Normen
BAO §24 Abs1 litd;
BAO §24 Abs1 litd;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom 23. April 1996 erwarb der Ehemann der Beschwerdeführerin, Wolfgang W, das Grundstück EZ. 315 in K. um einen Kaufpreis in Höhe von ATS 1 Mio.
Mit Vereinbarung vom 7. Juni 1996 verpflichtete sich Wolfgang W der Beschwerdeführerin gegenüber, die mit Kaufvertrag vom 23. April 1996 erworbene Liegenschaft weder zu veräußern, noch zu belasten, insbesondere nicht zu verpfänden (Belastungs- und Veräußerungsverbot gem. § 364c ABGB) oder sonst in irgendeiner Weise weiterzugeben, auch nicht unentgeltlich, oder durch Überlassung zur Nutzung oder durch Vermietung. Weiters räumte er der Beschwerdeführerin zur Gänze das alleinige Fruchtnießungsrecht gem. § 509 ABGB an der gegenständlichen Liegenschaft ein. Die Beschwerdeführerin nahm diese Verpflichtungen an. Gemäß Punkt V. dieser Vereinbarung erteilte Wolfgang W der Beschwerdeführerin seine ausdrückliche Einwilligung zur grundbücherlichen Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes im Sinne des § 364c ABGB sowie des Fruchtnießungsrechtes gemäß § 509 ABGB zu ihren Gunsten.
Mit Vereinbarung vom 28. August 1998 traf Wolfgang W mit der Beschwerdeführerin eine gleich lautende Vereinbarung hinsichtlich einer weiteren Liegenschaft, EZ. 1069, in K. Auch diesbezüglich erteilte Wolfgang W der Beschwerdeführerin seine Einwilligung zur Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes im Sinne des § 364c ABGB sowie des Fruchtnießungsrechtes gemäß § 509 ABGB beides zu Gunsten der Beschwerdeführerin.
Mit Kaufvertrag vom 12. Februar 1999 verkaufte Wolfgang W die Liegenschaft EZ 315 in K. Vom Gesamtkaufpreis in Höhe von S 1,800.000,-- erhielt die Beschwerdeführerin für die Aufgabe ihres Belastungs- und Veräußerungsverbotes sowie ihres Fruchtgenussrechtes einen Betrag in Höhe von S 600.000,--. Den Restbetrag in Höhe von S 1,200.000,-- erhielt Wolfgang W. Mit Löschungserklärung vom 12. Februar 1999 erteilte die Beschwerdeführerin ihre Einwilligung zur Einverleibung der Löschung des Fruchtgenussrechtes und des Belastungs- und Veräußerungsverbotes hinsichtlich der Liegenschaft EZ 315 in K.
Mit Schriftsatz vom 3. Oktober 2000 brachte das Finanzamt der Beschwerdeführerin zur Kenntnis, dass nach Ansicht der Finanzverwaltung die der Beschwerdeführerin im Jahr 1999 zugeflossenen S 600.000,-- als Einkünfte aus Leistungen gemäß § 29 Z 3 EStG 1988 (sonstige Einkünfte) zu versteuern seien. Begründend führte das Finanzamt aus, sowohl das Veräußerungs- und Belastungsverbot als auch das Fruchtgenussrecht seien der Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann unentgeltlich eingeräumt worden und könnten nicht als "Vermögen" angesehen werden. Durch die Freistellung der belasteten Liegenschaft von der im Belastungs- und Veräußerungsverbot gelegenen Eigentumsbeschränkung erfahre das Vermögen der Beschwerdeführerin als Verbotsberechtigter keine Minderung. Eine die Steuerpflicht nach § 29 Z 3 EStG 1988 ausschließende Veräußerung eines Vermögensgegenstandes bzw. eine der Veräußerung gleichzuhaltende Vermögensumschichtung liege nicht vor.
