VwGH 2010/12/0035

VwGH2010/12/003522.2.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde der CE in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Jänner 2010, Zl. PersR-520973/81-2009-Sk, betreffend amtswegige Ruhestandsversetzung gemäß § 107 Abs. 1 Oö LBG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;
LBG OÖ 1993 §107 Abs1 idF 1996/083;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwRallg;
AVG §52;
BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;
LBG OÖ 1993 §107 Abs1 idF 1996/083;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1971 geborene Beschwerdeführerin stand bis zu ihrer mit dem angefochtenen Bescheid mit Ablauf des 31. Jänner 2010 verfügten Ruhestandsversetzung in einem aktiven öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich.

Ein im Zuge eines amtswegig eingeleiteten Ruhestandsversetzungsverfahrens eingeholtes Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. P vom 8. Mai 2009 gelangte - zusammengefasst - zum Ergebnis, die Beschwerdeführerin sei auf Grund einer psychischen Erkrankung derzeit weder imstande, ihre bisherige Tätigkeit noch andere berufliche Tätigkeiten zu verrichten. Die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit sei wahrscheinlich, bei entsprechender Therapie sei mit einem Wiedereintritt der Dienstfähigkeit innerhalb von zwei bis drei Monaten zu rechnen.

Da zwischenzeitig kein Wiederantritt des Dienstes erfolgte, holte die belangte Behörde neuerlich ein Gutachten der Sachverständigen Dr. P ein, welches am 20. Oktober 2009 erstattet wurde und zu folgendem Ergebnis gelangte (Hervorhebungen im Original; Anonymisierungen - auch im Folgenden - durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Diagnose:

Mittelgradige depressive Episode in Teilremission

F 32.0

Fachärztliche Stellungnahme:

Die Beschwerdeführerin ist von einer Voruntersuchung im April dieses Jahres gut bekannt. Zwischenzeitlich hat sie eine psychiatrische Rehabilitation absolviert, die subjektiv eine gute Besserung gebracht hat, wobei die Umsetzung der REHA Ziele im weiteren Alltag wieder Einbrüche erlitten hat.

Das Hauptproblem liegt derzeit in der instabilen Stimmungs- u. Antriebslage sowie in der Neigung zu einer starken inneren Unruhe und Anspannung. Ein Problem stellt auch dar, dass sie ihre Energiesituation selber schlecht einschätzen und einteilen kann, was immer wieder zu Überforderungssituationen führt. Dazu kommt, dass entwicklungsgeschichtliche Traumen, die im Laufe der Therapie immer mehr an die Oberfläche gerückt sind, zur Prolongierung des Krankheitsprozesses beitragen und noch nicht ausreichend psychotherapeutisch behandelt sind.

Trotz eines dokumentierten sehr hohen Engagements der Untersuchten in der Reha konnten nicht alle Rehabilitationsziele erreicht werden und die Entlassung erfolgte in einem Zustand einer noch reduzierten psychophysischen Belastung bzw. reduzierten psychosozialer Belastbarkeit.

Zwischenzeitlich konnten unter häuslichen Bedingungen die Rehaziele ebenfalls leider nicht weiter umgesetzt werden, wobei sicherlich auch externe Stressfaktoren wie Unsicherheit mit dem Arbeitsplatz eine Rolle spielen.

Vom Verlauf her kann man grundsätzlich die Feststellung treffen, dass eine adäquate, psychopharmakologische, psychotherapeutische und psychosoziale Behandlung besteht, diese zumindest - bezogen auf die FÄ Kontrollen - durchgängig ist und eine Compliance von seiten der Patientin angegeben wird. Was weiter auffällig ist, ist eine gewisse Diskrepanz zwischen subjektivem Leiden und der Therapiekonstanz. Leider liegen auch keine Laboruntersuchungen bezüglich Medikamentenwirkspiegel vor. Bei der Zusammenfassung des Längsschnittes hinsichtlich Symptomentwicklung und therapeutischer Erfolge muss man immer mehr feststellen, dass hier kein 'normaler' Verlauf einer mittelgradigen depressiven Episode vorliegt.

Es erhebt sich sehr stark der Verdacht, dass weitere Mechanismen insbesondere neurotische, im speziellen phobische Verhaltensweisen eine entscheidende Rolle spielen.

