VwGH 2000/08/0042

VwGH2000/08/004217.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Tiroler Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Hans-Peter Ullmann und Dr. Stefan Geiler, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 10. Februar 2000, Zl. Vd-SV-1001-1-104/5, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: J in L), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §68 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles wird auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom 20. November 2002, Zl. 98/08/0017, verwiesen. Daraus ist hervorzuheben, dass der Mitbeteiligte und seine Ehefrau in einem umfangreichen Einspruchsverfahren (einschließlich zweier Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgerichtshof) in der zweiten Hälfte der 70-iger Jahre mit Erfolg nachgewiesen haben, dass Letztere im Hotel T. als Dienstgeberin im Sinne des ASVG zu betrachten sei und nicht der Mitbeteiligte. Dieser war von seiner Ehefrau (als Dienstgeberin) vom 1. März 1987 bis zum 1. Oktober 1989 als Angestellter gemeldet gewesen. Augenscheinlich in seinem Pensionsverfahren hat der Mitbeteiligte angegeben, dass er selbst keinen Gewerbebetrieb besitze und auch keinerlei selbständige Erwerbstätigkeit ausübe, sondern dass der Betrieb seiner Ehefrau gehöre und von dieser auch geführt werde. Er sei lediglich bei ihr angestellt.

Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse hat den Mitbeteiligten am 6. Dezember 1993 aufgefordert, schriftlich bekannt zu geben, wer für den Betrieb Hotel T. tatsächlich "als Dienstgeber im Sinne des ASVG" fungiere. Dieses Schreiben ist nach der Aktenlage ohne Antwort geblieben. Der Mitbeteiligte hat sich in einem Schreiben an die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse auf deren Schreiben vom 4. Jänner 1994 bezogen, welches mit "Sehr geehrter Dienstgeber" überschrieben gewesen sei. Es werde - so heißt es in diesem Schreiben weiter - Aufgabe der Gebietskrankenkasse sein, ihm in "einem rechtsgestaltenden Bescheid mitzuteilen, welche Pflichten" er gegenüber der Gebietskrankenkasse zu erfüllen habe; darin werde auch festzustellen sein, aus welchen Gründen und ab welchem Zeitpunkt er Dienstgeber sei. "Ohne Einleitung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens und außerhalb jeden Rechtsverhältnisses" sei er nicht bereit, mit der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse "Kontakt zu pflegen". In einer weiteren Eingabe an die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse (dort eingelangt am 19. Juli 1994) schreibt der Mitbeteiligte, dass das Hotel T. "seit 1961 ein Einzelbetrieb" sei, der "zu 1/1 Teilen" (also zur Gänze) ihm gehöre. "Ohne Feststellung dieses Rechtsverhältnisses brauche (er) es aber nicht hinzunehmen, dass (ihm) Belastungen auferlegt werden". Ehe die Gebietskrankenkasse an ihn herantrete, fordere er die "Erlassung eines Feststellungsbescheides mit klarer Bekanntgabe, ab welchem Zeitpunkt mich die Krankenkasse als Unternehmer für das Hotel T. betrachtet".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Vorerkenntnis ausgesprochen, dass die belangte Behörde schon das gemeinsame Vorbringen des Mitbeteiligten und seiner Ehefrau aus dem Jahr 1994, dass er Alleineigentümer des Hotel T. sei, dazu hätte veranlassen müssen, dieser Frage (zB durch Einsichtnahme in das Grundbuch) nachzugehen und gegebenenfalls von einem auf Rechnung und Gefahr des Mitbeteiligten geführten Betrieb auszugehen.

