VwGH 2010/06/0238

VwGH2010/06/023827.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der P GmbH in Q, vertreten durch Mag. Anneliese Markl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 2-4, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 3. September 2010, Zl. II-4151- 2010/0008, betreffend einen Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde L), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §38;
BauG Vlbg 2001 §18 Abs1 litb;
BauG Vlbg 2001 §18;
BauG Vlbg 2001 §2 Abs1 litp;
BauG Vlbg 2001 §39;
BauG Vlbg 2001 §40 Abs1;
BauG Vlbg 2001 §40 Abs3;
BauRallg;
ErmächtigungsV BH Vorstellungen Vlbg 1985 §1 Abs1;
LBauO Vlbg 1962 §15 Abs2;
VVG §5;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §38;
BauG Vlbg 2001 §18 Abs1 litb;
BauG Vlbg 2001 §18;
BauG Vlbg 2001 §2 Abs1 litp;
BauG Vlbg 2001 §39;
BauG Vlbg 2001 §40 Abs1;
BauG Vlbg 2001 §40 Abs3;
BauRallg;
ErmächtigungsV BH Vorstellungen Vlbg 1985 §1 Abs1;
LBauO Vlbg 1962 §15 Abs2;
VVG §5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Im Beschwerdefall geht es um ein "Wettbüro" (auch als "Wettlokal" bezeichnet) in einem Gebäude im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde.

Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 27. Jänner 1967 wurde die Baubewilligung für die Errichtung des gegenständlichen, mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshauses mit "4 Ladengeschäften" im Erdgeschoß erteilt. Ein näherer Verwendungszweck dieser "Ladengeschäfte" im Erdgeschoß ist weder in der Baubeschreibung, noch in den zugrundeliegenden Bauplänen, noch im Baubewilligungsbescheid genannt. Dieser Bescheid blieb nach der Aktenlage unbekämpft. Mit weiterem Bescheid des Bürgermeisters vom 20. Dezember 1968 wurde die Bewohnungs- und Benützungsbewilligung für die gegenständliche "Wohn- u. Geschäftsanlage" erteilt (unter der Voraussetzung, dass im Stiegenhaus die fehlenden Feuerlöschungen umgehend anzubringen seien). Auch dieser Bescheid blieb unbekämpft.

Auf Grund einer am 26. November 2009 durchgeführten Überprüfung vor Ort wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Bürgermeisters vom 27. November 2009 gemäß § 39 Abs. 1 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG) aufgetragen, die Bauarbeiten zum Einbau eines Wettlokales "in der ehemaligen Geschäftsfläche im Erdgeschoß ((…) mit vormaligem Elektro- und Textilgeschäft)" des gegenständlichen Wohn- und Geschäftsgebäudes unverzüglich einzustellen. Zur Begründung heißt es, die Erhebungen vor Ort hätten ergeben, dass es sich bei dem Vorhaben um ein nach § 18 Abs. 1 BauG bewilligungspflichtiges Vorhaben handle, für das es keine rechtskräftige Baubewilligung gebe. Es sei daher die Einstellung der Bauarbeiten spruchgemäß zu verfügen gewesen. In einem mit "Zusatz" überschriebenen Abschnitt in diesem Bescheid (nach der Rechtsmittelbelehrung und vor der Fertigung) heißt es, gleichzeitig mit diesem Bescheid werde gemäß § 40 Abs. 1 BauG die Verfügung der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes angedroht. Von der Erlassung einer solchen Verfügung werde Abstand genommen, wenn innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides beim Gemeindeamt ein Antrag auf Erteilung der Baubewilligung eingebracht und das Vorhaben nicht untersagt werde. Dieser Bescheid blieb unbekämpft.

Aus dem weiteren Verwaltungsgeschehen ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 27. März 2010 einen Bauantrag einbrachte (eingelangt am 29. März 2010), der nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens mit Bescheid des Bürgermeisters vom 2. Juni 2010 mangels Vorlage der Zustimmung sämtlicher Miteigentümer der Liegenschaft zurückgewiesen wurde.

