Normen
BauO NÖ 1996 §75;
BauRallg;
BauO NÖ 1996 §75;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Stadtgemeinde wird abgewiesen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 30. November 2006 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf ihrem Grundstück Nr. 532/2 der Liegenschaft EZ 1085, Grundbuch 14143 Melk.
Das Grundstück befindet sich laut rechtswirksamem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde im Bauland-Wohngebiet Aufschließungszone 1 (BW-A1).
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 8. Jänner 2007 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin abgewiesen, weil sich das Baugrundstück in einer Aufschließungszone-A1 befinde. Dieses Bauland dürfe erst dann zur Bebauung freigegeben werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt seien:
"Gewährleistung einer Fußwegverbindung (Breite 3 m) zur Himmelreichstraße als Verbindung des neuen Wohngebietes 'Auf der Schanz' mit der Schule und den Sport- und Freizeiteinrichtungen.
Gewährleistung des Anschlusses an das öffentliche Kanalnetz."
Da diese Bedingungen bislang nicht erfüllt seien, habe bisher auch keine Freigabe dieser Aufschließungszone stattgefunden. Bis zur Freigabe einer Bauland-Aufschließungszone stehe ein Bauvorhaben auf einem darin gelegenen Grundstück im Widerspruch zu den derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde als unbegründet abgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die mitbeteiligte Stadtgemeinde habe im Jahre 1999 im Zuge der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes beabsichtigt, das gegenständliche Grundstück und das daneben liegende Grundstück Nr. 527/9 von Bauland-Wohngebiet Aufschließungszone-A1 und Verkehrsfläche auf Bauland-Wohngebiet umzuwidmen. Da der raumordnungsfachliche Amtssachverständige jedoch die Auffassung vertreten habe, dass die Schaffung des gegenständlichen Fußweges begründet sei und nach wie vor seine Berechtigung besitze, weil nur so eine verkehrssichere fußwegige Verbindung des teilweise bebauten und potentiellen Wohngebietes "Auf der Schanz" mit Schule und Sport- und Freizeiteinrichtungen gewährleistet sei, sei die Umwidmung nicht beschlossen worden. Da diese Änderung im Flächenwidmungsplan nicht vorgenommen worden sei, sei die vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche auch im Bebauungsplan weiter verblieben und somit rechtsverbindlich.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluss vom 18. Juni 2008, B 208/08-7, abgetreten. Der Verfassungsgerichtshof hat im Ablehnungsbeschluss u.a. festgehalten:
"Die Beschwerde bedenkt nicht ausreichend, dass das Erfordernis der 'Gewährleistung einer Fußverbindung ...' als Bedingung für die Freigabe einer Aufschließungszone eine 'sachgerechte Voraussetzung' im Sinne des § 16 Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976, insbesondere im Hinblick auf die darin beispielsweise angeführte 'Fertigstellung oder Sicherstellung der Ausführung infrastruktureller Einrichtungen', sein kann."
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin im Recht auf Erteilung der beantragten Baubewilligung verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin ergänzte ihr Vorbringen mit Urkundenvorlage vom 24. Oktober 2008.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14 Z. 1 Niederösterreichische Bauordnung 1996 bedarf der Neu- und Zubau von Gebäuden einer Baubewilligung.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. hat bei Anträgen nach § 14 die Baubehörde vorerst zu prüfen, ob dem Bauvorhaben die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstücks, seine Erklärung zur Vorbehaltsfläche oder Aufschließungszone entgegen steht.
