VwGH 2002/11/0032

VwGH2002/11/003225.11.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der Ärztekammer für Kärnten, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf und Dr. Gernot Murko, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 6, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung (ohne Datum), Zl. 14-Ges- 846/1/2002, betreffend Errichtungs- und Betriebsbewilligung für ein selbständiges Ambulatorium (mitbeteiligte Partei: A.ö. Krankenhaus Spittal/Drau GmbH, vertreten durch Dr. Dieter Huainigg, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Egerstraße 4), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art15a;
KAO Krnt 1999 §9 Abs2;
Landeskrankenanstaltenplan Krnt 2000;
Reform Gesundheitswesen Krankenanstaltenfinanzierung 1997 - 2000;
B-VG Art15a;
KAO Krnt 1999 §9 Abs2;
Landeskrankenanstaltenplan Krnt 2000;
Reform Gesundheitswesen Krankenanstaltenfinanzierung 1997 - 2000;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Aufwandersatzbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Mitbeteiligten gemäß § 6 Abs. 2 und § 15 Abs. 1 der Kärntner Krankenanstaltenordnung - K-KAO 1999, LGBl. Nr. 26/1999 idF LGBl. Nr. 67/2001, die sanitätsbehördliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines selbständigen Ambulatoriums im Sinne des § 2 Z. 7 leg. cit. im Erdgeschoss des bereits errichteten Zubaus zur bezeichneten Krankenanstalt mit den dort installierten sanitätsbehördlich genehmigten CT- und MR-Geräten in Kooperation mit dem a.ö. Krankenhaus Spittal/Drau sowie zur Übertragung der bestehenden Bewilligung auf das selbständige Ambulatorium erteilt. In Punkt 17 der vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen wurde der Mitbeteiligten aufgetragen, vor Inbetriebnahme der MRT-Anlage den Kooperationsvertrag mit einem extramuralen Betreiber vorzulegen.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, mit Bescheid vom 7. Dezember 2001 sei der Mitbeteiligten als Rechtsträgerin des a.ö. Krankenhauses Spittal/Drau die sanitätsbehördliche Errichtungs- und Betriebsbewilligung für den Zubau und die Installierung eines MR-Gerätes im Erdgeschoss des Gebäudes bewilligt und die Anzeige des Austausches einer bewilligten CT-Anlage zur Kenntnis genommen worden. Die Mitbeteiligte begehre nun den Betrieb der beiden Geräte in Form eines selbständigen Ambulatoriums im Erdgeschoss des Zubaus in räumlicher Trennung vom a.ö. Krankenhaus Spittal/Drau und habe am 29. November 2001 die Erteilung der sanitätsbehördlichen Errichtungs- und Betriebsbewilligung beantragt. Im Rahmen des von der belangten Behörde mit Schreiben vom 18. Dezember 2001 in die Wege geleiteten Bedarfsprüfungsverfahrens seien keine Einwände erhoben worden. Im Österreichischen Krankenanstalten- und Großgeräteplan 2001 sei am Standort Spittal/Drau eine MR-Anlage in Kooperation mit einem extramuralen Anbieter vorgesehen. Im geltenden Kärntner Landes-Krankenanstaltenplan 2000 einschließlich des Kärntner Großgeräteplanes 2000 sei am Standort Krankenhaus Spittal/Drau ein MR-Gerät vorgesehen. Der Österreichische Krankenanstaltenplan einschließlich des Großgeräteplanes in Verbindung mit § 4 K-KAO bilde unter anderem auch eine anwendbare Rechtsgrundlage für die Bedarfsprüfung. Der in einem Kooperationsvertrag zwischen dem a.ö. Krankenhaus Spittal/Drau und dem selbständigen Ambulatorium geregelte Betrieb des MR-Gerätes entspreche somit dem Österreichischen Krankenanstalten- und Großgeräteplan 2000 und dem derzeit in Geltung stehenden Kärntner Großgeräteplan 2000. Ebenso sei der Bedarf für das bereits sanitätsbehördlich bewilligte CT-Gerät am a.ö. Krankenhaus Spittal/Drau unbestritten, weshalb auch der Bedarf für dieses nunmehr in Kooperation zwischen der bettenführenden Krankenanstalt und dem selbständigen Ambulatorium betriebene Gerät im nunmehr räumlich getrennten selbständigen Ambulatorium gegeben sei.

