VwGH 2008/15/0272

VwGH2008/15/027229.7.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der Dr. Ilse Korenjak als Masseverwalter im Konkurs der P Vgesellschaft m.b.H. in Liqu., Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 1. August 2008, Zl. RV/0134-I/07, betreffend Umsatzsteuer 2002 bis 2005 und Umsatzsteuervorauszahlungen Jänner bis Juni 2006, zu Recht erkannt:

Normen

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art13 TeilB litf;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art6 Abs4;
62009CJ0058 Leo Libera VORAB;
ABGB §1009;
GebG 1957 §33 TP17 Abs1 Z8;
UStG 1994 §3a Abs4;
UStG 1994 §6 Abs1 Z9 litd sublitbb;
UStG 1994 §6 Abs1 Z9 litd;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über das Vermögen der P-GmbH (im Folgenden: GmbH), die gegen den angefochtenen Bescheid Beschwerde erhoben hat, ist in der Folge mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom November 2009 der Konkurs eröffnet worden.

Die Tätigkeit der GmbH bestand darin, dass sie über Telefon Personen (insgesamt mehr als 6.000 Personen) geworben hat, die sich verpflichtet haben, ihr zum Zwecke des Lottospielens in Spielgemeinschaften (von jeweils 45, 55 oder 100 Personen) laufend (monatlich) Beiträge zu überweisen, damit sie einen Teilbetrag davon im öffentlichen Lotto einsetzt und allfällige Gewinne an die Mitglieder der jeweiligen Spielgemeinschaft ausbezahlt.

Im Zuge einer bei der GmbH durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung hielt der Prüfer im Arbeitsbogen u.a. fest:

"Die Spieleinsätze der Spieler werden auf ein Treuhandkonto eingezogen. Davon werden 50% als Spielkapital eingesetzt. Die restlichen 50% bleiben der (GmbH).

Lotto 6 aus 45:

Mit einem Betrag von 65,-- spielt man 8 Ziehungen (2 pro Woche) mit. Eine Spielgemeinschaft besteht aus 55 Spielern. Im Jahr 2005 waren es noch 45 Spieler.

Es gibt ca. 110 Spielgemeinschaften (ca. 6000 Spieler) Pro Runde (8 Ziehungen) werden 200 Tipps und 20 Jokerzahlen

gespielt (immer die gleichen).

Nach 8 Ziehungen werden die Zahlen geändert.

1 Ziehung 8 Ziehungen

Ein Lotto-Tip kostet normalerweise 0,85 EUR d.s.d. 170

1360

Ein Joker-Tip kostet normalerweise 1,10 EUR d.s.d.

22 176

192 1536

(...)

das heißt: 45 Spieler zahlen je 65 EUR d.s. dann 3.575,00

eingesetzt werden 1.536,00 42,97%

somit bleiben der (GmbH) pro Spielgemeinschaft

2.039,00 57,03%

es gibt im Jahr 104 Ziehungen; d.s. dann 26.507,00 (=

2.039 * 104/8)

insgesamt sind ca. 110 Spielgemeinschaften, d.s.d.

2,916.770,00"

Im Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung

wird unter Tz 1 festgehalten:

"Sachverhalt:

Das geprüfte Unternehmen (=Initiator) wirbt Personen über

Telefon zur Teilnahme an den Spielen 'Lotto 6 aus 45', 'Joker' und 'Euromillionen' in Form von so genannten Spielgemeinschaften (bestehend aus ca. 45 bis 55 Personen, beim Spiel 'Euromillionen' bis 100 Personen). Die Spielgemeinschaft wird zwar in den Teilnahmebedingungen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen den einzelnen Spielteilnehmern umschrieben, tritt jedoch tatsächlich nach außen hin nicht in Erscheinung und hat die Zusammenfassung der Spielinteressenten in einer Gemeinschaft lediglich spielorganisatorische Gründe. Rechtsverbindliche vertragliche Beziehungen bestehen nur zwischen dem einzelnen Kunden und dem Initiator, nicht zwischen den Kunden untereinander und auch nicht zwischen den Kunden und der Lottogesellschaft.

Die Kunden ermächtigen den Initiator, einen Spielbetrag in festgelegter Höhe von ihrem Bankkonto einzuziehen. In Abhängigkeit vom gewählten Spielsystem verwendet der Unternehmer jedoch nur einen bestimmten Teil der vereinnahmten Beträge tatsächlich als Spieleinsatz. Der Restbetrag (zwischen 30 und 55 % des Zahlungsbetrages) verbleibt der Gesellschaft als so genannte 'Verwaltungsgebühr'. Die exakte Höhe dieses Verwaltungskostenbeitrages ist den Teilnehmern nicht bekannt.

Mit dem Zugang der Teilnehmerbestätigung erwirbt der Kunde für eine bestimmte Spieldauer (zB für acht Ziehungen) einen Gewinnanspruch auf den Teil des Gesamtgewinns einer Spielgemeinschaft, der seinem Anteil am Einsatz seiner Spielgemeinschaft entspricht. Der Initiator übernimmt die weitere organisatorische Abwicklung des Spiels (Aufstellung der Spielgemeinschaften, Erstellen der zu spielenden Zahlenkombinationen, Ausfüllen der Tippscheine, Übermittlung der Tipps und der darauf entfallenden Wetteinsätze an die Lottogesellschaft, Kontrolle der Gewinnscheine, Anforderung der Gewinne bei der Lottogesellschaft, Berechnung und Verteilung der Gewinnanteile an jedes Mitglied der Spielgemeinschaft, Veranlassung der Auszahlung etc.)

