VwGH 2008/16/0141

VwGH2008/16/01418.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der P GmbH in W, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 26. Mai 2008, GZ. RV/3175- W/07, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1987 §17 Abs1 Z1;
GrEStG 1987 §17 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 17./18. Dezember 2001 schlossen RA Dr. S als Masseverwalter im Konkurs der K GmbH als Verkäufer und die Beschwerdeführerin (vertreten durch ihren Geschäftsführer P G) einen Kaufvertrag über die Liegenschaften X und Y, um den Kaufpreis von ATS 43,300.000,--, wobei vereinbart wurde, dass eine einvernehmlich mit ATS 14,505.000,-- bewertete Leibrentenverpflichtung in Anrechnung auf den Kaufpreis zu übernehmen war. Stichtag der Übergabe war der 30. Juni 2002. Im Vertragspunkt II.2.c war davon die Rede, dass der Vertrag der Genehmigung des Gläubigerausschusses und des Konkursgerichtes bedarf.

Der Erwerbsvorgang wurde mit einer am 20. Dezember 2001 beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (im Folgenden kurz: Finanzamt) eingelangten Abgabenerklärung angezeigt.

Am 30. März 2003 richtete das Finanzamt an die Beschwerdeführerin unter anderem die Frage, ob die "konkursbehördliche" Genehmigung erteilt wurde.

Daraufhin teilte RA Dr. S in seiner Eigenschaft als Masseverwalter im Konkurs der Verkäuferin mit Schreiben vom 21. Oktober 2003 dem Finanzamt mit, dass der seinerzeitige Kaufvertrag zwischenzeitig mit Vereinbarung vom 16. Juni 2003 "rückabgewickelt" worden sei, sodass sich eine Beantwortung der gestellten Fragen erübrige.

Am 21. Jänner 2004 langte beim Finanzamt ein Schreiben des Notars Dr. B ein, womit er mitteilte, dass der Kaufvertrag vom 18. Dezember 2001 mit Auflösungsvereinbarung vom 26. Mai 2003 "wiederum aufgelöst" worden sei; dabei beantragte er, weder für den aufgelösten Kaufvertrag noch für die Auflösungsvereinbarung Grunderwerbsteuer festzusetzen. Mit dieser Eingabe wurden dem Finanzamt Kopien der Auflösungsvereinbarung vom 26. Mai 2003 und der am 16. Juni 2003 erfolgten Beglaubigung der Echtheit der Unterschriften auf diese Vereinbarung vorgelegt.

Die zwischen RA Dr. S in seiner Eigenschaft als Masseverwalter im Konkurs der K GmbH und der Beschwerdeführerin (vertreten durch die je selbstständig zeichnungsberechtigten Geschäftsführer P G und W G) abgeschlossene Auflösungsvereinbarung hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"I.

Die Vertragsteile heben hiemit den Kaufvertrag vom 17. Dezember 2001 hinsichtlich der Liegenschaft X und Y auf, und zwar unter der aufschiebenden Bedingung

  1. a) des Abschlusses des Mietvertrages gemäß Mietanbot
  2. b) des Abschlusses des Kaufvertrages gemäß Kaufvertrag
  3. c) des Abschlusses einer Vereinbarung (Schiedsgutachtervereinbarung mit DDr. A) und
  4. d) des Abschlusses der Treuhandvereinbarung mit Notar Dr. B
  5. e) und der Zustimmung des Gläubigerausschusses zu dieser Auflösungsvereinbarung und zu den vorangeführten Verträgen und

    deren Nichtuntersagung durch das Konkursgericht.

    II.

    1. Die Kosten der Errichtung dieser Auflösungsvereinbarung durch RA Dr. R, welche im alleinigen Auftrag und im alleinigen Interesse der PGmbH erfolgt ist, trägt letztere. Die Kosten der rechtsfreundlichen Beratung trägt jeder der Vertragsteile für den von ihm Beauftragten.

    2. Diese schriftliche Vereinbarung gibt alle getroffenen Vereinbarungen vollständig wieder. Mündliche Nebenabreden wurden nicht getroffen. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

    3. Auf diesen Vertrag findet materielles österreichisches Recht Anwendung. Ausschließlicher Gerichtsstand ist das in Handelssachen für W zuständige Gericht.

    4. Diese Vereinbarung wird in zwei Ausfertigungen errichtet, wovon jeder Vertragsteil je ein Original erhält."

    Am 17. Februar 2004 langte beim Finanzamt eine weitere Eingabe des Notars Dr. B ein, womit Kopien der in der Auflösungsvereinbarung genannten Verträge vorgelegt wurden. Dabei handelte es sich u.a. um den Kaufvertrag vom 26. Mai 2003, mit dem RA Dr. S als Masseverwalter im Konkurs der K GmbH als Verkäufer die verfahrensgegenständlichen Liegenschaften um einen Kaufpreis von EUR 1,400.000,-- an die P GmbH & CO KEG (als Käuferin) veräußerte; vereinbart wurde, dass eine Leibrentenverpflichtung von ATS 80.000,-- monatlich (die einvernehmlich mit EUR 1,000.000,- - bewertet wurde) in Anrechnung auf den Kaufpreis zu übernehmen und den Betrag von EUR 400.000,-- in bar zu bezahlen ist. Die Vertretung der Käuferin bei Abschluss dieses Vertrages erfolgte durch die Beschwerdeführerin als ihre Komplementärin, wobei diese wiederum durch ihre je einzelzeichnungsberechtigten Geschäftsführer P G und W G vertreten wurde.