Zwischenzeitig war mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters vom 23. Februar 2010 gegenüber der Beschwerdeführerin gemäß § 40 Abs. 3 BauG bis zum Vorliegen einer allfälligen Baubewilligung für ein Wettlokal "zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes das Verbot der Verwendung des Geschäftslokales als Wettlokal und somit die sofortige Schließung des gegenständlichen Wettlokals" verfügt worden. Zur Begründung heißt es, die Bauarbeiten für den Einbau eines Wettlokals im Bereich des ehemaligen Elektro- und später Textilfachgeschäftes im Erdgeschoß seien ohne die erforderliche Baubewilligung begonnen, trotz rechtskräftig verfügter Baueinstellung samt Androhung der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes fortgesetzt und am 13. Februar 2010 nach Angaben des Bauherrn vollendet worden. Seit diesem Tag werde das Wettlokal ohne Baubewilligung betrieben und es sei bislang ein entsprechender Bauantrag nicht gestellt worden. Deshalb habe die Baubehörde gemäß § 40 Abs. 3 BauG den rechtmäßigen Zustand zu verfügen gehabt. Diese Verfügung könne bei illegalen Verwendungsänderungen wie im Beschwerdefall nur in ein Verwendungsverbot münden, weshalb die sofortige Schließung des illegalen Wettlokales zu verfügen sei. Der Vollständigkeit halber sei noch anzumerken, dass im rechtskräftigen Baueinstellungsbescheid vom 27. November 2009 unter anderem die Bewilligungspflicht für die wesentliche Änderung der Verwendung des Gebäudes gemäß § 18 Abs. 1 BauG festgestellt worden sei.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, in der sie ausführte, dass sie im gegenständlichen Haus die Ladenfläche gemietet habe und dort ein Wettbüro betreiben wolle. Der Umbau bedürfe jedoch keiner Baubewilligung. Sie sei daher dem Auftrag der Behörde (gemeint sei die Einbringung eines Antrages auf Erteilung der Baubewilligung) nicht nachgekommen. Die gemietete Geschäftsfläche sei immer als Geschäft genutzt worden. Es würden keine tragenden Wände entfernt und es handle sich daher nur um einen Innenausbau. Eine wesentliche Umgestaltung im Inneren oder Äußeren des Gebäudes liege nicht vor. Das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes habe sich nicht verändert. Es liege auch keine wesentliche Änderung der Verwendung des Gebäudes vor, weil der Betrieb eines Wettbüros keinen besonderen Einfluss auf bau- oder raumplanerische Vorschriften nehme. Von einem solchen Betrieb sei keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung zu erwarten. Im Lokal werde keine Bar betrieben. Durch den Betrieb sei auch mit keinem zusätzlichen Verkehrsaufkommen zu rechnen. Entsprechende Parkplätze seien vorhanden.

Mit Bescheid der Berufungskommission vom 31. Mai 2010 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass gemäß § 18 Abs. 1 lit. b BauG die wesentliche Änderung der Verwendung von Gebäuden bewilligungspflichtig sei. Ein solcher Fall liege beim hier beabsichtigten Bauvorhaben des Einbaues eines Wettlokales "in einen baubehördlich bewilligten Handelsbetrieb bzw. ein Ladenlokal mit der vormaligen Verwendung als Elektro- und Textilfachgeschäft" verbunden mit dem Abbruch einer nicht tragenden Wand vor. Der Hinweis der Beschwerdeführerin, dass im Gebäude keine tragenden Wände entfernt worden seien, es sich um einen Innenausbau handle und somit keine wesentliche Umgestaltung im Inneren oder Äußeren des Gebäudes erfolgt sei, sei hinsichtlich einer Bewilligungspflicht nach dem Baugesetz völlig irrelevant. Es sei allenfalls kein weiterer (zusätzlicher) Bewilligungstatbestand (im Sinne des § 18 Abs. 1 lit. a BauG) nicht gegeben. Wesentlich sei eine Verwendungsänderung insbesondere dann, wenn sich durch die geänderte Verwendung andere Anforderungen hinsichtlich der Erschließung, des Immissionsschutzes, der erforderlichen Anzahl von Stellplätzen oder hinsichtlich der Sicherheit insbesondere des Brandschutzes ergeben könnten. Dies treffe zu. Im geplanten Wettlokal seien anders als beim ursprünglichen Handelsbetrieb eine wesentlich höhere Besucherfrequenz, ein wesentlich längerer Aufenthalt der Besucher, eine wesentlich geänderte Lärm- und Emissionssituation sowie der Verzehr von Speisen und Getränken und der Genuss von Tabak möglich. Das sei entscheidend.

Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Nach Darstellung des Verfahrensganges und gesetzlicher Vorschriften heißt es zur Begründung, es sei unstrittig, dass im Gebäude früher ein Textil- bzw. Elektrogeschäft betrieben worden sei und nunmehr ein Wettbüro eingerichtet werden solle. Dies stelle jedenfalls eine Änderung der Verwendung eines Gebäudes dar. Die Änderung von als Handelsgeschäft gewidmeten Räumlichkeiten für Zwecke eines Wettlokales sei nämlich schon im Hinblick auf den Brandschutz und die sonstige Sicherheit von Kunden und Nachbarn als wesentlich und damit bewilligungspflichtig anzusehen. Es sei offenkundig, dass mit einer höheren bzw. zeitlich geänderten Kundenfrequenz zu rechnen sei, als dies beim früheren Textil- bzw. Elektrogeschäft der Fall gewesen sei.

Bei der gegebenen Sachlage sei gemäß § 40 Abs. 3 BauG die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes zu verfügen gewesen, was sachverhaltsbezogen nur mit dem Ausspruch des Verbotes der Verwendung des Geschäftslokales als Wettlokal und somit der sofortigen Schließung des Wettlokales habe erfolgen können.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 52/2001 (BauG), in der hier maßgeblichen Fassung gemäß LGBl. Nr. 32/2009 lauten (§ 39 BauG regelt, soweit hier erheblich, die Baueinstellung):

"§ 38

Überwachung der Bauausführung

(1) Die Behörde ist berechtigt, jederzeit zu überprüfen, ob

a) für ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben eine Baubewilligung und für ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben eine Berechtigung zur Ausführung vorliegen;

b) die Ausführung der Baubewilligung, dem Freigabebescheid oder sonst der Bauanzeige entspricht; und

c) die Ausführung des Bauvorhabens den Anforderungen des § 15 und die verwendeten Bauprodukte den Anforderungen des § 16 entsprechen.

(2) …"

"§ 40

Herstellung des rechtmäßigen Zustandes

(1) Ergibt eine Überprüfung nach § 38 Abs. 1 lit. a oder b einen Grund zur Beanstandung, so hat die Behörde (…) den Bauherrn aufzufordern, innerhalb eines Monats

a) einen Bauantrag zu stellen, wenn das beanstandete Bauvorhaben oder der beanstandete Teil des Bauvorhabens bewilligungspflichtig ist; oder

b) eine Bauanzeige einzubringen, wenn das beanstandete Bauvorhaben oder der beanstandete Teil des Bauvorhabens anzeigepflichtig ist.

(2) …

(3) Kommt der Bauherr der Aufforderung nach Abs. 1 durch Einbringung eines vollständigen Bauantrages bzw. einer vollständigen Bauanzeige nicht nach oder wurde die Baubewilligung versagt bzw. erfolgte aufgrund der Bauanzeige die Untersagung, so hat die Behörde die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen einer angemessen festzusetzenden Frist zu verfügen. (…)

(4) …"

§ 18

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

(1) Einer Baubewilligung bedürfen

a) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Gebäuden;

ausgenommen sind jene kleinen Gebäude, die nach § 19 lit. a bis c nur anzeigepflichtig sind;

  1. b) die wesentliche Änderung der Verwendung von Gebäuden;
  2. c) …"

    "§ 2

    Begriffe

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

p) wesentliche Änderung der Verwendung eines Gebäudes: eine Verwendungsänderung, die auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach den bau- oder raumplanungsrechtlichen Vorschriften von Einfluss sein kann;"

Die Baubewilligung für das Gebäude wurde mit Bescheid des Bürgermeisters vom 27. Jänner 1967 erteilt. Damals galt die Vorarlberger Landesbauordnung (LBO), LGBl. Nr. 49/1962 (Wiederverlautbarung), in der Fassung LGBl. Nr. 30/1965. Die Baubewilligungspflicht war im § 15 LBO geregelt. Diese Bestimmung lautete auszugsweise (Abs. 3 ist nicht von Belang):