Mit erstinstanzlichem Bescheid vom 7. Juni 1999 verpflichtete die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse den Mitbeteiligten als Dienstgeber auf Grund einer am 4. November 1997 für den Zeitraum 1. September 1993 bis zum 31. August 1995 durchgeführten Beitragsprüfung zur Zahlung von Beiträgen in Höhe von S 17.598,78. Es sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. November 1998 für den besagten Zeitraum festgestellt worden, dass der Mitbeteiligte als Dienstgeber anzusehen sei. Deshalb seien sämtliche Versicherungsverhältnisse (Dienstgebermeldungen zuzüglich Prüfungsfeststellungen vom 4. November 1997) vom Konto der Ehefrau des Mitbeteiligten auf das Konto des Mitbeteiligten übertragen worden. Die Gesamtvorschreibung sei der beigelegten Aufstellung der Entgelts- und Beitragsdifferenzen vom 7. April 1999 zu entnehmen. Die darin enthaltenen Prüfungsfeststellungen könnten an Hand der Entgeltsdifferenzaufstellung vom 4. November 1997 (damals noch lautend auf die Ehefrau) nachvollzogen werden. Der Mitbeteiligte habe von der ihm eingeräumten Möglichkeit, bis zum 28. Mai 1999 durch Vorlage entsprechender Unterlagen eine Änderung der seinerzeitigen Prüfungsfeststellungen herbeizuführen, keinen Gebrauch gemacht. Da keinerlei Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien, habe die Prüfung im Schätzungsweg erfolgen müssen. Das Hotel T. werde seit 1. September 1995 von der Tochter des Mitbeteiligten als Dienstgeberin geführt. Die nunmehrige Schätzung sei in Anlehnung an eine Prüfung vom Mai 1997 betreffend die Tochter und an eine Vorprüfung aus dem Jahr 1993 betreffend die Ehefrau erfolgt. Bei der Beitragsprüfung (vom 4. November 1997) sei festgestellt worden, dass für zehn Dienstnehmer ein zu niedriges Entgelt zur Sozialversicherung gemeldet worden sei. Art und Umfang der aus diesen Meldeverstößen resultierenden Differenzen seien in den beigelegten Aufstellungen über Entgeltsdifferenzen und in der Beitragsnachrechnung vom 7. April 1999 enthalten.

Der Mitbeteiligte erhob Einspruch. Der Gebietskrankenkasse sei bereits anlässlich der Betriebsprüfung vom 20. September 1993 und durch ein Schreiben vom 6. Dezember 1993 bekannt geworden, dass er als Hotelbetreiber anzusehen sei. Ab diesem Zeitpunkt hätte sie die Möglichkeit gehabt, in Bezug auf den Mitbeteiligten als Dienstgeber eine Beitragsprüfung anzusetzen. Sie habe zu verantworten, dass sie am 4. November 1997 bei einer unzuständigen Person (der Ehefrau) eine Beitragsprüfung vorgenommen habe. Die gegen den Mitbeteiligten erhobenen Beitragsforderungen seien daher verjährt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch Folge gegeben und den Bescheid der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vom 7. Juni 1999 ersatzlos behoben. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse habe in ihrer Stellungnahme zum Einspruch vorgebracht, dass die fünfjährige Verjährungsfrist im Sinne des § 68 Abs. 1 ASVG anzuwenden sei und im Übrigen darauf hingewiesen werde, dass der Mitbeteiligte über alle Belange des gegenständlichen Betriebes sowohl zur verfahrensgegenständlichen Zeit als auch vor und nach dieser Zeit Bescheid gewusst habe. Sämtliche Schriftsätze und Schreiben seien von ihm verfasst bzw. von ihm unterzeichnet worden. Im fraglichen Prüfzeitraum sei sowohl der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse als auch der belangten Behörde unklar gewesen, wer tatsächlich Dienstgeber sei.

Mit dem Schreiben der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vom 4. Jänner 1994 an den Mitbeteiligten für den Prüfzeitraum 1988 bis 1994 sei eine Maßnahme gesetzt worden, die geeignet sei, die Verjährung des Feststellungsrechtes zu unterbrechen. Trotz dieses Schreibens sei die Beitragsprüfung aber nicht beim Mitbeteiligten, sondern bei der vermeintlichen Dienstgeberin (der Ehefrau) erfolgt. Werde eine laufende Verjährung unterbrochen, so beginne sie mit dem Wegfall des Unterbrechungsgrundes neu zu laufen. Im Hinblick auf das genannte Schreiben vom 4. Jänner 1994 ende die Verjährungsunterbrechung somit am 4. bzw. 5. Jänner 1997. Erst mit Schreiben vom 3. Mai 1999 sei an den Mitbeteiligten die Mitteilung ergangen, dass die ursprünglich für die Ehefrau geführten Dienstgeberkonten auf ihn übertragen worden wären. Die fünfjährige Verjährungsfrist komme nicht in Frage, weil die Anmeldungen der Dienstnehmer bei der Gebietskrankenkasse nur mit dem Familiennamen "W." firmiert worden seien. Eine nähere Prüfung, wem von den Familienmitgliedern diese Unterschrift tatsächlich zugeordnet werden könne, sei von der Gebietskrankenkasse nicht erfolgt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in der Gegenschrift ebenso wie der Mitbeteiligte die Abweisung der Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdeverfahren ist nicht strittig, dass der Mitbeteiligte (im Sinne der Begründung des Bescheides der belangten Behörde vom 9. November 1998 zur Dienstgebereigenschaft seiner Ehefrau) für den gegenständlichen Beitragszeitraum iS des § 35 Abs. 1 ASVG als Dienstgeber anzusehen ist.

