VwGH 2006/17/0115

VwGH2006/17/01154.9.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Oberndorf, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Künstlerhausgasse 4, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 9. Mai 2006, Zl. 1-02-40.018/5- 2006, betreffend Vorschreibung von Vorauszahlungen auf Interessentenbeiträge (mitbeteiligte Partei: F GmbH, vertreten durch Haslauer, Eberl, Hubner, Krivanec & Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 44), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §64 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art119a Abs9;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962 §10;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962 §11 Abs5;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962 §11;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962 §6;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962 §9;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962;
VwRallg;
AVG §64 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art119a Abs9;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962 §10;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962 §11 Abs5;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962 §11;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962 §6;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962 §9;
InteressentenbeiträgeG Slbg 1962;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung der mitbeteiligten Partei gegen die Abweisung ihrer Berufung gegen die Vorschreibung einer Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag nach dem Salzburger Interessentenbeiträgegesetz Folge, hob den mit Vorstellung bekämpften Bescheid der Gemeindevorstehung der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 23. Februar 2006 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Stadtgemeinde.

1.2. Verfahrensgegenständlich ist die Vorschreibung einer Vorauszahlung von Interessentenbeiträgen nach § 11 Salzburger Interessentenbeiträgegesetz für eine Liegenschaft, auf der die mitbeteiligte Partei bzw. ihre Rechtsvorgängerin (eine natürliche Person, deren Name nunmehr in der Firma der mitbeteiligten GesmbH enthalten ist) seit Langem einen Fleischereibetrieb führt. Der erstinstanzliche Bescheid erging am 28. September 2005; darin wurde die Abgabe auf der Grundlage eines Gutachtens eines technischen Büros für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft unter Zugrundelegung von 1.700 Bewertungspunkten nach der Bewertungspunkteverordnung und unter Anrechnung verschiedener Vorleistungen der mitbeteiligten Partei, die einem Interessentenbeitrag für 214,01 Bewertungspunkte entsprächen, festgesetzt. Mit dem Bescheid der Gemeindevorstehung der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 23. Februar 2006 wurde der Berufung der mitbeteiligten Partei keine Folge gegeben.

1.3. Mit Bescheid vom 28. November 1985 (zugestellt am 21. Mai 1986) war bereits der damaligen Rechtsträgerin des Fleischereibetriebs eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag für dieselbe Liegenschaft vorgeschrieben worden. Die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei erhob Berufung. In einem Schreiben vom 11. Juli 1986, das dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgelegt wurde, wurde die Zahlung des vorgeschriebenen Betrages nach übereinstimmender Auffassung der Verfahrensparteien gestundet (nach der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei soll in dem Schreiben die Passage enthalten sein: "... der o.a. Bescheid der Marktgemeinde Oberndorf bei Salzburg in Höhe von S 3,941.110,92 gestundet"; die beschwerdeführende Gemeinde bestreitet lediglich, dass eine befristete Stundung vorgelegen sei).

Zu einer Entscheidung über die Berufung gegen den Bescheid vom 28. November 1985 kam es offenbar nicht; insbesondere ging die Gemeindevorstehung der beschwerdeführenden Stadtgemeinde in ihrem Bescheid vom 23. Februar 2006 davon aus, dass das damalige Verfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sei.

1.4. Unter Hinweis auf das unter Punkt 1.3. dargestellte Verfahren wendete die mitbeteiligte Partei in dem hier beschwerdegegenständlichen Verfahren auf Grund der Vorschreibung vom 28. September 2005 das Vorliegen einer res iudicata ein.

Darüber hinaus stützte sie sich im Abgabenverfahren auf eine ihrer Meinung nach eingetretene Verjährung sowie die unrichtige Ermittlung der Bemessungsgrundlagen.

1.5. Die belangte Behörde begründete die Aufhebung des Bescheids der Gemeindevorstehung vom 23. Februar 2006 primär unter Hinweis auf eine nach § 9 Interessentenbeiträgegesetz eingetretene Verjährung. Mit dem Schreiben des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 11. Juli 1986 sei der vorgeschriebene Abgabenbetrag bis zur Funktionsfähigkeit der mit Bescheid vom 15. Dezember 1986 bewilligten Vorreinigungsanlage gestundet worden. Mit Bescheid vom 22. September 1987 sei die wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung der bei der Fleischverarbeitung anfallenden betrieblichen Abwässer sowie der auf einen Waschplatz und eine Betriebstankstelle entfallenden Abwässer in die öffentliche Kanalisation ausgesprochen worden. Mit einem weiteren Bescheid aus dem Jahre 1992 seien weitere Verbesserungen der Vorreinigungsanlagen wasserrechtlich bewilligt worden. Diese Änderungen seien mit Bescheid vom 22. Mai 1995 als überprüft erklärt worden. Diese Bescheide seien auch der beschwerdeführenden Stadtgemeinde zugestellt worden. Es sei aber dem vorgelegten Gemeindeakt keinerlei Aktivität zu entnehmen. Gemäß § 9 IBG beginne die Verjährungsfrist nach Wegfall des die Verjährung hemmenden Ereignisses neu zu laufen. Die Verjährungsfrist des § 9 Sbg. IBG sei daher ungenützt verstrichen, es bestehe für die belangte Behörde kein Zweifel, "dass die damalige Beitragsvorschreibung einen fälligen Betrag darstellte". Es sei daher im nunmehrigen Verfahren von der Fiktion auszugehen, dass die seinerzeit vorgeschriebenen Beträge geleistet worden seien. Eine Vorschreibung könne daher nur für die Abänderungen baulicher und betrieblicher Art erfolgen. Dabei sei eine Umrechnung der seinerzeit angewendeten Punkteberechnung nach Großvieheinheiten gemäß § 3 der Bewertungspunkteverordnung 1978 vorzunehmen und (der so ermittelte Wert) von dem nunmehr auf Grund der Berechnung nach Abwasser mit einem BSB5-Wert von 60 g je Tag nach § 4 Bewertungspunkteverordnung ermittelten Wert abzuziehen.

Darüber hinaus leide der mit Vorstellung bekämpfte Bescheid noch an einem Mangel hinsichtlich der Berechnung der Abgabe unter Heranziehung der "Vorgabe der Landesförderung". Gemäß § 1 Abs. 1 und 4 IBG sei die projektierte Inanspruchnahme der Kläranlage maßgeblicher Berechnungsfaktor. Zukünftig werde auch die Überleitung der Abwässer durch den Reinhalteverband Oberndorf und Umgebung nach Siggerwiesen in die Anlagen des Reinhalteverbandes Großraum Salzburg-Stadt und Umlandgemeinden zu definieren sein. Einen Berechnungsnachweis darüber gebe es im Gemeindeakt nicht. Es wäre durchaus legitim, Vorauszahlungsbescheide zu den Herstellungskosten zu erlassen, dies jedoch "jeweils mit dem tatsächlich berechneten korrekten Punktewert". Auch dies wäre bei der neuerlichen Entscheidung "umzusetzen und zu dokumentieren".

Zusammenfassend sei die belangte Behörde daher der Auffassung, dass die mitbeteiligte Partei in ihren Rechten verletzt worden sei und der Gemeindebescheid aufzuheben war.

1.6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der insbesondere die Verletzung im Recht, dass der Bescheid der Gemeindevorstehung nicht aufgehoben und die Angelegenheit nicht unter Bindung an die Rechtsansicht der belangten Behörde an die Gemeindebehörde zurückverwiesen werde sowie im Recht, dass die belangte Behörde nicht fälschlich Verjährung annehme, geltend gemacht wird.

1.7. Die belangte Behörde legte ihren Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde. Verwaltungsakten der beschwerdeführenden Stadtgemeinde wurden nicht vorgelegt.

Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Gesetzes vom 20. Juni 1962 über die Leistung von Interessentenbeiträgen für die Herstellung gemeindeeigener Abwasseranlagen in Gemeinden des Landes Salzburg mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg (Salzburger Interessentenbeiträgegesetz, im Folgenden: Sbg. IBG), LGBl. Nr. 161, in der Fassung LGBl. Nr. 55/1988, lauten:

"Allgemeine Bestimmungen

§ 1

(1) Zu den Herstellungskosten gemeindeeigener Abwasseranlagen - im folgenden kurz Anlagen bezeichnet - haben in Gemeinden des Landes Salzburg mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg die Interessenten nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes Beiträge zu leisten.