"Baubewilligung

§ 15

Bewilligungspflichtige Bauführungen

(1) Eine Baubewilligung ist erforderlich:

a) zur Errichtung und zur Abtragung (Abbruch, Demolierung) von Gebäuden aller Art;

b) zur Errichtung aller sonstigen ober- oder unterirdischer Bauwerke, wenn sie gemauert sind oder einen gemauerten Unterbau besitzen (ausgenommen Wasser-, Gas- und Elektrizitätsleitungen);

zur Herstellung von Brunnen, Zisternen, Dünger-, Jauche-, Abort-, Senkgruben und Benzingruben; zur Herstellung von Einfriedungen, insofern sie an öffentliche Verkehrsflächen zu liegen kommen, ausgenommen Einfriedungen land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke außerhalb des verbauten Gebietes;

c) zur Erstellung von Anlagen, die im Zusammenhang mit den Heiz- und Feuerungsvorrichtungen des Gebäudes der Lagerung und Zuleitung von mineralischen Stoffen dienen sowie zur Lagerung sonstiger unbeweglicher Behälter für flüssige Brenn- und Treibstoffe, soweit ihre Regelung nicht Bundessache ist;

d) zur Aufstellung von Aufzügen, großen und mittelgroßen Dampfkesseln sowie von Maschinen nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 60, 64 und 65.

(2) Einer Baubewilligung bedürfen ferner alle baulichen Veränderungen an den genannten Objekten, insofern sie sich als Um- oder Zubauten oder als wesentliche Änderungen darstellen. Als Zubau gilt die Vergrößerung eines schon bestehenden Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung durch Herstellung neuer oder Erweiterung bestehender Räume. Als Umbau gilt die völlige Umgestaltung des Innern eines Gebäudes oder die Niederreißung ganzer Geschosse eines Gebäudes oder selbständig benützbaren Gebäudetraktes und die Errichtung neuer Geschosse an deren Stelle. Zu den wesentlichen Änderungen werden jene gerechnet, die - abgesehen von Umbauten - an dem ganzen Objekt oder an seinen Hauptbestandteilen vorgenommen werden oder wodurch das äußere Ansehen oder die Benützungsart eines Gebäudes eine Änderung erfahren soll, oder wodurch sonst in irgendeiner Weise auf die Festigkeit, sichere Benützung, Feuersicherheit, die gesundheitlichen Verhältnisse des Objektes oder auf die Rechte der Nachbarn ein nachteiliger Einfluß ausgeübt werden kann. Hierher gehören insbesondere die Umgestaltung von Dächern, der Einbau von Dachwohnungen und Dachkammern, das Ausbrechen von Fenstern und Türen gegen eine öffentliche Verkehrsfläche oder einen Nachbargrund, die Herstellung oder wesentliche Abänderung von Stiegen, Gängen, Aborten, Licht- und Luftschächten, Zwischendecken, Ölfeuerungen samt den zugehörigen Tankanlagen sowie sonstige Heiz- und Feuerungsvorrichtungen (mit Ausnahme solcher für den gewöhnlichen Hausgebrauch), Rauchfängen und Schornsteinen, die Ausführung oder Beseitigung von Tragmauern, jede Veränderung, auch Auswechselung an Trägern, Tragsäulen, Grundmauern und anderen Tragteilen, die Anbringung und wesentliche Änderung von kleineren Auf- und Vorbauten (auch Balkonen), die Umgestaltung von Wohnräumen in Verkaufsgewölbe, Werkstätten, Lagerräume, Schupfen, Stallungen und Wirtschaftsgebäude, sowie umgekehrt von diesen in Wohnräume, die Herstellung oder wesentliche Änderung von Stallungen, Kellern und Kanälen."