Umso mehr ist daher die medikamentöse Therapie beschränkt wirksam, eine psychotherapeutische Behandlung umso intensiver notwendig, die Prognose umso unsicherer.

Von Seiten der Psychotherapie kann man auch keine kurzfristigen Verbesserungen erwarten. Ziel ist die nachhaltige Verhaltensänderung.

Zusammenfassend kann man somit folgenden Sachverhalt erheben:

1. Es besteht derzeit somit ein Zustand einer

unzureichend remittierten mittelgradigen depressiven Episode.

Neurotisch-phobische Verhaltensweisen sind immer mehr erkennbar,

haben bis jetzt aber nicht in die Diagnose Eingang gefunden.

2. Sie ist derzeit nicht im Stande, ihre bisherige

Tätigkeit nach ihrer körperlichen und geistigen Verfassung zu

verrichten, da sie psychopathologisch weiterhin beeinträchtigt ist.

3. Derzeit ist ihr eine Betätigung in ihrem Berufsfeld

nicht zumutbar, da die Gefahr einer neuerlichen Dekompensation

besteht.

4. Die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit ist nach

wie vor das Ziel. Sie ist auch wahrscheinlich.

Der prognostische Zeitraum ist allerdings derzeit unsicher einzuschätzen, jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in einem kürzeren Zeitraum als 6 Monaten zu erreichen."

Nach Gewährung rechtlichen Gehörs und Abgabe einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin, in welcher letztere den Ergebnissen der Sachverständigen Dr. P in dem eben zitierten Gutachten entgegen trat, erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 14. Jänner 2010, mit welchem die Beschwerdeführerin mit Ablauf des 31. Jänner 2010 infolge dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wurde.

In der Bescheidbegründung legte die belangte Behörde zunächst den Gang des Verfahrens dar und führte weiters aus, weshalb sie das Gutachten der Sachverständigen Dr. P vom 14. Oktober 2009 ungeachtet der Einwendungen der Beschwerdeführerin für zutreffend erachtete.

Sodann heißt es im angefochtenen Bescheid weiter:

"In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, dass gemäß § 107 Abs. (zu ergänzen: Abs. 1) Oö. LBG die Beamtin im Fall einer dauernden Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen ist. Dienstunfähigkeit ist dabei nach Abs. 2 leg cit dahingehend zu verstehen, dass die Beamtin infolge ihrer körperlichen oder geistigen Verfassung ihre dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen kann und auch die Zuweisung eines gleichwertigen (billigerweise zumutbaren) anderen Arbeitsplatzes nicht in Frage kommt.

Ihre aktuelle Dienstunfähigkeit ist - auch aufgrund Ihres aktuellen Krankenstandes - unstrittig. Offen ist, inwieweit von einer dauernden, und somit die Ruhestandsversetzung auslösenden Dienstunfähigkeit auszugehen ist. Dauernd ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend zu interpretieren, dass keine Heilungschancen bestehen, wenn die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zumindest unwahrscheinlich ist, wobei die bloße Möglichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zu irgendeinem in der Zukunft gelegenen Zeitpunkt nicht ausreicht, die Dienstunfähigkeit auszuschließen (Vgl. dazu etwa die Entscheidung Zl.: 98712/0410).

Im konkreten Fall ist zwar die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit wahrscheinlich möglich, der Zeitpunkt jedoch irgendwann in der Zukunft und nicht vorhersehbar. Für einen Zeitraum von 6 Monaten ist die Wiedererlangung quasi auszuschließen, zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass die Heilungsprognose bereits einmal zu Ihren Lasten revidiert werden musste, und das obwohl zwischenzeitig sogar eine stationäre Behandlung stattgefunden hat. Berücksichtigt man außerdem den zwischenzeitig fast einjährigen Krankenstand, muss man von einer dauernden Dienstunfähigkeit ausgehen, zumal kein Ende absehbar ist und Ihrerseits auch nie eine Besserung Ihres Zustandes angegeben oder auch nur angedeutet wurde.