(2) Herstellungskosten sind jene Kosten, die der Gemeinde für die Herstellung, Erweiterung oder technische Verbesserung der Anlage sowie für die Wiedererrichtung nicht mehr funktionsfähiger größerer Teile der Anlage erwachsen, einschließlich den Beträgen, die sich aus der Aufwertung der Vorauszahlungen gemäß § 5 Abs. 2 ergeben.

(3) Interessenten sind die Eigentümer von Grundstücken, von denen Abwässer unmittelbar oder mittelbar in die Anlage eingeleitet werden und zwar gleichgültig, ob der Anschluss an die Anlage im Zuge ihrer Herstellung oder zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Im Falle eines Baurechtes gelten die Berechtigten als Interessenten.

...

(7) Der Beitrag wird von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich als Gemeindeabgabe (§ 8 Abs. 5 F-VG 1948) nach den Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze (Art. II Abs. 5 EGVG 1950) erhoben.

Beitrag

§ 4

(1) Der Beitrag ist in jenem Ausmaß zu leisten, das sich durch die Vervielfachung der den Interessenten treffenden Anzahl der Bewertungspunkte (§ 2) mit der Berechnungszahl und einer allfälligen Steigerung nach Abs. 4 bestimmt.

(2) Berechnungszahl ist jene Zahl, ...

Beitragsvorschreibung

§ 5

(1) Der Beitrag ist dem Interessenten vom Bürgermeister mit Bescheid vorzuschreiben.

(2) Bei der Anrechnung von Vorauszahlungen (§ 11) sind diese um 4 v.H. jährlich aufzuwerten, wobei das Halbjahr, in dem die Vorauszahlung geleistet worden ist, außer Betracht zu bleiben hat.

§ 6

(1) Der Beitrag wird nach Maßgabe der Vorschreibung (§ 5) fällig.

(2) Auf Ansuchen des Zahlungsschuldners kann der Zeitpunkt der Entrichtung des Beitrages hinausgeschoben (gestundet) oder die Entrichtung in Raten bewilligt werden, wenn die sofortige oder volle Zahlung für den Schuldner mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringung des Beitrages durch den Zahlungsaufschub nicht gefährdet wird. Die Zahlungserleichterung kann von Bedingungen, insbesondere der Leistung einer Verzinsung der aushaftenden Zahlungsschuld in der Höhe von jährlich bis zu 4 v.H., abhängig gemacht werden. Im Falle der nachträglichen Herabsetzung der Vorschreibung des Beitrages durch Berichtigung, im Rechtsmittelverfahren oder auf Grund eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes sind die Stundungszinsen, die auf den Minderungsbetrag entfallen, abzuschreiben. Eine bewilligte Zahlungserleichterung kann widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen der Bewilligung nachträglich weggefallen sind oder sich als nicht gegeben erwiesen haben; hiebei ist eine Nachfrist von wenigstens 8 Werktagen zu setzen.

(3) Wird der Beitrag nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit eingezahlt, so sind von der rückständigen Beträgen Verzugszinsen in der Höhe von jährlich 4 v.H. zu entrichten. Diese Verzugszinsen sind dem Zahlungsschuldner mit der Mahnung (§ 7 Abs. 3) vorzuschreiben. Sie werden am achten Tage nach der Zustellung der Mahnung fällig. Für Verzugszeiträume bis zu zwei Wochen dürfen Verzugszinsen nicht vorgeschrieben werden. Zeiträume von mehr als zwei Wochen gelten für die Berechnung der Verzugszinsen als ganzer Monat.

Haftung

§ 8

...

(3) Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Zahlungsschulden, soweit diese auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen. Diese Bestimmung gilt nicht bei einem Erwerb aus einer Konkursmasse oder im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens.

