Normen
AlVG 1977 §10 Abs1 Z1 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §10 Abs3 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §9 Abs3;
AVG §39 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
AlVG 1977 §10 Abs1 Z1 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §10 Abs3 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §9 Abs3;
AVG §39 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am 15. Juli 2006 stellte die Beschwerdeführerin einen Folgeantrag auf Gewährung von Notstandshilfe. Im von ihr unterzeichneten Antragsformular findet sich eine Passage, wonach sie mit ihrer Unterschrift unter anderem zur Kenntnis nehme, dass bei Nichtannahme einer vermittelten zumutbaren Beschäftigung das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) entzogen werde.
Am 29. Jänner 2007 wurden der Beschwerdeführerin sieben Beschäftigungen zugewiesen, darunter eine bei der H. GmbH. In der in einem Computerausdruck im Akt befindlichen Stellenbeschreibung findet sich folgendes Anforderungsprofil:
- Abgeschlossene Pflichtschule und idealerweise Berufserfahrung im Einzelhandel
- Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewußtsein, Einsatzfreude und Teamgeist
- gepflegtes Erscheinungsbild und höfliche Umgangsformen".
Am 12. Februar 2007 wurde vom AMS Redergasse mit der Beschwerdeführerin eine Niederschrift aufgenommen, in der - soweit wesentlich - festgehalten wurde, dass der Beschwerdeführerin vom Arbeitsmarktservice am 29. Jänner 2007 eine Beschäftigung als Kassa- u. Regalbetreuerin beim Dienstgeber H. GmbH mit einer Entlohnung von "brutto laut Kollektivvertrag" und möglichem Arbeitsantritt am 5. Februar 2007 zugewiesen worden sei. Die Beschwerdeführerin erklärte, dass sie mindestens EUR 1.000,-- Einkommen brauche. Sie habe sich auf das Stellenangebot nicht beworben, da sie mit einer geringen Entlohnung nicht auskomme. Sie habe sich deshalb für andere Stellen beworben.
Mit Bescheid des AMS Redergasse vom 20. Februar 2007 wurde der Beschwerdeführerin die Notstandshilfe für den Zeitraum vom 5. Februar bis zum 18. März 2007 entzogen und eine Nachsicht nicht erteilt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin eine vom AMS zugewiesene Stelle mit möglichem Arbeitsantritt am 5. Februar 2007 bei der H. GmbH nicht angenommen habe. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.
In der dagegen erhobenen, als "Einspruch" bezeichneten Berufung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, sie habe sich nicht geweigert, die ihr zugewiesene Stelle anzunehmen. Seit ihr schwerstbehinderter Sohn im betreuten Wohnen lebe, sei sie auf dringender Arbeitsuche. Sie habe die ihr möglichen Beschäftigungen von sich aus über ihr eigentliches Berufsfeld Sozialpädagogin und Trainerin auf Verkauf und Büro ausgeweitet. Sie habe am 29. Februar (richtig: Jänner) 2007 von ihrer Betreuerin sieben offene Stellen "mitbekommen", ohne dass diese jedoch von dieser oder ihr selbst "gelesen" worden seien um zu überprüfen, ob die Beschwerdeführerin dafür geeignet sei. Mit keinem Wort habe ihre Beraterin erwähnt, dass sie sich bei allen Stellen bewerben müsse, selbst bei jenen, die sich bei genauerem Studieren als unpassend herausgestellt hätten. Überhaupt nicht sei erwähnt worden, dass eine Nichtbewerbung eine Sperre der Notstandshilfe zur Folge habe. Wie sich aus der Dokumentation des AMS ergebe, sei bei der angebotenen Stelle kein Arbeitsantritt zum 5. Februar 2007 vorgesehen gewesen, da die Stelle am 28. Februar 2007 immer noch nicht besetzt gewesen sei. Sie habe sich am 27. Februar 2007 "online" bzw. am 28. Februar 2007 persönlich um die Stelle beworben. Außerdem sei das Stellenangebot verwirrend gewesen, da zum einen von einer Arbeitszeit von 21 Wochenstunden, an anderer Stelle von 18 Wochenstunden die Rede gewesen sei. Sie habe auf Grund von Erfahrungen aus einer Bewerbung für eine vergleichbare Beschäftigung angenommen, dass der Verdienst weniger als EUR 800,-- ausmachen würde. Sobald sie mehr als EUR 680,-- verdiene, müsse sie 13% ihres Einkommens für die Wohnheimunterbringung ihres Sohnes aufwenden. Sie habe am 12. Februar 2007 bei ihrer