§ 68 Abs. 1 ASVG in der hier anzuwendenden Fassung der 50. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 676/1991, lautet:

"Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung der Zahlung von Beiträgen verjährt bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist."

Nach § 58 Abs. 1 ASVG sind die allgemeinen Beiträge am letzten Tag des Kalendermonates fällig, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt, sofern die Beiträge nicht vom Träger der Krankenversicherung dem Beitragsschuldner vorgeschrieben werden. Die Fälligkeit der Sonderbeiträge wird durch die Satzung des Versicherungsträgers geregelt.

Die Ansicht der beschwerdeführende Gebietskrankenkasse, dass die Verjährungsfrist iS des § 68 Abs. 1 zweiter Satz ASVG deswegen noch gar nicht zu laufen begonnen hätte, weil der Mitbeteiligte keine Dienstgebermeldungen erstattet habe, ist unzutreffend.

Mit dem erst im Ausschuss für soziale Verwaltung (ohne Begründung) eingefügten zweiten Satz des § 68 Abs. 1 ASVG wird zwar zunächst nur die Wendung "vom Tag der Fälligkeit der Beiträge" im ersten Satz für jene Fälle, in denen "der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht" hat, dahin modifiziert, dass dann die dreijährige Verjährungsfrist nicht schon mit dem Tag der Fälligkeit der Beiträge, sondern erst mit dem (späteren) Tag der Meldung zu laufen beginnt. Wenn sich aber nach dem dritten Satz des § 68 Abs. 1 "diese Verjährungsfrist der Feststellung" in näher bezeichneten Fällen auf fünf Jahre verlängert, so wird durch diese Wendung - in den Fällen erfolgter Meldungen - nicht nur ein Bezug zum ersten, sondern auch zum zweiten Satz hergestellt: der Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist ist im Falle einer rechtzeitigen (aber schuldhaft unrichtigen) Meldung mit dem Tag der Fälligkeit der Beiträge, im Falle einer nicht rechtzeitigen (und schuldhaft unrichtigen) Meldung mit dem späteren Tag der Meldung anzusetzen. Wird hingegen überhaupt keine Meldung (also weder innerhalb noch nach Ablauf der Meldefristen) erstattet, so ist der zweite Satz des § 68 Abs. 1 (arg. "mit dem Tag der Meldung") unanwendbar (so auch die Auffassung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, SoSi 1982, 327). Das hat aber zur Konsequenz, dass in diesen Fällen das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei bzw. fünf Jahren (je nachdem, ob die meldepflichtige Person bei gehöriger Sorgfalt die Meldung als notwendig hätte erkennen müssen oder nicht) ab Fälligkeit der Beiträge verjährt.

Eine erst nach Ablauf dieser Frist erstattete Meldung vermag

aber aus folgenden Gründen an der bereits eingetretenen Verjährung

nichts zu ändern: Wäre nämlich der zweite Satz des § 68

Abs. 1 leg. cit. so zu verstehen, dass auch im Falle einer solchen

Meldung "die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu

laufen" begänne, so implizierte dies, dass bis dahin mangels einer

Meldung die Verjährungsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen

hätte (arg. "erst") und daher noch keine Verjährung eingetreten

wäre (es wird ja nicht angeordnet, dass im Falle einer Meldung

eine Verjährungsfrist neu zu laufen beginne). Dementsprechend

begänne aber bei Unterlassung jeglicher Meldung die

Verjährungsfrist überhaupt nie zu laufen. Dies stünde aber nicht

nur mit den ersten beiden Sätzen des § 68 Abs. 1 leg. cit.,

sondern vor allem mit dem dritten Satz, soweit er sich auf solche

Fallgestaltungen bezieht ("wenn der Dienstgeber oder eine sonstige

meldepflichtige Person ... keine ... Angaben beziehungsweise

Änderungsmeldungen ... gemacht hat"), im Widerspruch, da auch bei

solchen Fallgestaltungen die Verlängerung "dieser

Verjährungsfrist" auf fünf Jahre angeordnet wird, was deren Beginn

und Lauf voraussetzt. Es stellte aber auch einen

Wertungswiderspruch dar, wenn zwar eine verschuldet unrichtige,

aber rechtzeitige Meldung binnen fünf Jahren ab Fälligkeit der

Beiträge verjährte, eine unverschuldete Unterlassung einer Meldung

aber nie verjähren könnte.