Der Initiator schließt in eigenem Namen entsprechend den geltenden Lotto-Spielbedingungen mit der jeweiligen Lottogesellschaft einen Spielvertrag ab. Bei ihm verbleiben auch die jeweiligen Spielquittungen. Dem einzelnen Kunden werden die von der Initiatorgesellschaft für 'seine' Spielgemeinschaft gespielten Tippreihen und Jokerzahlen mitgeteilt. Aufgrund der vorgelegten Quittungen zahlt die Lottogesellschaft die erspielten Gewinne an die Initiatorgesellschaft aus, diese verteilt die Gewinne zur Gänze entsprechend dem Verhältnis der Spieleinsätze auf die einzelnen Mitglieder der jeweiligen Spielgemeinschaft. Über die Gewinnaufteilung und die Spielkontoführung erhält jeder Spielteilnehmer einen monatlichen Bericht (Gewinnmitteilung und Kontoauszug).

Gegenüber der Lottogesellschaft erbringt der Initiator keine entgeltlichen Leistungen. Seine Rechtsbeziehungen mit der Lottogesellschaft beschränken sich auf den jeweiligen Spielvertrag entsprechend den geltenden allgemeinen Spielbedingungen.

In den Jahren bis 2003 wurde die o.a. 'Verwaltungsgebühr' der 20 %igen Umsatzsteuer unterworfen und der gesamte Vorsteuerabzug in Anspruch genommen. Ab 2004 wird der gesamte Spielbeitrag aller Spieler als 'Besorgungsleistung 0 %' unecht steuerfrei belassen.

In umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht stellt sich nun die Frage, ob die Leistung der Initiatorgesellschaft als Besorgungsleistung iSd § 3a Abs. 4 UStG 1994 anzusehen ist und ob diesfalls die Steuerbefreiung gem. § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG 1994 anzuwenden wäre.

Rechtliche Würdigung: (....)

Im vorliegenden Fall erbringt die Lottogesellschaft ausschließlich an die Initiatorgesellschaft als unmittelbarem Spielteilnehmer Wettumsätze, die unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG 1994 (=Subsumierbarkeit unter § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6, 7 oder 8 GebG 1957) steuerfrei sind.

Die Leistung des Initiators gegenüber den einzelnen Kunden besteht (...) nicht in der Besorgung der Einräumung einer Gewinnchance durch die Lottogesellschaft, sondern in der entgeltlichen Zusage einer Beteiligung am - im eigenen Namen und unter Anwendung eigens entwickelter Tipp-Methoden - erspielten Spielgewinn des Initiators. Hinzu kommen weitere unselbstständige Nebenleistungen wie bspw. die organisatorische Abwicklung und Kontrolle der Gewinnaufteilung und -auszahlung. Zwischen der Leistung der Lottogesellschaft (Einräumung einer Gewinnchance an den Spielteilnehmer - d.i. entsprechend den Lottospielbedingungen der Initiator) und der gegenüber den einzelnen Kunden erbrachten Dienstleistung des Initiators besteht keine Identität hinsichtlich des Leistungsinhaltes. Dies umso mehr, als die vom Initiator abgegebenen Spieltipps nicht den einzelnen Mitgliedern der so genannten - nach außen hin keine Rechtswirkung entfaltenden - Spielgemeinschaft zugeordnet werden können. Die Leistung der Lottogesellschaft kommt daher nicht inhaltsgleich dem Auftraggeber des Initiators zugute. Der Lottogesellschaft ist auch nicht erkennbar, dass sie ihre Leistung nicht für Rechnung des ihr gegenüber auftretenden Spielteilnehmers (=Initiator) erbringt. Die Leistung des Initiators ist vielmehr eine eigenständige Leistung von erheblichem wirtschaftlichem Gewicht. Indiz dafür ist nicht zuletzt auch der hohe, dem Kunden nicht exakt bekannte Anteil der Verwaltungsgebühr am Spielbeitrag.

Schlussfolgerung:

Da eine Besorgungsleistung iSd § 3a Abs. 4 UStG 1994 somit nicht vorliegt, kommt auch ein 'Durchschlagen' der Steuerbefreiung gem. § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG 1994 nicht in Betracht. Der gesamte Spielbeitrag des Kunden (Verwaltungsgebühr und Spielgebühr) unterliegt somit nach Ansicht der Bp der 20% igen Umsatzsteuer.

Abschließend sei der Vollständigkeit halber noch darauf hingewiesen, dass der als Spieleinsatz verwendete Teil der vom Kunden entrichteten Spielgebühr beim Initiator keinen durchlaufenden Posten iSd § 4 Abs. 3 UStG 1994 darstellt, da hierfür eine Vereinnahmung bzw. Verausgabung in fremdem Namen und für fremde Rechnung erforderlich wäre und unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Zahlenden (hier: Kunde des Initiators) und dem Dritten (hier: Lottogesellschaft) gegeben sein müssten (vgl. UStR 2000 Rz 656)."

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und erließ - teilweise nach Wiederaufnahme der Verfahren - Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2005 sowie einen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis Juni 2006, in welchen es zum einen die Spielbeiträge der Kunden der Umsatzsteuer unterzog und zum anderen den Vorsteuerabzug zuerkannte.

