Normen
B-VG Art140;
GSVG 1978 §1;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z3;
GSVG 1978 §4 Abs3 Z2 idF 1979/531;
B-VG Art140;
GSVG 1978 §1;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z3;
GSVG 1978 §4 Abs3 Z2 idF 1979/531;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist seit 28. Februar 1991 Gesellschafterin und Geschäftsführerin der V.B. GmbH mit Sitz in Linz. Ab 31. Juli 1998 ist die GmbH auf Grund der Gewerbeberechtigung "Immobilientreuhänder, eingeschränkt auf Immobilienmakler", Mitglied der Oberösterreichischen Wirtschaftskammer.
Darüber hinaus steht die Beschwerdeführerin jedenfalls seit 31. Juli 1998 in einem Dienstverhältnis zum Beschwerdevertreter in Linz und unterliegt damit der Vollversicherung nach dem ASVG.
Mit Bescheid vom 21. Jänner 1999 sprach die mitbeteiligte Partei aus, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Funktion als geschäftsführende Gesellschafterin der V.B. GmbH ab 31. Juli 1998 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG unterliege. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach GSVG ab 31. Juli 1998 gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 i.V.m. § 6 Abs. 3 Z. 3 GSVG gegeben seien.
Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch. Darin führte sie in rechtlicher Hinsicht zum unstrittigen Sachverhalt aus, sie unterliege auf Grund ihres Dienstverhältnisses auch der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG unterliege sie daher nicht der Pflichtversicherung nach dem GSVG. Sollte diese ihre Rechtsansicht nicht zutreffend sein, wäre sie sowohl nach dem ASVG als auch nach dem GSVG in der Pensionsversicherung pflichtversichert. Diese Situation sei von ihr weder erwünscht noch für sie sinnvoll. Sie wäre mit Versicherungsbeiträgen an zwei Versicherungsanstalten belastet und dies würde ein gleichheitswidriges und auch ihr Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums, aber auch ihr Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung einschränkendes Ergebnis herbeiführen. Die maßgebenden Gesetzesbestimmungen wären in diesem Falle verfassungswidrig.
Mit Bescheid vom 14. Juni 1999 gab der Landeshauptmann von Oberösterreich dem Einspruch keine Folge. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei nach dem ASVG nicht auf Grund ihrer Funktion als Geschäftsführerin der V.B. GmbH in der Pensionsversicherung pflichtversichert, sondern auf Grund ihrer Dienstnehmereigenschaft. Die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG seien gegeben. Die Beschwerdeführerin sei somit wegen Erfüllung zweier Pflichtversicherungstatbestände sowohl nach dem ASVG als auch nach dem GSVG in der Pensionsversicherung pflichtversichert. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin verwies sie vollinhaltlich auf die Ausführungen im Einspruch.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde in Abänderung des Einspruchsbescheides aus, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als geschäftsführende Gesellschafterin der V.B. GmbH vom 31. Juli 1998 bis 31. Mai 1999 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG unterlegen sei. Die belangte Behörde ging nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Gesetzeszitaten von dem unstrittigen - eingangs wiedergegebenen - Sachverhalt aus. Im Erwägungsteil wies sie darauf hin, dass der dem österreichischen Sozialversicherungssystem immanente Grundsatz der Mehrfachversicherung zur Folge habe, dass für jedes Beschäftigungsverhältnis - abgesehen von den in den Gesetzen eigens vorgesehenen Subsidiaritäten - eine eigene Versicherungspflicht ausgelöst werde. Das System der Mehrfachversicherung sei aus verschiedenen Anlässen bereits vom Verfassungsgerichtshof geprüft und dem Grundsatz nach für verfassungskonform befunden worden. Die Eintragung der Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin im Firmenbuch sei mit 19. Mai 1999 gelöscht worden; die Pflichtversicherung habe daher am 31. Mai 1999 geendet.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab (Beschluss vom 4. Oktober 2000, B 1556/00) und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom 24. November 2000). Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Bei verfassungskonformer Auslegung des § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG sei diese Bestimmung einschränkend dahingehend zu interpretieren, dass auf Grund des bestehenden Dienstverhältnisses und damit der Sozialversicherungspflicht nach dem ASVG keine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG bestehe. Jede andere Interpretation würde zu einem verfassungswidrigen Ergebnis und damit zur Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Gesetzesbestimmung führen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift ebenso wie die mitbeteiligte Partei Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die Beschwerdeführerin Geschäftsführerin der V.B. GmbH in dem vom