(4) Bei Gesamtrechtsnachfolge geht die Zahlungsschuld des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme der Erben gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes (§§ 801 und 802 ABGB).

(5) Für die Zahlungsschulden haftet auf dem Grundstück - im Falle eines Baurechtes auf diesem - (§ 1 Abs. 3) ein gesetzliches Pfandrecht.

Verjährung

§ 9

Das Recht, einen fälligen Beitrag einzufordern, verjährt binnen sechs Jahren nach Ablauf des Jahres, in welchem der Beitrag fällig geworden ist. Die Verjährung wird durch jede zur Geltendmachung des Anspruches gegen den Zahlungsschuldner gerichtete Handlung, wie durch Zustellung einer Mahnung, durch Einleitung von Maßnahmen zur zwangsweisen Einbringung oder durch Bewilligung einer Zahlungsfrist (Stundung, Ratenbewilligung) unterbrochen. Nach Ablauf des Jahres, in welchem die letzte Mahnung zugestellt, der letzte Schritt zur zwangsweisen Einbringung vollzogen oder die letzte Zahlungsfrist abgelaufen ist, beginnt eine neue Verjährungsfrist zu laufen.

Vorauszahlung

§ 11

(1) Liegt für eine Anlage ein nach den in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften bewilligtes und mit einem Kostenvoranschlag belegtes Projekt vor und wurde diesem von der Gemeindevertretung zugestimmt, so ist die Gemeinde berechtigt, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung vom Zeitpunkt des Baubeginnes der Anlage an Vorauszahlungen auf den nach § 4 zu leistenden Beitrag zu erheben.

(2) Zur Leistung einer Vorauszahlung sind die Eigentümer (Berechtigten aus einem Baurecht) von Grundstücken verpflichtet, von denen nach dem Projekt Abwässer unmittelbar oder mittelbar in die Anlage eingeleitet werden sollen, soferne

  1. a) das Grundstück bebaut ist oder
  2. b) sich auf dem Grundstück ein Gebäude in Bau befindet.

(3) Die Vorauszahlung ist einheitlich in einem Hundertsatz, jedoch nicht mehr als mit 80 v.H. jenes Betrages zu erheben, der unter Zugrundelegung des Projektes der Anlage sowie des Umfanges und Zweckes des bestehenden oder in Bau befindlichen Gebäudes gemäß § 4 als Beitrag zu entrichten wäre. In diesem Rahmen dürfen Vorauszahlungen nur in dem Ausmaß erhoben werden, als dies zur Deckung der bisherigen sowie der im laufenden und im nächstfolgenden Jahr zu erwartenden Baukosten erforderlich ist.

(4) Ändern sich nach Leistung der Vorauszahlung die Verhältnisse derart, daß voraussichtlich die Beitragspflicht (§ 1) nicht mehr entstehen wird, so ist die Vorauszahlung mit 4 v.H. verzinst auf Antrag innerhalb einer Frist von zwei Wochen zurückzuzahlen.

(5) Für die Erhebung der Vorauszahlung gelten die §§ 5 bis 9 sinngemäß."

2.2. Gemäß § 1 Abs. 2 lit. b Sbg LAO gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht in Angelegenheiten der Anlieger- und Interessentenbeiträge der Eigentümer von Grundstücken.

Nach § 1 Abs. 7 Sbg. IBG wird der Beitrag von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich als Gemeindeabgabe (§ 8 Abs. 5 F-VG 1948) nach den Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze (Art. II Abs. 5 EGVG 1950) erhoben. Im Verfahren zur Vorschreibung der Vorauszahlung des Interessentenbeitrags ist somit nicht die Salzburger Landesabgabenordnung, sondern das AVG anzuwenden.

Daraus ergibt sich insbesondere auch, dass die Verjährungsvorschriften der LAO im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen. Damit besteht abgesehen von der Vorschrift über die Einhebungsverjährung betreffend fällige Abgabenbeträge keine Verjährungsvorschrift für die gegenständlichen Vorauszahlungen.

