin) erst am 04.11.2011, somit ca eineinhalb Monate nach Durchführung der Vollversammlung, fertig gestellt.

Am 24.11.2011 ist die (Beschwerdeführerin) zu einer Vorbesprechung betreffend einer Kammerverhandlung am 25.11.2011, um 14.00 Uhr nicht erschienen, obwohl sie die Wahrnehmung des Termins noch am 24.11.2011 um 09.00 Uhr zugesagt hatte. Tatsächlich erschienen ist die (Beschwerdeführerin) zur Besprechung erst um 14.50 Uhr.

Auch zur Kammerverhandlung am nächsten Tag ist die (Beschwerdeführerin) nicht pünktlich erschienen. Aus diesem Grund musste ihr Vertreter an der Verhandlung teilnehmen."

Nach detaillierter Beweiswürdigung und Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesstellen wertete die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt wie folgt:

"5.2. Vorweg wird festgehalten, dass die (Beschwerdeführerin) im Jahr 2010 über die in den Z 1., 2., 4. und 5. des § 54 Abs 1 RStDG genannten Kenntnisse und Fähigkeiten jedenfalls in dem Ausmaß verfügte, das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes erforderlich ist. Auch das Verhalten im Sinne der Z 6 der genannten Rechtsvorschrift ist separat gesehen noch so, dass es für eine ordnungsgemäße Versehung des Dienstes ausreichend ist.

5.3. Hingegen waren der für die ordnungsgemäße Ausübung des Amtes erforderliche Fleiß, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verlässlichkeit, Entschlusskraft und Zielstrebigkeit sowie der Erfolg der Verwendung bei der (Beschwerdeführerin) im Jahr 2010 nicht ausreichend gegeben.

5.4. Wie schon im erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt, wäre es für die ordnungsgemäße Versehung des Dienstes durch die (Beschwerdeführerin) im Jahr 2010 insbesondere erforderlich gewesen, die in ihre Verantwortung fallenden Rechtssachen rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Frist gemäß den §§ 31 Abs 3 und 51 Abs 7 VStG zu erledigen. Diesen Anforderungen hat die (Beschwerdeführerin), wie ausführlich im erstinstanzlichen Bescheid dargestellt, nicht entsprochen.

Wie ebenfalls im erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt, gehört es zur ordnungsgemäßen Ausübung des Dienstes, dass die Rechtssachen - über die Wahrung der erwähnten gesetzlichen Fristen hinaus - ohne unnötige Verzögerungen behandelt und erledigt werden. Diesen Anforderungen hat die (Beschwerdeführerin) ebenfalls nicht entsprochen, es wird dazu wiederum auf die ausführliche Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen.

Die Leistung der (Beschwerdeführerin) bei der Erledigung von Rechtssachen im Jahr 2010 liegt unter der Hälfte der durchschnittlichen Leistung der anderen UVS-Mitglieder. Auch aus diesem Umstand zeigt sich, dass die (Beschwerdeführerin) nicht das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes erforderliche Mindestmaß an Leistung erbracht hat. Abermals darf auf die ausführlichen Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen werden.

Zudem sind im erstinstanzlichen Bescheid noch weitere Tatsachen aufgeführt, die zeigen, dass die (Beschwerdeführerin) im Jahr 2010 nicht über jenes Ausmaß an Gewissenhaftigkeit und Verlässlichkeit verfügt hat, das für das Erreichen jenes Mindestmaßes an Leistung erforderlich ist, das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerlässlich ist. Auch hier darf wieder auf die ausführliche Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen werden.

5.5. Die (Beschwerdeführerin) wendet sich nicht substanziiert gegen die Feststellung, dass von ihr das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerlässliche Mindestmaß an Leistung nicht erreicht wird. Die (Beschwerdeführerin) bringt vielmehr vor, das Nichterreichen des unerlässlichen Mindestmaßes an Leistung sei in einer Erkrankung und nicht darin begründet, dass es ihr an den Eigenschaften nach § 54 Abs.1 Z 3 Richterdienstgesetz (Fleiß, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verlässlichkeit, Entschlusskraft und Zielstrebigkeit) mangle.