In der Berufung führte die GmbH u.a. aus, sie organisiere für ihre Auftraggeber, die "Mitspieler" (im Folgenden: Kunden) gegen Leistung eines so genannten Spielbeitrages u.a. die Teilnahme am von der Österreichischen Lotterien GmbH veranstalteten Lotto "6 aus 45". Da sie gegenüber der Österreichischen Lotterien GmbH im eigenen Namen, allerdings auf Rechnung der Kunden auftrete, liege in umsatzsteuerlicher Hinsicht eine Besorgungsleistung vor. Die GmbH trage im Zusammenhang mit der Lotterieveranstaltung keinerlei wirtschaftliches Risiko, weil sämtliche Wetteinsätze für die Teilnahme am Lotto "6 aus 45" ausschließlich aus den Spieleinsätzen der Kunden finanziert würden. Spielgewinne würden zur Gänze, also ohne prozentuelle Gewinnbeteiligung, an die einzelnen Kunden weitergeleitet. Abgesehen von der Besorgung der Teilnahme am Lotto "6 aus 45" erbringe die GmbH nur administrative Nebenleistungen zur Besorgungsleistung, wie insbesondere das Einsammeln der Wetteinsätze, die Auswahl der Zahlenreihen ("Lotto-Tipps"), die Mitteilung der Zahlenreihen an die Kunden, die Eintragung der Zahlenkombinationen auf den Wettscheinen, die Übermittlung der Tipps an die Österreichische Lotterien GmbH, die Kontrolle der Lottoscheine auf allfällige Gewinne, die Geltendmachung allfälliger Gewinne, die Weiterleitung der Gewinne an die einzelnen Kunden sowie die Übermittlung von Informationen über Gewinnaufteilung und Kontoführung, die eine möglichst bequeme Teilnahme der Kunden am Lotto "6 aus 45" ermöglichen sollen. Keine dieser Leistungen sei jedoch von einem solchen wirtschaftlichen Gewicht, dass diese die Hauptleistung, die Besorgung der Teilnahme am Lotto "6 aus 45", überlagern und ihr den Besorgungscharakter nehmen könnte. Der Umstand, dass für die administrative Nebenleistung Entgelt verrechnet werde, spreche nicht gegen den Besorgungscharakter der Leistung, sondern sei geradezu typischerweise ein Merkmal von Besorgungsleistungen. Die Höhe der hierfür verrechneten Verwaltungsgebühr sei für die umsatzsteuerliche Beurteilung der Leistung irrelevant.

Die Zuteilung der einzelnen Kunden zu den Spielgemeinschaften habe allein den Zweck, die Spieleinsätze der einer Spielgemeinschaft zugeordneten Kunden zu "poolen". Die Poolung der Spieleinsätze ändere jedoch nichts daran, dass die GmbH für die Kunden die Leistungen der Österreichischen Lotterien GmbH einkaufe und diese an die Kunden durchreiche. Dies zeige sich daran, dass die abgegebenen Lotto-Tipps zur Gänze aus den eingegangenen Spielbeiträgen der einzelnen Kunden finanziert und allfällige Gewinne aus den abgegebenen Tipps zur Gänze an die einzelnen Kunden weitergeleitet würden. Da die von der Österreichischen Lotterien GmbH erbrachte Leistung nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG umsatzsteuerbefreit sei, sei auch die von der GmbH erbrachte Besorgungsleistung (die Spieleinsätze und die verrechneten Besorgungsentgelte, also die Verwaltungsgebühren) von der Umsatzsteuer befreit.

Nach Art. 6 Abs. 4 der Sechsten MwSt-Richtlinie 77/388/EWG seien Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig würden, so zu behandeln, als ob sie diese Dienstleistung selbst erhalten und erbracht hätten. Im Sinne einer richtlinienkonformen Interpretation des § 3a Abs. 4 UStG sei sohin die GmbH aufgrund ihres Tätigwerdens auf Rechnung der Kunden so zu behandeln, als hätte sie nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit d sublit. aa UStG steuerbefreite Glückspielumsätze von der Österreichischen Lotterien GmbH erhalten und diese Umsätze in weiterer Folge an die Kunden erbracht ("fiktive Leistungskette"). Entscheidend sei, dass die GmbH gegenüber der Österreichischen Lotterien GmbH "im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter" (der Kunden) tätig geworden wäre. Der Weiterverkauf der für die Kunden "eingekauften" (nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG umsatzsteuerbefreiten) Leistungen der Österreichischen Lotterien GmbH sei denselben umsatzsteuerlichen Regelungen wie der Leistungseinkauf zu unterwerfen. Weiters zu beachten sei, dass der EuGH (Hinweis auf die Urteile vom 17. Februar 2005, C-453/02 und C-462/02 Linneweber, und vom 11. Juni 1998, C-283/95 , Fischer) zur Umsatzsteuerbefreiung für Glückspielumsätze nach Art 13 Teil B lit f der Sechsten MwSt-Richtlinie bereits mehrfach festgehalten habe, dass die Festlegung der Bedingungen und Grenzen für diese Umsatzsteuerbefreiung in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedsstaaten falle, diese jedoch bei der Ausübung dieser Zuständigkeit den Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden haben. Es würde nicht dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität entsprechen, wenn den Kunden, die sich für die Teilnahme am von der Österreichischen Lotterien GmbH veranstalteten Lotto "6 aus 45" der Dienstleistungen der GmbH bedienten, für die Einräumung einer Gewinnchance zusätzlich Umsatzsteuer zu verrechnen wäre, während denjenigen Spielern, die ihre Tipps im eigenen Namen und auf eigene Rechnung in einer Trafik abgäben, keine Umsatzsteuer für die Einräumung einer Gewinnchance zu verrechnen sei.

In eventu werde beantragt, die Spieleinsätze als durchlaufende Posten iSd § 4 Abs. 3 UStG und somit umsatzsteuerbefreit zu behandeln, da die Vereinnahmung und Verausgabung im fremden Namen nicht stets notwendige Voraussetzung für das Vorliegen von durchlaufenden Posten sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1991, 91/14/0034). Durchlaufende Posten iSd § 4 Abs. 3 UStG würden auch bei Geschäften des täglichen Lebens und insbesondere bei Bargeschäften vorliegen, wenn die Mittelsperson im eigenen Namen auftrete, weil bei sofort erfüllten Barkäufen die vertragsschließenden Teile an der Identität des Partners regelmäßig nicht interessiert seien.

