VwGH 2009/06/0136

VwGH2009/06/013621.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der Gemeinde X, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 14. Mai 2009, Zl. 205-1/39481/34-2009, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Partei: Y in Z), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauPolG Slbg 1997 §16 Abs6;
BauPolG Slbg 1997 §16 Abs7 idF 2004/065;
BauPolG Slbg 1997 §16 Abs7;
BauPolG Slbg 1997 §24a Abs6;
BauPolG Slbg 1997 §24a Abs7;
BauPolG Slbg 1997 §24a Abs8;
BauPolG Slbg 1997 §3;
BauPolG Slbg 1997 §8a;
BauRallg;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §11 Abs5;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §11 Abs6;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §13 Abs1 lite;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §14 Abs3 litc;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
ROG Slbg 1998 §33 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §8;
BauPolG Slbg 1997 §16 Abs6;
BauPolG Slbg 1997 §16 Abs7 idF 2004/065;
BauPolG Slbg 1997 §16 Abs7;
BauPolG Slbg 1997 §24a Abs6;
BauPolG Slbg 1997 §24a Abs7;
BauPolG Slbg 1997 §24a Abs8;
BauPolG Slbg 1997 §3;
BauPolG Slbg 1997 §8a;
BauRallg;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §11 Abs5;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §11 Abs6;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §13 Abs1 lite;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §14 Abs3 litc;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
ROG Slbg 1998 §33 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem (unbekämpft gebliebenen) Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 29. Dezember 2000 wurde dem R. N. eine (ergänzende) Bauplatzerklärung hinsichtlich eines bestimmten Bauplatzes im Gemeindegebiet erteilt, wobei es im Bescheid heißt, die beigeschlossene Verhandlungsschrift vom 6. Dezember 2000 bilde einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides und es seien die darin enthaltenen Vorschreibungen und Auflagen einzuhalten. Festgehalten ist, dass für den Bauplatz kein Bebauungsplan bestehe; mit dem Bescheid wurde die offene Bebauung festgesetzt, betreffend die "Bauhöhe - Höchsthöhe (§ 33 ROG 1992)" enthält der Bescheid folgende Festlegungen:

"a) Firsthöhe: 10,50 - 11,00 m

bezogen auf 430,40 absolute Höhe

b) Traufenhöhe: 5,00 - 5,50 m

Dächer und sonstige Aufbauten dürfen unter Beachtung der festgelegten Höchsthöhe eine von der zulässigen höchsten Lage des obersten Gesimses oder der obersten Dachtraufe ausgehende, 45 Grad

zur Waagrechten geneigte gedachte Umrißfläche nicht überragen."

Auf Grundlage dieses Bauplatzerklärungsbescheides wurde mit dem weiteren Bescheid des Bürgermeisters vom 15. Oktober 2002 die Bauanzeige (§ 3 Baupolizeigesetz - BauPolG) einer bestimmten Bauwerberin zur Errichtung einer Wohnanlage mit einem Doppelwohnhaus und einem Einfamilienwohnhaus auf dem Bauplatz zur Kenntnis genommen und es wurde zugleich in der einen Bescheidbestandteil bildenden Niederschrift unter Bezugnahme auf § 10 Abs. 4 BauPolG festgestellt, dass weder um Ausnahmen von den baurechtlichen Vorschriften bzw. Bestimmungen angesucht worden sei, noch subjektiv-öffentliche Rechte von Nachbarn durch das Vorhaben berührt würden.

Mit Eingabe vom 16. Jänner 2003 (bei der Gemeinde am nächsten Tag eingelangt) wurde der Beginn der Grabungsarbeiten gemeldet, die Baubeginnanzeige vom 28. Jänner 2003 langte bei der Gemeinde am 30. Jänner 2003 ein.

Der Mitbeteiligte ist Eigentümer eines an den Bauplatz unmittelbar angrenzenden Grundstückes, das der Schmalseite des einen Gebäudes zugewendet ist (eine Seite, von der im Beschwerdeverfahren nun strittig ist, ob es sich um eine "Giebelfront" handelt); diese Gebäudefront ist von der Grundstücksgrenze 4,96 m entfernt. In einer Eingabe vom 4. Juni 2003 (die am selben Tag bei der Gemeinde einlangte) bezog er Stellung gegen das Vorhaben und erklärte, er erhebe gegen die mit dem Bescheid vom 15. Oktober 2002 "bewilligten" baulichen Maßnahmen gemäß § 8a BauPolG als übergangener Nachbar innerhalb offener Frist (Hinweis auf den Baubeginn am 28. Jänner 2003) die Einwendung, dass die in § 25 Abs. 3 des Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG) vorgeschriebenen Mindestabstände nicht eingehalten würden. Danach sei die maßgebliche Höhe vom gewachsenen Boden aus zu berechnen. Es sei daher auf die in der Vergangenheit vorgenommenen Anschüttungen Bedacht zu nehmen. Er beantrage daher, den Bescheid gemäß § 3 Abs. 4 BauPolG wegen Nichtigkeit aufzuheben, die Durchführung eines Baubewilligungsverfahrens unter seiner Einbindung als Partei, insbesondere die Durchführung der Bauverhandlung vor Ort zur Ermittlung des gewachsenen Bodens, die Untersagung der weiteren Bauführung, soweit damit seine subjektiv-öffentlichen Rechte eingeschränkt seien. Insbesondere sei zu prüfen, ob die bisherige Traufenhöhe den Bescheidauflagen entspreche. "Für diesen Fall wird vorsorglich ein Antrag gemäß § 16 Abs. 6 BauPolG auf behördliche Maßnahmen gemäß Abs. 1 bis 4 leg. cit. gestellt."

Die Bauwerberin äußerte sich ablehnend und verwies darauf, dass die Abstände eingehalten würden, das Haus sei ohnedies um rund 30 cm niedriger errichtet (tiefer gesetzt) worden als vorgesehen. Für die Bauwerberin sei die Höhenlage des Geländes vor der nunmehrigen Bauführung maßgeblich. Sollten im Jahr 1976 Aufschüttungen getätigt worden sein, so entziehe sich dies ihrer Kenntnis und das sei auch bei der Planung nicht relevant gewesen.

In einer Eingabe vom 19. November 2003 verblieb der Mitbeteiligte mit näheren Ausführungen auf seinem Standpunkt.

