Normen
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z14;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z17;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z23;
AsylG 2005 §22 Abs1;
AsylG 2005 §3;
AsylG 2005 §58 Abs1;
AsylG 2005 §58 Abs2;
AsylG 2005 §61 Abs1;
AsylG 2005 §8;
AsylG 2005;
AVG §1;
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art10 Abs1 Z3 idF 2008/I/002;
B-VG Art129c Z1 idF 2008/I/002;
FrÄG 2009;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51 Abs1 idF 2009/I/122;
FrPolG 2005 §51 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs2 idF 2009/I/122;
FrPolG 2005 §51 Abs2;
FrPolG 2005 §51 Abs3;
FrPolG 2005 §51 Abs4 idF 2009/I/122;
FrPolG 2005 §51 Abs5 idF 2009/I/122;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z14;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z17;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z23;
AsylG 2005 §22 Abs1;
AsylG 2005 §3;
AsylG 2005 §58 Abs1;
AsylG 2005 §58 Abs2;
AsylG 2005 §61 Abs1;
AsylG 2005 §8;
AsylG 2005;
AVG §1;
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art10 Abs1 Z3 idF 2008/I/002;
B-VG Art129c Z1 idF 2008/I/002;
FrÄG 2009;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51 Abs1 idF 2009/I/122;
FrPolG 2005 §51 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs2 idF 2009/I/122;
FrPolG 2005 §51 Abs2;
FrPolG 2005 §51 Abs3;
FrPolG 2005 §51 Abs4 idF 2009/I/122;
FrPolG 2005 §51 Abs5 idF 2009/I/122;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro (der Erstbehörde), vom 10. April 2008 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines - nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides: angeblichen - indischen Staatsangehörigen vom 21. Jänner 2008 auf Feststellung, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass er in Indien gemäß § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, bedroht sei, gemäß § 51 Abs. 1 letzter Satz FPG als unzulässig zurückgewiesen. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) gab der dagegen eingebrachten Berufung mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Jänner 2010 Folge und behob den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos.
Nach Zitierung des § 51 Abs. 1 und 2 FPG in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009 - FrÄG 2009, BGBl. I Nr. 122/2009, führte die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung aus, die Erstbehörde habe zwar durchaus nachvollziehbar den erstinstanzlichen Bescheid erlassen, infolge späterer Gesetzesänderung sei jedoch deren Unzuständigkeit eingetreten und eine meritorische Bescheiderlassung der belangten Behörde im Berufungsverfahren unzulässig geworden sei. Zur (allein) kassatorischen Entscheidung sei die belangte Behörde jedoch berufen. Durch die Bestimmung des § 51 Abs. 2 FPG idgF ergebe sich implizit die Zuständigkeit einer anderen Behörde. Unzweifelhaft habe der Beschwerdeführer einen Antrag gemäß § 51 Abs. 1 FPG gestellt; überdies beziehe sich sein Antrag auf seinen Herkunftsstaat. Der verfahrensgegenständliche Antrag sei daher als (neuerlicher) Antrag auf internationalen Schutz zu werten. Infolge dessen sei auch gemäß den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 - AsylG 2005 vorzugehen, weshalb der Antrag vom 16. April 2008 (richtig wohl: 21. Jänner 2008) gemäß § 6 AVG zuständigkeitshalber an das Bundesasylamt weiterzuleiten gewesen sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei am 11. September 2000 in das Bundesgebiet eingereist und habe am 13. September 2000 einen Asylantrag gestellt, dessen Abweisung am 12. Oktober 2001 in Rechtskraft erwachsen sei. Der zweite Asylantrag vom 15. Dezember 2003 sei ebenfalls abgewiesen worden. Am 3. Mai 2005 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht. Die Ehe sei nach wie vor aufrecht. Über Aufforderung der Behörde erster Instanz habe er die im zweiten Asylverfahren erhobene Berufung am 27. Juni 2005 zurückziehen müssen.