Aus den Aufzeichnungen über Spieleinsätze und -gewinne der einzelnen Kunden lasse sich jederzeit nachweisen, dass die Beträge für fremde Rechnung vereinnahmt und verausgabt worden seien (eigenes Bankkonto) und insoweit die erweiterten Aufzeichnungspflichten erfüllt würden.

Überdies sei derjenige Teil der von der GmbH vereinnahmten Spielbeiträge, der als Verwaltungsgebühr verrechnet werde, unter analoger Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. bb UStG umsatzsteuerbefreit, weil u.a. die Provisionseinnahmen der Annahmestelle für Lotto und Toto steuerfrei seien. Nachdem die Leistung gegenüber den Kunden darin bestehe, diesen die Teilnahme am Lotto "6 aus 45" zu organisieren und damit in wirtschaftlicher Hinsicht gleichwertig mit den Leistungen der Lotto-Annahmestelle sei, seien die Verwaltungsgebühren der GmbH ebenfalls Vergütungen für die Mitwirkung an einer Lotto-Ausspielung. Würde die Befreiung des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. bb UStG auf diese Umsätze keine Anwendung finden, so wären wirtschaftlich vergleichbare Umsätze mit unterschiedlichen Belastungsfolgen verbunden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

§ 3a Abs. 4 UStG ordne an, dass die für die besorgte Leistung geltenden Rechtsvorschriften auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden seien.

Im gegenständlichen Fall sei entscheidungswesentlich, ob die von der GmbH ihren Kunden gegenüber zu erbringende Leistung auf den selben Leistungsinhalt ausgerichtet sei wie die Leistung der Österreichischen Lotterien GmbH an ihre Kunden, oder ob den von der GmbH gegenüber ihren Kunden ausgeführten Leistungen ein eigener, über die Nebenleistung zur Hauptleistung (Bewerkstelligung der Teilnahme am Lotteriegewinnspiel) hinausgehender wirtschaftlicher Gehalt zukomme.

In dem von der GmbH verbreiteten Werbefolder zu Lotto "6 aus 45" stelle diese ihre Arbeitsleistung in der Form dar, dass sie jeweils 55 kleine Spieleinsätze zu großen Spieleinsätzen zusammenfasse. "So können wir für Sie mehr Lottoreihen setzen und Sie kommen so um ein vielfaches schneller zu Ihrem Gewinn!" "Sie spielen in einer Tippgemeinschaft mit 55 Spielern und das ab einem Einsatz von nur EUR 16,25 pro Woche inklusive Joker."

Hinsichtlich des von der GmbH angebotenen Produkts "Euro Lotto" führe die GmbH in einem anderen Werbefolder ua. aus:

"Mit System gewinnen. Tippgemeinschaften von 100 Personen Tippgemeinschaften fassen eine kleine Gruppe von Spielern zusammen und ermöglichen es so, eine deutlich größere Menge an EuroMillionen Tipps abzugeben, als dies von einer Einzelperson möglich wäre. Sie profitieren somit von einer gesteigerten Gewinnchance, die sensationellen Gewinne der EuroMillionen

Lotterie von 15, 20, 30 ... oder mehr Millionen Euro zu knacken.

Bei unserem System (...) spielen Sie in einer Tippgemeinschaft von 100 Spielern und das ab einem Einsatz von EUR 11,50 pro Woche.

210 Tipps pro Woche = 840 Tipps pro Monat

Das System (...) besteht aus 30 Scheinen zu je 7 Tipps ohne Joker. Das ergibt 210 Tipps pro Ziehung. Monatlich (4x freitags) spielen Sie 840 Tipps in einer Tippgemeinschaft von 100 Personen mit einem Einsatz von nur EUR 46.

EUR 150.000,-- bei Volltreffer von EUR 15 Millionen (...) Lotto spielen ist Glückssache, aber mit System und mehr Tippreihen verbessern Sie die Chance auf den großen Gewinn. Die Jagd auf die EuroMillionen kann beginnen (...).

Für nur EUR 46,-- Einsatz im Monat (EUR 11,50 in der Woche) spielen Sie mit dem (...) um die Millionen der internationalen EuroMillionen Lotterie. Mit 840 Tipps pro Monat steigern Sie die Chancen auf EuroMillionen um ein Vielfaches. Die Tippgemeinschaft macht's möglich. (...)"

Für die belangte Behörde stehe außer Zweifel, dass die GmbH gegenüber ihren Kunden nicht lediglich eine Leistung ausführt bzw. besorgt, die denselben Leistungsinhalt wie jenen der Lotteriegesellschaft ausweist, sondern darüber hinaus noch weitere Leistungen erbringe, die für die Kunden von erheblicher Relevanz seien. Entgegen dem Berufungsvorbringen nähmen die Kunden die Dienstleistungen der GmbH nicht nur deshalb in Anspruch, weil die GmbH die Lottoscheine an die Lotteriegesellschaft übermittle und sohin eine Teilnahme der Kunden an den von der Lotteriegesellschaft veranstalteten Gewinnspielen ermögliche, sondern grundsätzlich deswegen, weil sich die Kunden auf Grund des von der GmbH angebotenen Spielsystems und der von der GmbH vorgenommenen Zusammenführung der Mitspieler zu einer Spielgemeinschaft eine höhere Gewinnchance und somit einen für ihren Einsatz höheren Gewinnertrag erhofften. Wie von der GmbH in ihren Werbefoldern selbst angepriesen beschränkten sich ihre Leistungen nicht auf die Zusicherung einer Spielteilnahme. Vielmehr solle das von ihr angebotene System eine "höchstmögliche Gewinnchance ermöglichen", "mit System die Chancen auf einen Hauptgewinn verbessern" und "durch ein spezielles, ausgefeiltes EDV-Analyseprogramm bzw. EDV-optimierte Zahlenermittlung die Gewinnchancen um ein Vielfaches erhöhen".