Der Bürgermeister wies mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 17. März 2004 die "Einwendungen und Anträge" des Mitbeteiligten ab. Zusammengefasst heißt es zur Begründung, für die Beurteilung als übergangene Partei gemäß § 8a BauPolG sei Voraussetzung, dass ein baubehördliches Bewilligungsverfahren durchgeführt worden sei, was hier eben nicht der Fall gewesen sei. Ein Recht darauf, dass der Bescheid vom 15. Oktober 2002 für nichtig erklärt werde, komme dem Beschwerdeführer nicht zu, er habe als Nachbar auch keinen Anspruch darauf, dass ein Baubewilligungsverfahren durchgeführt werde.

Dem Antrag gemäß § 16 Abs. 6 BauPolG sei entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung eine bescheidwidrige oder nicht bewilligte Ausführung der baulichen Maßnahme zum Gegenstand habe, wobei der Mitbeteiligte nicht behaupte, dass diese gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt wären.

Der dagegen erhobenen Berufung des Mitbeteiligten wurde mit Berufungsbescheid der Gemeindevertretung vom 18. August 2004 nicht stattgegeben; soweit mit dem Anbringen eine Nichtigerklärung beantragt worden sei, werde ein solcher Antrag zurückgewiesen, und soweit dem erstinstanzlichen Bescheid eine Entscheidung über einen Antrag auf Nichtigerklärung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 innewohnen sollte, werde ein solcher Abspruch ersatzlos behoben.

Der Mitbeteiligte erhob Vorstellung, in der er auch auf § 16 Abs. 7 BauPolG verwies. Unbestrittener Gegenstand des Verfahrens sei sein Antrag gemäß § 16 Abs. 6 BauPolG, der sich gegen die seiner Meinung nach rechtswidrige Anwendung des § 3 leg. cit. richte. Wenngleich er zunächst auf § 8a BauPolG abgestellt habe, so sei dies darauf zurückzuführen, dass nach allgemeinem Sprachgebrauch wohl auch bei einer genehmigten Bauanzeige von einer behördlichen "Bewilligung" ausgegangen werden könne (im Original unter Anführungszeichen). Vorsorglich habe er jedoch auch einen Antrag nach § 16 Abs. 6 BauPolG eingebracht. Über diesen sei daher zur Gänze materiell abzusprechen.

Mit dem (unbekämpft gebliebenen) Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juli 2005 wurde der Berufungsbescheid vom 18. August 2004 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen, weil (tragender Aufhebungsgrund) der Spruch des Berufungsbescheides wie auch dessen Begründung nicht durch eine Beschlussfassung der Gemeindevertretung gedeckt war.

Nach weiteren Verfahrensschritten wies der nun als Berufungsbehörde zuständige Bauausschuss der Gemeinde mit Bescheid vom 1. Juni 2006 die Berufung neuerlich als unbegründet ab, wies (wie im ersten Berufungsbescheid) ein allfälliges Begehren auf Nichtigerklärung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 zurück, und sprach aus, soweit im erstinstanzlichen Bescheid eine Entscheidung über einen Antrag auf Nichtigerklärung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 inne wohnen sollte, werde ein solcher Abspruch ersatzlos behoben.

Zusammengefasst kam die Berufungsbehörde, gestützt auf eine gutachtliche Stellungnahme des DI S. vom 22. April 2006, zum Ergebnis, dass der in Rede stehende Bau gegenüber dem zur Kenntnis genommenen Projekt um rund 30 cm tiefer gelegt worden sei. Der erforderliche Mindestabstand werde eingehalten, die im Gutachten angegebenen Traufenhöhen bezögen sich auf den jetzt vorhandenen, ebenfalls tiefer gelegten Geländeverlauf. Der gesamte Dachbereich des Objektes (halbes Tonnendach) bewege sich im Sinne des § 33 Abs. 3 ROG innerhalb der geforderten, 45 Grad zur Waagrechten geneigten Umrissfläche. Dazu komme noch, dass sich die Höhenfestlegungen laut Bauplatzerklärung auf die Höhenkote 430,40 m absoluter Höhe (aH) bezögen, wodurch die zulässige größte Traufenhöhe von 5,50 m eine Traufenlage zuließe, die wesentlich über jener des Bestandobjektes zu liegen käme. Wenn der Mitbeteiligte entgegen seinem Anbringen vom 4. Juni 2003, wonach er einen Antrag gemäß § 16 Abs. 6 BauPolG gestellt habe, nunmehr auf § 16 Abs. 7 BauPolG abstelle, so werde damit etwas zur Sache des Berufungsverfahrens gemacht, was nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen sei. Darüber hinaus sei aber sein Vorbringen, wie durch das eingeholte Gutachten nachgewiesen, unzutreffend, weil der erforderliche Mindestabstand nicht unterschritten werde.

Der Mitbeteiligte erhob abermals Vorstellung. Die belangte Behörde gab mit Bescheid vom 14. November 2007 der Vorstellung Folge, hob den bekämpften Berufungsbescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurück. Dagegen erhob die Gemeinde Beschwerde. Mit dem hg. Erkenntnis vom 1. April 2008, Zl. 2007/06/0339, wurde der Vorstellungsbescheid vom 14. November 2007 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben (dies wegen Widersprüche in der Begründung; ein näheres Eingehen in die Sache erfolgte nicht).

Nach weiteren Ermittlungsschritten hat die belangte Behörde mit dem nun angefochtenen Bescheid den bekämpften Berufungsbescheid vom 1. Juni 2006 abermals aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen.