Betreuerin beim AMS Redergasse vorgesprochen. Ihre Angaben, warum sie sich bei der zugewiesenen Stelle nicht beworben habe, seien nicht vollständig übernommen worden. Im Bericht würden sich ihre Angaben bezüglich der Kosten der Wohnheimunterbringung ihres Sohnes nicht finden, ebenso wenig ihr Hinweis, dass sie sich bei der H. GmbH erkundigt habe und sie darüber informiert worden sei, dass diese keine branchenfremden Personen über 34 Jahre beschäftigen würde. Sie habe sich selbst auch bei acht Stellen beworben. Im Vertrauen auf die Betreuerin habe sie es unterlassen, diese zur Ergänzung der Niederschrift aufzufordern.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab. Nach einer teilweisen Wiedergabe des Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführerin die gegenständliche Beschäftigung bei der H. GmbH mit möglichem Arbeitsantritt 5. Februar 2007 gemeinsam mit sechs weiteren Stellen zugewiesen worden sei. Sie habe sich nicht bei der H. GmbH beworben, weil sie an der Stelle nicht interessiert gewesen sei. Die zugewiesene Stelle sei den körperlichen Fähigkeiten der Beschwerdeführerin angemessen und stelle keine Gefährdung der Gesundheit und Sittlichkeit dar. Berücksichtigungswürde Umstände lägen nicht vor. Die Beschwerdeführerin sei unter anderem im Antragsformular und im Betreuungsplan auf die Verpflichtung hingewiesen worden, sich bei einer ihr vom AMS zugewiesenen Stelle zu bewerben. Dass die zugewiesene Stelle nicht zumutbar sei, sei nicht festgestellt und von der Beschwerdeführerin auch gar nicht behauptet worden. Die Beschwerdeführerin hätte bereits mit 5. Februar 2007 - hätte sie sich unverzüglich beworben - bei der H. GmbH zu arbeiten beginnen können. Dass die Stelle später noch nicht besetzt gewesen sei, spiele keine Rolle. Ihre nachträgliche Bewerbung sei verspätet gewesen und habe ihre ursprüngliche Arbeitsunwilligkeit nicht zu sanieren vermocht. Das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin bei der M GmbH vom 12. bis zum 28. März 2007 stelle keinen berücksichtigungswürdigen Umstand im Sinne des § 10 Abs. 3 AIVG dar, zumal es sich lediglich um eine kurzfristige - nicht einmal der Dauer der Sanktion entsprechende - Beendigung der Arbeitslosigkeit handle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen.
Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG idF BGBl. I Nr. 77/2004 ist eine Beschäftigung zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG idF BGBl. I Nr. 77/2004 verliert eine arbeitslose Person, wenn sie sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Gemäß § 10 Abs. 3 AlVG idF BGBl. I Nr. 77/2004 ist der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 in berücksichtigungswürdigen Fällen wie z.B. bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
Diese Bestimmungen sind gemäß § 38 AlVG sinngemäß auch auf die Notstandshilfe anzuwenden.
Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. Der Arbeitslose ist zur Annahme einer zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung verpflichtet, wobei ein von den Kriterien des § 9 AlVG unabhängiges Recht des Arbeitslosen zur sanktionslosen Ablehnung einer Beschäftigung wegen ihres Ausmaßes dem Gesetz nicht entnehmbar ist. Ein Arbeitsloser muss daher zur Annahme einer (die Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden und Arbeitslosigkeit daher ausschließenden) Teilzeitbeschäftigung bereit sein, um das Erfordernis der Arbeitswilligkeit zu erfüllen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2007, Zl. 2006/08/0157).
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie sich innerhalb der vom AMS Redergasse gesetzten Frist von sieben Tagen nicht um die Stelle bei der H. GmbH beworben hat. Auch bestreitet sie nicht, dass ihr die zugewiesene Stelle zumutbar ist. Selbst wenn man das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Gehaltsvorstellungen so deutet, dass sie damit eine Unzumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung zum Ausdruck bringen wollte, ist ihr entgegenzuhalten, dass eine dem Kollektivvertrag entsprechende Entlohnung angeboten wurde, womit diesbezüglich Zumutbarkeit vorliegt.