Die von der GmbH ihren Kunden angebotenen Leistungen erfassten somit neben der Abgabe von Lottotipps das Auffinden von Spielinteressierten und Zusammenführung dieser zu einer Spielgemeinschaft einschließlich der Verwaltung der Spielgemeinschaft (in Form u.a. der organisatorischen Abwicklung und Kontrolle der Tippabgaben und Zuführung dieser zu den einzelnen Spielgemeinschaften sowie der Gewinnaufteilung und - auszahlungen).

Nachdem die Motivation eines Kunden für die Inanspruchnahme der Dienstleistungen der GmbH sich vor allem auf die in Aussicht gestellte Chancen- und Gewinnmaximierung gründe, sei deren Leistungen, insbesondere auch der Bildung der Spielgemeinschaften, ein eigener wirtschaftlicher Gehalt beizumessen. Die Leistungen könnten nicht auf eine Nebenleistung zur Ermöglichung einer "möglichst bequemen" Spielteilnahme am Lotto "6 aus 45" bzw. "EuroMillionen" reduziert werden, machten diese doch für die Kunden eine Beauftragung der GmbH in wirtschaftlicher Hinsicht erst sinnvoll.

Die Lotteriegesellschaft erbringe ihre Wettumsätze ausschließlich an die GmbH als unmittelbare Spielteilnehmerin, weil lediglich sie über den Wettschein bzw. die Spielteilnahmequittung verfüge. Die GmbH sei alleinige Inhaberin eines Nachweises der Spielteilnahme sowie eines allfälligen Gewinnanspruches, sodass nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Lotteriegesellschaft die Gewinnchance lediglich ihr eingeräumt sei.

Die GmbH hingegen erteile ihren Kunden eine entgeltliche Zusage auf eine Beteiligung (im Ausmaß des Anteiles des Kunden an der Spielgemeinschaft) an dem von ihr als unmittelbare Spielteilnehmerin erzielten Spielgewinn. Die Leistung der Lotteriegesellschaft an die GmbH sei sohin mit den von der GmbH gegenüber ihren Kunden erbrachten Dienstleistungen nicht ident, vielmehr liege eine eigenständige Leistung der GmbH von erheblichem wirtschaftlichem Gewicht vor.

Die von der GmbH erbrachten Leistungen stellten sohin keine Besorgungsleistungen iSd § 3a Abs. 4 UStG dar, sodass sich auf diese die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG nicht erstrecke. Mangels Leistungsidentität könne kein Widerspruch zu Art. 6 Abs. 4 der Sechsten MwSt-Richtlinie oder ein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität vorliegen.

Die streitgegenständliche Leistung sei daher nicht als Besorgungsleistung hinsichtlich eines Glückspielumsatzes nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 8 GebG iVm § 14 Glücksspielgesetz anzusehen.

Die GmbH begehre alternativ, die Spieleinsätze (d.h. denjenigen Teil der vereinnahmten Zahlungen der Kunden, welche von der GmbH unmittelbar für die Begleichung der Wettspielgebühren aufgewendet würden) als durchlaufende Posten gemäß § 4 Abs. 3 UStG 1994 zu behandeln.

Im vorliegenden Fall stehe die ausschließliche Rechtsbeziehung der GmbH zur Lotteriegesellschaft außer Streit. Die GmbH führe hierzu in ihrem Vorbringen vom 12. Mai 2006 ausdrücklich aus, dass "auf Grund der tatsächlichen Abwicklung und der vertraglichen Gestaltungen" vertragliche Beziehungen lediglich einerseits zwischen ihr und ihren Kunden (Organisation von Spielgemeinschaften und Ermöglichung der Teilnahme am Lotto "6 aus 45" bzw. "EuroMillionen") und andererseits zwischen ihr und der Lotteriegesellschaft (Spielvertrag auf Basis der Lottospielbedingungen) gegeben seien.

Da durchlaufende Posten jedoch Leistungsbeziehungen jener Personen voraussetzten, für welche eine Vereinnahmung und Verausgabung durch den Mittelsmann erfolgen solle, könne dem Berufungsvorbringen kein Erfolg beschieden sein.

Dem weiteren Vorbringen der GmbH, die Verwaltungsgebühren seien in eventu in analoger Anwendung der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. bb UStG von der Umsatzsteuer befreit, könne ebenfalls nicht gefolgt werden.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. bb UStG seien die vom Konzessionär (§ 14 Glücksspielgesetz) auf Grund der vom Bundesminister für Finanzen bewilligten Spielbedingungen für die Mitwirkung im Rahmen der Ausspielungen gemäß den §§ 6 bis 13 des Glückspielgesetzes gewährten Vergütungen von der Umsatzsteuer befreit. Diese Bestimmung stelle die Provisionseinnahmen der Annahmestellen für Lotto und Toto steuerfrei.

Bei den gegenständlichen Verwaltungsgebühren handle es sich um keine von der Lotteriegesellschaft als Konzessionär im Rahmen des "Lottos" und der "Euromillionen" an die GmbH gezahlten Provisionen, sondern um die von der GmbH ihren Kunden gegenüber verrechneten Verwaltungsgebühren. Die Verwaltungsgebühren seien nicht als Provisionen der Lotteriegesellschaft an die GmbH zu qualifizieren, weshalb diesen auch keine Steuerbefreiung zukomme. Die klare gesetzliche Bestimmung lasse keinen Raum für eine von der GmbH begehrte analoge Auslegung.

Zusammengefasst sei auszuführen, dass das Finanzamt die strittigen Umsätze der GmbH zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen habe.

 

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß Art. 6 Abs. 4 der Sechsten MwSt-Richtlinie 77/388/EWG werden Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, so behandelt, als ob sie die Dienstleistungen selbst erbracht oder erhalten hätten.