2.3. Die beschwerdeführende Stadtgemeinde wendet sich zunächst gegen die der Aufhebung des letztinstanzlichen Gemeindebescheids durch die belangte Behörde zu Grunde gelegte Annahme, es sei Verjährung nach § 9 Sbg. IBG eingetreten.

Die mitbeteiligte Partei habe sich in der Vorstellung nicht auf eine Einhebungsverjährung, wie sie in § 9 Sbg. IBG geregelt sei, berufen, sondern auf eine angeblich eingetretene Vorschreibungsverjährung. Die Prüfung der Einhebungsverjährung hätte daher nicht erfolgen dürfen.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass die Vorstellungsbehörde nicht gehindert ist, auch eine nicht explizit geltend gemachte Verletzung der subjektiven Rechte der Vorstellungswerberin aufzugreifen. Die Vorstellungsbehörde ist nicht auf die Prüfung der ausdrücklich geltend gemachten Rechtsverletzungen beschränkt (vgl. Art. 119a Abs. 5 zweiter Satz B-VG und die Nachweise bei Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts8, Rz 563, FN 428). Es braucht daher nicht geprüft zu werden, ob sich das Vorstellungsvorbringen hinsichtlich der Verjährung tatsächlich ausschließlich auf eine allenfalls eingetretene Vorschreibungsverjährung bezog, oder ob es gegebenenfalls auch als Behauptung der Verletzung in dem aus § 9 Sbg. IBG abzuleitenden Recht verstanden werden konnte.

2.4. Da die beschwerdeführende Gemeinde einerseits ein Recht darauf hat, dass der mit Vorstellung bekämpfte Bescheid nur bei Verletzung subjektiver Rechte des Vorstellungswerbers aufgehoben wird, und andererseits darauf, dass die tragenden Aufhebungsgründe dem Gesetz entsprechen, ist zu prüfen, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, dass hinsichtlich des im Jahre 1986 vorgeschriebenen Abgabenbetrages die Einhebungsverjährung gemäß § 9 Sbg. IBG eingetreten ist und dass daraus folgt, dass eine neuerliche Vorschreibung einer Vorauszahlung "nur für die Abänderungen baulicher und betrieblicher Art" erfolgen könne und daher der mit Vorstellung bekämpfte Bescheid aufzuheben war.

Bei dieser Prüfung sind grundsätzlich zwei Punkte von Bedeutung: zum Einen, dass die Einhebungsverjährung nach § 9 Sbg. IBG einen fälligen Abgabenbetrag voraussetzt, und zum Anderen, dass die Einhebungsverjährung nach § 9 Sbg. IBG zwar die Einhebung eines bereits vorgeschriebenen, fälligen Abgabenbetrages hindern würde, auch der Eintritt der Einhebungsverjährung hinsichtlich eines früher fällig gewordenen Betrages hingegen noch nichts darüber besagt, ob und inwieweit eine neuerliche Vorschreibung einer Vorauszahlung erfolgen kann. Die Möglichkeit einer neuerlichen (allenfalls ergänzenden) Vorschreibung einer Vorauszahlung nach einer rechtskräftigen ersten Vorschreibung bestünde, sofern sie nach dem Gesetz möglich ist, unabhängig davon, ob hinsichtlich des ersten, vorgeschriebenen Betrags die Einhebungsverjährung nach § 9 Sbg. IBG eingetreten ist (vgl. in diesem Zusammenhang § 11 Abs. 5 Sbg. IBG, der die sinngemäße Geltung der §§ 5 bis 9 des Gesetzes anordnet, damit aber die Regelungen für die Erhebung eines Ergänzungsbeitrages nach § 10 IBG nicht für anwendbar erklärt). In diesem Sinne besteht der von der belangten Behörde ihrer Entscheidung implizit zu Grunde gelegte Konnex zwischen der Einhebungsverjährung und der Möglichkeit einer neuerlichen Vorschreibung (bzw. der Berechnung der Höhe einer neuerlichen Vorschreibung) nicht zwingend. Ein solcher Konnex bestünde nur, wenn nach der gesetzlichen Anordnung die Höhe einer solchen weiteren Vorschreibung (so sie zulässig ist) nicht von einer bereits rechtskräftigen (ersten) Vorschreibung abhängig wäre, sondern allein von bereits tatsächlich geleisteten Zahlungen. Die belangte Behörde hat ihre Auffassung in diesem Zusammenhang nicht näher begründet. Wie die nachstehenden Überlegungen zeigen, ist diese Frage im Beschwerdefall aber nicht streitentscheidend.

