VwGH 2007/04/0210

VwGH2007/04/02105.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der Bietergemeinschaft bestehend aus 1. D GmbH und 2. B Baugesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 3. Oktober 2007, Zl. N/0077-BVA/13/2007-40, betreffend Vergabenachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) in Wien und 2. ASFINAG Autobahnen Service GmbH Süd in Klagenfurt, beide vertreten durch Dr. Werner Mecenovic, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Wastiangasse 7, sowie 3. Bietergemeinschaft Generalsanierung Tanzenbergtunnel bestehend aus Ö-GmbH und H-BaugesmbH - A-GmbH p.A. DDr. Christian Schneider, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Donau-Citiy-Straße 11), zu Recht erkannt:

Normen

BVergG §129 Abs1 Z2;
GewO 1994 §29;
GewO 1994 §32 Abs1 Z1;
GewO 1994 §32 Abs1;
GewO 1994 §32 Abs2;
GewO 1994 §32;
GewO 1994 §367 Z33;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
BVergG §129 Abs1 Z2;
GewO 1994 §29;
GewO 1994 §32 Abs1 Z1;
GewO 1994 §32 Abs1;
GewO 1994 §32 Abs2;
GewO 1994 §32;
GewO 1994 §367 Z33;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Vergabeverfahren:

Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien haben - den unstrittigen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zufolge - als öffentliche Auftraggeber (im Folgenden: Auftraggeber) einen Bauauftrag im Wege eines offenen Verfahrens mit einem geschätzten Auftragswert von EUR 36,000.000,-- (ohne USt.), somit im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Der Bauauftrag dient der Generalsanierung (Bau- und Betriebs- und Sicherheitseinrichtungen) der S 6 Semmering Schnellstraße-TK Bruck Tanzenbergtunnel.

In diesem Vergabeverfahren legten unter anderem die Beschwerdeführerin sowie die drittmitbeteiligte Partei Angebote, wobei das Angebot der drittmitbeteiligten Partei durch die Auftraggeber nach den Zuschlagskriterien vor jenem der Beschwerdeführerin gereiht wurde. Mit Zuschlagsentscheidung vom 31. Juli 2007 teilten die Auftraggeber mit, dass der drittmitbeteiligten Partei der Zuschlag erteilt werden soll.

2. Angefochtener Bescheid:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin im Nachprüfungsverfahren auf Nichtigerklärung dieser Zuschlagsentscheidung vom 31. Juli 2007 gemäß § 320 BVergG 2006 zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Antrag auf Gebührenersatz gemäß § 319 BVergG 2006 abgewiesen (Spruchpunkt II.).

Nach Darstellung des Verfahrensganges traf die belangte Behörde zunächst Feststellungen zur verfahrensgegenständlichen Ausschreibung, insbesondere zu der in Punkt 060111 ff des Leistungsverzeichnisses angeführten Tunnellüftungsanlage. Danach sei die Neuerrichtung einer kompletten Lüftungsanlage ausgeschrieben, wobei unter anderem die Ausführungsplanung der Lüftungsanlage, die Errichtung, die Abnahmearbeiten und Tests und die Inbetriebnahme umfasst seien.

Sodann stellte die belangte Behörde fest, dass das Mitglied der beschwerdeführenden Bietergemeinschaft B Baugesellschaft m. b.H. nach Information aus dem Zentralen Gewerberegister vom 22. August 2007 über die Gewerbeberechtigung "Baumeister", "Brunnenmeister" sowie "Abfallbehandlung und -sammlung" verfüge. Das weitere Mitglied D GmbH verfüge gemäß Information aus dem Zentralen Gewerberegister vom selben Tage über die Gewerbeberechtigung "Elektrotechnik".