Zur Begründung heißt es, der von der belangten Behörde beigezogene hochbautechnische Sachverständige habe am 18. September 2008 eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben. Dabei habe er festgestellt, dass die Frage nach der Richtigkeit der Bezugsebene (Anmerkung: zur Ermittlung des maßgeblichen Abstandes) anhand der Aktenlage nicht endgültig geklärt werden könne. Es falle jedoch vom Südwesten betrachtet auf, dass die natürliche Neigung der im Südwesten angrenzenden Wiese einen Höhensprung an der gegenständlichen Bauplatzgrenze aufweise. Der Abstand des Baukörpers zur Bauplatzgrenze betrage laut Lageplan von der Front aus berechnet 4,96 m. Aus den Plänen ergebe sich, dass der Abstand des Baukörpers von der Grenze wie geplant ausgeführt worden sei. Aus einer Einmessung vom 5. November 2003 (Profil F) ergebe sich die Bezugsebene von 428,86 m. Diese sei um 0,34 m tiefer als in der Einreichplanung. In Bezug auf diese Höhe ergebe sich aus der Einreichplanung mit den dargestellten Höhen eine Traufenhöhe von 7,74 m (erforderlicher Mindestabstand 5,80 m), eine Höhe des obersten Gesimses von 9,19 m (erforderlicher Mindestabstand 6,89 m) und eine Höhe der Brüstung von 7,24 m (erforderlicher Mindestabstand 5,43 m). In dieser nachträglichen Einmessung sei die Firsthöhe mit 437,90 m aH eingetragen. Es sei somit der höchste Punkt des Baues bzw. das oberste Gesimse demgemäß mit einer Höhe von 9,04 m ausgeführt. Hier ergebe sich ein Mindestabstand von 6,78 m. Die Frage, ob die zu beurteilende Front eine Traufen- oder eine Giebelseite darstelle und ob die Privilegierung der Ortgangseite eines Satteldaches im Sinne des § 25 Abs. 3 BGG nicht zum Tragen komme, sei vom Sachverständigen dahin beantwortet worden, dass diese Front keine Giebelseite in diesem Sinne sei. Im Beschwerdefall handle es sich um einen Teil eines Tonnendaches, das im oberen Bereich in ein Flachdach übergehe. Ein Flachdach besitze keine Traufe und keinen First, weshalb auch kein Giebel vorhanden sei. In diesem Fall würden die Höhen bezüglich des Mindestabstandes für jeden Punkt des Baues, welcher der Bauplatzgrenze zugewandt sei, gemessen. Zusätzlich dargestellte Traufen seien dabei nicht wesentlich, zumal immer nur die anzurechnende oberste Dachtraufe oder das oberste Gesimse zu berechnen seien.

Mit Befund und Gutachten vom 30. März 2009 habe der Landesgeologe die Frage der Bezugsebenen bzw. des gewachsenen Geländes im Sinne des § 25 Abs. 3 BGG beurteilt. Unter Hinweis auf näher bezeichnete Grundlagen sei er zum Ergebnis gekommen, dass von Höhenkoten in näher bezeichneten Plänen aus die geradlinige Fortsetzung des talseitigen Geländeprofiles und die Terrassenanschüttung als gewachsenes Gelände nach seiner geologischen Entstehung anzusehen sei. Es handle sich um eine ebenflächige, etwas gegen Westen geneigte Pultfläche, die vor der Bebauung als Urgelände vorhanden gewesen sei.

In weiterer Folge führte die belangte Behörde aus, es gelte festzuhalten, dass die dem Mitbeteiligten zugewendete Front des Gebäudes keine Giebelfront (Ortgangseite) eines mit Satteldach versehenen Baues im Sinne des § 25 Abs. 3 BGG darstelle. Die vorgesehene Architektur lasse eine Qualifizierung des Baues als "Satteldachbau" nicht zu. Bei dieser Qualifikation stütze sie sich auf das Gutachten vom September 2008 und auf die Erwägung, dass es die zu beurteilende Architektur nicht zulasse, schlüssige und für die Bemessung des Mindestabstandes aussagekräftige Traufpunkte zu ermitteln. Bei einer herkömmlichen oder traditionellen Satteldacharchitektur bilde nämlich die Traufe, die als solche in der Natur vorhanden sei, also nicht fiktiv hergeleitet werden müsse, die höchste Schatten spendende Kante, was die gesetzliche Bestimmung bezogen auf die früher einheitlich geltende Bauweise plausibel mache. Im vorliegenden Fall handle es sich bei der dem Grundstück des Mitbeteiligten zugewandten Front des Baues um einen Teil eines Tonnendaches, der im oberen Bereich in ein Flachdach übergehe. Ein Flachdach besitze weder Traufe noch First, weshalb auch kein Giebel vorhanden sei. Die Traufe sei der untere waagrechte Rand einer geneigten Dachfläche, über den das Regenwasser abtropfe. Als Gesims bezeichne man einen horizontal verlaufenden, vorspringenden Bauteil, welcher die Fassade gliedere, schmücke oder vor Witterungseinflüssen schütze. Der Giebel sei die Wandfläche eines Gebäudes, die sich zwischen den Ortganglinien eines geneigten Daches befinde. In rechtlicher Hinsicht bedeute dies, dass die Besserstellung der Giebelseiten von Flachdachbauten nicht zur Anwendung gelangen könne. Es seien daher auch nicht wie immer geartete oder wo immer gelegene Traufpunkte zu ermitteln und der Bemessung zugrundezulegen. Vielmehr habe jeder Punkt der der Liegenschaft des Mitbeteiligten zugewendeten Dachumrissfläche den gesetzlichen Mindestabstand einzuhalten. Auch eine gedachte Umrissfläche, wie sie dem bekämpften Berufungsbescheid zugrundeliege, sei kein Maßstab für die Einhaltung des Mindestabstandes oder der Traufenhöhe.

Bezugspunkte für die Höhenberechnung bildeten einerseits das gewachsene Gelände und andererseits die oberste Dachtraufe bzw. das oberste Gesimse.

Unter dem gewachsenen Gelände sei das natürliche Geländeniveau vor der Bauführung zu verstehen. Nachträgliche Geländeaufschüttungen oder Abtragungen veränderten den Bezugspunkt nicht und hätten daher auch auf die wegen des Nachbarabstandes zulässige Höhe keinen Einfluss (Hinweis auf die Regierungsvorlage zur Novelle LGBl. Nr. 99/1992).

Der im Vorstellungsverfahren zur Frage der Höhenlage des Urgeländes befasste Landesgeologe habe festgestellt, dass bergseits der Mauer, welche die Grundgrenze zum Grundstück des Mitbeteiligten darstelle, künstliche Aufschüttungen vorgenommen worden seien, welche auch ohne Bohrungen oder Grabungen aus einer näher bezeichneten Vermessungsurkunde vom 5. November 2003 zu bestimmen seien. Der Geologe gehe dabei davon aus, dass sich das gewachsene Gelände auf 426,86 m aH an der Grundgrenze befinde. Der genaue Verlauf des natürlichen Geländes an der Stelle des aufgehenden Mauerwerk sei derzeit naturgemäß nicht mehr feststellbar und könnte nur durch Grabungsarbeiten im Bereich vor der Fassade festgestellt werden.

Der hochbautechnische Sachverständige beziehe sich im selben Profil F. auf die Bezugsebene 428,86 m und komme unter Zugrundelegung dieser Ebene in Zusammenschau mit der Einreichplanung auf eine Traufenhöhe von 7,74 m und somit auf einen erforderlichen Mindestabstand von 5,80 m, sowie auf eine Höhe des obersten Gesimses von 9,19 m und einen dadurch erforderlichen Mindestabstand von 6,89 m. Da der Abstand des Baukörpers zur Bauplatzgrenze gemäß dem Lageplan von der Front aus berechnet 4,96 m betrage, werde der Mindestabstand jedenfalls nicht eingehalten. Es würden somit durch den angefochtenen Bescheid Rechte des Mitbeteiligten verletzt.