Bei der Beurteilung der Frage, wann von einer dauernden Dienstunfähigkeit im Sinn des § 107 Oö. LBG auszugehen ist, ist auch die Systematik im Oö. Dienstrecht zu berücksichtigen. Der Oö. Landesgesetzgeber kennt in § 109 Oö. LBG gerade auch, um für Fälle einer späteren, ungewissen Wiedererlangung der Dienstfähigkeit vorzusorgen, das Rechtsinstitut der Wiederaufnahme in den Dienststand - das wäre praktisch sinnlos, würde nicht in Fällen wie diesem eine Ruhestandsversetzung verfügt, denn in jenen Fällen, wo die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit von vorneherein ausgeschlossen ist, hat diese Bestimmung ohnedies keinen Anwendungsbereich, und die Erzeugung unanwendbarer Normen kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Zum anderen kennt das Oö. Landesdienstrecht auch - anders als in dem die oben zitierte Entscheidung betreffenden Bundesland - das Rechtsinstitut der zeitlichen Ruhestandsversetzung nicht, sodass nur die Möglichkeit der dauernden Ruhestandsversetzung oder eben der Belassung im Dienst, bei vollen Bezügen besteht. Letzteres würde aber in Fällen mit gänzlich unsicherem Heilungsverlauf dem Gebot der Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltungsführung widersprechen.

Dies umso mehr, als der Oö. Landesgesetzgeber für Vertragsbedienstete eine ex lege Endigung des Dienstverhältnisses bei einjähriger Dienstunfähigkeit vorgesehen hat. Darin kommt eine wertende - und nach Ansicht der Dienstbehörde auch hier bindende - Gesamthaltung des Oö. Landesgesetzgebers im Bereich des Dienstrechtes zum Ausdruck, dass eine Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses jedenfalls bei einer länger als ein Jahr dauernden Dienstunfähigkeit gerade auch aufgrund der damit verbundenen organisatorischen und finanziellen Belastungen zu erfolgen hat.

Schon unter Beachtung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und erst recht unter Berücksichtigung der spezifischen rechtlichen Gegebenheiten des Landes Oö. ist angesichts der unsicheren Möglichkeit der Wiedererlangung Ihrer Dienstfähigkeit von der - im rechtlichen Sinn - dauernden Dienstfähigkeit mit der Möglichkeit der Wiederaufnahme in den Dienststand bei - unerwartet - frühem Wiedererlangen der Dienstfähigkeit auszugehen.

Selbst wenn Frau Dr. P in Ihrem Fall die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit als wahrscheinlich bezeichnet, war unter Berücksichtigung des offensichtlichen atypischen Verlaufes der bei Ihnen diagnostizierten mittelgradigen depressiven Episode, der hohen Unsicherheit hinsichtlich der zeitlichen Komponente sowie insbesondere der Gefahr der neuerlichen Dekompensation spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 107 des Oberösterreichischen Landesbeamtengesetzes 1993, LGBl. Nr. 11/1994 (im Folgenden: Oö LBG), in der Fassung durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 143/2005 lautet:

"§ 107

Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit oder

Erwerbsminderung

(1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf schriftlichen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.

(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner körperlichen oder geistigen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen kann und ihr oder ihm kein gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann."

Die Formulierung des § 107 Abs. 1 Oö LBG geht im Wesentlichen auf die Novelle LGBl. Nr. 83/1996 zurück, durch welchen die zitierte Bestimmung folgende Fassung erhalten hatte:

"(1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist."

Vor dieser Novellierung lautete § 107 Abs. 1 Oö LBG idF LGBl. Nr. 11/1994 wie folgt:

"§ 107

Versetzung in den Ruhestand auf Antrag oder von Amts wegen

(1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in

den Ruhestand zu versetzen, wenn er

1. dauernd dienstunfähig oder

2. infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens ein Jahr

vom Dienst abwesend und dienstunfähig ist."

Mit der Novellierung des § 107 Abs. 1 Oö LBG durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 83/1996 wurde offenkundig die im Bereich des Dienstrechtes der Bundesbeamten erfolgte Novellierung des § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (im Folgenden:

BDG 1979) durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 820/1995 nachvollzogen.