In ihrer Stellungnahme vom 6. November 2000 führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, das Fruchtgenußrecht sowie das Belastungs- und Veräußerungsverbot seien vereinbart worden, weil die Beschwerdeführerin das auf der Liegenschaft geplante, als Zweitwohnsitz gedachte Haus entsprechend mitfinanzieren hätte sollen; letztlich hätte an der bebauten Liegenschaft Hälfteeigentum der Ehegatten begründet werden sollen. Infolge geänderter Lebensplanung sei es aber dann zum Erwerb eines anderen, größeren Grundstückes gekommen. Bei dem Fruchtgenussrecht sowie dem zu ihren Gunsten intabulierten Veräußerungs- und Belastungsverbot handle es sich um keine grundstücksgleichen Rechte. Die Beschwerdeführerin habe daher das Entgelt für die von ihr aufgegebenen Rechte außerhalb der Frist des § 30 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988 erhalten und demnach keinen Spekulationsgewinn zu verbuchen. Einmalige Entgelte für die Aufgabe von Rechten seien auch nicht nach § 29 Z 3 EStG 1988 steuerpflichtig, weil Rechte ebenso Wirtschaftsgüter seien wie körperliche Gegenstände und Vermögensumschichtungen im Privatvermögen - außer bei Vorliegen eines Spekulationstatbestandes - nicht besteuert werden könnten.
Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 vom 15. November 2000 wurden die im Jahr 1999 zugeflossenen S 600.000,-
- als Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 29 Z 3 EStG 1988 veranlagt. Begründend führte das Finanzamt aus, die entgeltliche Aufgabe der Rechte aus einem Belastungs- und Veräußerungsverbot erfülle den Tatbestand des § 29 Z 3 EStG 1988. In der Aufgabe sei ein Tun, Dulden bzw. Unterlassen gegen Entgelt gelegen, durch welches einem anderen ein wirtschaftlicher Vorteil eingeräumt worden sei. Der Vorgang sei nicht als Veräußerung oder als eine der Veräußerung gleichzuhaltende Vermögensumschichtung anzusehen.
In ihrer Berufung vom 27. November 2000 führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, der werthaltige Teil ihrer Rechte an der verkauften Liegenschaft sei ihr Fruchtgenussrecht gewesen, wogegen das Veräußerungs- und Belastungsverbot nur eine Bremse für ihren Ehemann dargestellt habe, die Liegenschaft ohne ihre Zustimmung veräußern zu können. Ablösezahlungen für ein Fruchtgenussrecht seien als Vermögensumschichtungen nicht einkommensteuerpflichtig.
Ergänzend zur Berufung legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. Juli 2001 ein Privatgutachten zum Wert von Fruchtgenussrecht und Veräußerungs- und Belastungsverbot vor. Aus diesem ergebe sich, dass von den von der Beschwerdeführerin lukrierten S 600.000,-- dem Fruchtgenussrecht S 525.000,-- sowie dem Belastungs- und Veräußerungsverbot S 75.000,-- zuzuordnen seien.
Mit Schreiben vom 29. April 2002 führte die Beschwerdeführerin in der aufgetragenen Stellungnahme zusammenfassend aus, die Einräumung des Fruchtgenussrechtes und auch des Belastungs- und Veräußerungsverbotes hätten die zur Verfügung stehenden Rechtsinstrumente dargestellt, um die ursprünglich schwache Rechtsposition der Beschwerdeführerin pro futuro zu verbessern. Das Fruchtgenussrecht sei eingeräumt worden, um die Bereitschaft der Beschwerdeführerin zu erlangen, an der Finanzierung des auf der Liegenschaft geplanten Hauses mitzuwirken und ihr gleichzeitig eine rechtliche Absicherung im Todesfall des Ehemannes oder auch im Scheidungsfall zu geben. Es handle sich um kein Vertragskonstrukt mit dem Ziel, allfällige Gewinne steuerschonend zu erhalten, sondern um eine nach allgemeiner Lebenserfahrung vernünftige Absicherung der Beschwerdeführerin zu gewährleisten. Hinsichtlich der Frage, ob Wolfgang W, der keinerlei Rechte mehr gehabt habe, noch wirtschaftlicher Eigentümer gewesen sei, führte die Beschwerdeführerin nach Zitierung der von Stoll im Kommentar zur BAO zu § 24 Abs. 1 lit. d BAO dargestellten Rechtsansicht aus, dass die wirtschaftlich bedeutenderen Rechte an der Liegenschaft Wolfgang W zugestanden seien. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Beschwerdeführerin beim Liegenschaftsverkauf nur ein Drittel, Wolfgang W jedoch zwei Drittel realisiert habe.