Da diese Verletzung von Nachbarrechten allein auf Grund der Bezugsebene 428,86 m evident sei, müsse ein weiterer Nachweis des Verlaufes des Urgeländes in diesem Verfahren nicht mehr geführt werden. Mit anderen Worten: Die angenommene Bezugsebene entspreche nicht dem der Höhenbemessung zugrundezulegenden Urgelände. Letzteres liege nach den von den Sachverständigen beurteilten Höhenaufnahmen und Profilen jedenfalls tiefer, was das Maß der Abstandsunterschreitung nur noch erhöhen würde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall hatte die belangte Behörde das Salzburger Baupolizeigesetz 1997, LGBl. Nr. 40 (Wiederverlautbarung - BauPolG), in der Fassung LGBl. Nr. 65/2004 anzuwenden, manche Bestimmungen auf Grund der Übergangsbestimmung des § 24a Abs. 6 BauPolG aber in einer früheren Fassung, wie noch zu zeigen sein wird.

Die Bauwerberin hatte den Baukonsens auf Grund einer Bauanzeige erwirkt; diesbezüglich trafen die §§ 3 und 10 BauPolG nähere Bestimmungen. Die §§ 3, 10 und 16 lauteten in der bis Ende August 2004 maßgeblichen Fassung auszugsweise:

"(§3) (3) Mit einer Bauanzeige dürfen nur Ansuchen um Ausnahme von solchen baurechtlichen Vorschriften verbunden werden, die keine subjektiv-öffentlichen Rechte einräumen; andernfalls ist ein Bauansuchen zu stellen.

(4) Im Fall von Bauanzeigen über baubewilligungspflichtige Maßnahmen ist unter Anwendung des § 13 Abs 3 AVG vorzugehen. Ein trotz Bewilligungspflicht erlassener Bescheid über die Kenntnisnahme einer Bauanzeige leidet an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler (§ 68 Abs 4 Z 4 AVG), wenn durch ihn ein Nachbar in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt wird. Dies gilt auch für Bescheide, die im Widerspruch zu Abs 3 erlassen worden sind. Die Nichtigerklärung ist nur innerhalb von drei Jahren nach ihrer Erlassung zulässig. Sie kann von der Landesregierung auch in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes erfolgen. Bei Einbringung des Bauansuchens für die angezeigte Maßnahme gilt die Bauanzeige als zurückgezogen."

"(§ 10) (3) Partei im Anzeigeverfahren ist derjenige, der die Bauanzeige erstattet hat.

(3a) Nachbarn im Sinn des § 7 Abs 1 Z 1 lit a haben das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) ebenso der Grundeigentümer.

(4) Im Anzeigeverfahren hat sich die bautechnische Beurteilung durch die Baubehörde nur auf folgende Punkte zu beziehen:

...

3. die Einhaltung der Bestimmungen, die in einem Baubewilligungsverfahren subjektiv-öffentliche Rechte begründen würden;

...

(5) An die Stelle der Erteilung (Versagung) der Baubewilligung tritt die Kenntnisnahme der Bauanzeige oder deren Versagung durch Bescheid. In den Bescheid über die Kenntnisnahme der Bauanzeige ist die Gewährung der angesuchten Ausnahme aufzunehmen.

(6) ...

(7) Der Inhalt der Kenntnisnahme erfaßt die bauliche Maßnahme nur soweit, als eine baubehördliche Überprüfung stattgefunden hat (Baukonsens).

(8) ..."

"Folgen der bescheidwidrigen oder nicht bewilligten Ausführung baulicher Maßnahmen

§ 16

(1) Stellt die Baubehörde fest, dass die Ausführung einer baulichen Maßnahme nicht dem Inhalt der Bewilligung (Baukonsens) einschließlich der auf die bauliche Maßnahme bezughabenden baurechtlichen Vorschriften, der Pläne und technischen Beschreibung entsprechend erfolgt, so hat sie die Einstellung der Ausführung der baulichen Maßnahme zu verfügen (...).

(2) Die Baubehörde hat die Einstellung der Ausführung der baulichen Maßnahme auch dann und insolange zu verfügen, als ...

(3) Ist eine bauliche Anlage ohne Bewilligung ausgeführt oder ist ihre Bewilligung nachträglich aufgehoben worden, so hat die Baubehörde dem Eigentümer und allenfalls auch dem Veranlasser aufzutragen, die bauliche Anlage binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen. ...

(4) Die Bestimmung des Abs 3 gilt hinsichtlich des unzulässig Hergestellten sinngemäß, wenn die Ausführung auf Grund einer baubehördlichen Bewilligung erfolgt, von deren Inhalt aber nicht nur geringfügig abweicht. Der Beseitigungsauftrag ist diesfalls an den Bauherrn bzw den Eigentümer der baulichen Anlage zu richten.

(5) ...

(6) Wird durch eine bescheidwidrige oder nicht bewilligte Ausführung einer baulichen Maßnahme gegen eine Bestimmung betreffend Abstände zu der Grenze des Bauplatzes oder zu anderen Bauten verstoßen, so steht dem hiedurch in seinen subjektivöffentlichen Rechten verletzten Nachbarn das Recht der Antragstellung auf behördliche Maßnahmen nach Abs 1 bis 4 zu. Dies gilt nicht, wenn die bauliche Anlage 20 oder mehr Jahre ab Vollendung der baulichen Maßnahme, bei Bauten ab Aufnahme der auch nur teilweisen Benützung besteht. Der Antrag hat solche Gründe zu enthalten, die einen Verstoß gegen Abstandsbestimmungen als wahrscheinlich erkennen lassen.

(7) Die Abs 1 bis 4 und 6 finden auf Maßnahmen gemäß § 3 sinngemäß Anwendung. Dabei tritt an die Stelle der Bewilligung die Kenntnisnahme der Bauanzeige gemäß § 10 Abs 5 und an die Stelle eines Ansuchens um nachträgliche Bewilligung die nachträgliche Anzeige. Geringfügige Abweichungen der Ausführung vom Baukonsens können der Baubehörde nachträglich, allenfalls zusammen mit der Anzeige gemäß § 17 Abs 1 unter Anschluss der erforderlichen Pläne und Beschreibungen angezeigt werden. Dem Abweichen vom Baukonsens ist das Abweichen von im Zeitpunkt der Anzeige geltenden baurechtlichen Vorschriften gleichzuhalten, soweit es nicht vom Baukonsens erfasst ist. Abs 6 findet auch auf die Ausführung von trotz Baubewilligungspflicht durch Bescheid zur Kenntnis genommenen Maßnahmen Anwendung."