Zur Überprüfung, ob bei der (Beschwerdeführerin) allenfalls eine (teilweise) Amtsunfähigkeit (§ 5 Abs 3 lit c UVS-G) vorgelegen ist, wurden die obgenannten medizinischen Gutachten eingeholt. Aus diesen Gutachten ergibt sich, dass nicht im überwiegenden Ausmaß eine gesundheitliche Beeinträchtigung, sondern vielmehr ein Mangel an Fleiß, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verlässlichkeit, Entschlusskraft und Zielstrebigkeit maßgeblich dafür verantwortlich sind, dass von der (Beschwerdeführerin) das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerlässliche Mindestmaß an Leistung im Jahr 2010 nicht erreicht wurde.

Die Berufungsbehörde verkennt dabei nicht, dass bei der (Beschwerdeführerin) im vierten Quartal des Jahres 2010 eine solche gesundheitliche Beeinträchtigung vorgelegen ist, welche Einfluss auf ihre Leistungsfähigkeit hatte. Im vierten Quartal im Jahr 2010 lag eine im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeit relevante Störung vor. Wie sich aber aus den medizinischen Gutachten auch ergibt, war die gesundheitliche Beeinträchtigung in den ersten drei Quartalen des Jahres 2010 nur leichtgradig. Die Aufgabenstellung der (Beschwerdeführerin) hat sich auf ein engeres Gebiet beschränkt, die (Beschwerdeführerin) besitzt Routine in diesem Bereich. Die in Rede stehenden Verfristungen sind in einer Rechtssache bereits im April und in den meisten Rechtssachen bereits im Oktober 2010 eingetreten. Diese Rechtssachen sind 15 Monate zuvor angefallen, die Mängel in der Erledigung der Akten fallen daher jedenfalls überwiegend nicht in den Zeitraum des vierten Quartals des Jahres 2010. Dasselbe gilt für die weiteren verzögerten schriftlichen Erledigungen, die oben aufgezählt sind. Auch die im angefochtenen Bescheid angesprochenen Phasen der Untätigkeit von 12 Monaten oder mehr fallen mehrheitlich nicht in den Zeitraum, in dem laut Gutachten eine mittelgradige Depression vorlag. Auch ein großer Teil der oben angesprochen Schwierigkeiten ist deutlich vor dem letzten Quartal des Jahres 2010 angesiedelt.

Wie der medizinische Amtssachverständige in seinem ergänzenden Gutachten vom 15.11.2011 ausgeführt hat, kann für den Zeitraum der ersten drei Quartale des Jahres 2010 nicht die Erkrankung der (Beschwerdeführerin) als hauptsächlicher Grund für das Nichterreichen des unerlässlichen Mindestmaßes an Leistung angesehen werden.

Für den genannten Zeitraum wäre es der (Beschwerdeführerin) auch trotz ihrer Erkrankung möglich gewesen, die Dienstzeiten von 09.00 Uhr bis 11.00 Uhr einzuhalten. Auch in dem Umstand, dass die (Beschwerdeführerin) nicht von sich aus darauf aufmerksam gemacht hat, dass ihr übertragene Fälle von Verjährung bedroht sind, ist nach dem medizinischen Gutachten nicht mit ihrer Erkrankung erklärbar.