In Ergänzung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung in der der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ausdrücklich bestritten wurde, legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 30. Juni 2003 eine Aufstellung jener Aufwendungen vor, die von ihr für das Grundstück aufgebracht worden seien und noch auf den Veräußerungspreis hätten angerechnet werden müssen. Demnach habe die Beschwerdeführerin aufgewendet:
rd. S 30.000,-- für Pflanzen, Erde, Dünger, Rindenmulch, Spritzmittel,
rd. S 25.000,-- für Material zur Herstellung bzw. Erneuerung der Einfriedung und des Tores samt Fundamentierung,
rd. S 25.000,-- für Gartengeräte,
rd. S 6.000,-- für Essenseinladungen und Bezinkostenersatz als Gegenleistung für Hilfeleistungen aus dem Freundeskreis.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. Juli 2003 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte im Wesentlichen begründend aus, durch die Einräumung der im Grundbuch verbücherten Rechte (Veräußerungs- und Belastungsverbot, Fruchtgenussrecht) habe der im Grundbuch eingetragene Eigentümer, Wolfgang W, kein Recht mehr gehabt, über das Grundstück zu verfügen. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine eigentümerähnliche Stellung erhalten. Es könne daher, der "Rechtsprechung und Lehre folgend" vom Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an die Beschwerdeführerin ausgegangen werden. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, dass zur Frage des wirtschaftlichen Eigentums die Finanzbehörde eingehende Sachverhaltsfeststellungen unterlassen habe, werde entgegengehalten, dass für die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes keine weiteren Erhebungen nötig gewesen seien. Die privaten oder zivilrechtlichen Gründe für die grundbücherliche Einräumung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes sowie des Fruchtgenussrechtes seien aus steuerlicher Sicht nicht zu berücksichtigen gewesen.
Nach Ansicht der belangten Behörde sei das wirtschaftliche Eigentum an der Liegenschaft EZ 315 in K mit Einräumung des Fruchtgenussrechtes sowie des Veräußerungs- und Belastungsverbotes an die Beschwerdeführerin übergegangen. Da die Einräumung der vorstehend ausgeführten Rechte unentgeltlich erfolgt sei, sei vom Anschaffungszeitpunkt des Vorgängers, des Ehemannes der Beschwerdeführerin, im Jahr 1996 auszugehen. Die gesetzlich vorgegebene Frist von zehn Jahren, innerhalb derer der Spekulationstatbestand verwirklicht werde, sei bis zum Verkauf des Grundstückes 1999 nicht abgelaufen gewesen. Bei einem unentgeltlichen Erwerb sei auf die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers bzw. des letzten entgeltlichen Erwerbers abzustellen. Nach der Aktenlage seien beim Ehemann der Beschwerdeführerin im Jahre 1999 S 33.521,-- als sonstige Einkünfte im Zuge der Veranlagung der Einkommensteuer unterzogen worden. Diese seien als Spekulationseinkünfte erklärt worden. Von den von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Liegenschaft angeführten Kosten hätten nur jene Aufwendungen, die mit dem Grundstück und dessen Verkauf in unmittelbarem Zusammenhang gestanden seien, anerkannt werden können. Dies seien die geschätzten Kosten für Material zur Herstellung bzw. Erneuerung der Einfriedung und des Tores samt Fundamentierung in Höhe von S 25.000,--. Die übrigen Kosten seien nicht anzuerkennen gewesen, weil sie für selbständige Wirtschaftsgüter - wie Gartengeräte - bezahlt worden seien und für sonstige Aufwendungen, die mit der Veräußerung nicht im Zusammenhang gestanden, sondern während des Besitzes zur angenehmeren bzw. schöneren Benutzung des Gartens angefallen seien.