In dem mit Antrag vom 14. Juni 2005 eingeleiteten Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sei "anlässlich aller Überprüfungsverfahren" festgestellt worden, dass es sich bei der Ehe des Beschwerdeführers um keine Aufenthaltsehe handle. Dennoch sei sein Antrag mit Bescheid vom 15. Jänner 2008 mit der Begründung abgewiesen worden, er hätte im Jahr 2005 entgegen der zwingenden Bestimmung des § 49 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG keinen Inlandsantrag einbringen dürfen. Diesbezüglich sei (nach Erhebung einer Beschwerde) zur Zl. 2008/22/0860 ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig.
"Auf Grund der Verständigung des Fremdenpolizeilichen Büros" (der Bundespolizeidirektion Wien) vom 3. Jänner 2008 habe er am 21. Jänner 2008 den Antrag auf Feststellung gemäß § 50 Abs. 4 iVm § 51 Abs. 1 FPG gestellt, der mit Bescheid vom 10. April 2008 zurückgewiesen worden sei. Gegen den Ausweisungsbescheid vom 27. März 2008 habe er am 14. April 2008 Berufung an die belangte Behörde erhoben, über die bisher nicht entschieden worden sei.
Seiner Berufung vom 30. Oktober 2008 gegen "das Straferkenntnis des Fremdenpolizeilichen Büros" (der Bundespolizeidirektion Wien) vom 14. Oktober 2008 wegen illegalen Aufenthalts sei mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 26. November 2009 vollinhaltlich Folge gegeben und das Verfahren eingestellt worden.
Es bestehe kein Zweifel, dass gemäß § 51 Abs. 2 FPG ein Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. als Antrag auf internationalen Schutz gelte, wenn sich dieser Antrag auf den Herkunftsstaat beziehe, in welchem Fall gemäß den Bestimmungen des AsylG 2005 vorzugehen sei. Schon allein das Wort "gilt" zeige aber auf, dass hier keine Zuständigkeitsverschiebung vom Gesetzgeber gewollt bzw. vorgenommen worden sei; dies werde auch dadurch bekräftigt, dass die Behörde die Bestimmungen des AsylG 2005 anzuwenden habe, was der Asylbehörde wohl kaum vorgeschrieben werden müsse.
Hervorzuheben sei § 51 Abs. 4 FPG, gemäß dem die Fremdenpolizeibehörde in Fällen, in denen die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes auf besondere Schwierigkeiten stoße, eine Äußerung des Bundesasylamtes zum Vorliegen einer Bedrohung einholen könne. Der Gesetzgeber lege es sohin expressis verbis in die Hand der Fremdenpolizeibehörde, bei Unklarheiten eine Äußerung des Bundesasylamtes einzuholen. Diese Bestimmung wäre jedoch bei einer sich durch Abs. 2 erster Satz leg. cit. tatsächlich ergebenden Verschiebung der Behördenzuständigkeit reiner Unfug. Eine derartige Zuständigkeitsverschiebung könne "weder der RV, noch den EB zu BGBl. I/122/2009" entnommen werden und sei auch aus dem Gesetzestext nicht ersichtlich.
2. Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit derjenige Beschwerde erheben, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges durch diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, wobei die Zulässigkeit einer solchen Beschwerde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zumindest die Möglichkeit voraussetzt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 14. Mai 2009, Zl. 2008/11/0201, mwN).
Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG den erstinstanzlichen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien ersatzlos behoben. Dabei handelt es sich um eine Entscheidung mit dem Inhalt, dass der erstinstanzliche Bescheid aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde und die Bundespolizeidirektion Wien zur Entscheidung über den vom Beschwerdeführer erhobenen Feststellungsantrag gemäß § 51 Abs. 2 FPG unzuständig ist. Da der einzelne ein subjektives Recht auf die Einhaltung der gesetzlich normierten Zuständigkeiten hat, liegt die in Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG normierte Voraussetzung im gegenständlichen Fall vor.
3.1. Im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 10. April 2008 hatten die Bestimmungen der §§ 50 und 51 FPG folgenden Inhalt:
"Verbot der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung
§ 50.
