VwGH 2007/15/0143

VwGH2007/15/014322.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des E R in S, vertreten durch Mag. Maximilian Pulsinger, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 9400 Wolfsberg, Offnerplatzl 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 24. April 2007, Zl. RV/0307-K/05, betreffend Umsatzsteuer 2003, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1994 §12 Abs10;
UStG 1994 §12;
UStG 1994 §20 Abs2;
UStG 1994 §22 idF 1999/I/106;
UStG 1994 §12 Abs10;
UStG 1994 §12;
UStG 1994 §20 Abs2;
UStG 1994 §22 idF 1999/I/106;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer unterhält einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Mit Schreiben vom 9. Juli 2003 erklärte er gegenüber dem Finanzamt, ab dem Kalenderjahr 2003 auf die umsatzsteuerliche Pauschalierung gemäß § 22 UStG 1994 zu verzichten und seine Umsätze nach den allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes versteuern zu wollen.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, dass der Beschwerdeführer Vorsteuern im Zusammenhang mit der Errichtung eines neuen Stallgebäudes im Jahr 2003 geltend gemacht habe, für die die Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug bereits im Jahr 2002 (somit im Zeitraum der umsatzsteuerlichen Pauschalierung) erfüllt gewesen seien. Der Vorsteuerabzug aus Rechnungen des Jahres 2002 im Streitjahr 2003 sei unzulässig und die geltend gemachten Vorsteuern aus diesem Grund um einen Betrag von EUR 21.478,31 zu kürzen.

Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003.

In seiner gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003 gerichteten Berufung verwies der Beschwerdeführer auf eine "gängige Verwaltungspraxis", die es bei Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten zulasse, Vorsteuern für jenen Zeitraum geltend zu machen, in welchem die Bezahlung der Rechnung erfolge. Da der Beschwerdeführer nach vereinnahmten Entgelten versteuere, habe er die Vorsteuern aus den strittigen Rechnungen nach Maßgabe ihrer Bezahlung im Jahr 2003 geltend gemacht.

§ 22 UStG bestimme nicht, wie die pauschal festgesetzten Vorsteuern zu ermitteln seien und räume pauschalierten Landwirten ein Wahlrecht ein, die Vorsteuern auf Grund der Rechnung oder nach Maßgabe der Zahlung geltend zu machen. Das Bestehen eines solchen Wahlrechtes lasse sich daraus ableiten, dass so genannte "teilpauschalierte" Landwirte ihren Gewinn im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermitteln hätten und für diese Landwirte somit die theoretische (im Fall des Verbleibens in der umsatzsteuerlichen Pauschalierung) oder praktische Möglichkeit (im Falle des Verzichtes auf die umsatzsteuerliche Pauschalierung) bestünde, die sich ergebenden Vorsteuern in Anwendung der gängigen Verwaltungspraxis als Einnahmen-Ausgaben-Rechner nach Maßgabe der Zahlung geltend zu machen.

Der Beschwerdeführer habe bis zum Kalenderjahr 2002 für seine Umsätze im Rahmen der Landwirtschaft von der Pauschalierung im Sinne des § 22 UStG Gebrauch gemacht. Beim Übergang auf die Regelbesteuerung habe er das bisher in Anspruch genommene Wahlrecht, die Vorsteuern nach Maßgabe der Bezahlung der Rechnungen geltend zu machen, "fortgeführt" und die Vorsteuern in den einzelnen Umsatzsteuervoranmeldungen im Zeitpunkt der Bezahlung der Rechnungen geltend gemacht.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof strittigen Punkt des Vorsteuerabzuges keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgebenden Bestimmungen des UStG 1994 wies die belangte Behörde darauf hin, dass § 22 UStG 1994 darauf abziele, nichtbuchführungspflichtigen Land- und Forstwirten die Erfüllung der umsatzsteuerlichen Verpflichtungen zu erleichtern. Von der Regelungstechnik der genannten Bestimmung her sei für deren Umsätze ein eigener Steuersatz von 10% vorgesehen und würden die mit diesen Umsätzen im Zusammenhang stehenden Vorsteuern in gleicher Höhe festgesetzt. Vor diesem Hintergrund gehe das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er seine Einkünfte im Streitjahr 2003 im Wege der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt habe, am Kern der Sache vorbei. Irrelevant sei auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Bestimmung des § 17 Abs. 2 UStG 1994, zumal die vorrangige Bestimmung des § 22 UStG 1994 in keiner Weise hierauf verweise und die Istbesteuerung auch keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Vorsteuerabzuges habe, der auch bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten nach Maßgabe der Leistung und nicht nach Maßgabe der Bezahlung vorzunehmen sei.