Dieser Richtlinienbestimmung zufolge leistet der leistungserbringende Dritte nicht an den Auftraggeber, sondern an den Besorger. Dieser ist Leistungsempfänger für die gesamte sonstige Leistung. In weiterer Folge erbringt der Besorger die empfangene sonstige Leistung an den Auftraggeber und verrechnet das vom Dritten in Rechnung gestellte Entgelt zuzüglich seiner Provision an den Auftraggeber. Mit dieser Richtlinienbestimmung wird die Maßgeblichkeit des Außenverhältnisses im Mehrwertsteuerrecht dokumentiert. Leistungsempfänger und Leistender ist in Fällen der mittelbaren Stellvertretung der Stellvertreter. Dabei ist in der Literatur umstritten, ob der zitierten Richtlinienbestimmung überhaupt konstitutive Bedeutung zukommt (vgl. hiezu Haunold, Mehrwertsteuer bei sonstigen Leistungen, 115).

Gemäß § 3a Abs. 4 UStG 1994 sind, wenn ein Unternehmer eine sonstige Leistung besorgt, die für die besorgte Leistung geltenden Rechtsvorschriften auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden.

Wenn ein Unternehmer es übernimmt, im eigenen Namen, aber auf Rechnung eines anderen, einen Dritten zur Erbringung einer Leistung an den Auftraggeber zu veranlassen, liegt eine Besorgungsleistung vor (vgl. Ruppe, UStG3, § 3a Tz 10, zum "Leistungseinkauf"). Der Besorgende wird regelmäßig neben dem Kostenersatz ein eigenes Besorgungsentgelt verrechnen (vgl. Scheiner/Kolacny/Caganek, UStG 1994, § 3a Tz 59). Bemessungsgrundlage für die Leistung des Besorgenden ist der Kostenersatz für die besorgte Leistung zuzüglich der "Provision" (vgl. Ruppe, UStG3, § 3a Tz 14).

Ist die (einheitlich zu beurteilende) Leistung nicht auf die Besorgung beschränkt, sondern umfasst sie auch weitere Leistungen mit eigenem wirtschaftlichen Gewicht, kann insgesamt nicht mehr von einer Besorgungsleistung gesprochen werden (vgl. Ruppe, UStG3, § 3a Tz 10), sondern ist die Besorgungstätigkeit nur ein unselbständiger Teil einer einheitlichen sonstigen Leistung (vgl. Scheiner/Kolacny/Caganek, UStG 1994, § 3a Tz 60). Solches ist etwa anzunehmen, wenn die weiteren, zusätzlichen Leistungen die Besorgungsleistung aus der Sicht der Beteiligten erst wirtschaftlich sinnvoll machen (vgl. Birkenfeld, Umsatzsteuerhandbuch, § 69 Tz 60).

Ob jemand für fremde Rechnung, d.h. für Rechnung eines anderen handelt, ist nach dem Innenverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Beauftragten zu beurteilen. Das Handeln für fremde Rechnung entspricht einer Geschäftsbesorgung. Der Geschäftsbesorger ist in fremdem Interesse tätig. Der Handelnde muss dem Auftraggeber den Erfolg und das Ergebnis seiner Tätigkeit herausgeben und erlangt dafür einen Anspruch auf Vergütung und Aufwandersatz (vgl. Birkenfeld, Umsatzsteuerhandbuch, § 69 Tz 32).

Handeln auf fremde Rechnung bedeutet, allen aus dem Geschäfte entspringenden Nutzen dem Auftraggeber, der auch die Kosten zu tragen hat, zu überlassen (vgl. § 1009 ABGB). Im Innenverhältnis überträgt der Besorger den wirtschaftlichen Erfolg auf den Auftraggeber (vgl. Haunold, Mehrwertsteuer bei sonstigen Leistungen, 114).

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d UStG 1994 sind u.a. steuerfrei:

"aa) die Umsätze, die unter die Bestimmungen des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6, 7 und 8 des Gebührengesetzes 1957 fallen"

§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 8 GebG erfasst:

"Ausspielungen, deren Durchführung nach den Bestimmungen des § 14 GSpG durch Erteilung einer Konzession übertragen wurden"

Lotto als Ausspielung, bei der ein Veranstalter Wetten über die Gewinnchance mehrerer Zahlen aus einer bestimmten Zahlenreihe annimmt, wird von § 33 TP 17 Abs. 1 Z 8 GebG erfasst (vgl. Ruppe, UStG3, § 6 Tz 283).

Umsatzsteuerlich besteht bei Glückverträgen die relevante Leistungen in der Einräumung einer Gewinnchance (vgl. Ruppe, UStG3, § 6 Tz 284).

Für den gegenständlichen Fall ist von Bedeutung, dass die Gewinnchance, die bei Beteiligung am Lotto mittels eines Tipps auf einem Lottoschein (Abschluss eines Spielvertrages mit der Österreichischen Lotterien GmbH) erworben wird, von anderer Art ist als jene, die sich für die Kunden der GmbH durch Abschluss eines Vertrages mit ihr ergeben. Die GmbH verschafft ihren Kunden nämlich immer bloß die Chance auf einen Bruchteil (ein Fünfundvierzigstel, ein Fünfundfünfzigstel bzw. ein Hundertstel) des Gewinnes eines Tipps und somit eine Gewinnchance anderer Art. Daran ändert nichts, dass den Kunden diese Bruchteil-Gewinnchance an einer Mehrheit von Einzeltipps zukommt. Den Kunden wird die Chance auf den Bruchteilsgewinn, den eine aus vielen Personen bestehende Spielgemeinschaft erspielt, verschafft. Schon aus diesem Grund steht fest, dass die GmbH nicht das Ergebnis des von ihr jeweils mit der Österreichischen Lotterien GmbH abgeschlossenen Wettvertrages (nämlich die sich aus diesem Wettvertrag ergebende Gewinnchance) herausgibt, sondern einen Erfolg anderer Art verschafft. Die GmbH handelt somit nicht als mittelbare Stellvertreterin, sie agiert solcherart nicht einmal "auf fremde Rechnung".