    Am 11. April 2006 langte beim Finanzamt eine Mitteilung des Konkursgerichtes ein, wonach der Kaufvertrag (vom 17./18. Dezember 2001) des Masseverwalters mit der Beschwerdeführerin am 10. Jänner 2002 mit der Genehmigungsstampiglie versehen an den Masseverwalter übermittelt worden sei.

    Mit Bescheid vom 24. Juli 2007 setzte das Finanzamt für den Erwerbsvorgang vom 18. Dezember 2001 gegenüber der Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuer ausgehend von einer Gegenleistung von ATS 43.299.999,73 = EUR 3,146.733,70 in Höhe von 3,5 % mit EUR 110.135,68 fest.

    Dagegen berief die Beschwerdeführerin im Wesentlichen mit der Begründung, der Kaufvertrag vom 18. Dezember 2001 sei im Wege der Auflösungsvereinbarung vom 26. Mai 2003 aufgelöst worden. Dazu wurde neuerlich die Mitteilung des Notars Dr. B vom 19. Jänner 2004 und eine Kopie der Auflösungsvereinbarung vom 26. Mai 2003 vorgelegt.

    Das Finanzamt wies in der Folge die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 10. September 2007 als unbegründet ab, wogegen die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz stellte, worin sie an ihrer Rechtsmeinung, der Kaufvertrag sei mit Auflösungsvereinbarung vom 26. Mai 2003 rückgängig gemacht worden, festhielt.

    Die belangte Behörde führte am 6. Mai 2008 eine mündliche Berufungsverhandlung durch und wies schließlich mit Berufungsentscheidung vom 26. Mai 2008 die Berufung als unbegründet ab, wobei sie unter anderem auf Grund der zeitlichen Nähe der Auflösungsvereinbarung und des neuen Kaufvertrages, die jeweils das gleiche Datum sowohl des Vertragsabschlusses als auch der Beglaubigungen aufwies, ausschloss, dass der verkaufende Masseverwalter durch die Vertragsauflösung die volle wirtschaftliche Verfügungsmacht wieder erlangt hätte.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

    Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Unterbleiben der Vorschreibung von Grunderwerbsteuer verletzt.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 17 Abs. 1 GrEStG 1987 lautet auszugsweise:

"(1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,

1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird."

Kern des umfangreichen Beschwerdevorbringens ist der Vorwurf, die belangte Behörde habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Gesetz grob unrichtig angewendet.

Dazu ist die Beschwerdeführerin darauf zu verweisen, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend Fälle, in denen die Auflösung eines Vertrages vereinbart wird, um den Verkauf des Objektes an einen im voraus bestimmten neuen Käufer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten unter Abschluss des neuen Vertrages gleichsam uno actu erfolgen, davon auszugehen ist, dass der Verkäufer dadurch nicht die Möglichkeit wieder erlangt hat, über das Grundstück anderweitig frei zu verfügen (vgl. dazu die zahlreiche bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern II 3. Teil, Grunderwerbsteuer G 1987 Rz 15 Abs. 1 zu § 17 GrEStG referierte hg. Judikatur).

Da im vorliegenden Fall (was auch von der Beschwerde gar nicht in Frage gestellt wird) sowohl die Auflösungsvereinbarung als auch der neue Kaufvertrag (mit einer Käuferin, deren Komplementär die Beschwerdeführerin ist) am gleichen Tag unterfertigt wurden, sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Abschluss des neuen Kaufvertrages Bedingung für die Auflösung des alten Vertrages war, besteht überhaupt kein Anlass, den vorliegenden Beschwerdefall anders zu behandeln, als die mit der zitierten hg. Rechtsprechung bereits entschiedenen Fälle. Aus diesem Grund erübrigt sich auch ein Eingehen auf die übrigen von der Beschwerde vorgetragenen Argumente und erweist sich darüber hinaus der angefochtene Bescheid auch als ausreichend und einer nachprüfenden Kontrolle zugänglich begründet.

Des Weiteren liegen ausgehend von der in der Begründung des angefochtenen Bescheides vorgenommenen zutreffenden rechtlichen Beurteilung durch die belangte Behörde (die keinesfalls im Widerspruch mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht) die behaupteten Verfahrensfehler (gelegen in der Unterlassung der Vernehmung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin) nicht vor, weshalb sich der angefochtene Bescheid in jeder Richtung als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit erweist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden konnte, zumal im vorliegenden Fall auch Art. 6 Abs. 1 EMRK die Durchführung einer Verhandlung nicht gebietet (die Angelegenheit fällt nicht in dem Bereich der sog. civil rights).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwandersatzVO 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am 8. September 2010

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte