VwGH 2006/15/0156

VwGH2006/15/015621.9.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des D in F, vertreten durch Dr. Margit Stüger, Rechtsanwältin in 4890 Frankenmarkt, Hauptstraße 102, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 23. Februar 2006, RV/0186-L/04, betreffend Investitionszuwachsprämie 2002, zu Recht erkannt:

Normen

BewG 1955 §1 Abs2;
BewG 1955 §51 Abs1;
EStG §108e Abs2;
BewG 1955 §1 Abs2;
BewG 1955 §51 Abs1;
EStG §108e Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus einem Gärtnereibetrieb. In der Beilage zur Einkommensteuererklärung 2002 beantragte er Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 in Höhe von EUR 124.995,90. In einem Begleitschreiben findet sich folgende Anmerkung: "Nach unserer Rechtsauffassung handelt es sich bei einem Gewächshaus nicht um Gebäude sondern um eine Betriebsvorrichtung (BMF 31.7.2003, 5426/26/2003). Für das Gewächshaus gelten nicht die AfA-Sätze des § 8 Abs. 1 (siehe deutsche AfA-Tabelle) und es kann auch nicht die vorzeitige Abschreibung nach § 10a (3) geltend gemacht werden."

Das Finanzamt führte eine Nachschau durch, bei welcher der Prüfer zur Auffassung gelangte, dass es sich beim Glashaus, für welches der Beschwerdeführer Investitionszuwachsprämie beantragt hatte, um ein Gebäude handle, weshalb kein Anspruch auf die Prämie bestehe. Auf Grund der Besichtigung des Glashauses verfasste er folgende Beschreibung:

"Das Gewächshaus ist ca. 4.000 m2 groß und umfasst 2 Kulturabteilungen (Rosen, Gerbera). Das Gewächshaus steht auf Punktfundamenten aus Beton bis in frostfreie Tiefe. Im Haus selbst wurde ein durchgehender Hauptweg betoniert. Sämtliche Kulturflächen befinden sich auf dem Mutterboden, der mit Kunststoffmatten belegt ist. Die Matten sind wasser- und luftdurchlässig. Das Gewächshaus wurde in holländischer Leichtbauweise errichtet und zur Gänze mit Plexiglas (16 mm Isolierglas) eingedeckt. Die Wände bestehen aus 4,50 m hohen und 1 m breiten Glaselementen und können jederzeit herausgenommen werden. Die Glaselemente sind nur verschraubt und nicht verschweißt. Theoretisch kann das gesamte Gewächshaus jederzeit abgebaut und an einem anderen Standort wieder aufgebaut werden."

Mit Bescheid vom 27. Jänner 2004 setzte das Finanzamt die Investitionszuwachsprämie mit EUR 88.991,80 fest und führte zur Begründung aus, bei einem Glashaus handle es sich um ein Gebäude und nicht um eine Betriebsvorrichtung. Die Investitionszuwachsprämie sei sohin zu korrigieren gewesen.

Mit Ausfertigungsdatum 29. Jänner 2004 erließ das Finanzamt einen gemäß § 293 BAO berichtigten Bescheid, mit welchem es die Investitionszuwachsprämie mit dem Betrag von EUR 89.368,60 festsetzte. In der Bescheidbegründung wird auf einen Rechenfehler verwiesen.

Der Beschwerdeführer berief gegen die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie. Zur Begründung führte er aus, in der erklärten Bemessungsgrundlage für die Prämie sei auch ein von der niederländischen Firma B geliefertes Glashaus enthalten, dessen Inbetriebnahme am 30. November 2002 erfolgt sei (Anschaffungskosten von EUR 356.273,24). Die Berufung richte sich gegen die Qualifizierung des Gewächshauses als Gebäude. Tatsächlich stelle es mit den anderen Betriebsvorrichtungen eine einheitliche Produktionsanlage dar, die der ganzjährigen Aufzucht von Rosen und Gerbera diene. Zunächst werde darauf verwiesen, dass in der aktuellen Fachliteratur (Hinweis auf Thunshirn/Untiedt, SWK 2004, S 113) Glashäuser nicht als Gebäude angesehen würden. Im Widerspruch zu dieser Rechtsauffassung habe der bundesweite Fachbereich in einer Anfragebeantwortung Glashäuser als Gebäude eingestuft und sich dabei auf das Urteil des BFH, BStBl 1988 II 628, bezogen. In jenem Urteil habe der BFH festgestellt, dass für die Abgrenzung des Gebäudebegriffes von der Verkehrsauffassung auszugehen sei; danach könne ein Bauwerk als Gebäude angesehen werden, wenn es nicht nur fest mit dem Boden verbunden sei, von einiger Beständigkeit und ausreichend standhaft sei, sondern auch Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz vor Witterungseinflüssen gewähre und den Aufenthalt von Menschen gestatte. Die österreichische Judikatur treffe eine eigenständige Aussage über das Verhältnis von typisiertem Gebäudebegriff zur Verkehrsauffassung nicht. Der Beschwerdeführer vertrete die Auffassung, dass nach der Verkehrsauffassung und der Zweckbestimmung eines Gewächshauses eine Vorrichtung vorliege, die einer Betriebsanlage zugehöre, somit sei nicht von einem Gebäude auszugehen. Aber auch die Prüfung der Merkmale des typisierten Begriffes des Gebäudes ergebe, dass das konkrete Gewächshaus kein solches darstelle. Das Bauwerk biete zwar Schutz gegen Witterungseinflüsse und gestatte sogar den Aufenthalt von Menschen. Eine Verbindung mit dem Grund und Boden bestehe allerdings nur darin, dass auf Punktfundamenten ein Streifenfundament mittels Steckeisen angebracht sei. Die tragenden Teile der sechs Glashausschiffe seien mit Punktfundamenten verschraubt. Die frostfreie Fundamentierung sei nicht durchgängig. Auf die mit dem Streifenfundament ebenfalls lediglich verschraubten Aluprofile seien die 16 mm starken Isolierglaselemente aufgesteckt. Befestigt seien die Glaselemente (inklusive Dachelemente) mittels dem Aluprofil vorstehenden Deckleisten aus Kunststoff, das heiße, es sei hier nicht einmal eine Verschraubung erforderlich. Lediglich durch Entfernen der Deck- (Steck‑)Leisten könnten die Glaselemente demontiert werden. Der Kontakt der Plexiglaselemente des Glashauses mit dem Grundstück gehe über ein bloßes Berühren nicht hinaus. Eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden sei daher für Wand- und Dachelemente nicht gegeben. Ein Abbau und Versetzen an einen anderen Ort wäre ohne größeren Aufwand und ohne Verletzung der Substanz möglich. Das Bauwerk sei daher nach der Verkehrsauffassung als beweglich anzusehen. Die vor 16 Jahren geäußerte Rechtsansicht des BFH treffe für Gewächshäuser neuester holländischer Leichtbauweise nicht mehr zu.

Von einem Gebäude unterscheide sich das konkrete Glashaus auch dadurch, dass es mit den Betriebsvorrichtungen (Bewässerungssystem, Heizsystem, Abdeckschirmen, Lampenanlagen) eine produktionstechnische Einheit bilde. Die einzelnen Teile der Anlage seien in hohem Grad aufeinander abgestimmt. Erst deren Integration formiere die Gesamtanlage und ermögliche die Aufzucht der Blumen. Ohne Ummantelung wäre die Einrichtung nicht komplett und könnte der Betriebszweck nicht erfüllt werden.

Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass das gegenständliche Glashaus nicht alle Merkmale des Gebäudebegriffes erfülle. Es weise keine feste Verbindung mit dem Boden auf und bilde darüber hinaus einen integrierenden Bestandteil der gesamten Produktionsanlage.

Abschließend sei angemerkt, dass auch die Nutzungsdauer für das Vorliegen einer Betriebsvorrichtung spreche. Nach den deutschen amtlichen Abschreibungstabellen deren Anwendung nach Rz 3115 EStR 2000 in Österreich erlaubt sei, betrage die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Glashauses lediglich 15 Jahre.

Mit Eingabe vom 9. Juni 2005 wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass das Glashaus im Winter 2004/2005 durch Schneedruck so stark beschädigt worden sei, dass durch die Versicherung ein erheblicher Schaden an der Anlage festgestellt worden sei. Ein Grund dafür sei gewesen, dass die Bauelemente des Glashauses nur mit Punktfundamenten und daher nicht fest und durchgehend mit dem Grund und Boden verbunden gewesen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Gemäß § 108e EStG zählten Gebäude nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern. Als Gebäude sei nach der Rechtsprechung (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1956, 1391/54) ein Bauwerk anzusehen, das

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

§ 108e Abs 1 und 2 EStG lauten:

"(1) Für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern kann eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

(2) Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens.

Nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern zählen:

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