Im gegenständlichen Fall steht jedenfalls fest, dass die einheitliche Leistung der GmbH an ihre Kunden von wesentlich anderer Art ist als die Leistung der Lottogesellschaft an Personen, die bei einer Lotto-Annahmestelle unter Verwendung eines Lottoscheines einen Wettvertrag schließen, was von vornherein der Annahme einer Besorgungsleistung entgegensteht:

Im Gegensatz zu der Leistung, die ein Spieler durch das Einreichen eines Lottoscheins bei einer Lotto-Annahmestelle und somit durch einen Wettvertrag mit der Lottogesellschaft erhält, erhalten die Kunden der GmbH die Chance auf den Bruchteil eines Gewinnes einer aus vielen Personen, die sich üblicherweise gegenseitig nicht kennen, bestehenden Spielgemeinschaft. Die Leistung der GmbH enthält auch die weiteren im angefochtenen Bescheid angeführten Komponenten, wie Erstellen der zu spielenden Zahlenkombination, Ausfüllen der Tippscheine, Einreichung der Tippscheine bei der Lottogesellschaft, Kontrolle der Lottoergebnisse, Berechnung und Verteilung der Spielgemeinschaftsgewinne. Erst dieses Gesamtpaket stellt sich als die für die Kunden wirtschaftlich sinnvolle einheitliche Leistung dar.

Für jeden Kunden der GmbH besteht die Leistung der GmbH prägend darin, dass sie - durch ihre Mitarbeiter (insbesondere Telefonisten in einem Callcenter) - andere Spielteilnehmer ausfindig macht und den betreffenden Kunden mit den anderen zu Spielgemeinschaften zusammenschließt. Dazu kommen noch die erwähnten Leistungen, wie das Auswählen der zu spielenden Zahlenkombination, etc.

Insbesondere das Auffinden anderer Teilnehmer und das Bilden von Spielgemeinschaften wird einerseits von der GmbH ihren Kunden und potenziellen Kunden gegenüber besonders angepriesen und andererseits von den Kunden für wesentlich gehalten. So führt die GmbH beispielsweise in ihrem Prospekt an: "Lotto spielen ist Glückssache und die Chance auf einen Sechser ist verschwindend gering. Es sei denn, Sie spielen mit System. Denn mit System und mehr Tippreihen verbessern Sie die Chancen auf den Hauptgewinn. (..) fasst 55 (...) kleine Spieleinsätze zu großen Spieleinsätzen zusammen. So können wir für Sie mehr Lottoreihen setzen und Sie kommen so um ein vielfaches schneller zu Ihrem Gewinn."

Der jeweilige Kunde der GmbH ist bereit, diese Leistungen eigener Art besonders zu honorieren, bezahlt er doch - gerechnet auf die Kosten pro Tipp - in etwa doppelt so viel, wie er bei Einreichung eines Lottoscheines bei einer der Lotto-Annahmestellen (etwa einer Trafik) zu bezahlen hätte. Aus der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides und dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass bloß in etwa die Hälfte des laufend vom einzelnen Kunden an die GmbH überwiesenen Betrages für den Erwerb von Lottoscheinen der Lottogesellschaft eingesetzt wird.

Dass bloß ein solcher Anteil der laufenden Zahlungen des Kunden für den Erwerb von Lottoscheinen Verwendung findet, wird dem Kunden zwar nicht klar vorgerechnet, erschließt sich ihm aber im Großen und Ganzen aus den Angaben im Prospekt der GmbH, nämlich aus der Höhe der wöchentlichen Zahlung pro Teilnehmer, der Anzahl der Teilnehmer pro Tippgemeinschaft und der Anzahl der pro Tippgemeinschaft jeweils gekauften Tipps. Nur im Hinblick auf die besondere (andere) Art der Leistung der GmbH ist der Kunde bereit, einen signifikant höheren Preis zu bezahlen als bei der Lotto-Annahmestelle.

In der Beschwerde wird vorgebracht, durch die Zusammenfassung zu Spielgemeinschaften habe sich das Wetteinsatz-Gewinnchance-Profil nicht verändert. Da dem einzelnen Kunden durch die Poolung der Spieleinsätze zwar mehrere Lotto-Tipps zuzuordnen gewesen seien, der Kunde jedoch gleichzeitig nur Anspruch auf einen Bruchteil des Gewinnes der Spielgemeinschaft erworben habe, habe die Poolung "im Sinne einer wahrscheinlichkeitstheoretischen Betrachtungsweise" keine Verbesserung der Gewinnchancen bewirkt. Der Umstand, dass die GmbH in den Werbeaussendungen die Zusammenfassung zu Spielgemeinschaften, aber auch die Auswahl der Tippreihen durch die GmbH in den Vordergrund gerückt habe, um den potenziellen Auftraggebern allenfalls "eine Erhöhung der Gewinnchancen zu suggerieren", vermöge der Leistung kein eigenes wirtschaftliches Gewicht beizumessen.

Dem ist Folgendes entgegen zu halten: Leistungsgegenstand ist, was die Parteien - objektiv nachvollziehbar - zum Gegenstand des Vertrages machen. Die GmbH hat in ihren Prospekten eine Gewinnchance eigener Art als Chance auf den Bruchteilsgewinn einer Spielgemeinschaft angeboten, die jeweiligen Interessenten haben gerade diese Leistung nachgefragt und sich zum Vertragsabschluss entschlossen. Nur im Hinblick auf diese Leistung eigener Art waren die Kunden der GmbH bereit, einen signifikant höheren Preis (gerechnet pro Tipp) zu bezahlen als bei der Lotto-Annahmestelle, wiewohl den Kunden die Inanspruchnahme einer Lotto-Annahmestelle (z.B. Trafik) jederzeit ohne Beschwerlichkeiten möglich gewesen wäre. Entscheidend ist, dass sich der Kunde für diese Art der Leistung entschieden hat. Ob er "im Sinne einer wahrscheinlichkeitstheoretischen Betrachtungsweise" gleich gut oder besser oder schlechter gefahren wäre, hätte er bei einer Lotto-Annahmestelle einen Lottoschein gelöst, ist nicht von Bedeutung.