§ 20 Abs. 1 UStG 1994 enthalte die verpflichtende Anordnung, dass die in den Veranlagungszeitraum fallenden, nach § 12 UStG 1994 abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen seien. Eine spätere Nachholung des Abzugs derartiger Vorsteuern komme grundsätzlich nicht in Betracht. Darüber hinaus hingen die in Rede stehenden Vorsteuerbeträge mit Leistungen zusammen, die im Jahr 2002 und sohin in einem Zeitraum bewirkt worden seien, in dem der Beschwerdeführer der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 22 UStG 1994 unterlegen sei, weshalb sie schon begrifflich keine nach § 12 UStG 1994 abziehbaren Vorsteuern darstellen könnten. Die Bestimmung des § 22 UStG 1994 eröffne pauschalierten Landwirten demnach kein Wahlrecht, die Vorsteuern auf Grund der Rechnung oder nach Maßgabe der Bezahlung geltend zu machen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

§ 22 Abs. 1 UStG 1994 in der ab 2000 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 106/1999 bestimmt, dass bei nicht buchführungspflichtigen Unternehmern, die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausführen, die Steuer für diese Umsätze mit 10 % (in bestimmten Fällen mit 12 %) der Bemessungsgrundlage und die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge in gleicher Höhe festgesetzt werden.

Im Rahmen der Pauschalierung nach § 22 Abs. 1 UStG 1994 kommt es demnach zu keiner exakten Erfassung der Vorsteuern, sondern stets zu einer fiktiven Bemessung der Vorsteuern in Höhe der Steuerschuld für die Umsätze im Rahmen nichtbuchführungspflichtiger land- und forstwirtschaftlicher Betriebe. Entgegen dem Beschwerdevorbringen eröffnet § 22 UStG 1994 pauschalierten Landwirten daher kein Wahlrecht, die Vorsteuern "auf Grund der Rechnung oder nach Maßgabe der Zahlung" geltend zu machen und kann ein solches Wahlrecht auch nicht - wie vom Beschwerdeführer vorgetragen - aus ertragsteuerlichen Pauschalierungsbestimmungen abgeleitet werden.

Der Übergang von der Besteuerung nach Durchschnittssätzen zur Besteuerung nach den allgemeinen Regeln löst keine steuerliche Konsequenzen aus, insbesondere stellt er keine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse im Sinne des § 12 Abs. 10 UStG 1994 dar. Die Besteuerung der vor dem Übergang bewirkten Umsätze ist als abgeschlossen zu betrachten (vgl. Ruppe, UStG3, § 22 Tz. 48).

Für das Streitjahr 2003 ist auf Grund der Option des Beschwerdeführers zur Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen des Umsatzsteuergesetzes (§ 22 Abs. 6 UStG 1994) die Umsatzsteuer gemäß § 20 leg.cit. zu bemessen.

Gemäß § 20 Abs. 2 UStG 1994 sind von dem nach Abs. 1 errechneten Steuerbetrag die in den Veranlagungszeitraum fallenden, nach § 12 leg.cit. abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen.

Die Vorsteuer "fällt" in den Veranlagungszeitraum, in dem die Voraussetzungen für einen Abzug erstmals vollständig erfüllt sind. Das ist bei der Vorsteuer für Vorleistungen dann der Fall, wenn die Leistung erbracht ist und der Unternehmer über eine mehrwertsteuertaugliche Rechnung verfügt. Die Bezahlung der Rechnung ist - vom hier nicht zu behandelnden Sonderfall der Anzahlungsrechnung abgesehen - nicht erforderlich, aber auch nicht ausreichend (vgl. Ruppe, aaO, § 20 Tz. 18f).

Die Frage, welcher Zeitpunkt für den Vorsteuerabzug maßgebend ist, wurde auch bereits an den Europäischen Gerichtshof herangetragen. Im Urteil vom 29. April 2004, C-152/02 , Terra Baubedarf-Handel GmbH, hat der EuGH festgestellt (Rn. 38), dass das Vorsteuerabzugsrecht für den Erklärungszeitraum auszuüben ist, in dem die beiden erforderlichen Voraussetzungen, nämlich dass die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt wurde, und dass der Steuerpflichtige die Rechnung oder das Dokument besitzt, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann, erfüllt sind.

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass diese Voraussetzungen in Ansehung der strittigen Vorsteuerbeträge erstmals im Streitjahr 2003 erfüllt gewesen wären. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden.

Erlässe oder Richtlinien des Bundesministeriums für Finanzen, wie die vom Beschwerdeführer angesprochenen Umsatzsteuerrichtlinien, stellen keine für den Verwaltungsgerichtshof maßgebende Rechtsquelle dar (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 2007, 2005/13/0075, und vom 25. Oktober 2006, 2005/15/0012).

Soweit sich der Beschwerdeführer daher auch vor dem Verwaltungsgerichtshof auf eine Verwaltungsübung beruft, die es dem Steuerpflichtigen unter bestimmten (im Beschwerdefall allenfalls vorliegenden) Voraussetzungen erlaubt, die abziehbaren Vorsteuerbeträge erst für jenen Besteuerungszeitraum geltend zu machen, in welchem die Bezahlung der Rechnung erfolgt, zeigt er damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Zu ergänzen bleibt, dass in der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Rz. 2703 der UStR 2000 ausdrücklich festgehalten wird, dass von der "Vereinfachungsregelung" dann nicht Gebrauch gemacht werden könne, wenn mit der späteren Geltendmachung von Vorsteuern "ein Nachteil für den Fiskus" verbunden ist, wovon die belangte Behörde bei der vorliegenden Konstellation des Übergangs von der Besteuerung nach Durchschnittssätzen zur Regelbesteuerung - wie dargestellt - ausgehen durfte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs.1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 22. April 2009

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