VwGH 2010/09/0234

VwGH2010/09/023426.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde 1. der DG in W und 2. der S OEG in W, beide vertreten durch Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3/1. OG, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 22. Oktober 2010, Zl. 3/08114/337 0674, betreffend Versagung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

11992E048 EGV Art48;
11992E049 EGV Art49;
11992E050 EGV Art50;
11997E039 EG Art39;
21964A1229(01) AssAbk Türkei Art12;
21970A1123(01) ZusProt AssAbk Türkei Art36;
31972R2760 ZusProt FinanzProt AssAbk Türkei ;
61985CJ0066 Lawrie-Blum VORAB;
61986CJ0197 Brown VORAB;
61989CJ0357 Raulin VORAB;
61993CJ0434 Ahmet Bozkurt VORAB;
61995CJ0171 Recep Tetik VORAB;
61996CJ0036 Günaydin VORAB;
61996CJ0098 Kasim Ertanir VORAB;
61997CJ0001 Birden VORAB;
61997CJ0340 Ömer Nazli VORAB;
62000CJ0188 Kurz VORAB;
62006CJ0294 Payir VORAB;
62009CJ0014 Hava Genc VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7;
ARB1/80;
AuslBG §4 Abs3 Z7 idF 2009/I/120;
AuslBG §4c Abs1 idF 2009/I/120;
AuslBG §4c idF 2009/I/120;
EURallg;
NAG 2005 §64;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2012:2010090234.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem an die regionale Geschäftsstelle Wien Hietzinger Kai des Arbeitsmarktservice gerichteten Antrag vom 17. September 2010 beantragte die zweitbeschwerdeführende Partei die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die erstbeschwerdeführende Partei gemäß § 4c Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) für die berufliche Tätigkeit einer Kellnerin mit einer Entlohnung von brutto EUR 1.184,-- monatlich bei einer ganztägigen Dauerbeschäftigung im Ausmaß von 40 Wochenstunden.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle Wien Hietzinger Kai des Arbeitsmarktservice vom 24. September 2010 wurde dieser Antrag gemäß § 4 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 3 AuslBG abgelehnt.

Dagegen erhoben die beschwerdeführenden Parteien Berufung und führten aus, dass die Erstbeschwerdeführerin seit ihrer legalen Einreise nach Österreich im Jahr 2003 durchgehend rechtmäßig aufhältig gewesen sei. Zuletzt sei ihr vom Magistrat Wien eine Aufenthaltsbewilligung Studierender nach § 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 30. Oktober 2010 erteilt worden. Die Erstbeschwerdeführerin sei seit über einem Jahr bei der Zweitbeschwerdeführerin als Kellnerin beschäftigt und verdiene ein monatliches Entgelt von EUR 320,--. Ihre Beschäftigungsbewilligung sei zuletzt mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien vom 3. September 2010 für den Zeitraum vom 4. September 2010 bis zum 3. September 2011 verlängert worden. Die Erstbeschwerdeführerin sei eine türkische Staatsangehörige und nach Art. 6 Abs. 1 erster Unterabsatz des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei - ARB - Nr. 1/1980 hätten türkische Arbeitnehmer, die dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörten, nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung ihrer Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber. Die Erstbeschwerdeführerin habe eine tatsächliche und echte Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis ausgeübt, sie gehöre dem regulären Arbeitsmarkt an und ihre Beschäftigung sei ordnungsgemäß, das heißt es liege eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem österreichischen Arbeitsmarkt vor. Daher wäre eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen gewesen. Die Beschwerdeführerinnen verwiesen auf Rechtsprechung des EuGH.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im Wesentlichen damit, dass der zweitbeschwerdeführenden Partei für die erstbeschwerdeführende Partei im Konnex dieser gemäß § 64 Abs. 1 NAG erteilten Aufenthaltsbewilligungen - Studierende vom Arbeitsmarktservice Wien Hietzinger Kai zwei Beschäftigungsbewilligungen für die berufliche Tätigkeit einer Kellnerin für ein Arbeitsverhältnis mit geringfügigem Beschäftigungsausmaß (12 Wochenstunden, Entlohnung EUR 320,--) jeweils über Zustimmung des Regionalbeirates erstinstanzlich mit Gültigkeit vom 22. August 2008 bis zum 21. August 2009 sowie vom 4. September 2009 bis zum 3. September 2010 erteilt und die letzte Genehmigung bis zum 3. September 2011 verlängert worden sei. Die Erstbeschwerdeführerin verfüge aktuell über eine Aufenthaltsbewilligung - Studierende gemäß § 64 Abs. 1 NAG mit Gültigkeit vom 30. Oktober 2009 bis zum 30. Oktober 2010. Gemäß § 64 Abs. 2 NAG dürfe die durch die Erwerbstätigkeit eines Drittstaatsangehörigen mit Aufenthaltsbewilligung - Studierende das Erfordernis des Studiums als ausschließlichen Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigt werden. Durch die vorgesehene Vollbeschäftigung der zweitbeschwerdeführenden Partei mit 40 Wochenstunden liege dem Verfahren eine maßgebliche Beeinträchtigung ihres Studiums zu Grunde. Die Beschäftigung des türkischen Arbeitnehmers müsse im Einklang mit den arbeitserlaubnisrechtlichen und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates stehen. Das der zweitbeschwerdeführenden Partei erteilte Aufenthaltsrecht lasse jedoch keine Vollbeschäftigung zu. Die aufenthaltsrechtliche Position der zweitbeschwerdeführenden Partei lasse die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine Ganztagstätigkeit, wodurch der Studienerfolg nicht mehr gewährleistet sei, nicht zu, weil gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden dürfe, wenn der Ausländer ein Aufenthaltsrecht besitze, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließe. Das Aufenthaltsrecht der zweitbeschwerdeführenden Partei als Studentin und ihre bloße Zulassung zum österreichischen Arbeitsmarkt für eine geringfügige Beschäftigung impliziere nicht die Ordnungsgemäßheit der Beschäftigung in Bezug auf das in Aussicht genommene Arbeitsverhältnis bei einer Vollbeschäftigung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/1980. Mangels Nichtanwendbarkeit (gemeint wohl: mangels Anwendbarkeit) des § 4c AuslBG müssten für die Genehmigung des Begehrens auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die zweitbeschwerdeführende Partei die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG unabdingbar erfüllt sein. Dies sei nicht der Fall.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die beschwerdeführenden Parteien halten den angefochtenen Bescheid mit ausführlichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des EuGH für rechtswidrig, weil es nach dessen ständiger Rechtsprechung für die Geltendmachung der in Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 zuerkannten Rechte unerheblich sei, aus welchem Grund den Arbeitnehmern ursprünglich die Einreise, die Aufnahme einer Arbeitstätigkeit oder der Aufenthalt gestattet worden seien. Die erstbeschwerdeführende Partei habe die Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach § 4c Abs. 1 AuslBG erfüllt.

Die belangte Behörde habe in ihrem Fall aus § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG und § 64 NAG im Hinblick auf das Unionsrecht unzulässige Bedingungen und Beschränkungen abgeleitet.

Art. 6 des Beschlusses des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) lautet:

"Artikel 6

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den

freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der

türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines

Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat

- nach einem Jahr ordnungsgemässer Beschäftigung

Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen

Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

- nach drei Jahren ordnungsgemässer Beschäftigung

vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;

(2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemässer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäss festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemässer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.

(3) Die Einzelheiten der Durchführung der Absätze 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt."