§ 16 Abs. 7 BauPolG erhielt anschließend durch die Novelle LGBl. Nr. 65/2004 eine neue Fassung (der Paragraph blieb ansonsten unverändert):

"(7) Dem Abweichen vom Baukonsens ist das Abweichen von im Zeitpunkt des Bauansuchens geltenden baurechtlichen Vorschriften gleichzuhalten, soweit es nicht vom Baukonsens erfasst ist. Für derartige, geringfügige Abweichungen genügt die Angabe in der Bestätigung gemäß § 17 Abs 2 Z 1."

§ 24a und § 8a BauPolG lauten (§ 24a auszugsweise):

"(§24a) (6) Die §§ 1, 2 Abs 1 und 2, 4 Abs 1, 8 Abs 2, 9 Abs 1 und 1b, (§) 10, 11, 12 Abs 1, 15 Abs 1, 16 Abs 7, 17 Abs 2 bis 4 und 9, 17a Abs 2, 19 Abs 1, 5, 6 und 9, 20 Abs 2 und 6 sowie 23 Abs 1 und 3 in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 65/2004 treten mit 1. September 2004 in Kraft. Gleichzeitig tritt § 3 außer Kraft. § 24a Abs 5 in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 65/2004 tritt mit 1. Mai 2004 in Kraft.

(7) Auf Bauanzeigen, die bis zum 31. August 2004 zur Kenntnis genommen worden sind, sowie auf Anzeigeverfahren, die zu diesem Zeitpunkt anhängig sind, finden die §§ 3, 10, 11, 16 Abs 7 und 17 Abs 3 in der bis dahin geltenden Fassung bis zum 31. Oktober 2004 weiterhin Anwendung. Über solche Bauanzeigen ist ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber bis zum 31. Oktober 2004 zu entscheiden.

(8) Bis zum 31. Oktober 2004 erlassene Bescheide, mit welchen Bauanzeigen zur Kenntnis genommen worden sind, gelten im Umfang der Kenntnisnahme der Bauanzeige ab 1. November 2004 als Baubewilligung weiter. § 3 Abs 4 zweiter bis fünfter Satz findet auf solche Baubewilligungen sinngemäß Anwendung."

"Übergangene Nachbarn

§ 8a

Ein Nachbar, der nicht gemäß § 42 AVG oder gemäß den §§ 7 Abs 9 oder 8 Abs 3 seine Parteistellung verloren hat und dem kein Bescheid zugestellt worden ist (übergangener Nachbar), kann nur innerhalb von sechs Monaten ab Beginn der Ausführung der baulichen Maßnahme nachträgliche Einwendungen gegen die bauliche Maßnahme vorbringen."

Im Beschwerdefall hatte die belangte Behörde weiters das Bebauungsgrundlagengesetz, LGBl. Nr. 69/1968 (BGG), in der Fassung LGBl. Nr. 65/2004 anzuwenden.

Die §§ 13, 14 und 25 BGG lauten auszugsweise:

"(§ 13) (1) Um die Bauplatzerklärung ist bei der Baubehörde

unter Beischluss folgender Unterlagen anzusuchen:

...

e) Darstellung des natürlichen Geländes mit den erforderlichen Höhenangaben (Höhenpunkte, erforderlichenfalls Schichtenlinien)."

"(§ 14) (3) Im Bescheid, mit dem die Bauplatzerklärung ausgesprochen wird, hat die Baubehörde auch festzusetzen

...

c) die zur Fixierung des natürlichen Geländes erforderlichen Höhenpunkte und allenfalls erforderlichen Schichtenlinien."

"(§ 25) (3) Für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche gilt die Baufluchtlinie oder die Baulinie. Im Übrigen müssen die Bauten im Bauplatz so gelegen sein, dass ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von Dreiviertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m, haben. Grenzt der Bauplatz an Flächen an, die ihrer Bodenbeschaffenheit nach nicht bebaubar sind (Gewässer, Böschungen u. dgl.), vermindert sich dieser Abstand um die Hälfte der Breite dieser Flächen, nicht jedoch unter 4 m. Die Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe ist an der jeweiligen Front vom gewachsenen Gelände aus zu berechnen. Nicht als oberste Dachtraufe gelten hiebei Traufen von bloß geringfügiger Länge, die keinen negativen Einfluss auf die sonst gegebenen Besonnungs- und Belichtungsverhältnisse ausüben (Traufen von Krüppel- oder Schopfwalmen)."

Die Begriffe "natürliches Gelände" (§§ 13, 14 BGG) bzw. "gewachsenes Gelände" (§ 25 Abs. 3 BGG) wurden als solche in der Stammfassung des BGG nicht verwendet. Die Bestimmung des § 13 Abs. 1 lit. e BGG wurde erst mit der Novelle LGBl. Nr. 99/1992 eingeführt (sie lautete damals: "Darstellung des natürlichen Geländes mit den erforderlichen Höhenangaben (Höhenpunkte, Schichtenlinien)"), wobei nach der Fassung vor dieser Novelle die Baubehörde gemäß § 13 Abs. 2 lit. a BGG vom Bauwerber erforderlichenfalls die Vorlage eines Höhenplanes "mit Eintragung der Schichtenlinien und deren Höhenkoten, des durchschnittlichen Grundwasserstandes und der seit dem Jahre 1900 bekannten höchsten Hochwasserkote" verlangen konnte. In der Stammfassung des § 25 Abs. 3 BGG hieß es zur Ermittlung der Höhe: "Die Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe ist sinngemäß nach § 11 Abs. 5 und 6 zu berechnen".

§ 11 Abs. 5 und 6 BGG (betreffend die Mindest- und Höchsthöhe der Bauten) lautete in der Stammfassung:

"(5) Die Höhen sind auf das verglichene Niveau jenes Bereiches der Verkehrsfläche, die entlang des für die Bebauung in Betracht kommenden Grundstückes gelegen ist, zu beziehen. Erstreckt sich dieser Bereich über mehr als eine Länge von 20 m, so ist das verglichene Niveau abschnittsweise für je begonnene 20 m zu ermitteln.

(6) Bei von der Verkehrsfläche aus ansteigenden oder abfallenden Grundstücken (Hangverbauung) verschiebt sich der Bezugspunkt für die Höhenbegrenzung entsprechend der natürlichen Hangneigung."