Der zweite Satz des § 68 Abs. 1 leg. cit. muss daher so verstanden werden, dass nur dann, wenn eine Meldung zwar nach Ablauf der Meldefristen, aber noch binnen drei bzw. fünf Jahren nach Fälligkeit der Beiträge erstattet wird, die Verjährungsfrist "erst" mit dem Tage der Meldung zu laufen beginnt; wird hingegen die Meldung nach Ablauf von drei bzw. fünf Jahren ab Fälligkeit der Beiträge erstattet, so hat diese Meldung wegen bereits eingetretener Verjährung für den Beginn oder Lauf der Verjährungsfrist keine Bedeutung mehr.

Die Konsequenz dieser Regelung, dass nämlich dann, wenn kurz vor dem Ende der dreijährigen bzw. fünfjährigen Frist ab Fälligkeit der Beiträge eine Meldung erstattet wird, die volle drei- bzw. fünfjährige Verjährungsfrist gewahrt ist, während bei Nichtmeldung innerhalb dieser Frist mit deren Ablauf Verjährung eintritt, ist nicht unsachlich. Sie vermeidet nämlich einerseits den oben aufgezeigten Wertungswiderspruch durch die Festlegung einer drei- bzw. fünfjährigen Verjährungsfrist ab Fälligkeit der Beiträge im Falle der Unterlassung jeglicher Meldung innerhalb dieser Frist und räumt andererseits dem Sozialversicherungsträger ausreichend Zeit ein, innerhalb dieser Frist erstattete Meldungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1987, Slg. 12397/A; in diesem Sinne auch das Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 94/08/0095.)

Die vorliegenden Beitragsforderungen stammen aus dem Prüfungszeitraum vom 1. September 1993 bis zum 31. August 1995. Der Lauf der Verjährungsfristen ist gegebenenfalls für jedes einzelne Dienstverhältnis, für jeden Beitragszeitraum, für jede erstattete bzw. unterlassene Meldung und für jeden Unterbrechungsgrund gesondert zu beurteilen (vgl. zur Nichtmeldung von Sonderzahlungen für einzelne Dienstnehmer das hg. Erkenntnis vom 24. November 1971, Slg. 8117/A).

Bei rechtzeitiger und korrekter Meldung ua. darüber, dass sich der Mitbeteiligte hinsichtlich bestimmter Dienstverhältnisse als Dienstgeber betrachte, würde der Lauf der Verjährungsfrist mit dem Tag der Fälligkeit, sohin mit dem Ende des Beitragszeitraumes beginnen (§ 58 Abs. 1 ASVG). Bei nicht zeitgerechter (verspäteter) Meldung würde die Verjährungsfrist mit dem Tag der erstatteten Meldung beginnen. Eine Meldung nach Ablauf des ab Fälligkeit laufenden Verjährungszeitraumes hätte keinen Einfluss mehr.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer zur Unterbrechung der Verjährung des Feststellungsrechtes geeigneten Maßnahme jede nach außen hin in Erscheinung tretende und dem Beitragsschuldner zur Kenntnis gebrachte Tätigkeit des zuständigen Versicherungsträgers zu verstehen, die der rechtswirksamen Feststellung der Beitragsschuld dient. Eine solche Maßnahme stellt nicht erst die Erlassung des Bescheides des Versicherungsträgers, mit dem eine Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen festgestellt wird, an den Beitragsschuldner, sondern schon eine durch ausgewiesene Bedienstete des zuständigen Versicherungsträgers gemäß § 42 ASVG beim Beitragsschuldner vorgenommene Beitragsprüfung (Einsicht in die Geschäftsbücher, Belege und sonstigen Aufzeichnungen des Beitragsschuldners) dar, da gerade sie in erster Linie der Feststellung dienen soll, ob die Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß entrichtet worden sind (zur Unterbrechungswirkung einer Aufforderung zur Vorlage des Einkommensteuerbescheides im Sinne des § 40 GSVG vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 98/08/0177). Zur Herbeiführung der Unterbrechungswirkung ab Beginn der Beitragsprüfung genügt es, dass der Beitragsschuldner von der Vornahme dieser der Feststellung seiner Beitragsschuld dienenden Maßnahme in Kenntnis gesetzt wird; eines ausdrücklichen Hinweises auf diesen Zweck bedarf es nicht. Entsprechend dem Regelungszweck des § 68 Abs. 1 ASVG, nach dem immer dann (aber nur dann) eine Verjährung des Rechtes auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen eintreten soll, wenn gegenüber dem Beitragsschuldner innerhalb der gesetzten Fristen keine auf die Verpflichtung zur Beitragszahlung gerichtete Maßnahme gesetzt wird, sind aber auch andere objektiv dem Feststellungsziel dienende Aktivitäten des Versicherungsträgers, wie z. B. schriftliche Ersuchen an den Beitragsschuldner um Bekanntgabe beitragspflichtigen Entgelts von Dienstnehmern oder Übersendung von Kontoauszügen über Beitragsrückstände, als Maßnahmen im Sinne des § 68 Abs. 1 letzter Satz ASVG zu werten (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 5. März 1991, Slg. 13.398/A, mwN).