§ 4 Abs. 3 Z. 7 und § 4c des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 120/2009, lauten:

"§ 4. (1) …

(3) Die Beschäftigungsbewilligung darf weiters nur erteilt werden, wenn

  1. 1.
  2. 7. der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem

    NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt, oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht nach §§ 12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder gemäß § 46a FPG geduldet ist und zuletzt gemäß § 1 Abs. 2 lit. a vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen war oder auf Grund einer Verordnung gemäß § 76 NAG zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist oder Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit genießt;

§ 4c. (1) Für türkische Staatsangehörige ist eine Beschäftigungsbewilligung von Amts wegen zu erteilen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz oder nach Art. 7 erster Unterabsatz oder nach Art. 7 letzter Satz oder nach Artikel 9 des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei - ARB - Nr. 1/1980 erfüllen.

(2) Türkischen Staatsangehörigen ist von Amts wegen ein Befreiungsschein auszustellen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz oder nach Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/1980 erfüllen.

(3) Die Rechte türkischer Staatsangehöriger auf Grund der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bleiben unberührt. Für die Verfahrenszuständigkeit und die Durchführung der Verfahren gemäß Abs. 1 und 2 gelten, soweit dem nicht Bestimmungen des ARB Nr. 1/1980 entgegenstehen, die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes."

§ 64 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, lautet:

"§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie

  1. 1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
  2. 2. ein ordentliches oder außerordentliches Studium an

    einer Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität durchführen und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient. Eine Haftungserklärung ist zulässig.

(2) Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit richtet sich nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Diese Erwerbstätigkeit darf das Erfordernis des Studiums als ausschließlicher Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen.

(3) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität erbringt. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen Rechtsprechung erkannt, dass aus dem Inhalt und der Entstehungsgeschichte des § 4c AuslBG hervorgeht, dass mit dieser Bestimmung im Anschluss an das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 96/09/0088, die innerstaatliche Umsetzung der Art. 6 und 7 ARB Nr. 1/80 in Form der Rechtsinstitute der Beschäftigungsbewilligung und des Befreiungsscheins erfolgen sollte (vgl. die Erläuterungen der Regierungsvorlage zur AuslBG-Novelle BGBl. I Nr. 78/1997, 698 Blg. NR, 20. GP. S 14) und dass sich daraus der unzweifelhafte Sinn des § 4c Abs. 1 AuslBG ergibt, dass damit auch allen gemäß Art. 6 des ARB Nr. 1/1980 berechtigten türkischen Arbeitnehmern das Recht auf Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung oder eines Befreiungsscheines eingeräumt wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Oktober 2004, Zl. 2001/09/0058, vom 15. Dezember 2004, Zl. 2001/09/0034, und vom 18. Oktober 2007, Zl. 2006/09/0032, mwN). Einer Beschäftigungsbewilligung oder einem Befreiungsschein gemäß § 4c AuslBG kommt für die Anerkennung der aus dem ARB Nr. 1/80 erfließenden subjektiven Rechte Beweisfunktion zu und es besteht - bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 6 oder 7 ARB Nr. 1/80 - ein subjektivöffentliches Recht auf deren Ausstellung nach dieser Bestimmung (vgl. dazu die angeführten Erkenntnisse und etwa das hg. Erkenntnis vom 19. April 2007, Zl. 2004/09/0113).

Die belangte Behörde meint, im Beschwerdefall sei deswegen eine Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4c AuslBG nicht zu erteilen gewesen, weil die Erstbeschwerdeführerin nur über eine gemäß § 64 Abs. 1 NAG erteilte Aufenthaltsbewilligung - Studierende verfüge und dieser Aufenthaltszweck angesichts des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG eine Beschäftigung im vollen Ausmaß ausschließe. Dadurch sei der Studienerfolg der Erstbeschwerdeführerin nicht mehr gewährleistet und § 4c AuslBG nicht anwendbar.

Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Betrachtungsweise des § 64 NAG und des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG zutrifft, weil die belangte Behörde verkannt hat, dass sie diese Vorschriften bei Anwendung des § 4c AuslBG unangewendet zu lassen hatte, wenn dem das Unionsrecht, hier: von der Beschwerdeführerin im Grunde des Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich erworbene Rechte, entgegen standen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 1996, Zl. 96/09/0088, und vom 8. November 2001, Zl. 97/21/0111).