Durch die Novelle LGBl. Nr. 99/1992 wurde § 25 Abs. 3 BGG neu gefasst, dabei wird seither auf das "gewachsene Gelände" abgestellt (§ 11 BGG erhielt einen gänzlich neuen Inhalt - Grenzänderung).

In den Erläuterungen zur Novelle LGBl. Nr. 99/1992, 119 der Beilagen, 4. Session der 10. GP, heißt es zur Änderung des § 13 BGG (hier: Anfügung der lit. e in Abs. 1 durch Z. 4 der Novelle):

"Die Höhenberechnungen und damit im Zusammenhang auch die Abstandsberechnungen gehen nach der derzeitigen und auch nach der künftigen Rechtslage sehr wesentlich vom gewachsenen Gelände (natürlichen Niveau) aus. Die Erfahrung hat gezeigt, dass gerade im Zusammenhang mit Streitigkeiten über die Einhaltung der Mindestabstände im Zuge von Bauführungen mangels Vorliegens von Schichtenlinienplänen der natürliche Zustand vor der Bauführung kaum oder nur sehr schwer rekonstruierbar ist. Diesen Schwierigkeiten soll durch eine verpflichtende planliche Fixierung des natürlichen Geländes schon für das Bauplatzerklärungsverfahren vorgebeugt werden."

Und zur Änderung des § 25 Abs. 3 BGG heißt es (Z. 15 - soweit hier erheblich):

"Die Höhenberechnungen sind auf das natürliche Gelände zu beziehen. Nachträgliche Geländeaufschüttungen oder -abtragungen verändern den Bezugspunkt nicht und haben daher auch auf die wegen des Nachbarabstandes zulässige Höhe keinen Einfluss. (Siehe auch § 13 Abs. 1 lit. e)"

Der Klammerausdruck in § 13 Abs. 1 lit. e BGG wurde sodann mit der Novelle LGBl. Nr. 8/2001 auf "(Höhenpunkte, erforderlichenfalls Schichtenlinien)" geändert, weiters wurde mit dieser Novelle § 14 Abs. 3 lit. c BGG eingefügt.

§ 33 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998, LGBl. Nr. 44 (Widerverlautbarung - kurz: ROG), lautete in der bis Ende August 2004 geltenden Fassung gemäß LGBL. Nr. 10/1999 auszugsweise:

"(3) Dächer und sonstige Aufbauten unbeschadet ihrer Konstruktion und Gestaltung dürfen unter Beachtung des zulässigen höchsten Punktes des Baues eine von der zulässigen höchsten Lage des obersten Gesimses oder der obersten Dachtraufe ausgehende, 45 Grad zur Waagrechten geneigte gedachte Umrissfläche nicht überragen. Dies gilt nicht für den der Dachform entsprechenden Giebelbereich. Bei einer Höhenfestsetzung durch die Anzahl der Geschoße ist für die 45 Grad zur Waagrechten geneigte gedachte Umrissfläche von einem 1,60 m über der Deckenoberkante des letzten Geschoßes liegenden Schnittpunkt der Außenwand mit der gedachten Umrissfläche auszugehen."

Zu klären ist zunächst, inwieweit dem Mitbeteiligten im zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren, das durch seinen Antrag vom 4. Juni 2003 ausgelöst wurde, ein Mitspracherecht zukommt. Zutreffend wurde im gemeindebehördlichen Verfahren darauf verwiesen, dass er nach den damals maßgeblichen Bestimmungen des BauPolG nicht Partei des Anzeigeverfahrens war, ihn daher begrifflich nicht die Rechtsstellung eines übergangenen Nachbarn im Sinne des § 8a BauPolG zukommen konnte. Als Nachbar kam ihm auch nicht das Recht auf Einleitung eines Baubewilligungsverfahrens zu, ebenso hat er keinen Anspruch darauf, dass der Bescheid, mit welchem die Bauanzeige zur Kenntnis genommen wurde, für nichtig erklärt werde (siehe § 68 Abs. 7 AVG). Allerdings hatte er auch einen Antrag im Sinne des § 16 Abs. 6 BauPolG wegen behaupteter Verletzung der Abstände zur gemeinsamen Grundgrenze (= Bauplatzgrenze) gestellt, wozu er gemäß § 16 Abs. 7 leg. cit. (in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 65/2004 - kurz: aF) berechtigt war. Hierüber hat die Behörde erster Instanz auch - durch Abweisung der Anträge - entschieden; die Auffassung der Berufungsbehörde, der Mitbeteiligte mache deshalb, weil er auf Abs. 7 (aF) abstelle, etwas zur Sache des Berufungsverfahrens, was nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen sei, trifft nicht zu, weil jener Abs. 7 auf Abs. 6 weiterverwies und dem Nachbarn keine anderen Rechte vermittelte als Abs. 6. Die belangte Behörde hatte daher schon dadurch, dass sie mit der ersten Vorstellungsentscheidung die Vorstellung des Mitbeteiligten inhaltlich behandelte und ihr Folge gab, zutreffend (implizit) dieses Mitspracherecht des Mitbeteiligten bejaht.