Der Bundesinnungsgeschäftsführer der Bundesinnungsgruppe Metall, Elektro und Sanitär der WKO (gemeint: Wirtschaftskammer Österreich) habe bei der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde angegeben, dass die Tunnelbe- und -entlüftung nicht vom Umfang der Gewerbeberechtigung eines Elektrotechnikers im Sinne des § 94 Z 16 GewO 1994 umfasst sei, sondern vielmehr vom Handwerk Lüftungstechnik im Sinne des § 94 Z 31 GewO 1994. Bei einer Tunnelentlüftungsanlage handle es sich nach Ansicht seiner Fachgruppe um eine Entlüftungsanlage, wie sie in der Verordnung der Bundesinnung der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechnik über die Meisterprüfung für Handwerk Lüftungstechnik (Lüftungstechnik-Meisterprüfungsordnung) vom 30. Jänner 2004 im Anhang unter Abs. 1 "Lüftungsanlagen Be- und Entlüftungen und Luftaufbereitung" benannt sei. Z 5 des Anhanges des ersten Absatzes der Elektrotechnik-Befähigungsprüfungsordnung vom 30. Jänner 2004 ("elektrische Energieverbrauchseinrichtungen") treffe nicht zu, weil diese nur elektrische Anschlussarbeiten betreffe, nicht jedoch den anderen Arbeitsumfang eines Lüftungstechnikers wie Luftmengemessungen und Strömungsmessungen. Eine der wesentlichen Aufgaben einer Tunnellüftungsanlage sei die Zurverfügungstellung ausreichender Atemluft respektive die Abführung schädlicher Gase. Bei der Ausbildung der Elektrotechniker würden Lüftungsanlagen nicht berücksichtigt bzw. gelehrt, selbstverständlich jedoch die Steuerung und Regelungstechnik von Lüftungsanlagen. Der Lüftungstechniker werde jedoch in seiner Ausbildung genau auf die Erfordernisse einer Lüftungsanlage inklusive der Steuerung hin ausgebildet. Der Elektrotechniker dürfe die Montage und den Anschluss von Strahlventilatoren durchführen. Der Elektrotechniker könne auch mehrere Strahlventilatoren anschließen, allerdings eine lüftungstechnische Funktionsüberprüfung der gesamten Anlage nicht durchführen. Eine gesamte Inbetriebnahme einer Tunnellüftungsanlage dürfe ein Elektrotechniker nicht vornehmen.

Diesen Ausführungen folgend gehe auch die belangte Behörde unter Berücksichtigung von § 106 GewO 1994, der Lüftungstechnik-Meisterprüfungsordnung vom 30. Jänner 2004 sowie der Elektrotechnik-Befähigungsprüfungsordnung vom 30. Jänner 2004 im Sinn des § 29 GewO 1994 davon aus, dass die erforderliche Gewerbeberechtigung für die ausgeschriebene Tunnellüftungsanlage vom Umfang der Gewerbeberechtigung Lüftungstechnik im Sinn des § 94 Z 31 GewO 1994, nicht jedoch vom Umfang der Gewerbeberechtigung Elektrotechnik im Sinn des § 94 Z 16 GewO 1994 umfasst sei.

Dies insbesondere, weil Lüftungsanlagen im Anhang der Lüftungstechniker-Meisterprüfungsordnung ausdrücklich als vom Umfang der Gewerbeberechtigung umfasst genannt seien und alle Anlagen einer Lüftungsanlage unter diesen Begriff fielen. Im Anhang der Elektrotechnik-Befähigungsprüfungsordnung seien Lüftungsanlagen jedoch nicht genannt. Weiters erhielten Elektrotechniker entsprechend der Elektrotechnik-Befähigungsprüfungsordnung keine entsprechende Ausbildung für die Errichtung von Lüftungsanlagen und dürften eine lüftungstechnische Funktionsüberprüfung der gesamten Anlage sowie eine Gesamtinbetriebnahme einer Tunnellüftungsanlage nicht vornehmen.

