VwGH 2011/11/0054

VwGH2011/11/005418.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des P E in S, vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Wattmanngasse 9A, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- u. Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 26. Jänner 2011, Zl. 41.550/1486-9/10, betreffend Abgeltung der Normverbrauchsabgabe (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

BBG 1990 §36 Abs1;
EStG §7;
NoVAG 1991 §1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BBG 1990 §36 Abs1;
EStG §7;
NoVAG 1991 §1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 26. Jänner 2011 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 19. Juli 2010 auf Abgeltung der Normverbrauchsabgabe gemäß §§ 36 und 38 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, eine Belastung, die sich aus dem Normverbrauchsabgabegesetz bei Lieferung von Kraftfahrzeugen für behinderte Menschen ergebe, liege im Sinne des § 36 Abs. 1 BBG beim Beschwerdeführer nicht vor, weil das Kraftfahrzeug, für das die Abgeltung der Normverbrauchsabgabe beantragt worden sei, zur Gänze als Betriebsvermögen geführt werde. Es könne daher im Rahmen des Anlagevermögens abgeschrieben werden, weshalb keine Belastung im Sinne des § 36 Abs. 1 BBG entstehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1.1. § 55 BBG (idF BGBl. I Nr. 111/2010) lautet (auszugsweise):

"ABSCHNITT IX

ORGANISATORISCHE UND ERGÄNZENDE BESTIMMUNGEN

§ 55.

(6) Verfahren gemäß § 36, die am 31. Dezember 2010 beim Bundessozialamt oder der Bundesberufungskommission anhängig sind, sind nach den bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Vorschriften zu Ende zu führen."

1.1.2. Da das Verfahren im Beschwerdefall bereits am 31. Dezember 2010 anhängig war, ist § 36 des BBG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 111/2010 maßgebend (auszugsweise):

"Abschnitt V

Abgeltung der Normverbrauchsabgabe

Voraussetzungen

§ 36. (1) Bei der Lieferung von Kraftfahrzeugen für behinderte Menschen ist die Belastung, die sich aus dem Normverbrauchsabgabegesetz 1991, BGBl. Nr. 695, ergibt, bei Vorliegen folgender Voraussetzungen auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung abzugelten:

  1. 1. Zulassung des Kraftfahrzeuges für den behinderten Menschen;
  2. 2. eigene Lenkerberechtigung des behinderten Menschen; von einem behinderten Menschen, der keine Lenkerberechtigung erlangen kann, ist glaubhaft zu machen, dass das Kraftfahrzeug überwiegend für seine persönliche Beförderung benützt wird;

    3. Nachweis der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung durch

(3) Der Berechnung der Belastung ist der Kaufpreis des Kraftfahrzeuges bis zu einem Betrag von 20 000 Euro zuzüglich der Kosten für die durch die Behinderung notwendige Zusatzausstattung zu Grunde zu legen.

…"

1.2. § 1 des Normverbrauchsabgabegesetzes idF. der Novelle BGBl. I Nr. 34/2010 lautet (auszugsweise):

"Steuerbare Vorgänge

§ 1. Der Normverbrauchsabgabe unterliegen die folgenden Vorgänge:

1. Die Lieferung von bisher im Inland nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen, die ein Unternehmer (§ 2 UStG 1994) im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, ausgenommen die Lieferung an einen anderen Unternehmer zur gewerblichen Weiterveräußerung.

2. Der innergemeinschaftliche Erwerb (Art. 1 UStG 1994) von Kraftfahrzeugen, ausgenommen der Erwerb durch befugte Fahrzeughändler zur Weiterlieferung.

3. Die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder

Z 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a erfolgt ist. Als erstmalige Zulassung gilt auch die Zulassung eines Fahrzeuges, das bereits im Inland zugelassen war, aber nicht der Normverbrauchsabgabe unterlag oder befreit war sowie die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht.

..."

1.3. § 7 EStG 1988 lautet (auszugsweise):

"Absetzung für Abnutzung

§ 7. (1) Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemißt sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung.

…"

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.

2.1. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf ihre Rechtsansicht, eine Belastung nach § 36 Abs. 1 BBG liege beim Beschwerdeführer schon deshalb nicht vor, weil ihm die Möglichkeit der Abschreibung im Rahmen des Anlagevermögens offenstehe. Damit spricht die belangte Behörde erkennbar § 7 EStG 1988 an.

2.2. Damit verkennt die belangte Behörde, dass der Beschwerdeführer gemäß § 7 EStG 1988 im Rahmen des Anlagevermögens nur einen Absetzbetrag geltend machen kann. Damit ist, je nach Einkommenssteuersatz, jedenfalls eine (verbleibende) Belastung des Beschwerdeführers durch die Normverbrauchsabgabe gegeben.

2.3. Der angefochtene Bescheid war schon aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Der Ersatz der Pauschalgebühr konnte wegen Gebührenfreiheit gemäß § 51 BBG nicht zuerkannt werden.

Wien, am 18. September 2012

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