Allerdings ist zu prüfen, welche Auswirkung die Novelle LGBl. Nr. 65/2004 auf das Mitsprachrecht des Mitbeteiligten hatte. Gemäß § 24a Abs. 7 BauPolG waren bestimmte bisherige Bestimmungen, darunter eben die §§ 3 und 10, sowie § 16 Abs. 7 BauPolG in der bisherigen Fassung noch bis 31. Oktober 2004 anwendbar, wobei auch noch am 31. August 2004 anhängige Bauanzeigeverfahren bis zum 31. Oktober 2004 zu erledigen waren. Nach Abs. 8 leg. cit. gelten bis zum 31. Oktober 2004 erlassene Bescheide, mit denen Bauanzeigen Zur Kenntnis genommen wurden, im Umfang der Kenntnisnahme ab 1. November 2004 als Baubewilligungen weiter. Spezielle Übergangsbestimmungen betreffend anhängige baupolizeiliche Verfahren aufgrund von Anträgen von Nachbarn im Sinne des § 16 Abs. 6 iVm Abs. 7 BauPolG (aF) enthält diese Novelle nicht. Nun ist dabei zu bedenken, dass Inhalt der bei der bescheidmäßigen Kenntnisnahme der Bauanzeige der Behörde obliegenden Prüfung ua. die Frage war, ob das Projekt die erforderlichen Grenzabstände einhalte, weil nur dann, wenn dies zu bejahen war, das Anzeigeverfahren überhaupt zulässig war (siehe § 3 Abs. 3 und § 10 Abs. 4 Z. 3 BauPolG (aF). Wurde aber die Frage der Einhaltung der erforderlichen Grenzabstände von der Baubehörde zu Unrecht bejaht (und demgemäß die Bauanzeige zur Kenntnis genommen), hatte der dadurch beschwerte Nachbar die Möglichkeit, nach § 16 Abs. 6 iVm Abs. 7 BauPolG (aF) dagegen vorzugehen. Das erscheint nun nach der Rechtslage seit 1. November 2004 - seit diesem Zeitpunkt gelten die zuvor bescheidmäßig zur Kenntnis genommenen Bauanzeigen im Umfang der Kenntnisnahme als Baubewilligungen weiter - fraglich, weil die Kenntnisnahme, wie dargelegt, auch die Beurteilung umfasste, dass (hier) die Abstandsvorschriften eingehalten würden, daher eine Anwendung des § 16 Abs. 6 BauPolG nach dieser neuen Rechtslage eben problematisch wäre, weil diese Bestimmung nicht auf solche Fälle zugeschnitten ist. Das gilt nicht minder für § 8a BauPolG, weil diese Bestimmung zwar an sich anwendbar wäre, aber ihrem Wortlaut nach auf eine sechsmonatige Frist ab Baubeginn abstellt (die im Beschwerdefall am 1. November 2004 längst verstrichen war). Bedenkt man weiters, dass die Novelle LGBl. Nr. 65/2004 betreffend das Bauanzeigeverfahren deshalb erfolgte, weil der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 27. September 2003, G 20/03, VfSlg 16983, Teile des § 3 BauPolG (ua.) mangels sachlicher Rechtfertigung der Einschränkung der Nachbarrechte im Bauanzeigeverfahren aufgehoben hatte, erschiene eine Auslegung der Bestimmungen der Novelle LGBl. Nr. 65/2004 dahin, dass dadurch die Möglichkeiten eines Nachbarn, sich gegen eine zu Unrecht (zu seinem Nachteil) zur Kenntnis genommene Bauanzeige zur Wehr zu setzen, weiter eingeschränkt würden, aus dem Gesichtspunkt der sachlichen Rechtfertigung bedenklich. Vielmehr liegt angesichts dessen eine planwidrige Lücke in den Übergangsbestimmungen zur Novelle LGBl. Nr. 65/2004 vor, die dahin zu schließen ist, dass § 16 Abs. 7 (aF) auch nach dem 31. Oktober 2004 in dem über Antrag des Mitbeteiligten auf Grundlage des § 16 Abs. 6 und 7 (aF) BauPolG eingeleiteten Verfahren weiter anzuwenden ist. Die Fragen, ob ein Nachbar eine Antragstellung allenfalls auch nach dem 31. Oktober 2004 auf § 16 Abs. 7 (aF) BauPolG iVm mit Abs. 6 leg. cit stützen kann, oder ob allenfalls bei Bauanzeigen, die vor dem 1. November 2004 bescheidmäßig zur Kenntnis genommen wurden, die Sechs-Monats-Frist des § 8a BauPolG erst mit dem 1. November 2004 zu laufen begann, sind im Beschwerdefall nicht zu lösen.

Zu prüfen ist daher, ob eine Abstandsverletzung im Sinne des § 16 Abs. 6 BauPolG vorliegt; die Gemeindebehörden haben dies verneint, die belangte Behörde hat dies mit dem angefochtenen Bescheid bejaht, wobei die im Beschwerdefall maßgeblichen Beurteilungskriterien strittig sind.

Zunächst ist festzuhalten, dass im Beschwerdefall die Frage der Abstandsverletzung nicht auf Grund des Projektes zu beurteilen ist, wie es der mit Bescheid vom 15. Oktober 2002 zur Kenntnis genommenen Bauanzeige zu Grunde lag, sondern nach der tatsächlich erfolgten, davon abweichenden Ausführung, wonach das Gebäude etwas tiefer gesetzt wurde als im Projekt vorgesehen, weil ja § 16 Abs. 6 BauPolG auf die "Ausführung" abstellt und auch nur das tatsächlich errichtete Bauwerk den Mitbeteiligten beschweren kann und nicht das insofern nicht realisierte Projekt, zu dem ihm (als solchen) kein Mitspracherecht zukam.

Zutreffend sind die Behörden des Verwaltungsverfahrens davon ausgegangen, dass, wenngleich in § 25 Abs. 3 BGG nicht ausdrücklich genannt, der Giebelbereich einer Front (Giebelbereich im Sinne des § 33 Abs. 3 ROG) nicht abstandsrelevant ist (siehe dazu schon den hg. Beschluss vom 9. März 1993, Zl. 92/06/0227; siehe dazu auch Giese, Salzburger Baurecht, Rz 9 zu § 25 BGG). Die belangte Behörde ist nun davon ausgegangen, dass es einen solchen Giebelbereich nur bei Satteldächern geben könne, daher nicht beim verfahrensgegenständlichen Objekt, das ein Tonnendach aufweise, welches in ein Flachdach übergehe. Diese Auffassung trifft aber in dieser Form nicht zu, weil § 33 Abs. 3 ROG nicht auf bestimmte Dachformen beschränkt ist ("Dies gilt nicht für den der Dachform entsprechenden Giebelbereich"), wenngleich es zutrifft, dass dabei wohl in erster Linie an Satteldächer gedacht war (siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung, wiedergegeben in Hauer, Salzburger Baurecht3, S 424). Das bedeutet aber nicht, dass "Giebelbereiche" welcher Form und Ausdehnungen auch immer, wie sie nun bei den unterschiedlichsten Dachformen denkbar sind, im Sinne des § 25 Abs. 3 BGG iVm § 33 Abs. 3 ROG niemals abstandrelevant wären, vielmehr gilt für solche Giebelbereiche, um sachwidrige Ergebnisse zu vermeiden, die Beschränkung des § 33 Abs. 3 ROG, das heißt, sie sind nur insoweit nicht abstandrelevant, als sie sich innerhalb des in diesem ersten Satz umschriebenen - gegebenenfalls fiktiven - Dachumrisses halten. Darauf kommt es daher im Beschwerdefall an. Da diese Front nach dem festgestellten Sachverhalt einen Abstand von 4,96 m zur Grenze einhält, ergibt sich daraus eine nach § 25 Abs. 3 BGG zulässige Traufenhöhe von 6,61 m (3/4 von 6,61 m ergeben 4,96 m); diese zulässige Traufenhöhe ist jene, die zur Beurteilung des zuvor dargelegten abstandsrelevanten, zulässigen (fiktiven) Dachumrisses maßgeblich ist.