Gegen diesen (der Beschwerdeführerin am 11. Jänner 2002 zugekommenen) Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die Mitbeteiligte in der von ihr erstatteten Gegenschrift - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1999 - K-KAO, LGBl. Nr. 26/1999 idF LGBl. Nr. 67/2001, maßgebend:

"§ 2

Einteilung der Krankenanstalten

Die Krankenanstalten werden eingeteilt in

...

7. selbständige Ambulatorien (Röntgeninstitute, Zahnambulatorien und ähnliche Einrichtungen), das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige, vierundzwanzig Stunden nicht überschreitende Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist.

...

§ 4

Landes-Krankenanstaltenplan

(1) Die Landesregierung hat zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten stationären Krankenversorgung einen Landes-Krankenanstaltenplan durch Verordnung zu erlassen; er darf dem Österreichischen Krankenanstalten-Großgeräteplan (ÖKAP/GGP) nicht widersprechen.

...

§ 6

Bewilligung zur Errichtung

(1) Krankenanstalten können von physischen oder juristischen Personen errichtet und betrieben werden.

(2) Die Errichtung einer Krankenanstalt bedarf der Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung haben den Anstaltszweck (§ 2) zu bezeichnen und das in Aussicht genommene Leistungsangebot offen zu legen. Der Antragsteller hat jene Sozialversicherungsträger, für die anzunehmen ist, dass ihnen infolge ihrer voraussichtlichen Betroffenheit gemäß § 11 Abs. 2 Parteistellung im Bewilligungsverfahren zukommen wird, namhaft zu machen.

(3) Beabsichtigt der Antragsteller Mittel des Kärntner Krankenanstaltenfonds in Anspruch zu nehmen, so hat er dies bereits im Antrag auf Erteilung der Errichtungsbewilligung bekannt zu geben.

...

§ 9

Sachliche Voraussetzungen

(1) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt darf nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 und die Mindestanforderungen nach Abs. 3 erfüllt werden.

(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt darf nur erteilt werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

a) es muss nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater, gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag ein Bedarf gegeben sein;

...

(3) Kündigt der Antragsteller nach § 6 Abs. 3 die beabsichtigte Inanspruchnahme von Mitteln des Kärntner Krankenanstaltenfonds an, so darf die Bewilligung zur Errichtung außerdem nur erteilt werden, wenn die Errichtung nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot dem Landes-Krankenanstaltenplan entspricht.

...

§ 11

Einholung von Stellungnahmen

(1) Im Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt ist ein Gutachten des Landeshauptmannes einzuholen, das zum Antrag vom Standpunkt der sanitären Aufsicht Stellung nimmt. Hiebei ist der Landessanitätsrat zu hören.

(2) Im Verfahren gemäß Abs. 1 haben die gesetzlichen Interessenvertretungen privater Krankenanstalten und betroffene Sozialversicherungsträger, bei selbständigen Ambulatorien auch die Ärztekammer für Kärnten, sowie bei Zahnambulatorien auch die Österreichische Dentistenkammer hinsichtlich des zu prüfenden Bedarfes (§ 9 Ab s. 2 lit. a) Parteistellung im Sinne des § 8 AVG und das Recht gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG Beschwerde zu erheben."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Bedarf an der Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums gegeben, wenn durch die Errichtung des Ambulatoriums die ärztliche Betreuung der Bevölkerung wesentlich erleichtert, beschleunigt, intensiviert oder in anderer Weise wesentlich gefördert wird. Als wichtigster Indikator für die Beantwortung der Bedarfsfrage wurde in der Rechtsprechung die Dauer der durchschnittlichen Wartezeit angesehen, die der Patient in Kauf nehmen muss (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2003, Zl. 2001/11/0063, mwN, sowie die bei Schneider, Ärztliche Ordinationen und Selbständige Ambulatorien im Verwaltungs-, Sozial- und Steuerrecht (2001), 111 ff zitierte hg. Rechtsprechung). Als Vergleichsmaßstab für die Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung eintritt, können nur die bestehenden Behandlungsmöglichkeiten herangezogen werden. Hinsichtlich dieser ist zu prüfen, inwieweit durch sie der Behandlungsbedarf befriedigt werden kann. Die Prüfung der Bedarfsfrage erfordert demnach Feststellungen, in welchem Umfang ein Bedürfnis des in Frage kommenden Bevölkerungskreises nach Untersuchung und Behandlung besteht und inwieweit es durch die vorhandenen Behandlungseinrichtungen befriedigt werden kann. Dazu sind insbesondere Feststellungen hinsichtlich der Anzahl, der Verkehrslage (Erreichbarkeit) und Betriebsgröße der in angemessener Entfernung gelegenen bestehenden Behandlungseinrichtungen sowie deren Ausstattung und Auslastung erforderlich (siehe auch dazu die bei Schneider, a.a.O., 114 f zitierte hg. Rechtsprechung).