Bescheidspruch umfassten Zeitraum war; weiters steht außer Streit, dass in diesem Zeitraum die GmbH Mitglied der Wirtschaftskammer war und die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin dieser GmbH nicht der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterlag. Die Beschwerdeführerin meint, auf sie sei die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG deswegen nicht anwendbar, weil sie auf Grund einer anderen Beschäftigung der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG unterliege. Sie beruft sich damit der Sache nach auf § 4 Abs. 3 Z. 2 GSVG. Nach dieser Vorschrift sind - soweit hier relevant - Personen, die auf Grund der die Pflichtversicherung nach dem GSVG begründenden Erwerbstätigkeit der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG unterliegen, für die Dauer dieser Pflichtversicherung von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG ausgenommen. Das Problem einer Mehrfachversicherung von der Art, wie sie damit ausgeschlossen wird, stellt sich im Fall der Beschwerdeführerin aber nicht. Nach § 4 Abs. 3 Z. 2 GSVG in der Fassung der zweiten GSVG-Novelle, BGBl. Nr. 531/1979, bildet der Bestand einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG auf Grund einer anderen Erwerbstätigkeit keinen Ausnahmegrund von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG mehr. Die zweite GSVG-Novelle ist ein Teil jener Maßnahmen, die die neue Regelung der Mehrfachversicherung zum Gegenstand hatten. Dabei wurde der Grundsatz der Subsidiarität der Systeme verlassen; jede versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit führt grundsätzlich zu einer Versicherungs- und damit Beitragspflicht in jenem System, das auf Grund der einzelnen Tätigkeiten sachlich hiefür in Betracht kommt. Ob der Gesetzgeber beim Zusammentreffen zweier oder mehrerer versicherungspflichtiger Beschäftigungen eine Mehrfachversicherung vorsieht oder ob er nach dem Grundsatz der Subsidiarität bei Bestehen einer Pflichtversicherung in einem anderen Versicherungszweig die Ausnahme von der Pflichtversicherung normiert, liegt in seinem rechtspolitischem Gestaltungsspielraum (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. März 1993, 91/08/0174, und vom 24. März 1992, 91/08/0155, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes). Die Pflichtversicherung tritt Kraft Gesetzes mit der Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes ein und begründet die Anwartschaft auf Versicherungsleistungen. Im österreichischen Sozialversicherungssystem besteht sohin über weite Gebiete der Grundsatz der Mehrfachversicherung (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 22. Jänner 2003, 2000/08/0069). Das bedeutet: wer gleichzeitig mehrere sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten ausübt, ist auch mehrfach versichert. Die Einrichtung einer Mehrfachversicherung ist nicht verfassungswidrig. Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt (vgl. etwa die Erkenntnisse Slg. 4714/1964, 4801/1964, 6015/1969, 6181/1970) ausgesprochen, dass die österreichische Sozialversicherung von dem Grundgedanken getragen wird, dass die Angehörigen eines Berufsstandes eine Risikengemeinschaft bilden, in der der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht, der den Versicherungsgedanken in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückdrängt. Es ist für die Pflichtversicherung ohne Belang, ob der Einzelne der Sozialversicherung bedarf, sie erwünscht oder ob er sie für sinnlos erachtet. Über den individuellen Sonderinteressen stehen die gemeinsamen Interessen der in der Pflichtversicherung zusammengeschlossenen Personen. Die Risikengemeinschaft ist eine Solidaritätsgemeinschaft. Dieser Gemeinschaftsgedanke ist für die Sozialversicherung typisch und wesentlich. Gehört nun eine Person mehreren Berufsgruppen an, so entspricht es diesem Grundgedanken, sie auch sozialversicherungsrechtlich jeder dieser Berufsgruppen zuzuordnen. Eine sich hieraus ergebende Doppelversicherung ist somit - worauf bereits die Behörden hingewiesen haben - verfassungsrechtlich unbedenklich.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war auch unter dem Aspekt des Art. 6 MRK nicht geboten, da die für die Entscheidung wesentlichen Sachverhaltselemente feststanden, eine Erörterung von Sachverhaltsfragen nicht erforderlich war und die Rechtsfragen durch die Vorjudikatur geklärt und keiner Erörterung bedürftig waren. Die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (insbesondere der Inhalt der Beschwerde) und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens lassen erkennen, dass die Argumentation der Beschwerdeführerin auf rechtlich unzutreffenden Prämissen beruht, weshalb auch eine mündliche Erörterung - vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage - eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 19. März 2003
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