Bei bestimmten Gewerben gehöre das Erfordernis eines Befähigungsnachweises zu den besonderen Voraussetzungen der Gewerbeausübung. Dieses Erfordernis diene in erster Linie dem Ziel der Qualitätssicherung. Auf Grund der Lebenserfahrung sei offenkundig, dass bei der Durchführung nicht fachgerechter Maßnahmen an einer Tunnellüftungsanlage Gefahr für Leib und Leben einer größeren Anzahl von Personen bestehen könne. Gerade deshalb könne es aber nicht im Sinne des Gesetzes sein, eine weitere Interpretation der einschlägigen Rechtsvorschriften für die Frage des Umfanges der Gewerbeberechtigung durchzuführen. Vielmehr sei eine enge Interpretation mit dem Ziel der Qualitätssicherung vorzunehmen. Somit sei die Errichtung einer Tunnellüftungsanlage nicht vom Umfang der Gewerbeberechtigung "Elektrotechnik" im Sinne des § 94 Z 16 GewO 1994 und (unstrittig) auch nicht von den sonstigen Gewerbeberechtigungen der Beschwerdeführerin umfasst.

Den zum gegenteiligen Ergebnis führenden Gutachten von DI HF vom 14. September 2007 (samt Ergänzungsgutachten vom 27. September 2007) mangle es an einer entsprechend nachvollziehbaren Begründung, weil etwa wichtige Grundlagen wie die Lüftungstechnik-Meisterprüfungsordnung vom 30. Jänner 2004 unberücksichtigt blieben sowie auf die technischen Vertragsbestimmungen in der Ausschreibung nicht ausreichend eingegangen werde.

Die Beschwerdeführerin berufe sich unter anderem auf das Nebenrecht nach § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994. Der durchschnittliche Angebotspreis der Tunnellüftungsanlage betrage EUR 1,054.236,--. Bei einem solchen Preis könne bei absoluter Betrachtung bei weitem nicht von einem geringen Umfang der Leistungen anderer Gewerbe im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ausgegangen werden. Auch hier gelte, dass wenn Gefahr für Leib und Leben einer größeren Anzahl von Personen bestehen könne, es nicht im Sinne des Gesetzes sein könne, eine weite Interpretation der einschlägigen Rechtsvorschriften für die Frage des Umfanges der Nebenrechte durchzuführen. Vielmehr sei mit dem Ziel der Qualitätssicherung eine enge Interpretation vorzunehmen. Schon deshalb sei die Berufung auf § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 nicht zulässig. Auch betrage der Anteil der Tunnellüftungsanlage in Prozent zur gesamten elektrotechnischen und maschinellen Anlage bei Zugrundelegung der Durchschnittspreise aller abgegebenen Angebote 7,52 %. Bei einem relativen Anteil der Leistungen anderer Gewerbe von 7,52 % könne jedoch auch bei weitem nicht von einem geringen Umfang im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 gesprochen werden. Auch hier gelte, dass mit Ziel der Qualitätssicherung eine enge Interpretation vorzunehmen sei. Weder bei einer absoluten noch bei einer relativen Betrachtung könne daher von einem geringen Umfang der Leistungen anderer Gewerbe im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ausgegangen werden, sodass die Berufung der Beschwerdeführerin auf ein Nebenrecht nach dieser Bestimmung ins Leere gehe.

Soweit die Beschwerdeführerin versuche, ihre mangelnde Befugnis für die Errichtung der Tunnellüftungsanlage durch eine Unterteilung der Leistungen (in den Ankauf der einzelnen Teile, die Montage der einzelnen Teile etc.) zu ersetzen, sei darauf hinzuweisen, dass nach den Bestimmungen der vorliegenden Ausschreibung die gegenständliche Tunnellüftungsanlage eine komplexe technische Anlage sei, für deren Installation mehr Fachwissen als bloß für den Ankauf und die Montage vorgegebenen Teile erforderlich sei, wobei bei unsachgemäßer Setzung einer der ausgeschriebenen Maßnahmen betreffend die Tunnellüftungsanlage offenkundig Gefahr für Leib und Leben einer großen Anzahl von Personen bestehen könne. Es zeige sich, dass die ausgeschriebenen Maßnahmen betreffend die Tunnellüftungsanlage weit über einfache Tätigkeiten von reglementierten Gewerben, deren fachgemäße Ausübung den sonst vorgeschriebenen Befähigungsnachweis nicht erfordere, hinausgehe. Eine Berufung auf das Nebenrecht gemäß § 32 Z 11 GewO 1994 sei daher nicht zulässig.