(1) Die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
(2) Die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
(3) Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder 2 genannten Gefahren berufen, dürfen erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.
(4) Die Abschiebung Fremder in einen Staat, in dem sie zwar im Sinn des Abs. 2 jedoch nicht im Sinn des Abs. 1 bedroht sind, ist nur zulässig, wenn sie aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder wenn sie von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten (Art. 33 Z. 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge).
(5) Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 4 ist mit Bescheid festzustellen. Dies obliegt in jenen Fällen, in denen ein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wird oder in denen Asyl aberkannt wird, den Asylbehörden, sonst der Sicherheitsdirektion.
(6) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
(7) Erweist sich die Zurückweisung, die Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder, deren Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 wegen der Unzuständigkeit Österreichs zurückgewiesen worden ist, in den Drittstaat als nicht möglich, so ist hievon das Bundesasylamt unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
(8) § 51 Abs. 3, 1. Satz, gilt.
Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat
§ 51.
(1) Auf Antrag eines Fremden hat die Fremdenpolizeibehörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 50 Abs. 1 oder 2 bedroht ist. Dies gilt nicht, insoweit über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, dass für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht.
(2) Der Antrag kann nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden; hierüber ist der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.
(3) Die Fremdenpolizeibehörde kann in Fällen, in denen die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes auf besondere Schwierigkeiten stößt, eine Äußerung des Bundesasylamtes zum Vorliegen einer Bedrohung einholen. Über Berufungen gegen Bescheide, mit denen die Zulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat festgestellt wurde, ist binnen Wochenfrist zu entscheiden, es sei denn, die Anhaltung hätte vorher geendet.
(4) Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag darf der Fremde in diesen Staat nicht abgeschoben werden, es sei denn, der Antrag wäre nach Abs. 1 oder 2 zurückzuweisen. Nach Abschiebung des Fremden in einen anderen Staat ist das Feststellungsverfahren als gegenstandslos einzustellen.
(5) Der Bescheid, mit dem über einen Antrag gemäß Abs. 1 rechtskräftig entschieden wurde, ist auf Antrag oder von Amts wegen abzuändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat, so dass die Entscheidung hinsichtlich dieses Landes anders zu lauten hätte. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen derartigen Antrag darf der Fremde in den betroffenen Staat nur abgeschoben werden, wenn der Antrag offensichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist."
Mit BGBl. I Nr. 4/2008 wurden in den §§ 50 Abs. 5 und 51 Abs. 1 FPG - in der jeweils grammatikalisch entsprechenden Form - die "Asylbehörde(n)" durch das "Bundesasylamt" "oder" den "Asylgerichtshof" ersetzt.
Nach der in weiterer Folge mit dem FrÄG 2009 erfolgten Novellierung der §§ 50 und 51 FPG entsprechen in dem nun aus vier Absätzen bestehenden § 50 leg. cit. die Abs. 1 und 2 unverändert der früheren Rechtslage gemäß den Abs. 1 und 2; die Abs. 3 und 4 leg. cit. entsprechen inhaltlich den bisherigen Abs. 6 und 7.
§ 51 FPG lautet wie folgt:
"Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat
§ 51.
(1) Während eines Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbots, worüber der Fremde zu verständigen ist, ist auf Antrag des Fremden festzustellen, ob die Abschiebung in einen von ihm bezeichneten Staat, der nicht sein Herkunftsstaat ist, gemäß § 50 unzulässig ist.
(2) Bezieht sich ein Antrag gemäß Abs. 1 auf den Herkunftsstaat des Fremden, gilt dieser Antrag als Antrag auf internationalen Schutz. Diesfalls ist gemäß den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 vorzugehen.
(3) Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag darf der Fremde in den Staat gemäß Abs. 1 nicht abgeschoben werden, es sei denn, der Antrag wäre gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Nach Abschiebung des Fremden in einen anderen Staat ist das Verfahren als gegenstandslos einzustellen.