Konkrete Feststellungen, die eine Beurteilung des Bedarfes im zuvor genannten Sinne ermöglichen würden, enthält der angefochtene Bescheid nicht. Die belangte Behörde meint, der Österreichische Krankenanstaltenplan einschließlich des Großgeräteplanes in Verbindung mit § 4 K-KAO bilde auch eine anwendbare Rechtsgrundlage für die Bedarfsprüfung.

Diese Auffassung entspricht nicht der Rechtslage. § 9 Abs. 2 lit. a K-KAO bestimmt unmissverständlich, worauf es bei der Bedarfsprüfung ankommt, nämlich auf das bereits bestehende Leistungsangebot.

Der Kärntner Großgeräteplan 2000 (Abschnitt B der Anlage zur Verordnung LGBl. Nr. 36/2000) nennt die Zahl der Großgeräte in Akut-Krankenanstalten insgesamt und in Art. 15a-Krankenanstalten (Fonds-Krankenanstalten). Er enthält keine Festlegungen für Großgeräte im extramuralen Bereich, zu dem die Verwendung eines Großgerätes in einem selbständigen Ambulatorium zu zählen wäre. Der Kärntner Großgeräteplan steht damit nicht im Widerspruch zu dem im Zeitpunkt seiner Erlassung geltenden Österreichischen Großgeräteplan im Sinne der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000, BGBl. I Nr. 111/1997, der selbständige Ambulatorien keinen bindenden Planungen unterworfen hat, sondern für den extramuralen Bereich nur den Ist-Zustand an Großgeräten festgestellt hat (vgl. dazu Schneider, a.a.O., 144). Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Neustrukturierung des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung und damit der in der Anlage zu dieser Vereinbarung enthaltene Österreichische Krankenanstalten- und Großgeräteplan 2001 - ÖKAP/GGP 2001, BGBl. I Nr. 60/2002 bzw. LGBl. Nr. 20/2002) nicht kundgemacht, geschweige denn speziell in das Kärntner Landesrecht transformiert (siehe zum Erfordernis der speziellen Transformation von Art. 15a B-VG Vereinbarungen in das Landesrecht das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1994, Slg. Nr. 13.780). Es kann daher auf sich beruhen, was die im Großgeräteplan 2001 - dessen Festlegungen sich (nach dem in der Vorbemerkung definierten Geltungsbereich) auf die Fonds-Krankenanstalten beziehen - enthaltenen "Empfehlungen zur Geräteausstattung der Nicht-Fonds-Krankenanstalten" und "des extramuralen Sektors in Bezug auf die maximale Anzahl von § 2- Kassenverträgen je Bundesland" für die im Beschwerdefall zu beurteilende Bedarfsfrage bedeuten würde. Dass eine Bedarfsfeststellung im Einklang mit dem Bundes- und dem Landes-Krankenanstaltenplan zu erfolgen hat, wird sowohl in der Art. 15a B-VG Vereinbarung BGBl. I Nr. 111/1997 (in Art. 5 Abs. 3) als auch in der Art. 15a B-VG Vereinbarung BGBl. Nr. 60/2002 (im Art. 4 Abs. 2) nur für die im Art. 2 der jeweiligen Vereinbarung genannten Fonds-Krankenanstalten vereinbart, zu denen selbständige Ambulatorien nicht gehören.

Die belangte Behörde hat ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht keine Tatsachenfeststellungen getroffen, die eine Beurteilung des Bedarfes im Sinne der vorangegangenen Ausführungen ermöglichen würden. Sie hat damit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf die Beschwerdeausführungen im Einzelnen eingegangen zu werden brauchte.

Die Abweisung des Aufwandersatzbegehrens der Beschwerdeführerin gründet sich auf § 47 Abs. 4 VwGG.

Wien, am 25. November 2003

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