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 26. November 1998 in der Rechtssache C-1/97 , Birden, Folgendes ausgeführt:

"23 Der Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung

aus dem Wortlaut des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens EWG-Türkei und des Artikels 36 des Zusatzabkommens, das am 23. November 1970 unterzeichnet, dem Abkommen als Anlage beigefügt und durch die Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 (ABl. L 293, S. 1) abgeschlossen wurde, sowie aus dem Zweck des Beschlusses Nr. 1/80 hergeleitet, daß die im Rahmen der Artikel 48, 49 und 50 EG-Vertrag geltenden Grundsätze soweit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer, die die im Beschluß Nr. 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden sollen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 1995 in der Rechtssache C-434/93 , Bozkurt, Slg. 1995, I-1475, Randnrn. 14, 19 und 20, vom 23. Januar 1997 in der Rechtssache C-171/95 , Tetik, Slg. 1997, I-329, Randnrn. 20 und 28, sowie die Urteile Günaydin, Randnr. 21, und Ertanir, Randnr. 21).

24 Folglich ist für die Auslegung des Begriffes des

Arbeitnehmers in Artikel 6 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 die

Auslegung dieses Begriffes im Gemeinschaftsrecht heranzuziehen.

25 Nach ständiger Rechtsprechung hat der Begriff des

Arbeitnehmers eine gemeinschaftsrechtliche Bedeutung und ist nicht eng auszulegen. Dieser Begriff ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen. Arbeitnehmer ist jeder, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei solche Tätigkeiten ausser Betracht bleiben, die wegen ihres geringen Umfangs völlig untergeordnet und unwesentlich sind. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, daß jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Dagegen ist für die Frage, ob jemand als Arbeitnehmer im Sinne des Gemeinschaftsrechts anzusehen ist, die Art des Rechtsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber unerheblich (vgl. zu Artikel 48 des Vertrages u. a. Urteile vom 3. Juli 1986 in der Rechtssache 66/85, Lawrie-Blum, Slg. 1986, 2121, Randnrn. 16 und 17, vom 21. Juni 1988 in der Rechtssache 197/86, Brown, Slg. 1988, 3205, Randnr. 21, und vom 26. Februar 1992 in der Rechtssache C-357/89 , Raulin, Slg. 1992, I- 1027, Randnr. 10, und betreffend Artikel 6 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 die Urteile Günaydin, Randnr. 31, und Ertanir, Randnr. 43)."

Im angeführten Erkenntnis hat der EuGH die Tätigkeit eines türkischen Staatsangehörigen als Beschäftigung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 qualifiziert, "auch wenn die Tätigkeit, die er dort verrichtet hat, nach den Rechtsvorschriften dieses Staates einer beschränkten Personengruppe vorbehalten und dazu bestimmt war, die Einbeziehung des Betroffenen in das Berufsleben zu erleichtern, und zudem aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde".

Im Urteil vom 19. November 2002 in der Rechtssache C-188/00 , Bülent Kurz, geb. Yüce, gegen Land Baden-Württemberg, hat der EuGH Tätigkeiten, die im Rahmen einer Berufsausbildung ausgeübt wurden, ungeachtet dessen, wie diese rechtlich einzuordnen sind, als Tätigkeiten eines Arbeitnehmers gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 qualifiziert (Randnrn. 30 ff) und ausgeführt, dass für die Zugehörigkeit eines solchen Arbeitnehmers zum regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 es darauf ankommt, ob das Arbeitsverhältnis des betreffenden im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats lokalisiert werden kann oder eine hinreichende Verknüpfung in diesem Gebiet aufweist, wobei insbesondere der Ort der Einstellung des türkischen Staatsangehörigen, das Gebiet, in dem oder von dem aus die Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausgeübt wird, und die nationalen Vorschriften im Bereich des Arbeitsrechts und der sozialen Sicherheit zu berücksichtigen sind (Randnr. 37), der EuGH sah die Voraussetzung der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 als "unzweifelhaft erfüllt, da der Betreffende im Rahmen seiner Berufsausbildung eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis im Gebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufgenommen und ausgeübt hat und diese Beschäftigung den Rechtsvorschriften dieses Staates, insbesondere im Bereich des Arbeitsrechts und der sozialen Sicherheit, unterlag" (Randnr. 38). Sodann führte der EuGH wie folgt aus:

"40 Zur Begründung der Auslegung des Begriffes

'regulär' als synonym mit 'legal' hat sich der Gerichtshof nicht nur auf eine Untersuchung der verschiedenen Sprachfassungen des Beschlusses Nr. 1/80 gestützt (siehe Urteil Birden, Randnrn. 47 bis 50), sondern auch auf den Zweck dieses Beschlusses, dessen soziale Bestimmungen einen weiteren, durch die Artikel 48, 49 und 50 EG-Vertrag geleiteten Schritt zur Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bilden (siehe Urteil Birden, Randnr. 52). Wie der Generalanwalt in den Nummern 60 und 61 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, fördert nämlich die Ausübung einer Beschäftigung unter legalen Umständen die Integration türkischer Staatsangehöriger im Aufnahmemitgliedstaat.

41 Die Verleihung der in Artikel 6 Absatz 1 erster bis dritter Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 verankerten Rechte setzt daher nur voraus, dass der türkische Arbeitnehmer die Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats über die Einreise in das Hoheitsgebiet und die Ausübung einer Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beachtet hat (Urteil Nazli, Randnr. 32).

42 Zweifellos erfüllt ein türkischer Arbeitnehmer wie

Herr Kurz diese Voraussetzung, da feststeht, dass er rechtmäßig in das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats eingereist ist, dass ihm bewilligt worden war, dort eine Berufsausbildung zu absolvieren, und dass er im Rahmen dieser Ausbildung länger als vier aufeinander folgende Jahre rechtmäßig beschäftigt war.

43 In Randnummer 51 des Urteils Birden hat der Gerichtshof entschieden, dass der Begriff 'regulärer Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats' nicht dahin auszulegen ist, dass er den allgemeinen Arbeitsmarkt im Gegensatz zu einem begrenzten Markt mit besonderer Zwecksetzung bezeichnet.

44 Daher kann der vom Land Baden-Württemberg, von der

deutschen Regierung und von der Kommission vertretenen Auslegung nicht gefolgt werden, dass ein Auszubildender deswegen nicht zum regulären Arbeitsmarkt gehöre, weil er nur eine vorübergehende und spezifische Tätigkeit im Rahmen seiner Berufsausbildung ausübe, die sich von einem normalen Arbeitsverhältnis unterscheide und die Eingliederung des Betroffenen in den allgemeinen Arbeitsmarkt nur für die Zukunft sicherstellen solle.

45 Eine solche Auslegung widerspricht Zweck und

Systematik des Beschlusses Nr. 1/80, die auf die Förderung der Integration türkischer Staatsangehöriger im Aufnahmemitgliedstaat gerichtet sind (siehe Randnr. 40 des vorliegenden Urteils). Ein Auszubildender, der wie im Fall des Ausgangsverfahrens länger als vier Jahre eine tatsächliche und echte wirtschaftliche Tätigkeit bei einem Arbeitgeber ausgeübt hat, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhalten hat, die der geleisteten Arbeit entspricht, ist nämlich im Aufnahmemitgliedstaat ebenso integriert wie ein Arbeitnehmer, der eine vergleichbare Arbeit von entsprechender Dauer ausgeübt hat."

Im angeführten Urteil in der Rechtssache Kurz, geb. Yüce, hat der EuGH auch ausgeführt, dass bezüglich der Frage, ob ein Arbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat eine ordnungsgemäße Beschäftigung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 ausgeübt hat, dass "die Ordnungsgemäßheit der Beschäftigung eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats und damit ein nicht bestrittenes Aufenthaltsrecht voraussetzt" (Randnrn. 48 f des angeführten Urteils unter Hinweis auf die Vorjudikatur des EuGH).