(4) Die Fremdenpolizeibehörde kann in Fällen, in denen die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes auf besondere Schwierigkeiten stößt, eine Äußerung des Bundesasylamtes zum Vorliegen einer Bedrohung einholen. Über Berufungen gegen Bescheide, mit denen die Zulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat festgestellt wurde, ist binnen Wochenfrist zu entscheiden, es sei denn, die Anhaltung hätte vorher geendet.
(5) Der Bescheid, mit dem über einen Antrag gemäß Abs. 1 rechtskräftig entschieden wurde, ist auf Antrag oder von Amts wegen abzuändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat, so dass die Entscheidung hinsichtlich dieses Landes anders zu lauten hätte. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen derartigen Antrag darf der Fremde in den betroffenen Staat nur abgeschoben werden, wenn der Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist.
(6) Fremde, die sich auf eine der in § 50 genannten Gefahren berufen, dürfen erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden."
3.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass es sich bei seinem Antrag vom 21. Jänner 2008 um einen Antrag im Sinne des § 51 Abs. 2 FPG handelt. Er bringt jedoch vor, die Verwendung des Wortes "gilt" und der Wortfolge "gemäß den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 vorzugehen" in § 51 Abs. 2 FPG zeige, dass der Gesetzgeber keine Zuständigkeitsverschiebung beabsichtigt habe.
Dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
§ 51 Abs. 2 FPG, wonach ein "Antrag gemäß Abs. 1 (, der sich) auf den Herkunftsstaat des Fremden (bezieht)", als "Antrag auf internationalen Schutz" gilt, wobei gemäß den Bestimmungen des AsylG 2005 vorzugehen ist, ist zweifellos im Sinne einer Bedeutungsgleichheit der genannten Anträge zu verstehen: Ein Fremder, der einen Antrag gemäß § 51 Abs. 2 FPG stellt, stellt damit einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des AsylG 2005. Nichts anderes ergibt sich aus den an späterer Stelle wiedergegebenen Gesetzesmaterialien (RV 330 XXIV. GP), nach denen "(...) ein Antrag nach Abs. 1, der sich auf den Herkunftsstaat (§ 2 Abs. 1 Z. 17 AsylG 2005) des Fremden bezieht, einen Antrag auf internationalen Schutz darstellt (...)"Herkunfts.
§ 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 definiert den "Antrag auf internationalen Schutz" als das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten. Ab Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens ist ein Fremder gemäß der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 14 AsylG 2005 "Asylwerber".
Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG ist Asylbehörde das Bundesasylamt, das nach Abs. 2 leg. cit. - bezogen auf Einzelfälle - die für den Informationsaustausch mit jenen Staaten zuständige Behörde ist, mit denen die Dublin-Verordnung oder ein Vertrag über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz anwendbar ist. In diesem Zusammenhang ist auch auf § 22 Abs. 1 AsylG 2005 zu verweisen, dem gemäß "Entscheidungen des Bundesasylamtes über Anträge auf internationalen Schutz" in Bescheidform ergehen. Über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes entscheidet gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005 der Asylgerichtshof.
Mit BGBl. I Nr. 2/2008 wurde in Art. 10 Abs. 1 Z. 3 B-VG der Tatbestand "Abschiebung, Abschaffung, Ausweisung und Auslieferung sowie Durchlieferung;" durch die Tatbestände "Aufenthaltsverbot, Ausweisung und Abschiebung; Asyl; Auslieferung;" ersetzt und in den Art. 129c ff. B-VG Bestimmungen über den Asylgerichtshof normiert, der gemäß Art. 129c Z. 1 B-VG über Beschwerden der Verwaltungsbehörden in Asylsachen entscheidet. In den Gesetzesmaterialien (vgl. den Allgemeinen Teil der Erläuterungen, RV 314 XXIII. GP, S. 3) wird dazu u.a. ausgeführt (Hervorhebungen nicht im Original):
"Nach der dem Entwurf zugrunde liegenden Konzeption soll das Bundesasylamt künftig in allen Asylsachen als erste und letzte verwaltungsbehördliche Instanz entscheiden. An die Stelle des bisherigen unabhängigen Bundesasylsenates soll als gerichtliche Rechtsmittelinstanz ein eigener Asylgerichtshof treten. (...) Primäres Ziel der vorgeschlagenen Änderungen ist es, die Gesamtverfahrensdauer der Asylverfahren wesentlich zu verkürzen. Die Vorteile einer solchen Verfahrensbeschleunigung sind umfassend: Sie kommt einerseits der öffentlichen Hand zugute, (...), aber auch dem Asylwerber selbst, der dadurch rascher Gewissheit über die allfällige Zuerkennung von internationalem Schutz (Asyl oder subsidiärer Schutz) erlangen kann."