Eine Unterbrechung der Verjährung kann aber immer nur gegenüber demjenigen Zahlungspflichtigen eintreten, dem gegenüber die besagte Maßnahme gesetzt wurde (vgl. zur Ausnahme betreffend die Beitragsmithaftenden das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, Zl. 98/08/0389). Verjährungsunterbrechende Maßnahmen, die nicht gegen den Mitbeteiligten als Zahlungspflichtigen, sondern gegen andere Personen, wie etwa gegen seine Ehefrau, vorgenommen wurden, könnten hingegen selbst dann nicht zu einer Unterbrechung der Verjährungsfrist in Bezug auf die gegen den Mitbeteiligten erhobenen Beitragsforderungen angesehen werden, wenn er von den genannten Maßnahmen Kenntnis erlangt hätte.

Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten wurden in den strittigen Beitragszeiträumen Meldungen für Dienstnehmer erstattet, wobei als Dienstgeber "Hotel T" bzw. die Stampiglie "Hotel T Besitzer W" aufscheint. Soweit diese Meldungen daher die Bezeichnung jenes Rechtssubjektes, auf dessen Rechnung und Gefahr tatsächlich der Betrieb geführt wird, in welchem die gemeldeten Dienstnehmer beschäftigt sind, im Unklaren lässt, liegt jedenfalls eine ordnungsgemäße Meldung dieser Dienstnehmer nicht vor. Im Hinblick darauf, dass diese Meldungen dem Erstmitbeteiligten (als dem Dienstgeber und damit dem entsprechend Dispositions- und Verfügungsberechtigten) ebenso zuzurechnen sind wie die Gestaltung der verwendeten Stampiglie, kann an einem Verschulden des Mitbeteiligten an der Unklarheit der Meldungen insoweit kein Zweifel bestehen. Hinsichtlich der aus solchen Meldungen resultierenden Beitragsforderungen ist daher jedenfalls die fünfjährige Verjährungsfrist anzuwenden.

Soweit der Beitragszeitraum vom 1. Februar 1994 bis 31. August 1995 in Rede steht, sind jedenfalls die Beitragsforderungen ab dem Beitragszeitraum Mai 1994 auf Grund des Aufforderungsschreibens der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vom 3. Mai 1999 sowie der darauf folgenden Beitragsprüfung und -vorschreibung nicht verjährt. Schon deshalb war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Hinsichtlich der davor liegenden Beitragszeiträume ist derzeit nur ein Aufforderungsschreiben der Gebietskrankenkasse vom 4. Jänner 1994 aktenkundig (AS 14 des Einspruchsaktes), nicht aber weitere Betreibungshandlungen der Gebietskrankenkasse. Diesbezüglich wird die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren zu ergänzen haben. Wären solche Betreibungshandlungen in der Folge nur gegen die Tochter des Mitbeteiligten geführt worden, - in der irrigen Meinung, der Hotelbetrieb würde auf deren Rechnung und Gefahr geführt werden - dann wären die Beitragsforderungen bis einschließlich April 1994 von der verjährungsunterbrechenden Wirkung des Schreibens vom 3. Mai 1999 nicht mehr erfasst worden und daher verjährt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. März 2004

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