2.5. Für den Beschwerdefall ist nämlich von ausschlaggebender Bedeutung, dass die belangte Behörde bei der Prüfung, ob Einhebungsverjährung nach § 9 Sbg. IBG eingetreten ist, auf dem Boden der ihr vorliegenden Verfahrensergebnisse nicht ohne weiteres davon ausgehen konnte, dass die seinerzeit erfolgte Vorschreibung rechtskräftig war und somit ein fälliger Betrag vorlag.

Da im Verfahren zur Vorschreibung der Vorauszahlung des Interessentenbeitrags das AVG anzuwenden ist, konnte die Fälligkeit der Vorschreibung nicht vor der Rechtskraft des Vorschreibungsbescheides eintreten. Eine Berufung hat nach dem AVG aufschiebende Wirkung, sofern diese nicht nach § 64 Abs. 2 AVG aberkannt wurde. Auch wenn § 6 Sbg. IBG hinsichtlich der Fälligkeit der Abgabenvorschreibung auf den Vorschreibungsbescheid verweist, bedeutet dies mangels ausdrücklicher anders lautender Regelung nicht, dass die Wirkungen der erstinstanzlichen Abgabenvorschreibung (insbesondere etwa die Festsetzung einer Fälligkeit der Abgabe) in einem Verfahren nach AVG vor Rechtskraft des Abgabenbescheids eintreten würden. Die Festsetzung eines bestimmten Fälligkeitsdatums im Vorschreibungsbescheid entfaltet erst mit der Rechtskraft des Bescheides ihre Verbindlichkeit. Der Verweis in § 6 Sbg. IBG auf den Vorschreibungsbescheid bedeutet somit im Zusammenhang mit einem Verfahren, in dem AVG anzuwenden ist, einen Verweis auf einen rechtskräftigen Vorschreibungsbescheid.

Hinzu kommt im Beschwerdefall, dass sowohl die Abgabenbehörden als auch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei davon ausgehen, dass das erwähnte Vorschreibungsverfahren eine Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei betraf. Die Behörden haben ohne nähere Begründung offenbar angenommen, dass die mitbeteiligte Partei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsstellung der damaligen Abgabenschuldnerin eingetreten sei und damit einerseits allfällige rechtskräftig festgesetzte Beträge von der mitbeteiligten Partei geschuldet werden und andererseits anhängige Abgabenverfahren mit der mitbeteiligten Partei fortzusetzen wären.

Die Feststellung, dass hinsichtlich des 1986 vorgeschriebenen Abgabenbetrages die Einhebungsverjährung nach § 9 Sbg. IBG eingetreten sei, beruht daher nicht auf einem ordnungsgemäßen Verfahren.

2.6. Stand aber noch nicht fest, ob das Berufungsverfahren betreffend den Bescheid vom 28. November 1985 abgeschlossen wurde, erweisen sich auch die weiteren - von der belangten Behörde nicht näher begründeten - Überlegungen zur Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit einer neuerlichen Vorschreibung einer Vorauszahlung der mitbeteiligten Partei gegenüber sowie zu deren Berechnung als nicht auf gesicherter Grundlage getroffen. Dies deshalb, weil dann, wenn das Berufungsverfahren, in das die mitbeteiligte Partei als Abgabenschuldnerin eingetreten wäre, noch nicht abgeschlossen sein sollte, sich weitere Überlegungen zur Frage, ob und unter welchen Umständen nach einer erstmaligen rechtskräftigen Vorschreibung eine neuerliche Vorschreibung einer Vorauszahlung in Betracht kommt, erübrigen.