Es kann nun kein Zweifel darüber bestehen, dass ein Verfahren über einen "Antrag auf internationalen Schutz" im Sinne des AsylG 2005 eine "Asylsache" darstellt, in der nach den dargestellten Bestimmungen das Bundesasylamt bzw. - im Falle einer Beschwerde gegen dessen Bescheid - der Asylgerichtshof zur Entscheidung berufen sind.
Bereits vor dem FrÄG 2009 stand den Fremdenpolizeibehörden keine Kompetenz zur Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz zu. Auch die bei einer wesentlichen Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes mögliche Abänderung eines über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat erfolgten "negativen" Ausspruches des Bundesasylamtes oder des Asylgerichtshofes (vgl. dazu § 51 Abs. 1 FPG idF vor dem FrÄG 2009 sowie aus der hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 17. Dezember 2009, Zl. 2009/22/0002, mwN) lag im Falle eines Antrages gemäß § 51 Abs. 1 FPG dann nicht in der Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörden, wenn bereits ein neues Verfahren auf Gewährung internationalen Schutzes eingeleitet worden war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 2009, Zl. 2007/21/0451, mwN).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist dem Gesetzgeber des FrÄG 2009 nicht zu unterstellen, dass er - entgegen der bisherigen Rechtslage - in § 51 Abs. 2 FPG einfachgesetzlich die Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörde zur Entscheidung über einen - als Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 geltenden - Antrag festlegen wollte, zumal dafür auch den - nachstehend zitierten - Gesetzesmaterialien kein Hinweis zu entnehmen ist. Vielmehr übertrug der Gesetzgeber die Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Feststellungsantrag gemäß § 51 Abs. 1 FPG, der sich gemäß Abs. 2 leg. cit. auf den Herkunftsstaat des Fremden bezieht, auf die Asylbehörde, weil dieser Antrag einem Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt. Gleichzeitig verdeutlichte er mit seiner Formulierung ("gemäß den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 vorzugehen"), dass - neben dem entsprechenden Antrag nach dem AsylG 2005 - kein (zusätzlicher) "Antrag auf internationalen Schutz" nach dem FPG geschaffen werden sollte.
Auch die bereits erwähnten Gesetzesmaterialien (RV 330 XXIV. GP) zu der mit BGBl. I Nr. 122/2009 erfolgten Novellierung des § 51 FPG sprechen in keiner Weise dafür, dass der Gesetzgeber den Fremdenpolizeibehörden eine Zuständigkeit zur Entscheidung über Anträge auf internationalen Schutz (bzw. auf Anträge, die als Anträge auf internationalen Schutz gelten) einräumen wollte. Vielmehr sollte den Gesetzesmaterialien zufolge zunächst eine inhaltliche Modifizierung des § 51 Abs. 1 FPG zur Klarstellung erfolgen, "dass eine Prüfung der Fremdenpolizeibehörde, ob die Abschiebung in einen Staat zulässig ist, sich immer nur auf einen Staat beziehen kann, der nicht der Herkunftsstaat des Fremden ist (...)" (Hervorhebungen nicht im Original).
