VwGH 2005/03/0206

VwGH2005/03/020628.2.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des HW in W, vertreten durch Dipl.-Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 10. August 2005, Zl SD 897/05, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §8;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG), BGBl I Nr 12/1997, ein Waffenverbot ausgesprochen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei im Zuge eines - auf Grund von Angaben anonymer Zeugen angeordneten - Polizeieinsatzes in seiner Wohnung am 25. März 2004 in alkoholisiertem Zustand angetroffen worden. Nach den übereinstimmenden Angaben der einschreitenden Beamten habe der Beschwerdeführer lallend gesprochen und die Bindehäute seiner Augen hätten Rötungen aufgewiesen. In der Wohnung seien mehrere Schusswaffen, teilweise mit angestecktem Magazin und durchgeladen, sichergestellt worden. Eine abgesägte Schrotflinte sowie verbotene Munition habe sich im Schlafzimmer in einer offenen schwarzen Aktentasche befunden. Eine geladene Pistole sei unter Zeitungen versteckt im Wohnzimmer auf einem Sessel gefunden worden, eine weitere geladene Pistole habe sich im nicht versperrten Wohnzimmerschrank befunden und eine Langwaffe sei frei zugänglich in einer Sportschützentasche im Schlafzimmer gewesen.

Am 3. September 2004 wurde ein den Beschwerdeführer betreffendes psychiatrisches Gutachten erstattet, in welchem der Sachverständige zu folgender Beurteilung gelangte:

"Aufgrund des Anamnese- und Befundergebnisses ergeben sich Anhaltspunkte für einen lang anhaltenden Alkoholmissbrauch, der offensichtlich in Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren willentlich beherrscht wird. Für eine gegenwärtige Abstinenz spricht der CTD-Wert, somit die Tatsache, dass (der Beschwerdeführer) zumindest über in einen Zeitraum von Wochen imstande ist, Alkoholkonsum zu vermeiden.

Das intellektuelle Begabungsniveau ist durchschnittlich. Maßgebliche Hinweise für ein alkoholbedingtes vorzeitiges Herabsinken der Leistungsfähigkeit, einer abnormen Impulskontrolle oder einer abartigen Persönlichkeitsentwicklung finden sich nicht.

Die Wahrscheinlichkeit einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen und damit verbundener Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit von Menschen oder fremden Eigentum ist als sehr gering anzunehmen. Es kann jedoch nicht mit vollkommener Sicherheit ausgeschlossen werden, dass es (beim Beschwerdeführer) nicht zu einem Rückfall in frühere Trinkgewohnheiten und damit zu einem sorglosen Umgang in Verbindung mit Waffen kommt, wie es sich in der Vorgeschichte darstellt. Somit ist die gebotene Verlässlichkeit aus psychiatrischer Sicht nicht gegeben. Um eine positive Empfehlung abgeben zu können ist ein längerer Beobachtungszeitraum von mindestens 12 Monaten erforderlich, während dem (der Beschwerdeführer) durch Bebringung entsprechender Befunde nachhaltige Alkoholabstinenz nachweist."

Basierend auf der Aktenlage erstattete der Chefarzt der Bundespolizeidirektion Wien über Ersuchen der Behörde erster Instanz am 7. Oktober 2004 eine Stellungnahme, in der er unter anderem Folgendes ausführt:

"Bei der klinischen Untersuchung des Amtsarztes als auch des Sachverständigen wurde eindeutige Hinweise auf Alkoholmissbrauch festgestellt. Der sensible diesbezügliche Labormarker (GammaGT) war mit 138 (23.05.2004) deutlich erhöht. Dass das CDT mit 0,7 % im Normbereich war, ist mit einer zwei- bis dreiwöchigen Abstinenz erklärbar. Aufgrund der im Akt vorliegenden Fakten ist der Genannte aus chefärztlicher Sicht prinzipiell in Zukunft von Waffen fernzuhalten und es besteht aus medizinischer Sicht die Annahme, dass diese Person durch missbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte."

Unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gelangte die belangte Behörde unter anderem auf Grund dieser Gutachten zu der Feststellung, dass auf Grund des nachgewiesenen jahrelangen Alkoholmissbrauches des Beschwerdeführers die Gefahr bestünde, dass dieser jederzeit einen Rückfall in seine alten Trinkgewohnheiten erleiden könnte beziehungsweise dass seine "Alkoholsucht" im eigentlichen Sinne nie geheilt worden sei. Bestärkend dazu führte die Behörde aus, dass der Beschwerdeführer seinen Alkoholkonsum im "Bedarfsfall" (nur) willentlich beherrschen würde. Der Beschwerdeführer hätte trotz Kenntnis der Gutachten auch nicht versucht, eine - allenfalls bereits eingetretene - Heilung seiner Alkoholabhängigkeit zu beweisen.

Zur Begründung stützte sich die belangte Behörde weiters darauf, dass die anlässlich des Polizeieinsatzes in der Wohnung vorgefundenen Schusswaffen - unter welchen sich auch eine verbotene Waffe (abgesägte Schrotflinte) befunden habe - mangelhaft verwahrt gewesen seien, wobei insbesondere auf die aus der sorglosen Verwahrung resultierende Gefährdung für das unmittelbare Umfeld (minderjähriger Sohn) verwiesen wurde.

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, der Beschwerdeführer könnte in Zukunft Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden, wobei nach menschlichem Ermessen nicht nur nicht ausgeschlossen werden könne, dass er sich dabei einer Waffe bedienen werde, sondern dies geradezu nahe läge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erklärte von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 12 Abs 1 WaffG lautet:

"§ 12. (1) Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Februar 1999, Zl 98/20/0020, mwN) dient die Verhängung eines Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung (das ist eines "gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauches") von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger ("missbräuchlicher") Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der auch mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen.

Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gemäß § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegen stünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl das hg Erkenntnis vom 6. September 2005, Zl 2005/03/0039). Der Begriff der "missbräuchlichen Verwendung" einer Waffe ist nicht restriktiv auszulegen (vgl insoweit das hg Erkenntnis vom 28. November 1995, Zl 95/20/0255). Es kommt nicht darauf an, dass die so qualifizierte rechtswidrige Verwendung von Waffen durch die vom Waffenverbot betroffene Person unmittelbar selbst erfolgt.

2. Die belangte Behörde hat - teilweise durch ausdrückliche Bezugnahme auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides - die Annahme, der Beschwerdeführer könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden, zusammengefasst auf folgende "bestimmte Tatsachen" im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG gestützt:

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