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, dass die Stellenanzeige irreführend gewesen sei, da darin einmal von 21, dann von 18 Stunden Wochenarbeitszeit die Rede gewesen sei, ändert dies nichts an der Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung, da sich der Stellenanzeige jedenfalls entnehmen ließ, dass eine zumindest dem Kollektivvertrag entsprechende Entlohnung angeboten wurde. Eine Unklarheit betreffend die tatsächliche Arbeitszeit hätte im Bewerbungsgespräch geklärt werden können.
Unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die belangte Behörde auf ihr Vorbringen teilweise nicht eingegangen sei und das Ermittlungsverfahren einseitig zu Lasten der Beschwerdeführerin gestaltet habe.
Soweit sich die Beschwerdeführerin dabei auf ihr Vorbringen bezieht, sie habe sich durch ihre acht zusätzlichen Bewerbungen bemüht, eine Stelle zu finden und die ihr möglichen Beschäftigungen von sich aus über ihr eigentliches Berufsfeld ausgeweitet und sei daher arbeitswillig, ist ihr im Sinne der schon dargestellten Rechtsprechung entgegenzuhalten, dass die Arbeitswilligkeit in Bezug auf die konkret zugewiesene Stelle zu beurteilen ist. Somit ist die Frage, ob die Beschwerdeführerin sonstige Bemühungen unternommen hat, eine die Arbeitslosigkeit beendende Beschäftigung zu finden, für die Beurteilung der Arbeitswilligkeit hinsichtlich der zugewiesenen Beschäftigung bei der H. GmbH irrelevant.
Auch wenn in der Stellenanzeige für den möglichen Arbeitsantritt nicht ausdrücklich das Datum 5. Februar 2007 angegeben war, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Beginn der Arbeitsunwilligkeit der Beschwerdeführerin mit Ablauf der vom AMS Redergasse für die Bewerbungen gesetzten, mit sieben Tagen nicht unangemessen kurzen Frist angenommen hat, da sich die Beschwerdeführerin unbestrittener Weise bis dahin nicht für die zugewiesenen Stelle bei der H. GmbH beworben hat. Die zur Erlangung des angebotenen Arbeitsplatzes ausgerichtete Handlung hat nämlich unverzüglich zu erfolgen. Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa in seinem Erkenntnis vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0193, ausgesprochen, dass die telefonische Kontaktaufnahme erst eine Woche nach Zuweisung der Stellenausschreibung dieser Voraussetzung jedenfalls nicht genügt. Dass die Stelle bis 28. Februar 2007 noch unbesetzt war, deutet nicht - wie die Beschwerdeführerin offenbar meint - auf ein von der H. GmbH für später vorgesehenes Antrittsdatum hin und spricht nicht gegen die Annahme der belangten Behörde. Auch die spätere Bewerbung der Beschwerdeführerin um die Stelle am 27. bzw. 28. Februar 2007 vermag nichts daran zu ändern, dass sie sich nicht unverzüglich um die ihr zugewiesene Beschäftigung beworben hatte.
Wenn die Beschwerdeführerin als Mangel der Beweiswürdigung weiters geltend macht, dass die belangte Behörde nicht auf ihr Vorbringen eingegangen sei, sie habe sich bei der H. GmbH erkundigt und sei darüber informiert worden, dass diese keine branchenfremden Personen über 34 Jahre beschäftige, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Behörde auf Grund der Angaben aus der Stellenbeschreibung zu Recht davon ausgehen konnte, dass die Stelle für die Beschwerdeführerin geeignet war: In dieser ist zwar davon die Rede, dass Bewerber "idealerweise" Berufserfahrungen im Einzelhandel aufweisen sollten, dies bedeutet aber keineswegs, dass dies eine zwingende Voraussetzung ist. Bezüglich eines Höchstalters finden sich keine Angaben in der Stellenbeschreibung. Im Übrigen gab die Beschwerdeführerin nicht einmal an, wann und von wem sie die entsprechende Information erhalten hat.
Abgesehen von der Frage, ob eine Belehrung über die Folgen der Verweigerung Voraussetzung für den betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe ist, ist festzuhalten, dass sich eine solche jedenfalls auf dem von der Beschwerdeführerin unterschriebenen Antragsformular findet.
Die Beschwerdeführerin macht schließlich aber noch geltend, dass die belangte Behörde keine hinreichenden Ermittlungen zu berücksichtigungswürdigen Gründen im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG durchgeführt habe. Damit zeigt sie die Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf:
Die - grundsätzlich gebotene - amtswegige Prüfung des Sachverhalts unter dem Gesichtspunkt des § 10 Abs. 3 AlVG hat die Erörterung mit dem Arbeitslosen zu umfassen und sich auf die Gründe zu beziehen, die der Arbeitslose bekannt gibt oder für die es sonstige Hinweise in den Akten gibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2000, Zl. 99/08/0116, zum - soweit hier relevant - gleichlautenden § 10 Abs. 2 AlVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2004, mwN).
Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft, als dies sonst ganz allgemein der Fall ist (vgl. z.B. wiederum das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2000, Zl. 99/08/0116, mwN, sowie das hg. Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0252). Berücksichtigt man den Zweck des § 10 AlVG, den zeitlich befristeten Ausschluss vom Leistungsbezug als Sanktion für jene Arbeitslosen vorzusehen, die es zumindest in Kauf nehmen, dass die Versichertengemeinschaft durch eine Verletzung der ihnen bei der Arbeitssuche durch das Gesetz auferlegten Pflichten über Gebühr belastet wird, dann kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potentiellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung) oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an; ebenso wenig können aufgrund der Systematik des Gesetzes jene Umstände zur Annahme eines berücksichtigungswürdigen Falles im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG führen, die schon im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit der Beschäftigung im Sinne des § 9 Abs. 2 und 3 AlVG von Bedeutung sind und deren Prüfung ergeben hat, dass sie diese nicht ausschließen.
Unter einer anderen Beschäftigung iSd § 10 Abs. 3 AlVG kann nur eine die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung verstanden werden. Wird sie noch während der Sperrfrist aufgenommen, so stellt dies (unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände) einen Grund für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht des Ausschlusses vom Bezug des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) mit der Konsequenz dar, dass auch für die Zeit vor dem Beginn der die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigung (mit der ja der Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe schon nach § 24 Abs. 1 AlVG wegfällt) je nach der zeitlichen Nähe zum Beginn der Sperrfrist diese ganz oder teilweise nachzusehen ist (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis 5. September 1995, Zl. 94/08/0252). Eine ausdrückliche Regelung, innerhalb welcher Frist die andere Beschäftigung aufgenommen werden muss, um eine gänzliche oder teilweise Nachsicht vom Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes zu rechtfertigen, enthält § 10 Abs. 3 AlVG nicht (vgl. das hg. Erkenntnis 1. Juni 2001, Zl. 2000/19/0136). Die Behörde hat daher in rechtlicher Gebundenheit zu entscheiden, ob ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG vorliegt, und sodann unter Abwägung aller für die Nachsichtsentscheidung maßgebenden Umstände des Einzelfalles eine Ermessensentscheidung dahin zu treffen, in welchem Ausmaß eine Nachsicht von der Sperrfrist (ganz oder teilweise) zu gewähren ist. Diese letztgenannte Entscheidung unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur insoweit, als die Behörde von ihrem Ermessen grob unrichtigen oder dieses Ermessen überschreitenden Gebrauch gemacht hat.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde das Vorliegen eines berücksichtigungswürdigen Grundes verneint. Sie ging dabei nach der Bescheidbegründung davon aus, dass das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin bei der M GmbH vom 12. bis zum 28. März 2007 die Arbeitslosigkeit ausschloss. Der Beginn des Dienstverhältnisses lag innerhalb der Sperrfrist; das Dienstverhältnis selbst reichte aber über das Ende der Sperrfrist hinaus. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde führt unter diesen Umständen die relativ kurze Dauer des Dienstverhältnisses nicht dazu, dass das Vorliegen eines berücksichtigungswürdigen Umstandes schlechthin zu verneinen ist, zumal im Falle der neuerlichen Antragstellung auf Arbeitslosengeld ohnehin zu prüfen wäre, ob wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beschwerdeführerin eine Sperrfrist gemäß § 11 AlVG zu verhängen sein wird.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich somit, dass die Aufnahme des Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin zur M GmbH jedenfalls berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG ist. Die belangte Behörde hat in ihrer Bescheidbegründung ausdrücklich verneint, dass dieses Dienstverhältnis einen berücksichtigungswürdigen Umstand im Sinne § 10 Abs. 3 AlVG darstellt. Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.
Die Beschwerdeführerin hat als Beschwerdegrund zwar nur die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, jedoch ist der Verwaltungsgerichtshof nicht an die geltend gemachten Beschwerdegründe gebunden; er hat vielmehr alle für die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit im Beschwerdepunkt maßgebenden Gründe zu beachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 89/08/0173, mwN). Daher war der angefochtene Bescheid aus den oben genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand auch die Umsatzsteuer abgegolten wird. Wien, am 2. April 2008
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