Letztlich könne die Beschwerdeführerin ihre mangelnde Befugnis auch nicht durch die nachträgliche Benennung eines Subunternehmers substituieren, weil ihr eine "Nachnennung" von Subunternehmen durch die bestandsfeste Ausschreibung untersagt sei (Punkt B.8.5.6., Verzeichnis der Subunternehmer gemäß §§ 83, 108 BVergG 2006).

Die Beschwerdeführerin sei daher für die ausgeschriebenen Maßnahmen betreffend die Tunnellüftungsanlage nicht befugt und wäre daher auszuscheiden gewesen. Daher komme ihr nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. Juli 2007, Zl. 2003/04/0074) keine Antragslegitimation im Nachprüfungsverfahren zu.

Da dem Hauptantrag der Beschwerdeführer nicht stattzugeben gewesen sei, stehe ihr auch kein Gebührenersatz für den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf einstweilige Verfügung zu.

3. Beschwerde:

3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, die Beschwerdeführerin könne sich auf ihre Nebenrechte gemäß § 32 Abs. 1 Z 1, 10 und 11 GewO 1994 berufen.

Zunächst bleibe die belangte Behörde eine nachvollziehbare Begründung schuldig, warum bei der Durchführung nicht fachgerechter Maßnahmen bei der konkret ausgeschriebenen Tunnellüftungsanlage eine Gefahr für Leib und Leben einer größeren Anzahl von Personen entstehen könne. Dazu hätte es Feststellungen zur Qualität der Luft im Tunnel bei defekter Anlage und zur Frequenz der Benützer des Tunnels bedurft.

Doch selbst bei Zutreffen dieser Annahme der Gefahr für Leib und Leben einer größeren Anzahl von Menschen bei nicht fachgerechter Montage der konkreten Tunnellüftungsanlage sei die von der belangten Behörde vorgenommene restriktive Interpretation des Nebenrechtes unzulässig. Weder aus § 32 GewO 1994 noch aus einer anderen damit im Zusammenhang stehenden Vorschrift lasse sich diese Interpretationsregel herleiten. Die Reichweite des Nebenrechtes im § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 (bzw. aller Nebenrechte in § 32 Abs. 1 leg. cit.) ergebe sich aus Abs. 2 leg. cit., der eine allgemeine Beschränkung normiere, welche eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Nebenrechte gemäß § 32 GewO 1994 verhindern solle. So hätten sich Gewerbetreibende entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte zu bedienen, soweit dies aus Gründen der Sicherheit notwendig sei. Ausbildung und Erfahrungen müssten im Hinblick auf die im Rahmen des Nebengewerbes notwendigen Tätigkeiten und im Hinblick auf allfällige Befähigungsnachweise beurteilt werden. Weitere inhaltliche Einschränkungen bestünden jedoch nicht. Das Nebenrecht gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 beschränke die Tätigkeit im Gegensatz zu Z 11 gerade nicht inhaltlich, jedoch im Umfang. Es ließen sich keine Anhaltspunkte dafür finden, dass Leistungen, die gefahrengeneigter seien (und daher typischerweise einem reglementierten Gewerbe vorbehalten seien) nicht oder nur in einem geringeren Umfang im Rahmen des Nebenrechtes nach § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 erbracht werden dürften.