Zu § 51 Abs. 2 führen die Gesetzesmaterialien wie folgt aus (Hervorhebungen nicht im Original):
"Abs. 2 bestimmt konsequenterweise, dass ein Antrag nach Abs. 1, der sich auf den Herkunftsstaat (§ 2 Abs. 1 Z. 17 AsylG 2005) des Fremden bezieht, einen Antrag auf internationalen Schutz darstellt und demgemäß nach den asylrechtlichen Bestimmungen zu behandeln ist. Dies ergibt sich klar aus der dem AsylG 2005 zugrunde liegenden Systematik, dass ein Fremder keinen 'Asylantrag' im engen Sinn des Flüchtlingsbegriffs der GFK stellt, sondern einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag ist gemäß den Bestimmungen des AsylG 2005 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (§ 3 AsylG 2005) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 AsylG 2005) zu prüfen. Der Prüfungsmaßstab im Hinblick auf den subsidiären Schutz entspricht dabei jenem des Refoulementverbots im FPG. Prüfungen nach dem AsylG 2005 beziehen sich aber immer nur auf den Herkunftsstaat (§§ 3 und 8 AsylG 2005), weshalb für alle anderen Staaten das FPG anwendbar bleibt. Abs. 2 gilt natürlich auch für Fremde, die bereits ein abgeschlossenes Asylverfahren durchlaufen haben und nun einen Antrag gemäß Abs. 1 iVm Abs. 2 stellen. Diese Anträge sind entsprechend den asylrechtlichen Bestimmungen als Folgeanträge zu behandeln."
Die zitierten Gesetzesmaterialien zu § 51 Abs. 2 FPG untermauern den Willen des Gesetzgebers, dass das - von den Fremdenpolizeibehörden zu vollziehende - FPG im vorliegenden Zusammenhang für Anträge maßgeblich ist, die sich auf andere Staaten als den Herkunftsstaat eines Fremden beziehen, während die Beurteilung eines Antrages auf internationalen Schutz - einen solchen stellt der Antrag nach Abs. 2 leg. cit. dar - wie bisher nach den asylrechtlichen Bestimmungen und somit von den Asylbehörden zu erfolgen hat.
3.3. Der in der Beschwerde hervorgehobene Abs. 4 des § 51 FPG, gemäß dem die Fremdenpolizeibehörde in bestimmten Fällen eine Äußerung des Bundesasylamtes einholen kann, steht den oben dargestellten Erwägungen nicht entgegen. Zum einen stellt § 51 Abs. 4 FPG keine Zuständigkeitsbestimmung dar und ist von vornherein lediglich auf jene Fälle - nämlich betreffend Anträge gemäß Abs. 1 leg. cit., die sich auf einen Staat beziehen, der nicht der Herkunftsstaat des Fremden ist - anwendbar, die in die Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörde fallen. Die Frage deren Zuständigkeit (oder Unzuständigkeit) ist in diesem Zusammenhang aber - wie dargelegt - nach § 51 Abs. 1 und 2 leg. cit. zu beurteilen. Zum anderen spricht auch die Systematik des § 51 leg. cit. gegen die Beschwerdeansicht, sind doch auch der dem Abs. 4 vorangehende Abs. 3 und der jenem nachfolgende Abs. 5 leg. cit. ausdrücklich (nur) auf Anträge gemäß § 51 Abs. 1 leg. cit. anwendbar. Aufgrund der bereits in den Abs. 1 und 2 leg. cit. enthaltenen Zuständigkeitsregelung bestand für den Gesetzgeber keine Veranlassung, § 51 Abs. 4 leg. cit. - der zur Gänze dem bisherigen Abs. 3 leg. cit. entspricht - seinem Wortlaut nach "anzupassen".
4. Aus den dargestellten Erwägungen ist die belangte Behörde im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zutreffend von der Unzuständigkeit der Fremdenpolizeibehörden zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag nach § 51 Abs. 2 FPG ausgegangen. Die belangte Behörde war daher allein dafür zuständig, die sachliche Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz aufzugreifen, den bekämpften Bescheid zu beheben und den Antrag an die zuständige Behörde weiterzuleiten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2005, Zl. 2003/07/0171, mwN).
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 13. April 2010
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