Zu klären ist weiters, von welcher Bezugsebene nach § 25 Abs. 3 BGG diese maßgebliche Höhe (6,61 m) der relevanten Dachtraufe zu ermitteln ist. Das ist nach dieser Norm das "gewachsene Gelände". Die im Bauplatzerklärungsbescheid vom 29. Dezember 2000 festgelegte Bezugsebene von 430,40 m aH ist zwar für die zulässige Gebäudehöhe und die zulässige Traufenhöhe von Fronten aus dem Gesichtspunkt der Höhe (und nicht des Abstandes) von Belang, davon zu unterscheiden ist aber, welcher Grenzabstand einzuhalten ist (die Höhe von Bauten und der Abstand, den sie von der Grenze einzuhalten haben, sind zwei unterschiedliche Aspekte), und dafür ist gemäß § 25 Abs. 3 BGG das "gewachsene Gelände" (das "natürliche Gelände" im Sinne des § 13 Abs. 1 lit. e und § 14 Abs. 3 lit. c BGG) maßgeblich, das - als tatsächliche Gegebenheit -

durch Festlegungen im Bebauungsgrundlagenbescheid nicht verändert werden kann.

Im Beschwerdefall ist weiters strittig, was nun im Beschwerdefall als "gewachsenes Gelände" anzusehen ist, ob nun das Gelände vor der gegenständlichen Bauführung oder vor den angeblich im Jahr 1976 erfolgten Anschüttungen. Sowohl die Berufungsbehörde als auch die belangte Behörde berufen sich dabei auf die Erläuterungen der Regierungsvorlage zur Novelle LGBl. Nr. 99/1992, wonach das Gelände vor der Bauführung maßgeblich sei, ziehen daraus aber entgegengesetzte Schlüsse. Die belangte Behörde meint offensichtlich, es komme auf das Gelände vor der ersten Bauführung auf dem Grundstück an, die Berufungsbehörde stellt sichtlich auf die aktuelle Bauführung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 27. Jänner 2009, Zl. 2008/06/0187, mit dieser Problematik befasst (es ging dabei um eine Bauführung im Jahr 2003 und um vorhergehende Geländeveränderungen durch eine Bauführung auf Grund eines Bescheides aus dem Jahr 1935) und hat hiezu ausgeführt:

"Das BGG stellt bei der Bauplatzerklärung auf das 'natürliche Gelände' ab (siehe § 13 Abs. 1 lit. e und § 14 Abs. 3 lit. c BGG), in § 25 Abs. 3 BGG ist vom 'gewachsenen' Gelände die Rede. Stellte man zwingend auf den Geländeverlauf vor der allerersten Bauführung ab, könnte dies, wenn diese erste Bauführung lange zurückliegt, zu Problemen bei der Ermittlung führen, zumal ja Gebiete der Landeshauptstadt Salzburg und nicht minder des Landes Salzburg bereits seit Jahrhunderten besiedelt und bebaut sowie landwirtschaftlich kultiviert sind. Umgekehrt ergibt sich schon sprachlich aus den Wendungen 'natürliches' bzw. 'gewachsenes' Gelände, dass nicht auf ein Gelände abgestellt werden kann, das in zeitlicher Nähe zur aktuellen Bauführung verändert wurde und schon gar nicht im Hinblick auf die aktuelle Bauführung, weil sonst Bauwerber durch Geländeveränderungen letztlich die Abstandsvorschriften zum Nachteil des Nachbarn manipulieren könnten. Jedenfalls im Beschwerdefall begegnet es aber keinen Bedenken, dass das Gelände, wie es sich als Ergebnis der vor Jahrzehnten auf Grundlage früherer baurechtlicher Vorschriften (vor dem BGG) erfolgten Bauführungen ergab, der Beurteilung zugrundegelegt wird, weil es schon so lange unverändert besteht, dass ihm die Qualität eines 'gewachsenen' Geländes zukommt."

Im Beschwerdefall liegt nun insoweit ein anderer Sachverhalt vor, als die früheren Geländeveränderungen im Jahr 1976 erfolgt sein sollen, also in einem Zeitraum, zu welchem das BGG bereits galt. Wie bereits dargelegt, wurden die Begriffe des "natürlichen Geländes" bzw. des "gewachsenen Geländes" in das BGG erst mit der Novelle LGBl. Nr. 99/1992 eingeführt, dies aber nicht als Ausdruck gleichsam einer "Systemumstellung", sondern, wie sich auch aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ergibt, zur Klarstellung und um künftige Streitigkeiten hintanzuhalten, weil ja schon bislang auf das bestehende Gelände abgestellt wurde (siehe § 11 Abs. 5 und 6 BGG in der Stammfassung, vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 8. April 1975, Zl. 1341/73). Das bedeutet, dass Geländeveränderungen seit dem Inkrafttreten des BGG ohne Einfluss auf die nach § 25 Abs. 3 BGG einzuhaltenden Abstände sind. Für den Beschwerdefall folgt daraus, dass zur Abstandsermittlung das Gelände vor der angeblich im Jahr 1976 erfolgten Anschüttung maßgeblich ist (das, wie den Verfahrensergebnissen zu entnehmen ist, sichtlich rekonstruierbar ist; was zu gelten hätte, wenn es sich nicht mehr ermitteln ließe, kann daher im Beschwerdefall dahingestellt bleiben). Dieses Ergebnis bedeutet insbesondere, dass durch sukzessive Bauführungen und damit verbundene Geländeveränderungen jedenfalls seit dem Inkrafttreten des BGG die Abstandsbestimmungen auch nicht gleichsam zum Nachteil des Nachbarn manipuliert werden können (siehe die Überlegungen im zuvor genannten hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2009). Diese Frage wurde daher von der belangten Behörde zutreffend gelöst.

Da die belangte Behörde aber die Beurteilungskriterien betreffend die Abstandsrelevanz eines "Giebelbereiches" verkannte und diesen unzutreffenden Überlegungen Bindungswirkung für das fortgesetzte Verfahren zukäme (wenngleich sich auch möglicherweise am Ergebnis nichts ändern würde), belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Kostenmehrbegehren, gerichtet auf Zuspruch der Pauschalgebühr, war abzuweisen, weil die beschwerdeführende Gemeinde als Gebietskörperschaft von der Entrichtung dieser Gebühr befreit ist.

Wien, am 21. Oktober 2009

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