Hinsichtlich des Umstandes, dass betreffend der Arbeitsleistung der (Beschwerdeführerin) keine Besserung im Jahr 2011 nach Beginn ihrer Behandlung eingetreten ist, wird auf den unter Punkt 3. festgestellten Sachverhalt verwiesen. Im Jahr 2011 war eine starke Unterstützung der (Beschwerdeführerin) durch den juristischen Mitarbeiter erforderlich, um die Erledigung der Akten zu gewährleisten. Weiters hat sich auch hinsichtlich der Pünktlichkeit der (Beschwerdeführerin) jedenfalls keine Besserung ergeben. Zum Zeitpunkt 15.11.2011 waren bei der (Beschwerdeführerin) über 140 Verfahren offen, dies obwohl das Beschäftigungsausmaß der (Beschwerdeführerin) bis zum 30.06.2011 70 % einer Vollzeitbeschäftigung betragen hat und seit diesem Zeitpunkt 50 % beträgt. Weiters ist auch in jüngster Zeit keine Besserung hinsichtlich der Zuverlässigkeit der (Beschwerdeführerin) zu erkennen, diesbezüglich wird auf Punkt 3.8. dieses Bescheides verwiesen. Neuerdings aufgetretene Schwierigkeiten im Privatleben der (Beschwerdeführerin) (Eheprobleme) vermögen diese Vorfälle nicht zu entschuldigen, insbesondere ist die zu beobachtende Unzuverlässigkeit nicht erst in letzter Zeit aufgetreten; sie fügt sich vielmehr in die geschilderten Schwierigkeiten ein.

Es ist somit festzuhalten, dass sich hinsichtlich des Arbeitserfolges der (Beschwerdeführerin) trotz der medizinischen Behandlung und trotz der in der Folge von den Gutachtern, ihrem behandelnden Arzt und schließlich auch von der (Beschwerdeführerin) selbst festgestellten Besserung der Erkrankung im Jahr 2011 keine Änderung gegenüber dem Jahr 2010 ergeben hat. Daraus zeigt sich klar, dass nicht die Erkrankung der (Beschwerdeführerin) hauptursächlich für das Nichterreichen des unerlässlichen Mindestmaßes an Leistung im Jahr 2010 war, sondern vielmehr ein Mangel an Fleiß, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verlässlichkeit, Entschlusskraft und Zielstrebigkeit. Aus diesem Grund ist die Dienstbeurteilung auf 'nicht entsprechend' festzusetzen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Gesetzesstellen lauten:

§ 5 UVS-G:

"…

(8) Der Dienstbeurteilung unterliegen der Vizepräsident und die sonstigen Mitglieder. Sie ist vorzunehmen, wenn der Arbeitserfolg seit mindestens einem Jahr nicht mehr beurteilt worden ist und der Präsident oder das betroffene Mitglied dies verlangt. Der § 17 Abs. 3, 5, 6 und 8 des Landesbedienstetengesetzes 1988 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass

a) der Präsident die Dienstbeurteilung auf der Grundlage der von ihm zu verfassenden Dienstbeschreibung mit Bescheid festzusetzen hat,

b) die Dienstbeschreibung und die Dienstbeurteilung anhand der Kriterien des § 54 Abs. 1 Z. 1 bis 6 und 8 Richterdienstgesetz zu erfolgen haben,

c) die Dienstbeurteilung auf 'entsprechend' oder, wenn das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerlässliche Mindestmaß an Leistung nicht erreicht wird, auf 'nicht entsprechend' zu lauten hat und

d) gegen die Dienstbeurteilung vom betroffenen Mitglied Berufung an die Vollversammlung erhoben werden kann; rechtzeitig eingebrachte Berufungen haben aufschiebende Wirkung."

§ 54 des in den hier entscheidenden Stellen des Abs. 1 Z. 3 und 8 durch die Novelle BGBl. I Nr. 147/2008 unverändert gebliebenen Richterdienstgesetzes (RDG; nunmehr Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz - RStDG), BGBl. Nr. 305/1961 idF BGBl. Nr. 230/1988, lautet:

"(1) Bei der Dienstbeschreibung sind zu berücksichtigen:

3. der Fleiß, die Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verläßlichkeit, Entschlußkraft und Zielstrebigkeit;

8. der Erfolg der Verwendung."

Die Beschwerdeführerin rügt Befangenheit der belangten Behörde. Der Präsident Dr. R habe den erstinstanzlichen Bescheid erlassen, er habe an der Entscheidung in zweiter Instanz insofern mitgewirkt, als er die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2011 geleitet habe. Die Mitglieder seien deshalb befangen, weil sie einander gut kennen und per Du seien.