In seinem Urteil vom 24. Jänner 2008 in der Rechtssache C- 294/06 , Payir et. al. gegen Secretary of State for the Home Department, hat der EuGH seine Rechtsprechung zu den drei Voraussetzungen, wie Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 seine Rechtsprechung wie folgt zusammengefasst:

"28 Die erste dieser Voraussetzungen betrifft die

Eigenschaft als Arbeitnehmer. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, muss ein türkischer Staatsangehöriger nach ständiger Rechtsprechung eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausüben, wobei solche Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die wegen ihres geringen Umfangs völlig untergeordnet und unwesentlich sind. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. Urteil Birden, Randnr. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29 Die zweite Voraussetzung bezieht sich auf die

Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt. Der Gerichtshof hat entschieden, dass dieser Begriff die Gesamtheit der Arbeitnehmer bezeichnet, die den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats nachkommen und somit das Recht haben, eine Berufstätigkeit in dessen Hoheitsgebiet auszuüben (vgl. Urteil Birden, Randnr. 51).

30 Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 verlangt als dritte Voraussetzung eine ordnungsgemäße Beschäftigung, d. h. eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats und damit ein nicht bestrittenes Aufenthaltsrecht (vgl. Urteil vom 19. November 2002, Kurz, C- 188/00 , Slg. 2002, I-10691, Randnr. 48)."

Der EuGH hat betont, "dass der etwaige soziale Zweck der Studenten oder Au-pair-Kräften erteilten Einreisegenehmigung und des ihnen eingeräumten Rechts zu arbeiten für sich genommen nichts daran ändert, dass die von diesen ausgeübte Tätigkeit regulär ist, und dass er daher kein Hindernis für ihre Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaates ist (Randnr. 35). Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 erfasse somit türkische Staatsangehörige, die im Aufnahmemitgliedstaat die Eigenschaft als Arbeitnehmer haben, ohne jedoch zu verlangen, dass sie als Arbeitnehmer in die Gemeinschaft eingereist sind. "Sie können diese Eigenschaft nach ihrer Einreise in die Gemeinschaft erlangt haben." (Randnr. 38). "Auch die eventuelle Befristung des Arbeitsvertrages kann kein Hindernis für die Anwendung von Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 darstellen." (Randnr. 42). Der Gerichtshof führte sodann wie folgt aus:

"46 Unter diesen Umständen kann dem Vorbringen der

Mitgliedstaaten, die Erklärungen eingereicht haben, dass ein Student oder eine Au-pair-Kraft die Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats umgehen könne, um schrittweise einen Anspruch auf unbeschränkten Zugang zu dessen Arbeitsmarkt zu erlangen, nicht gefolgt werden. Denn eine Umgehung dieser Rechtsvorschriften kann nicht vorliegen, wenn die Betreffenden nur ein Recht ausüben, das im Beschluss Nr. 1/80 ausdrücklich vorgesehen ist. Etwas anderes gälte nur dann, wenn die Betreffenden einen Anspruch auf Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch Täuschung erlangt hätten, indem sie wahrheitswidrig die Absicht bekundeten, zu studieren oder eine Aupair-Tätigkeit auszuüben. Wenn dagegen das Bestehen dieser Absicht dadurch bestätigt wird, dass sie tatsächlich studieren oder eine Au-pair-Tätigkeit ausüben, wenn sie rechtmäßig eine Arbeit im Aufnahmemitgliedstaat erhalten und wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 erfüllen, können die Betreffenden in vollem Umfang die Rechte geltend machen, die ihnen diese Bestimmung verleiht."