Auch die Beurteilung des geringen Umfanges nach dieser Bestimmung habe die belangte Behörde verfehlt vorgenommen. Der anzustellende Vergleich könne sich nur auf die jeweils eigenen Leistungen des Gewerbetreibenden und nicht auf den Durchschnittspreis als auch die Einbeziehung fremder Leistungen abstellen. Unrichtig sei auch der Vergleich nur mit den Durchschnittspreisen der elektrotechnischen und maschinellen Anlagen. Nach den Materialien zu § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 müssten die in geringem Umfang zulässigerweise erbrachten Leistungen anderer Gewerbe im Rahmen eines Vertragsverhältnisses erbracht werden, das auf die Erbringung einer Gesamtleistung abziele, welche die eigene Leistung und die ergänzende Leistung umfasse. Die vorliegende Ausschreibung umfasse dem folgend weit mehr Leistungen als die elektrotechnischen und maschinellen Anlagen. Anzubieten sei nämlich die von den Auftraggebern nicht in Lose unterteilte Gesamtleistung der Sanierung des Tanzenbergtunnels, welche neben den technischen und maschinellen Anlagen insbesondere sämtliche ausgeschriebenen Bauleistungen umfasse. Daher wäre der weitaus höhere Netto-Angebotspreis der Beschwerdeführerin in der Höhe von EUR 31,771.971,98 als Vergleichsbasis für die Beurteilung, ob Leistungen im geringen Umfang vorlägen, heranzuziehen.

Unrichtig sei es auch, sämtliche Positionen, die sich auf die Errichtung der Tunnellüftungsanlage bezögen, für die Berechnung heranzuziehen. So seien in den Positionen betreffend die Errichtung der Tunnellüftungsanlage in einem Ausmaß von fast 90 % die Materialkosten für den Ankauf der Strahlventilatoren enthalten. Diese Leistung des Lieferns von Strahlventilatoren (und weiteren Produkten) dürfe von jedem Gewerbetreibenden und somit auch von der Beschwerdeführerin im Rahmen des Nebenrechtes gemäß § 32 Abs. 1 Z 10 GewO 1994 durchgeführt werden. Diese Lieferungsleistungen zählten somit nicht zu den vom Berechtigungsumfang nicht erfassten ergänzenden Leistungen nach § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994.

Bei somit richtiger rechtlicher Beurteilung sinke der Anteil der ergänzenden Leistungen (nach § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994) auf 1 % der Gesamtleistung. Ein Prozent der Gesamtleistung seien jedoch in jedem Fall Leistungen "geringen Umfangs" im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994. Auf Grund dieses Nebenrechtes könne die Beschwerdeführerin daher die ausgeschriebenen Leistungen im Zusammenhang mit der Errichtung der Tunnellüftungsanlage erbringen.

3.2. Weiters weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass es die belangte Behörde im vorliegenden Fall verabsäumt habe, der Beschwerdeführerin entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (nunmehr: Union) (EuGH; Verweis auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-249/01 "Hackermüller") und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2005/04/0200) Gelegenheit zu bieten, die Stichhaltigkeit des von der belangten Behörde zur Zurückweisung des Nachprüfungsantrages herangezogenen Ausschließungsgrund Stellung zu nehmen.

3.3. Als Verfahrensfehler macht die Beschwerde letztlich geltend, die belangte Behörde habe sich mit dem Gutachten des (von der Beschwerdeführerin herangezogenen) Sachverständigen DI HF (im Folgenden: Privatgutachten) beweiswürdigend nicht ausreichend auseinander gesetzt. DI HF sei gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger, die belangte Behörde habe keine ausreichende Begründung geliefert, warum sie dem Privatgutachten nicht gefolgt sei. DI HF sei darin mit ausführlicher Begründung zum Schluss gekommen, dass die Ausschreibung (in den Punkten P.5.4.11. 1 bis 4 bzw. P.5.4.12. 1 bis 3) lediglich Daten enthalte, welche die zu verwendenden Gerätschaften erfüllen müssten und an keiner Stelle der Ausschreibung irgendein Parameter oder Hinweis auf einen Parameter angeführt sei, den das Gesamtlüftungssystem respektive eine funktionelle Gruppe oder Gesamtanlage erreichen müsse. Die Ausschreibung enthalte somit keine Positionen, in denen eine lüftungstechnische Berechnung oder lüftungstechnische Beurteilung der Leistung der installierten Gesamtanlage gefordert werde. Diesen Einwand des Privatgutachters übersehe die belangte Behörde, wenn sie annehme, dass für die Installation der Tunnellüftungsanlage mehr Fachwissen als bloß für den Ankauf und die Montage vorgegebener Teile erforderlich sei.