Die Beschwerdeführerin regt an, der Verwaltungsgerichtshof möge Teile der §§ 5 und 6 des UVS-G beim Verfassungsgerichtshof anfechten, weil der Präsident des UVS Mitglied der Vollversammlung sei, aber bei einer Berufung gegen eine Dienstbeurteilung vom Gesetz nicht ausgeschlossen sei.

Gemäß Art. I EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008 idF BGBl. I Nr. 20/2009 haben die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern u.a. das AVG anzuwenden. Gemäß dessen § 7 Abs. 1 Z. 4 haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides mitgewirkt haben. Es bedarf sohin keiner eigenständigen Regelung im UVS-G, weshalb die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin nicht vorliegen.

Im konkreten Fall hat die Vollversammlung den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid aber nicht unter Leitung des (gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG als befangen anzusehenden) Präsidenten Dr. R,

sondern nach Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung (am 15. November 2011) unter der Leitung des Präsidenten Mag. B erlassen; der frühere Präsident Dr. R gehörte der Vollversammlung nicht an (Anmerkung: er befindet sich seit 1. August 2011 im Ruhestand). Die Teilnahme von Dr. R in einem früheren Verfahrensstadium bedeutet nicht, dass die Erlassung einer unparteiischen Entscheidung in einer anderen Zusammensetzung des Kollegialorgans durch unsachliche psychologische Motive gehemmt gewesen wäre oder dass der Bescheid dadurch wegen unrichtiger Zusammensetzung der belangten Behörde mit Rechtswidrigkeit behaftet wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2004, Zl. 2003/09/0034).

Was die behauptete Befangenheit der anderen Mitglieder der Vollversammlung anbelangt, ist der Beschwerdeführerin zu entgegnen:

Der bloße Umstand, dass diese Mitglieder der Vollversammlung dienstliche Kollegen (unter denen in der Regel das Du-Wort üblich ist) der Beschwerdeführerin sind, begründet keine Vermutung der Befangenheit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2004, Zl. 2004/12/0088). Bei anderer Auffassung würde die wegen der Unabhängigkeit der Mitglieder des Verwaltungssenates der Vollversammlung (und keinem außenstehenden Organ) übertragene Dienstgerichtsbarkeit (im weitesten Sinn, sohin inklusive der Leistungsbeurteilung eines Mitgliedes) ad absurdum geführt.

Unabhängig von der Frage, ob bei einer Leistungsfeststellung nach den Kriterien des § 54 Abs. 1 Z. 1 bis 6 und 8 RDG eine krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit überhaupt rechtliche Bedeutung hat, gelangt die Beschwerde schon aus folgenden Gründen nicht zum Erfolg:

Die Beschwerdeführerin rügt als Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass die belangte Behörde keine Gutachtensergänzung des/der medizinischen Gutachter/s veranlasst habe zur Frage, "ob die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte ADHS-Erkrankung … vorliegen kann". Wie in der Beschwerde die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid bestätigend vorgebracht wird, erfolgte der Hinweis auf eine ADHS-Erkrankung nur in der Form, dass ein behandelnder Arzt "beim letzten Termin … den Verdacht geäußert hat, dass eine ADHS-Erkrankung vorliegen könnte." Auch im weiteren Beschwerdevorbringen wird nicht konkret behauptet, dass jemals ein Arzt bei der Beschwerdeführerin eine derartige Erkrankung tatsächlich festgestellt hat. Die belangte Behörde war daher nicht verpflichtet, zu einer bloßen Mutmaßung eines behandelnden Arztes einen Erkundungsbeweis, ob eine solche Krankheit vorliegen könne, durchzuführen.

Im Übrigen tritt die Beschwerdeführerin den im Wesentlichen auf den Aussagen des behandelnden Arztes Dr. D und des Arztes Dr. L (beide Fachärzte für Psychiatrie) beruhenden gutachterlichen Äußerungen des Amtssachverständigen Dr. B vom 21. September 2011 und 15. November 2011 insbesondere zum Einfluss der psychischen und physischen Krankheiten der Beschwerdeführerin auf ihre dienstliche Leistungsfähigkeit nicht auf gleicher Ebene entgegen.

Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2012

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