In seinem Urteil vom 4. Februar 2010 in der Rechtssache C- 14/09 , Hava Genc gegen Land Berlin, hat der EuGH den Fall einer Beschäftigung einer türkischen Staatsangehörigen als Raumpflegerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 5,5 Stunden beurteilt und dazu ausgeführt, dass aus dem Umstand, dass im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nur sehr wenige Arbeitsstunden geleistet werden, ein Anhaltspunkt dafür bestehen könne, dass die ausgeübten Tätigkeiten nur untergeordnet und unwesentlich seien. Doch lasse sich unabhängig von der begrenzten Höhe des aus seiner Berufstätigkeit bezogenen Entgelts und des begrenzten Umfangs der insoweit aufgewendeten Arbeitszeit nicht ausschließen, dass die Tätigkeit auf Grund einer Gesamtbewertung des betreffenden Arbeitsverhältnisses von den nationalen Stellen als tatsächlich und echt angesehen werden könne und es somit ermögliche, dem Beschäftigten die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne von Art. 39 EG zuzuerkennen (Randnr. 26). Bei der Gesamtbewertung des Arbeitsverhältnisses seien nicht nur Gesichtspunkte wie die Arbeitszeit und die Höhe der Vergütung zu berücksichtigen, sondern auch solche wie der Anspruch auf bezahlten Urlaub von 28 Tagen, die Geltung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Anwendung des Tarifvertrages in der jeweils gültigen Fassung auf den Arbeitsvertrag sowie der Umstand, dass ihr Arbeitsverhältnis mit demselben Unternehmen bereits beinahe vier Jahre bestanden habe (Randnr. 27).

Aus dieser Rechtsprechung kann für den vorliegenden Fall der Schluss gezogen werden, dass im Fall der Erstbeschwerdeführerin eine Beschäftigung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 vorlag. Die Erstbeschwerdeführerin war unbestritten bei der zweitbeschwerdeführenden Partei für mehr als ein Jahr als Kellnerin mit einem Beschäftigungsausmaß von zwölf Wochenstunden beschäftigt. Dass es sich dabei um eine völlig untergeordnete oder unwesentliche Tätigkeit gehandelt hätte, ist nicht zu ersehen. Ein Hinweis darauf, dass eine Zugehörigkeit der Erstbeschwerdeführerin zum regulären Arbeitsmarkt nicht gegeben gewesen wäre, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Letztlich war die Erstbeschwerdeführerin auch unbestritten sowohl im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung, die ihre Tätigkeit als Kellnerin nicht ausschloss, als auch bestand für ihre Beschäftigung eine gültige Beschäftigungsbewilligung. Die Stellung der Erstbeschwerdeführerin auf dem österreichischen Arbeitsmarkt war daher eine gesicherte und nicht bloß vorläufige.

Ein Hinweis dafür, dass die Erstbeschwerdeführerin die in den Randnrn. 28 ff des Urteils des EuGH in der Rechtssache Payir et. al. dargestellten drei Voraussetzungen nicht erfüllt hätte, ist daher nicht zu ersehen. Ihr bisher eingeschränktes Beschäftigungsausmaß und der Umstand, dass sie im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung Studierender war, konnte angesichts der dargelegten Rechtsprechung des EuGH ihren Erwerb des in Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB Nr. 1/80 vorgesehenen Rechts nicht hindern. Dies hat die belangte Behörde, die sich mit diesen Fragen nicht näher befasste, verkannt. Gegebenenfalls wäre für die Erstbeschwerdeführerin daher die beantragte Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4c Abs. 1 AuslBG bei Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB Nr. 1/80 zu erteilen gewesen, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Bei diesem Ergebnis war nicht mehr näher zu prüfen, ob nicht auch die Stillhalteklausel nach Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 (im Folgenden: ARB 1/80), derzufolge die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft (und die Türkei) für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen dürfen, der Anwendung der erst nach dem 1. Jänner 1995 in Kraft getretenen, in § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG und § 64 Abs. 2 NAG vorgesehenen Beschränkungen des Zugangs zum Arbeitsmarkt von Studenten türkischer Staatsangehörigkeit entgegen stand (vgl. zu dieser Stillhalteklausel etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2012, Zl. 2008/21/0304, mwN).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 3 und 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 26. Juni 2012

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