VwGH 2009/01/0024

VwGH2009/01/002420.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der A I in W, vertreten durch Dr. Reinhard Schwarzkogler, Rechtsanwalt in 4650 Lambach, Marktplatz 2, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Jänner 2009, Zl. IKD(Stb)-429420/13-2009- Dor, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §12 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §12 idF 2006/I/037;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer mazedonischen Staatsangehörigen, vom 5. Oktober 2008 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft unter gleichzeitiger Erstreckung auf ihren minderjährigen Sohn G.I. gemäß "§§ 10 Abs. 1 Z 1, 12 Abs. 1 lit. b, 10 Abs. 1 Z 7, 10 Abs. 5, 11 StbG 1985" ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin, die seit Jänner 1992 in Österreich ununterbrochen rechtmäßig aufhältig und seit Jänner 1996 rechtmäßig niedergelassen sei, habe im Zeitraum Juli 2007 bis Jänner 2008 Sozialhilfe in Höhe von insgesamt EUR 2.065,90 bezogen. Es liege daher ein zwingendes Einbürgerungshindernis im Sinne des §§ 10 Abs. 1 Z. 7 iVm 10 Abs. 5 StbG 1985 vor. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin seit August 2008 regelmäßige und feste Einkünfte beziehe, ändere daran nichts.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der angefochtene Bescheid ausdrücklich nur im Umfang der Abweisung des Verleihungsantrages der Beschwerdeführerin bekämpft wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), lauten:

"§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

1. er sich seit mindestens 10 Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war;

7. sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist und

...

(5) Der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z 7) ist dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten dessen pfändungsfreies Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, nicht zu berücksichtigen.

...

§ 12. Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er

1. nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft (§§ 33 und 34) oder des Verzichts auf die Staatsbürgerschaft (§ 37) Fremder ist und entweder

b) seit mindestens 15 Jahren seinen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet hat und seine nachhaltige persönliche und berufliche Integration nachweist;

…"

1. Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes im Sinne der vorgenannten Bestimmungen kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2010, Zl. 2008/01/0604, mwN).

Die Staatsbürgerschaftsbehörde hat die Verleihungserfordernisse im Zeitpunkt ihrer Entscheidung zu beurteilen. § 10 Abs. 5 StbG stellt klar, dass in Bezug auf das Erfordernis eines hinreichend gesicherten Lebensunterhalts des Einbürgerungswerbers nicht nur auf sein Einkommen im Entscheidungszeitpunkt abgestellt werden soll. Vielmehr erfordert die Annahme eines "hinreichend gesicherten Lebensunterhalts" eine Nachhaltigkeit der Einkommenssicherung, die nach den gesetzlichen Vorgaben nur dann gegeben ist, wenn vom Verleihungswerber zum Entscheidungszeitpunkt feste und regelmäßige Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und eine im Gesetz näher umschriebene Mindesthöhe erreichen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, Zl. 2007/01/1285, mwN).

Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin von Juli 2007 bis Jänner 2008 Leistungen aus der Sozialhilfe bezogen hat und somit im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die gesetzlichen Verleihungsvoraussetzungen nach Maßgabe des § 10 Abs. 1 Z. 7 iVm Abs. 5 StbG nicht erfüllte.

2. Die Beschwerde bringt dazu vor, dass bei einer Verleihung der Staatsbürgerschaft nach § 12 Z. 1 lit. b StbG die Bestimmung des § 10 Abs. 5 StbG (mangels ausdrücklicher Nennung in § 12 StbG) nicht anzuwenden sei. Dem ist zu erwidern, dass auch § 12 StbG die Erfüllung des Erfordernisses eines hinreichend gesicherten Lebensunterhalts nach § 10 Abs. 1 Z. 7 (iVm Abs. 5) StbG ausdrücklich voraussetzt. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, haben auch Fremde, auf die § 12 StbG anzuwenden ist, keinen Anspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft. Die Verleihung der Staatsbürgerschaft soll den Abschluss einer (erfolgreichen) Integration des Fremden in Österreich darstellen, zu der nach der Wertung des Gesetzgebers auch gehört, dass der Verleihungswerber sein Fortkommen ohne Unterstützung durch Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaft bestreiten kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 2008, Zl. 2007/01/1394, zur insoweit vergleichbaren Problematik des § 11a Abs. 4 Z. 1 StbG).

3. Die Beschwerde erweist sich aus den dargelegten Erwägungen als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 20. September 2011

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