VwGH 2010/02/0046

VwGH2010/02/004624.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführein Mag. Becker, über die Beschwerde des E K in T, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 19. Jänner 2010, Zl. UVS-3/18760/5-2010, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 19. Jänner 2010 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe sich trotz Aufforderung durch ein ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl habe vermutet werden können, dass er sich beim vorhergehenden Lenken eines dem Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 i. V.m. § 99 Abs. 1 lit. b StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.400.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt wurde.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, der als Zeuge einvernommene Meldungsleger GI M. A. habe im Zuge der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde ausgesagt, er habe den Beschwerdeführer (nach Anhalten des Fahrzeuges im Zuge einer Verfolgungsfahrt) Richtung Hütte bei M. laufen gesehen. Die Polizeibeamten hätten dann ihr Fahrzeug angehalten und es sei dieses rund 12 bis 15 m vom Beschwerdeführer entfernt gewesen, als ihm der Meldungsleger durch das offene Fenster nachgerufen habe. Er habe ungefähr Folgerndes gerufen:

"E. K. bleib stehen. Ich fordere dich zum Alkotest auf." Der Meldungsleger habe den Eindruck gehabt, dass der Beschwerdeführer "irgendwie reagiert" bzw. "irgendwie geschaut" habe. Der Beschwerdeführer sei dann aber weitergelaufen hinter die Hütte. Als der Meldungsleger ihm nachgerufen habe, habe er freie Sicht auf den Beschwerdeführer gehabt.

Der zweite als Zeuge von der belangten Behörde einvernommene Polizeibeamte habe u.a. ausgeführt, er könne nicht genau angeben, wie weit die Entfernung vom Polizeiauto zur Scheune gewesen sei, ob es 15 oder 20 m gewesen seien. Der Suchscheinwerfer sei eingeschaltet gewesen. Sein Kollege habe gleichzeitig, wie der Zeuge aus dem Fahrzeug gesprungen sei, durch das offene Fenster dem Davonlaufenden etwas zugerufen. Den genauen Wortlaut könne er heute nicht mehr angeben.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringe - so die belangte Behörde in der Beweiswürdigung -, es sei keine Aufforderung zur Ablegung des Alkoholtests erfolgt, habe der Meldungsleger in der mündlichen Berufungsverhandlung den Ablauf der Amtshandlung - beginnend mit dem Antreffen des Beschwerdeführers im Ortsgebiet von T. bis zur nachfolgenden Verfolgungsjagd - nachvollziehbar und schlüssig geschildert. Er habe auch glaubhaft dargelegt, dass er aus einer Entfernung von 12 bis 15 m dem Beschwerdeführer durch Nachrufen zum Alkomattest aufgefordert habe. Für die belangte Behörde bestehe kein Zweifel, dass diese Aufforderung, welche aus einer Entfernung von 12 bis 15 Metern erfolgt sei, mit ausreichender Deutlichkeit und für den Beschwerdeführer hörbar und verständlich erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen (Z. 1). Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Der Beschwerdeführer wendet u.a. ein, die Beweiswürdigung der belangten Behörde zur zentralen Frage, ob ihn der Meldungsleger zum Alkotest aufgefordert habe und dies für ihn hörbar und verständlich erfolgt sei, sei unschlüssig infolge Unvollständigkeit, weil auf seine Angaben in der Berufung, im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bei der Beschuldigteneinvernahme sowie in den mündlichen und schriftlichen Schlussäußerungen inhaltlich mit keinem Wort eingegangen werde.

Die belangte Behörde stütze die Feststellung, der Beschwerdeführer sei vom Meldungsleger zum Alkotest aufgefordert worden, lediglich auf dessen Angaben, welche mit denen des Beschwerdeführers in völligem Widerspruch stünden. Dazu komme, dass der zweite Polizeibeamte, der zum Vorfallszeitpunkt Beifahrer im vom Meldungsleger gelenkten Polizeifahrzeug gewesen sei, von der Aufforderung nichts wisse.

Habe somit nicht einmal der Kollege des Meldungslegers verstanden, was Letzterer gerufen habe, so müsse dies umso mehr für den Beschwerdeführer gelten; dies selbst dann, wenn man aufgrund der Feststellungen der belangten Behörde davon ausgehe, dass sich der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt in einer Entfernung vom Meldungsleger von 12 bis 15 Metern befunden habe.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 2008, Zl. 2008/02/0296, 0397, m.w.N.).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich die Beweiswürdigung der belangten Behörde als schlüssig. Der Beschwerdeführer vermag mit seinen Argumenten in der Beschwerde nicht aufzuzeigen, dass die Behörde die Beweisergebnisse in nicht nachvollziehbarer Weise gewürdigt hat.

Nach der hg. Rechtsprechung setzt eine Aufforderung zum Alkomattest u.a. voraus, dass der durch Zuruf Aufgeforderte diesen wahrnimmt und verstanden hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 1997, Zl. 97/03/0188). Aus der Schilderung der gesamten Situation durch den als Zeugen einvernommenen Meldungsleger konnte die belangte Behörde in schlüssiger Form darlegen, dass der Beschwerdeführer die an ihn aus relativ kurzer Distanz durch Zuruf gerichtete Aufforderung zur Ablegung des Alkomattests - nicht zuletzt aufgrund der auch vom Zeugen wahrgenommenen Reaktion des Beschwerdeführers - sehr wohl im Sinne der vorzitierten Judikatur wahrgenommen und verstanden hat.

Es trifft auch nicht zu, dass der zweite Polizeibeamte - wie dies in der Beschwerde behauptet wird - von der Aufforderung nichts gewusst habe. Vielmehr sagte dieser - wie dem Protokoll der mündlichen Verhandlung zu entnehmen ist - aus, dass er den "genauen Wortlaut" dessen, was der Meldunglager dem Beschwerdeführer nachgerufen habe, nicht mehr angeben könne. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass dieser Zeuge nicht von einer Aufforderung gewusst habe. Es liegt daher auch in diesem Zusammenhang kein Verfahrensmangel, insbesondere keine mangelnde Schlüssigkeit der Beweiswürdigung vor. Auch das schlichte Leugnen des Beschwerdeführers bezüglich der Wahrnehmung einer Aufforderung zum Alkomattest während des Verwaltungsstrafverfahrens vermag an der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung nichts zu ändern.

Insoweit der Beschwerdeführer auch die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf eine faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 EMRK rügt, ist es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt darauf einzugehen, weil für diese behaupteten Rechtsverletzungen nach Art. 144 Abs. 1 B-VG der Verfassungsgerichtshof und demnach gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG nicht der Verwaltungsgerichtshof zuständig ist (vgl. auch die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 328 widergegebene Judikatur).

Auch mit dem Beschwerdevorbringen, es sei mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung nicht in Einklang zu bringen, wenn die belangte Behörde dem Verfallenheitsbericht des Meldungslegers vom 31. August 2009, also vom Tag nach dem Vorfall, mit der Begründung keine Bedeutung zumesse, dass in diesem Bericht schwerpunktmäßig die Verfolgungsfahrt geschildert worden sei und daher daraus nicht geschlossen werden könne, dass eine Alkotestverweigerung vorgelegen habe, wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, zumal das Fehlen des Hinweises auf die Aufforderung zum Alkomattest in diesem Bericht nicht schlüssig belegt, dass eine solche Aufforderung nicht stattgefunden habe.

Mit dem Vorbringen, dass eine weitere Streife kurze Zeit nach dem Vorfall am Tattag deshalb zum Wohnhaus des Beschwerdeführers geschickt worden sei, um nachzusehen, ob der Beschwerdeführer zu Hause sei und um ihn zu einem Alkomattest aufzufordern, wird gleichfalls keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung aufgezeigt, zumal auch dadurch insbesondere nicht die vom Meldungsleger mehrfach im Zuge seiner Aussage vor der belangten Behörde bestätigte Aufforderung zur Ablegung des Alkomattests widerlegt wird.

Es kann aufgrund des Ergebnisses der durch die belangte Behörde durchgeführten ergänzenden Ermittlungen auch keine Rede davon sein, dass die Amtshandlung betreffend die Aufforderung zur Durchführung eines Alkomattests zum Zeitpunkt des Einschreitens dieser weiteren Streife (um 02.58 Uhr am 30. August 2009) noch nicht abgeschlossen gewesen sei und daher schon aus diesem Grunde keine strafbare Alkotestverweigerung vorliegen könne. Die in diesem Zusammenhang gerügte inhaltliche Rechtswidrigkeit ist daher nicht gegeben.

Entgegen den Beschwerdebehauptungen hat die belangte Behörde sehr wohl Feststellungen dahingehend getroffen, dass die Aufforderung durch Nachrufen durch den Meldungsleger erfolgt ist. Durch den Verweis auf die Schilderungen des Vorfalls durch den Meldungsleger in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides ist aus dem Gesamtzusammenhang hinreichend klar erkennbar, aus welchem konkreten Verhalten des Beschwerdeführers, nämlich aus dessen Weglaufen im Zuge des Zurufes der Aufforderung zum Alkomattest, eine Verweigerung durch die belangte Behörde abgeleitet wurde.

Der Beschwerdeführer rügt ferner, die belangte Behörde habe lediglich ihn belastende Umstände in ihre Beweiswürdigung einfließen lassen, nicht aber die ihn entlastenden, welche sich keineswegs lediglich in seinen eigenen Angaben befänden, sondern auch in den Aussagen der beiden Polizeibeamten.

Wie aus dem den Verwaltungsakten zuliegenden Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde zu ersehen ist, ergeben sich aus den Aussagen der beiden Polizeibeamten auch keine unmittelbar den Beschwerdeführer entlastenden Gesichtspunkte, weshalb die Rüge, die belangte Behörde habe sich mit den entlastenden Aspekten der Aussagen der beiden Polizeibeamten nicht auseinandergesetzt, ins Leere geht. Das schlichte Leugnen des Beschwerdeführers, die Aufforderung des Meldungslegers nicht verstanden zu haben, für sich allein und aufgrund der dieser Behauptung entgegenstehenden Ermittlungsergebnisse stellt jedoch keinen entlastenden Gesichtspunkt dar, weshalb sich auch ein näheres Eingehen auf diesen Aspekt in der Begründung des angefochtenen Bescheides erübrigte. Die in diesem Zusammenhang gerügten Verfahrensmängel liegen daher nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. September 2010

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