Gemäß § 1 der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung LGBl. Nr. 70/1985 sind, von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen, die Bezirkshauptmannschaften berufen, über Vorstellungen gegen Bescheide, wie hier den Berufungsbescheid vom 31. Mai 2010, zu entscheiden. Die Beschwerdeführerin vertritt hiezu aber die Auffassung, dass die belangte Behörde ihr Aufgabengebiet in Baurechtsangelegenheiten auf ihrer Website mit "Wirtschaft und Umweltschutz" definiere. Es mangle ihr daher an der erforderlichen Fachkompetenz, über die Vorstellung zu entscheiden. Überdies sei sie zugleich in Vollstreckung der "von den Unterinstanzen" (gemeint: von den Gemeinden den Behörden) angeordneten Schließungsverfügung "als vollstreckendes Organ" tätig geworden, dies unter Androhung der Beugehaft, sodass sie funktional sowohl als Rechtsmittelbehörde (Aufsichtsbehörde) und damit als erkennende Behörde als auch als Strafbehörde tätig geworden sei. Damit sei sie unzuständig.

Dem ist zu entgegnen, dass kein entgegenstehender normativer Akt die ÜbertratungsVO LGBl. Nr. 70/1985 ihrer Geltung entkleidet hat. Dass die belangte Behörde auch als Vollstreckungsbehörde einzuschreiten hat und das VVG bei der Erzwingung von Unterlassungen Beugestrafen vorsieht (siehe § 5 VVG), vermag an der Zuständigkeit gemäß der Verordnung LGBl. Nr. 70/1985 nichts zu ändern.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie der gemäß § 40 Abs. 1 lit. a BauG im Bescheid vom 27. November 2009 erteilten Aufforderung, innerhalb eines Monats einen Bauantrag zu stellen, nicht rechtzeitig nachgekommen ist, sondern dies erst mit Eingabe vom 27. März 2010 getan hat, also nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 23. Februar 2010 (der daher darauf nicht Bedacht nehmen konnte, was auch gar nicht eingewendet wird). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hatten weder die Berufungsbehörde noch in der Folge die belangte Behörde im hier zugrunde liegenden Bauauftragsverfahren auf diesen Bauantrag Bedacht zu nehmen, weil ein Zuwarten mit der Berufungsentscheidung bis zum Abspruch über einen solchen im Sinn des § 40 Abs. 1 lit. a BauG verspätet eingebrachten Bauantrag in § 40 BauG nicht vorgesehen ist.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gemeinde vertreten in ihren Gegenschriften die Auffassung, der Bescheid vom 27. November 2009 (betreffend die Einstellung der als bewilligungspflichtig angenommenen baulichen Maßnahmen) sei in Rechtskraft erwachsen, womit die Bewilligungspflicht des Vorhabens nicht mehr bestritten werden könne. Diese Auffassung trifft nicht zu. Die Frage der Bewilligungspflicht war im Baueinstellungsverfahren lediglich Vorfrage, nicht Hauptfrage, die Bejahung dieser Vorfrage entfaltet daher keine Bindungswirkung für das nunmehrige Verfahren gemäß § 40 Abs. 3 BauG (vgl. zum Aspekt "Vorfrage" beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2004, Zl. 2001/06/0049).

Die Behörden des Verwaltungsverfahrens sind davon ausgegangen, dass das Vorhaben (Wettbüro) eine bewilligungspflichtige Veränderung des Verwendungszweckes im Sinne des § 18 Abs. 1 lit. b BauG darstelle. Ob dies zutrifft, ist nicht, wie man der Begründung des angefochtenen Bescheides entnehmen könnte, anhand der zuvor gegebenen bloß tatsächlichen Verwendung zu beurteilen, sondern auf Grund des bewilligten Verwendungszweckes, hier demnach auf Grund des Bewilligungsbescheides vom 27. Jänner 1967 (diesen gilt es auszulegen). Damit wurden, soweit hier erheblich, "vier Ladengeschäfte" bewilligt (um solche Flächen geht es hier), ohne nähere Bestimmung des Verwendungszweckes. Ein solcher ist auch weder in der Baubeschreibung noch in den genehmigten Bauplänen festgelegt.