Die belangte Behörde kam sohin zu dem zahlenmäßigen Ergebnis, dass auf Grund des Überganges des wirtschaftlichen Eigentums auf die Beschwerdeführerin dieser
ein Verkaufserlös iHv | S | 600.000,-- |
zuzüglich ein dem Ehemann Wolfgang W verbleibender Gewinn iHv | S | 33.521,-- |
abzüglich der Kosten zur Herstellung bzw. Erneuerung der Einfriedung und des Tores iHv | S | - 25.000,-- |
sohin Einkünfte aus Spekulationsgewinn in Höhe von | S | 608.521,-- |
zuzurechnen und zu besteuern seien.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft die Beschwerdeführerin den Bescheid der belangten Behörde sowohl wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes als auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich verletzt in ihren Rechten auf Nichtbesteuerung des von ihr für den Verzicht auf Fruchtgenuss und Veräußerungs- und Belastungsverbot empfangenen Betrages von S 600.000,--, auf Nichtbesteuerung eines ihr nicht zugekommenen Betrages, den ihr Ehemann Wolfgang W versteuert habe sowie für den Fall der Besteuerung des Entschädigungsbetrages für den Verzicht auf ihre Rechte auf Abzug von insgesamt S 61.000,-- an Werbungskosten anstatt der von der belangten Behörde anerkannten S 25.000,-- unter ausdrücklichem Verzicht auf den Abzug des für Gartengeräte geltend gemachten Betrages von S 25.000,--.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Schuldrechtlich war die Beschwerdeführerin weder Käuferin noch Verkäuferin der in Rede stehenden Liegenschaft. Wie nachstehend ausgeführt wird, ist die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Sonderkonstellation vorläge, die es dennoch erlaubte, die strittigen Einkünfte nach § 29 Z. 2 iVm § 30 EStG 1988 ohne weiteres der Beschwerdeführerin zuzurechnen:
Gemäß § 24 Abs. 1 lit. d BAO werden Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet.
Die Zurechnung von Wirtschaftsgütern erfolgt somit nach Maßgabe des wirtschaftlichen Eigentums. Wirtschaftlicher Eigentümer ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum fallen jedoch auseinander, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, wie insbesondere Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung und Veräußerung, auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, geltend machen kann. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des jeweiligen Falles festzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2006, Zl. 2002/13/0042, mwN).
Stoll, Kommentar zur BAO I, 296, sieht ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten des Fruchtgenussberechtigten (nur) als ein mögliches Indiz dafür an, diesem wirtschaftliches Eigentum zuzuerkennen (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2006, Zl. 2002/13/0042, mwN).
Indem die belangte Behörde allein das Bestehen des Fruchtgenussrechtes sowie des Belastungs- und Veräußerungsverbotes für das Vorliegen des wirtschaftlichen Eigentums bei der Beschwerdeführerin als ausreichend erachtet hat, es also verabsäumt hat, die Voraussetzungen für die Stellung der Beschwerdeführerin als wirtschaftliche Eigentümerin anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des gegenständlichen Falles festzustellen (wobei etwa der Umstand, dass der Ehemann die in Rede stehende Liegenschaft auch wieder verkaufte, ein Indiz gegen das Vorliegen des wirtschaftlichen Eigentums der Beschwerdeführerin sein kann), hat sie den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. November 2007
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