Die einheitliche Leistung, die der jeweilige Kunde von der GmbH erhält, ist somit von anderer Art als jene Leistung, die er durch Abgabe von Tipps bei einer Lotto-Annahmestelle erhalten würde. Die Leistung stellt deshalb keine Besorgungsleistung dar.

Da die von der GmbH ihren Kunden erbrachte Leistung - wie oben ausgeführt - von anderer Art ist als die Leistung der Lottogesellschaft als Konzessionär an Lottospieler, ergibt sich eine Steuerbefreiung für die Umsätze der GmbH auch nicht aus Art 13 Teil B lit f der Sechsten MwSt-Richtlinie oder dem Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer (vgl. auch das Urteil des EuGH vom 10. Juni 2010, C-58/09 , Leo-Libera GmbH).

Es ist somit nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde die Leistung der GmbH nicht als Besorgungsleistung eingestuft und solcherart nicht die Befreiungsbestimmung für Leistungen der Lottogesellschaft nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d UStG 1994 zur Anwendung gebracht hat.

In der Beschwerde wird eventualiter vorgebracht, jener Teil der Zahlungen der Kunden der GmbH, welcher an die Österreichische Lotterien GmbH als Entgelt für Lotto-Tipps (Lottoscheine) gegangen sei, stelle einen durchlaufenden Posten dar, der gemäß § 4 Abs. 3 UStG 1994 nicht zum umsatzsteuerpflichtigen Entgelt zähle. Zumindest diesen Teil hätte die belangte Behörde nicht in die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage einbeziehen dürfen. Zwar trete die GmbH der Österreichischen Lotterien GmbH gegenüber im eigenen Namen auf. In Fällen der von beiden Parteien sofort erfüllten Barkäufe seien aber die vertragsschließenden Teile regelmäßig nicht an der Identität des Partners interessiert. Bei einem solchen Geschäft "für den, den es angeht" könne von der Offenlegung der Identität abgesehen werden.

Gemäß § 4 Abs. 3 UStG 1994 gehören die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten), nicht zum Entgelt.

Im gegenständlichen Fall ist dem Kunden der GmbH die exakte Höhe jenes Betrages aus seinen laufenden Zahlungen, der an die Österreichische Lotterien GmbH als Entgelt für Lotto-Tipps gezahlt wird, nicht bekannt. In der Beschwerde wird ausdrücklich eingeräumt, dass die GmbH den Kunden gegenüber keine explizite Aufschlüsselung vorgenommen hat. Bereits dieser Umstand steht der Annahme durchlaufender Posten iSd § 4 Abs. 3 UStG 1994 entgegen. Zudem ist kein einzelner Tipp oder Lottoschein (und damit Wettvertrag mit der Lottogesellschaft) direkt einem einzelnen Kunden zuordenbar (vgl. auch Scheiner/Kolacny/Caganek, UStG 1994, § 6 Abs. 1 Z 9 lit d, Tz 27f).

Die Beschwerde wendet weiters ein, die belangte Behörde hätte, sollte keine Besorgungsleistung vorliegen, die Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. bb UStG 1994 analog anwenden müssen, und zwar auf jenen Teil der Spielbeiträge, der nicht zum Erwerb von Lottoscheinen der Lottogesellschaft verwendet worden sei. Von dieser Befreiungsbestimmung seien die Provisionseinnahmen der Annahmestellen für Lotto und Toto erfasst. Die Leistung der GmbH gegenüber ihren Kunden bestehe darin, die Teilnahme am Lotto zu organisieren. Damit sei die Leistung der GmbH in wirtschaftlicher Sicht jener der Lotto-Annahmestellen gleichwertig.

Die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. bb UStG 1994 erfasst die vom Konzessionär (§ 14 des Glücksspielgesetzes) auf Grund der vom Bundesminister für Finanzen bewilligten Spielbedingungen für die Mitwirkung im Rahmen der Ausspielungen gemäß den §§ 6 bis 13 des Glücksspielgesetzes gewährten Vergütungen (sowie die vom Konzessionär geleisteten Vergütungen an die Österreichische Postsparkasse für die Mitwirkung an der Abwicklung dieser Ausspielungen). Befreit sind damit die vom Konzessionär geleisteten Provisionen der Annahme- und Vertriebsstellen (vgl. Scheiner/Kolacny/Caganek, UStG 1994, § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d, Tz 28f, und Ruppe, UStG3, § 6 Tz 286).

Die GmbH erbringt ihren Kunden die oben dargestellte Leistung eigener Art, wofür die Kunden signifikant mehr zahlen als beim Erwerb einer herkömmlichen Gewinnchance im Wege einer Lotto-Annahmestelle (Wettvertrag mit der Lottogesellschaft). Die GmbH erbringt also eine einheitliche Leistung in Form eines Leistungspaketes eigener Art. Die Lotto-Annahmestellen vermitteln hingegen einen Vertrag zwischen einem Spielteilnehmer und der Lottogesellschaft, wofür sie eine Provision beziehen. Somit besteht weder in der Art der erbrachten Leistung noch in der Entlohnung eine Vergleichbarkeit zwischen der Situation der GmbH und jener der Lotto-Annahmestellen. Die (analoge) Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. bb UStG 1994 hat die belangte Behörde daher zu Recht unterlassen.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 29. Juli 2010

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