In den Erläuterungen zu dieser zuletzt genannten

Gesetzesänderung (AB 396 BlgNR 19. GP, 3) heißt es:

"Beim heutigen Stand der Medizin erscheint die Prognose der

Unmöglichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit bis zum Erreichen des gesetzlichen Pensionsanfallsalters nach einjährigem Krankenstand überholt; vielmehr zeigt die Realität, dass die Dienstfähigkeit auch nach langdauernden, schweren Leiden wieder hergestellt werden kann. Die zwingende Ruhestandsversetzung nach einjähriger Abwesenheit vom Dienst infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens soll daher entfallen und eine Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit nur mehr bei Vorliegen dauernder Dienstunfähigkeit bzw. nach zweijähriger Herabsetzung der Lehrverpflichtung aus gesundheitlichen Gründen zulässig sein."

Die Beschwerdeführerin vertritt - unter Berufung auf die hg. Erkenntnisse vom 20. Dezember 2006, Zl. 2005/12/0197 (ergangen zur Bundesrechtslage), sowie vom 13. März 2002, Zl. 2000/12/0275 (ergangen zur Steiermärkischen Dienstpragmatik) - primär unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit die Auffassung, schon auf Basis des von der belangten Behörde als schlüssig qualifizierten Sachverständigengutachtens Dris. P vom 20. Oktober 2009 sei das Vorliegen einer dauernden Dienstunfähigkeit deshalb auszuschließen, weil die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin dort als wahrscheinlich bezeichnet werde. Auf den Zeitraum, innerhalb dessen die Dienstfähigkeit wahrscheinlich wiedererlangt würde, komme es auf Basis dieser Rechtsprechung nicht an.

Dem ist Folgendes zu erwidern:

Zunächst ist die Beschwerdeführerin im Recht, wenn sie die Auffassung vertritt, dass zwischen der hier anzuwendenden Rechtslage nach § 107 Abs. 1 Oö LBG und der Bundesrechtslage gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 kein maßgeblicher Unterschied besteht. Wie oben ausgeführt, wurde die Neufassung des § 14 Abs. 1 BDG 1979 durch die Novelle BGBl. Nr. 820/1995 durch den Oberösterreichischen Landesgesetzgeber mit dem

2. Oö Dienstrechtsänderungsgesetz 1996, LGBl. Nr. 83, nachvollzogen. In diesem Zusammenhang hat sich insbesondere auch der Oberösterreichische Landesgesetzgeber dazu entschlossen, für den Bereich der öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse den Ruhestandsversetzungsgrund des § 107 Abs. 1 Z. 2 Oö LBG idF LGBl. Nr. 11/1994, aufzugeben. Der im angefochtenen Bescheid enthaltene Hinweis auf eine abweichende Rechtslage für oberösterreichische Vertragsbedienstete (wonach das vertragliche Dienstverhältnis bei einer wegen Krankheit bewirkten Dienstverhinderung nach einem Jahr endet) vermag daher - auch mangels Vergleichbarkeit der Rechtsfolgen - keine abweichende Interpretation der Oberösterreichischen Landesrechtslage gegenüber der Bundesrechtslage für im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehende Beamte des Landes Oberösterreich zu begründen. Nichts anderes gilt für den Hinweis auf die Möglichkeit einer Wiederaufnahme in den Dienststand gemäß § 109 Oö LBG, zumal eine solche gemäß § 16 BDG 1979 auch für Bundesbeamte vorgesehen ist.

Freilich beruft sich die Beschwerdeführerin vorliegendenfalls jedenfalls zu Unrecht auf das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2006, Zl. 2005/12/0197. Dort hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgeführt:

"Eine Dienstunfähigkeit, welche bei Fortführung einer entsprechenden Therapie mit sehr großer Wahrscheinlichkeit, wenn auch nicht vor Ablauf einer Frist von 18 Monaten, wegfallen wird, begründet keine dauernde Dienstunfähigkeit und steht daher der Abweisung eines Antrages auf Ruhestandsversetzung gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 nicht entgegen."

Dieser Rechtssatz ist vorliegendenfalls schon deshalb nicht anzuwenden, weil die Sachverständige Dr. P in ihrem Gutachten vom 20. Oktober 2009 nicht von einer sehr großen Wahrscheinlichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit ausgeht.

Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang rügt, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, eine Ergänzung des Sachverständigengutachtens vorzunehmen, um abzuklären, ob eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit besteht, ist ihr entgegen zu halten, dass eine diesbezügliche Gutachtensergänzung deshalb nicht angezeigt war, weil sich aus dem Gutachten kein Hinweis auf eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Besserung ergab, führte die Sachverständige doch unter anderem aus, die medikamentöse Therapie sei beschränkt wirksam, eine psychotherapeutische Behandlung umso intensiver notwendig und die Prognose "umso unsicherer". Die Beschwerdeführerin kann sich daher schon deshalb nicht auf das bereits mehrfach zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2006 (bzw. auf das dort verwiesene hg. Erkenntnis vom 13. September 2006, Zl. 2005/12/0191) berufen. Es kann daher im vorliegenden Sachverhaltszusammenhang jedenfalls dahingestellt bleiben, ob diese Erkenntnisse für Fälle der sehr hohen Wahrscheinlichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit das Erfordernis der auch zeitmäßigen Absehbarkeit dieses Wiedereintrittes aufgegeben haben oder nicht.

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das hg. Erkenntnis vom 13. März 2002, Zl. 2000/12/0275, erweist sich gleichfalls als verfehlt. Zwar enthält das in Rede stehende Erkenntnis, dem tragend die Beurteilung einer Ruhestandsversetzung gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 DP-Stmk (für die keine dauernde Dienstunfähigkeit gefordert war) zu Grunde lag, auch ein "obiter dictum", wonach dauernde Dienstunfähigkeit dann vorliege, wenn die künftige Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zumindestens unwahrscheinlich sei; daraus ist aber nicht - e contrario - abzuleiten, dass schon eine schlichte (überwiegende) Wahrscheinlichkeit ihrer Wiedererlangung unabhängig von der Absehbarkeit des dafür erforderlichen Zeitraumes der Annahme einer dauernden Dienstunfähigkeit (im Verständnis des § 76 Abs. 2 Z. 1 DP/Stmk) entgegen stünde.

Der Verwaltungsgerichtshof geht - jedenfalls für den hier vorliegenden Fall einer bloß schlichten Wahrscheinlichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit - auch für den Bereich des § 107 Abs. 1 Oö LBG von seiner für vergleichbare Fälle nach der Bundesrechtslage geprägten Judikatur aus, wo - wie die belangte Behörde zutreffend in der Gegenschrift ausführt - im hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2009, Zl. 2008/12/0173, Folgendes ausgeführt wurde:

"Um eine Versetzung in den Ruhestand zu rechtfertigen, muss die Dienstunfähigkeit auf Dauer, also für einen nicht absehbaren Zeitraum, vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2007, Zl. 2004/12/0116). Daraus folgt, - umgekehrt - dass die Dauerhaftigkeit der Dienstunfähigkeit nur dann verneint werden darf, wenn in den Prognosen der medizinischen Gutachter auch jener absehbare Zeitraum umschrieben wird, innerhalb dessen mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit am aktuellen Arbeitsplatz erwartet werden kann."

Wie die oben wiedergegebenen - auch für die oberösterreichische Rechtslage ausschlaggebenden - Materialien zu § 14 Abs. 1 BDG 1979 idF BGBl. Nr. 820/1995 zeigen, beträgt der für die Absehbarkeit einer Remission anzunehmende Zeitraum etwa zwei Jahre. Es muss daher die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit innerhalb dieses Zeitraumes zumindest (schlicht) wahrscheinlich sein.

Davon ausgehend wäre die belangte Behörde aber gehalten gewesen, die Sachverständige Dr. P ergänzend dahingehend zu befragen, ob eine schlichte/überwiegende Wahrscheinlichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin zwar nicht in einem Zeitraum von sechs Monaten, aber doch in einem solchen von zwei Jahren besteht. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann nämlich aus der Äußerung der Sachverständigen, wonach der prognostische Zeitraum derzeit unsicher sei, nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass auch eine Prognose betreffend die Wahrscheinlichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren aus fachärztlicher Sicht unmöglich sei; schließlich war der Sachverständigen bei der Erstattung des Gutachtens der in diesem Zusammenhang relevante Zeitraum der Absehbarkeit nicht bekannt.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 22. Februar 2011

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