Die belangte Behörde hat ausgehend von ihrer auf dem Boden des ihr vorliegenden Sachverhalts nicht begründeten Ansicht, dass jedenfalls ein rechtskräftig vorgeschriebenen Betrag vorliege, übergangen, dass dann, wenn der vorgeschriebene Betrag nicht rechtskräftig vorgeschrieben war, der neuerlichen Vorschreibung schon der Grundsatz des "ne bis in idem" entgegen steht (vgl. zum Grundsatz "ne bis in idem" die hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 1974, Zl. 1818/73, Slg. Nr. 4739/F, und vom 18. September 2002, Zl. 98/17/0281, mit weiteren Nachweisen, sowie das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1989, Zl. 87/17/0202, und vom 22. Februar 2006, Zl. 2004/17/0028).

Die Gemeindebehörden haben die Abgabenvorschreibung ausdrücklich als Vorauszahlung nach § 11 Sbg. IBG bezeichnet. Insofern betrifft das vorliegende Abgabenverfahren, in dem der angefochtene Vorstellungsbescheid erging, dieselbe Sache, die auch Gegenstand der erstinstanzlichen Abgabenvorschreibung vom 28. November 1985 (zugestellt am 21. Mai 1986) war.

Sollte das seinerzeitige Vorschreibungsverfahren noch nicht abgeschlossen sein, kann die Frage, ob und inwieweit eine neuerliche Vorschreibung nach einer erstmaligen rechtskräftigen Vorschreibung in Betracht kommt, dahin stehen.

2.7. Die Frage des rechtskräftigen Abschlusses des Vorschreibungsverfahrens wäre auf dem Boden der oben dargestellten Rechtslage aber bereits von den Gemeindebehörden zu berücksichtigen gewesen. Insofern leidet der mit Vorstellung bekämpfte Bescheid der Gemeindevorstehung vom 23. Februar 2006 an einer Rechtswidrigkeit des Inhalts, weil die Gemeindevorstehung zwar ausdrücklich davon ausgegangen ist, dass das seinerzeitige Berufungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, aber nicht die sich daraus ergebende Konsequenz gezogen hat, dass der neuerlichen Vorschreibung der Grundsatz "ne bis in idem" entgegen stand. Auf dem Boden der Sachverhaltsannahmen der Gemeindevorstehung wäre der Berufung Folge zu geben und der erstinstanzliche Vorschreibungsbescheid (ersatzlos) aufzuheben gewesen.

Die belangte Behörde hätte diesen Mangel wahrzunehmen gehabt.

2.8. Wenngleich somit die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften Bescheids der Gemeindevorstehung vom 23. Februar 2006 im Ergebnis zutreffend war, ist die vorliegende Beschwerde begründet, weil die Gemeinde ein Recht darauf hat, dass ihr nur eine mit dem Gesetz in Einklang stehende Rechtsansicht überbürdet wird (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 28. Februar 1991, Zl. 91/06/0019, vom 17. März 2006, Zl. 2005/05/0131 sowie das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/05/0168).

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben, ohne dass auf die weiteren - teilweise nur implizit dem angefochtenen Bescheid zu entnehmenden - Begründungsteile im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der grundsätzlichen Zulässigkeit einer zweiten Vorauszahlungsvorschreibung und die Art der Berechnung der Höhe einer solchen Vorschreibung einzugehen war. Mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheides wird auch die Bindungswirkung weiterer tragender Begründungsteile beseitigt, sodass es sich erübrigt, zu prüfen, welche der von der belangten Behörde über die Ausführungen zur eingetretenen Verjährung hinaus gehenden Begründungsteile ebenfalls als die Aufhebung tragend anzusehen sind.

2.9. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren, soweit sie nicht - was einer Vorstellungsbehörde offen stünde - durch eigene Sachverhaltsfeststellungen einen anderen als den bisher festgestellten Sachverhalt zu Grunde legen kann, den bei ihr mit Vorstellung bekämpften Bescheid der Gemeindevorstehung, der bereits auf Grund der Missachtung der Sperrwirkung des nach den Feststellungen der Gemeindevorstehung nicht abgeschlossenen Berufungsverfahrens inhaltlich rechtswidrig war, aufzuheben haben wird.

2.10. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 4. September 2008

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