4. Gegenschriften:

4.1. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie unter anderem anführt, dass § 32 GewO 1994 relativ viel Interpretationsspielraum offen lasse und nicht näher determiniert sei, was unter der Wortfolge "in geringem Umfang" in Z 1 zu verstehen sei. An die im Beschwerdefall vorliegenden Dimensionen von Leistungen anderer Gewerbe im Ausmaß von ca. EUR 1.000.000,-- sei bei Schaffung dieser Bestimmung, wie seitens der belangten Behörde "in Erfahrung gebracht werden konnte", keinesfalls gedacht worden. Daher komme bereits bei der absoluten Betrachtung ein Nebenrecht nach § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 nicht in Betracht.

Zum Argument der Beschwerdeführerin, sie habe keine Gelegenheit gehabt, die Stichhaltigkeit des von der Nachprüfungsbehörde herangezogenen Ausschließungsgrundes anzuzweifeln, bringt die belangte Behörde vor, in der fast fünf Stunden dauernden mündlichen Verhandlung sei ausschließlich dieses Thema behandelt worden. Die Beschwerdeführerin habe dabei, wie ein Beweisantrag zeige, die Möglichkeit gehabt und diese Möglichkeit auch durch Einholung eines Gutachtens zu dieser Frage genutzt, die Stichhaltigkeit des Ausschlussgrundes anzuzweifeln.

4.2. Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien (Auftraggeber) erstatteten ebenso eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen vorbrachten, nach § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 sei es auch erforderlich, dass es sich um Leistungen anderer Gewerbe handle, die die eigenen Leistungen wirtschaftlich sinnvoll ergänzten. Was eine derartige wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung der eigenen Leistung sei, leite sich nach den Materialien vor allem aus der Sicht des Nachfragers der Gesamtleistung ab. Im Beschwerdefall stelle die Ausführung der Tunnellüftungsarbeiten durch die Beschwerdeführerin aus Sicht der Auftraggeber als Nachfrager der ausgeschriebenen Gesamtleistung keine sinnvolle Ergänzung der Baumeisterleistungen und der Elektrotechnikleistungen dar. Wie die belangte Behörde richtig hervorgehoben habe, gehe es nämlich im konkreten Fall um Gefahr für Leib und Leben einer größeren Anzahl von Personen, für welcher die mitbeteiligten Parteien nach allgemeinen, strafrechtlichen und schadenersatzrechtlichen Grundsätzen einzustehen hätten. Wenn Leben und Gesundheit von Menschen auf dem Spiel stünden, könne daher keinesfalls davon gesprochen werden, dass die Durchführung von Tunnellüftungsarbeiten durch eine dazu grundsätzlich nicht befugte Person wirtschaftlich sinnvoll sei.

Zudem habe die Beschwerdeführerin im Nachprüfungsverfahren keine Nachweise darüber erbracht, ob sie im Sinne des § 32 Abs. 2 GewO 1994 über entsprechend ausgebildete und erfahrene Fachkräfte verfügte.

Die Beschwerdeführerin habe auch ausreichend Gelegenheit erhalten, im Sinne des Urteils des EuGH "Hackermüller" die Stichhaltigkeit des von der belangten Behörde herangezogenen Ausschließungsgrundes anzuzweifeln.