Nach § 16 Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 kann zur Sicherung einer geordneten Siedlungsentwicklung sowie zur Sanierung und/oder Sicherung von Altlasten bzw. Verdachtsflächen das Bauland in verschiedene Aufschließungszonen unterteilt werden, wenn zugleich im örtlichen Raumordnungsprogramm sachgerechte Voraussetzungen für deren Freigabe festgelegt werden. Als derartige Voraussetzungen kommen die Bebauung von Baulandflächen mit gleicher Widmungsart zu einem bestimmten Prozentsatz, die Fertigstellung oder Sicherstellung der Ausführung infrastruktureller Einrichtungen sowie von Lärmschutzbauten u.dgl. in Betracht. Eine fehlende Standorteignung gemäß § 15 Abs. 3 leg. cit. kann - ausgenommen Altlasten und Verdachtsflächen - durch Freigabevoraussetzungen nicht ersetzt werden.
Die Freigabe erfolgt durch Verordnung des Gemeinderates nach Maßgabe der Bestimmungen der NÖ Bauordnung, LGBl. 8200. Die Freigabe von Teilen einer Aufschließungszone ist zulässig, wenn die jeweils festgelegten Freigabevoraussetzungen erfüllt sind, der Gemeinde keine unwirtschaftlichen Aufwendungen für die Grundausstattung erwachsen und die ordnungsgemäße Bebauungsmöglichkeit der verbleibenden Restfläche gesichert bleibt.
Die Freigabe von Aufschließungszonen regelt § 75 NÖ Bauordnung 1996. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut (auszugsweise):
"§ 75
Freigabe von Aufschließungszonen
(1) Aufschließungszonen sind im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegte Bereiche des Baulandes zur Sicherung einer geordneten Siedlungsentwicklung.
(2) Der Zeitpunkt der Freigabe einer Aufschließungszone ist mit Verordnung des Gemeinderates zu bestimmen. Er darf nicht vor Eintritt der im örtlichen Raumordnungsprogramm hiefür festgelegten Voraussetzungen liegen.
Eine Freigabe von Teilen darf dann erfolgen, wenn
- für diese Teile die festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind,
- für die Gemeinde keine unwirtschaftlichen Aufwendungen für die Grundausstattung erwachsen und
- die ordnungsgemäße Bebauungsmöglichkeit der verbleibenden Restfläche gesichert ist.
..."
Bis zur Freigabe einer Bauland-Aufschließungszone mit einer Verordnung nach § 75 NÖ Bauordnung 1996 steht somit ein Bauvorhaben auf einem darin gelegenen Grundstück im Widerspruch zu der festgelegten Widmung. Für ein Bauvorhaben in einer noch nicht freigegebenen Bauland-Aufschließungszone ist demnach die Baubewilligung zu versagen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1996, Zl. 96/05/0221).
Für das nachprüfende Verfahren vor der Gemeindeaufsichtsbehörde ist der Sachverhalt und die Rechtslage entscheidend, die im Zeitpunkt des abschließenden Bescheides auf Gemeindebene gegeben war. Im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides hatte der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde keine Verordnung bezüglich der Freigabe der gegenständlichen Aufschließungszone erlassen (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 98/05/0029).
Ob nunmehr die Voraussetzungen für die Erlassung eine solchen Verordnung vorliegen, wie die Beschwerdeführerin mit ihrer Urkundenvorlage vom 24. Oktober 2008 behauptet, ist schon im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot gemäß § 41 Abs. 1 VwGG für den Verwaltungsgerichtshof unbeachtlich.
Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof führt die Beschwerdeführerin im Übrigen nur Argumente an, die sie schon in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vorgetragen hat. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Ablehnungsbeschluss darauf hingewiesen, dass die Festlegung einer Aufschließungszone zum Zwecke der Gewährleistung einer Fußwegverbindung eine sachgerechte Voraussetzung zur Erlassung einer Aufschließungszone im Sinne des § 16 Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 sein kann. Die belangte Behörde hat auch näher begründet und nachvollziehbar dargelegt, warum die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung dieser Aufschließungszone weiter aufrecht sind.
Die behauptete Rechtsverletzung liegt somit nicht vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Da die mitbeteiligte Stadtgemeinde nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war, war ihr Kostenersatzbegehren abzuweisen.
Wien, am 16. September 2009
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