VwGH 2008/07/0115

VwGH2008/07/011510.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, in der Beschwerdesache der Oberösterreichischen Umweltanwaltschaft in 4021 Linz, Kärntnerstraße 10-12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Mai 2008, Zl. UR-2008-20982/5-FE/RS, betreffend Feststellung nach § 6 Abs. 6 AWG 2002 betreffend eine mobile Behandlungsanlage (mitbeteiligte Partei: A GmbH in W, vertreten durch die Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 7), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8;
AWG 2002 §37 Abs1;
AWG 2002 §42 Abs1 Z8;
AWG 2002 §50 Abs4;
AWG 2002 §52 Abs3;
AWG 2002 §6 Abs6 idF 2004/I/155;
AWG 2002 §6 Abs6 idF 2006/I/034;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §8;
AWG 2002 §37 Abs1;
AWG 2002 §42 Abs1 Z8;
AWG 2002 §50 Abs4;
AWG 2002 §52 Abs3;
AWG 2002 §6 Abs6 idF 2004/I/155;
AWG 2002 §6 Abs6 idF 2006/I/034;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über Antrag der mitbeteiligten Partei vom 2. Mai 2008 stellte der Landeshauptmann von Oberösterreich mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Mai 2008 unter Spruchpunkt I. gemäß § 6 Abs. 6 Z. 1 AWG 2002 fest, dass die von der Beschwerdeführerin geplante mobile Abfallbehandlungsanlage zur Sortierung von Schlacken und Aschen aus Abfallverbrennungsanlagen mit einer jährlichen Kapazität von ca. 100.000 Tonnen keiner Genehmigungspflicht gemäß § 52 AWG 2002 unterliege.

Spruchpunkt II. dieses Bescheides enthält eine "Anlagen- bzw. Verfahrensbeschreibung". Demnach sollten Aschen und Schlacken von Verbrennungsanlagen, Eisen- und Nichteisenmetalle abgeschieden und einer stofflichen Wiederverwertung zugeführt werden. Die entmetallisierten Aschen und Schlacken sollten deponiert werden. Die Anlage sei mobil und könne zu den jeweiligen Anfahrstellen transportiert werden. Die Infrastruktur sei an den jeweiligen Aufstellungsorten bereits vorhanden. Dem zufolge könne durch die angestrebte Behandlung keine Gefährdung der Umwelt, insbesondere von Boden und Grundwasser entstehen. Bei den geplanten Trennungsverfahren handle es sich um eine bewährte Technologie, welche in dieser oder in ähnlicher Form bereits "großtechnisch" angewendet werde. Das Verfahren sei daher geeignet, den angestrebten Zweck (Rückgewinnung von Wertstoffen) tatsächlich zu erreichen. Eine Gefährdung von Boden und Grundwasser könne unter der Voraussetzung, dass die Anlage - wie in den Unterlagen angeführt - betrieben werde, mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Es seien nämlich versiegelte bzw. mit Abdichtungen zum Untergrund versehene Standorte gegeben. Da die in den Aschen und Schlacken enthaltenen Metalle Wertstoffe darstellten, welche im Falle der Deponierung dem Wirtschaftskreislauf entzogen würden, sei dieses Verfahren umweltrelevant positiv zu beurteilen. Die stoffliche Verwertung dieser Abfälle sei leicht möglich und werde in der Industrie angewandt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Oberösterreichische Umweltanwaltschaft Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG.

Sowohl die belangte Behörde als auch die mitbeteiligte Partei erstatteten eine Gegenschrift, in der sie u.a. die Beschwerdelegitimation der beschwerdeführenden Umweltanwaltschaft in Abrede stellten und daher eine Zurückweisung der Beschwerde begehrten. Darüber hinaus legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Die Beschwerde ist unzulässig.

§ 6 Abs. 6 AWG 2002 i.d.F. der Novellen BGBl. I Nrn. 155/2004

und 34/2006 lautet:

"(6) Der Landeshauptmann hat auf Antrag eines Projektwerbers oder des Umweltanwaltes oder von Amts wegen innerhalb von drei Monaten festzustellen, ob

1. eine Anlage der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 oder gemäß § 52 unterliegt oder eine Ausnahme gemäß § 37 Abs. 2 gegeben ist,

  1. 2. eine Anlage eine IPPC-Behandlungsanlage ist,
  2. 3. eine Änderung einer Behandlungsanlage der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 unterliegt oder gemäß § 37 Abs. 4 anzeigepflichtig ist.

    Ein ordentliches Rechtsmittel ist nicht zulässig. Parteistellung hat neben dem Projektwerber der Umweltanwalt."

    Art. 131 Abs. 2 B-VG lautet:

"(2) Unter welchen Voraussetzungen auch in anderen als den in Abs. 1 angeführten Fällen Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit zulässig sind, wird in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen bestimmt."

Anders als etwa in § 42 Abs. 1 Z. 8 AWG 2002 betreffend die Parteistellung des Umweltanwaltes in Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 1 leg. cit. oder in § 50 Abs. 4 leg. cit. betreffend u. a. die Parteistellung des Umweltanwaltes im sog. vereinfachten Verfahren oder nach § 52 Abs. 3 leg. cit. betreffend u.a. die Parteistellung des Umweltanwaltes im Verfahren zur Genehmigung von mobilen Behandlungsanlagen sieht § 6 Abs. 6 AWG 2002 im letzten Satz nicht vor, dass dem Umweltanwalt gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG ein Beschwerderecht an den Verwaltungsgerichtshof eingeräumt wird.

Das AWG 2002 regelt demnach die Stellung des Umweltanwaltes im Feststellungsverfahren nach § 6 Abs. 6 leg. cit. anders als in den genannten Genehmigungsverfahren. Im Feststellungsverfahren nach § 6 Abs. 6 AWG 2002 i.d.g.F. wird ihm nur Parteistellung eingeräumt. Daraus allein aber resultiert nicht die Berechtigung zur Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den hg. Beschluss vom 17. Jänner 1997, Zl. 96/07/0228, m.w.N.). Demgegenüber wird dem Umweltanwalt in den genannten Genehmigungsverfahren auch die Befugnis zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eingeräumt. Eine analoge Anwendung der vorzitierten, die Beschwerdebefugnis einräumenden Bestimmungen des AWG 2002 auf das Feststellungsverfahren nach § 6 Abs. 6 leg. cit. scheidet aus, weil keine Lücke vorliegt, sondern eine vom Gesetzgeber gewollte unterschiedliche Ausstattung des Umweltanwaltes mit verfahrensrechtlichen Befugnissen in diesen Verfahren.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unzulässig, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 10. November 2011

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