Mit ihrer Kritik an der Beweiswürdigung der belangten Behörde im Hinblick auf die Auslegung des Nebenrechtes nach § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 und das Gutachten von DI HF übersehe die Beschwerdeführerin, dass es hiebei um eine reine Rechtsfrage handle.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Abgrenzung der reglementierten Gewerbe "Lüftungstechnik" nach § 94 Z. 31 und "Elektrotechnik" nach § 94 Z. 16 GewO 1994

Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Auffassung, die ausgeschriebene Neuerrichtung einer Tunnellüftungsanlage sei vom Umfang der Gewerbeberechtigung "Lüftungstechnik" im Sinn des § 94 Z. 31 GewO 1994, nicht jedoch vom Umfang der Gewerbeberechtigung "Elektrotechnik" im Sinn des § 94 Z. 16 GewO 1994 umfasst.

Als Rechtsvorschrift zur Beurteilung des Umfanges einer Gewerbeberechtigung iSd § 29 erster Satz GewO 1994 ist auch § 32 GewO 1994 über die sonstigen Rechte (Nebenrechte) der Gewerbetreibenden maßgebend (vgl. insoweit zu § 31 GewO 1994 das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, Zl. 97/04/0120).

Auf dieses Nebenrecht beruft sich die Beschwerdeführerin, worauf im Folgenden einzugehen ist.

2. Zum Nebenrecht nach § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 (Leistungen anderer Gewerbe in geringem Umfange)

2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit diesem Nebenrecht bereits in einer Reihe von Erkenntnissen beschäftigt (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2010, Zl. 2007/04/0136, mit Verweis auf die hg. Erkenntnisse vom 10. Dezember 2009, Zl. 2009/04/0250, und vom 24. Februar 2010, Zl. 2006/04/0148). Auf die Entscheidungsgründe dieser Erkenntnisse wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

2.2. Nach dieser Rechtsprechung ist der von der Beschwerdeführerin herangezogene Vergleichsmaßstab richtig, wonach auf die jeweils eigene Leistung des Gewerbetreibenden und somit im Beschwerdefall auf den Angebotspreis der Beschwerdeführerin für die Gesamtleistung (der Sanierung des Tanzenbergtunnels) abzustellen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich bereits darauf hingewiesen, dass § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ausdrücklich

(quantitativ) von "Leistungen anderer Gewerbe ... in geringem

Umfange" spricht und nicht (qualitativ) auf die Wesentlichkeit der Leistungen abstellt. Daher ist der prozentuelle Anteil der strittigen Leistungen an der Auftragssumme des betroffenen Gewerbetreibenden, hier der Beschwerdeführerin, maßgeblich. Für die Beurteilung, ob es sich nach § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 um eine Leistung " in geringem Umfange" handle, ist dagegen nicht relevant, welche Bedeutung der öffentliche Auftraggeber dieser Leistung im Rahmen seiner Ausschreibung zugemessen hat. Es kommt nämlich nach § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 - so der Verwaltungsgerichtshof mit Verweis auf Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung2 (2003), 302, Rz. 6 zu § 32 - nicht qualitativ auf die Wesentlichkeit der Leistung, sondern quantitativ auf den Umfang dieser Leistung an.

Im Beschwerdefall bedeutet dies, dass die strittige Leistung der Neuerrichtung der Tunnelentlüftungsanlage in Vergleich mit der Angebotssumme der Beschwerdeführerin für die Gesamtleistung der Sanierung des Tanzenbergtunnels zu setzen ist.

2.3. Die belangte Behörde nimmt dagegen bei der Beurteilung, ob Leistungen "in geringem Umfange" vorliegen, eine qualitative Bewertung dieser Leistung vor, wenn sie darauf verweist, dass bei einer unsachgemäßen Errichtung einer Tunnelentlüftungsanlage offenkundig Gefahr für Leib und Leben einer großen Anzahl von Personen bestehen könnte und aus diesem Grund eine enge Interpretation vorzunehmen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass es sich - wie von der belangten Behörde angeführt - bei einer Tunnellüftungsanlage um eine komplexe technische Anlage handelt und die sachgemäße Entlüftung eines Tunnels für den Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung im Hinblick auf eine mögliche Gefahr für Leib und Leben der Benutzer verbunden ist.