Die mitbeteiligte Gemeinde bringt in ihrer Gegenschrift in diesem Zusammenhang vor, im Zuge der Kollaudierung samt Kontrolle der Baupläne und der Erstellung der Benützungsbewilligung sei vom damaligen "baurechtlichen Sachbearbeiter" R. W. die Nutzung der bewilligten und nunmehr gegenständlichen Ladenfläche derart festgehalten worden, dass in den bewilligten Bauplänen handschriftlich die Nutzungen als Elektro- sowie Plastik- und Kunststoffgeschäft vermerkt worden seien. Der Vollständigkeit halber werde hiezu angemerkt, dass nach Auflassung des Elektrosowie Plastik- und Kunststoffgeschäftes zwischenzeitlich ein Textilfachgeschäft, mit einem kleinen Handyshop, in den gegenständlichen Ladenflächen betrieben worden sei. Der bloße Wechsel von Warengruppen, im Beschwerdefall von Elektro- sowie Plastik- und Kunststoffartikel auf Textilwaren und Handys, habe damals keine bewilligungspflichtige Veränderung dargestellt, weil der Typus Einzelhandel unverändert geblieben sei (Anmerkung: im ursprünglichen Erdgeschoßplan des Gebäudes finden sich korrespondierende Eintragungen mit Bleistift, nämlich "Elektro-Geschäft", "Plastik- und Kunststoffwaren", bei weiteren Räumlichkeiten "Büro" und "Arzt").

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass solche nachträglichen Eintragungen den tatsächlichen Verwendungszweck dokumentieren mögen, aber die bescheidmäßig bewilligte Verwendungsart nicht zu verändern vermögen. Dies erfolgte auch nicht mit dem Bescheid vom 20. Dezember 1968, mit dem die Bewohnungs- und Benützungsbewilligung erteilt wurde.

Die bewilligte Nutzungsart "Ladengeschäft" ist vor dem Hintergrund der damals maßgeblichen Bestimmungen, hier insbesondere § 15 Abs. 2 LBO zu beurteilen.

Ein "Laden" ist nach allgemeinem Verständnis ein Geschäft des Einzelhandels (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1982; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in sechs Bänden, 1978) oder ein Verkaufsraum eines Handwerksbetriebes (Fromhold/Gareiß2, Bauwörterbuch, 163) bzw. ein Raum mit Schaufenstern, in dem Waren an Kunden verkauft werden (Duden). Ein "Wettbüro" (oder "Wettlokal") und ein "Ladengeschäft" sind aus dem Blickwinkel des Verwendungszweckes daher zweierlei. Das bedeutet im Beschwerdefall, dass die nunmehrige Verwendung nicht von der bewilligten Nutzungsänderung "Ladengeschäft" erfasst ist, daher eine Änderung des Verwendungszweckes gegeben ist.

Eine solche Änderung des Verwendungszweckes ist dann im Grunde des § 18 Abs. 1 lit. b BauG dann bewilligungspflichtig, wenn es sich um eine "wesentliche Änderung" iS des § 2 Abs. 1 lit. p BauG handelt, die nämlich auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach den bau- oder raumplanerischen Vorschriften von Einfluss sein kann. Diese Möglichkeit ("kann") begründet die Baubewilligungspflicht; ob die neue Verwendung negative Auswirkungen hat oder nicht bzw. ob die Änderung des Verwendungszweckes bewilligungsfähig ist, ist im Baubewilligungsverfahren zu prüfen. Das verkennt die Beschwerdeführerin, indem sie in der Beschwerde darauf abstellt, ob die Änderungen auf die genannten Vorschriften von Einfluss sind (was sie verneint). Die Beschwerde geht daher von einem unrichtigen Beurteilungsmaßstab aus. Dass der geänderte Verwendungszweck einen solchen Einfluss haben kann, - darauf kommt es entscheidend an -, haben die Berufungsbehörde und die belangte Behörde zutreffend hervorgehoben. Die Bewilligungspflicht der vorgenommenen Verwendungsänderung wurde daher zutreffend bejaht.

Der Bauauftrag erging daher zu Recht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als

unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war abzuweisen, weil Vorlageaufwand nur der belangten Behörde gebührt und der Zuspruch von Schriftsatzaufwand an eine mitbeteiligte Partei voraussetzt, dass die Gegenschrift (hier) durch einen Rechtsanwalt eingebracht wurde (§ 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG), was hier nicht der Fall war.

Wien, am 27. Jänner 2011

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