Jedoch ist in diesem Zusammenhang auf § 32 Abs. 2 zweiter Satz GewO 1994 zu verweisen, wonach sich die Gewerbetreibenden, soweit dies aus Gründen der Sicherheit notwendig ist, entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte zu bedienen haben. Der Gesetzgeber hat insoweit den Bedenken der belangten Behörde gegen eine allzu weitgehende Auslegung der Nebenrechte Rechnung getragen.

Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers (vgl. den Allgemeinen Teil der Erläuterungen zur Gewerberechtsnovelle 2002 in RV 1117 BlgNR XXI. GP), wonach "die Gewerbeordnung mit dem Ziel einer Liberalisierung von Berufszugang und Nebenrechten umfassend zu reformieren ist". Im Lichte dieser Liberalisierung sieht das Gesetz somit nicht mehr vor, dass gewisse Leistungen auch in geringem Umfang nur von gewissen Gewerbetreibenden erbracht werden können und insoweit - wie es die Beschwerdeführerin ausführt - gefahrengeneigte Leistungen einem reglementierten Gewerbe vorbehalten sind. Vielmehr liegt es bei der Ausübung der Nebenrechte nach § 32 Abs. 1 GewO 1994 gemäß § 32 Abs. 2 zweiter Satz GewO 1994 in der Verantwortung des Gewerbetreibenden, durch die Heranziehung entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte die in dieser Bestimmung angeführte Sicherheit (unter anderem für Leib und Leben von Betroffenen) zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die Strafbestimmung des § 367 Z 33 GewO 1994 hinzuweisen, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, die mit Geldstrafe bis zu EUR 2.180,-- zu bestrafen ist, wer (unter anderem) Arbeitnehmer beschäftigt, die nicht die gemäß § 32 Abs. 2 GewO 1994 erforderliche Eignung besitzen.

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die in Rede stehenden Leistungen die "eigenen Leistungen" der Beschwerdeführerin im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 "wirtschaftlich sinnvoll ergänzen".

Jedoch umfassen Leistungen, wie die belangte Behörde zu Recht festhält, die Neuerrichtung einer kompletten Lüftungsanlage. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin können dabei aber die Materialkosten für die Lieferung der Strahlventilatoren nicht im Wege des § 32 Abs. 1 Z 10 GewO 1994 aus dieser Leistung herausgerechnet werden, da diese Lieferung in der Errichtung der Anlage, die eben auch Strahlventilatoren umfasst, enthalten ist und nicht als Warenverkauf iSd § 32 Abs. 1 Z 10 GewO 1994 angesehen werden kann.

Davon ausgehend hätte die belangte Behörde zu den oben angeführten maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994, insbesondere zur Frage, ob Leistungen in geringem Umfang vorlagen, Feststellungen zu treffen gehabt und dabei die von der Beschwerdeführerin insgesamt angebotene Neuerrichtung der Lüftungsanlage mit der ebenso von ihr angebotenen Gesamtleistung - der Sanierung des Tanzenbergtunnels - in Verhältnis setzen müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung eine Prozentgrenze von 2,8 % der Angebotssumme (vgl. das Erkenntnis vom 10. Dezember 2009, Zl. 2009/04/0250), von 6,43 % der Angebotssumme (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2010, Zl. 2006/04/0148) und von 1,2 % der Auftragssumme (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2010, Zl. 2007/04/0136) als noch geringen Umfang der Leistung iSd § 32 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 angesehen.

3. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit einem sekundären Verfahrensmangel belastet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am 5. November 2010

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