VwGH 2002/07/0102

VwGH2002/07/010217.10.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des Ing. F R in N, vertreten durch Dr. Gerhard Wagner, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 55, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 2. Mai 2000, Zl. 16.341/03-I6/01, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages,

Normen

AVG §1;
AVG §62 Abs1;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §42 Abs4;
AVG §1;
AVG §62 Abs1;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §42 Abs4;

 

Spruch:

1. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

2. den Beschluss gefasst:

2.1. Der Antrag des Beschwerdeführers, der Verwaltungsgerichtshof möge "im Sinne der Bestimmungen des § 38 Abs. 2 VwGG selbst auf Grundlage der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen", wird zurückgewiesen.

2.2. Der Antrag des Beschwerdeführers auf "Zuerkennung des Aufwandersatzes gemäß § 59 Abs. 2 VwGG für die Säumnisbeschwerde vom 23. 8. 2001 (VwGH Z. 2001/07/0112)" wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 12. Oktober 1998 teilte der Beschwerdeführer dem Landeshauptmann von Burgenland (LH) mit, dass er die Liegenschaft EZ 3 (Grundstücke Nr. 4, 5 und 6) der KG N entsprechend den Vorgaben des gültigen Teilbebauungsplanes anzuschütten beabsichtige.

Bei einem vom LH am 12. November 1998 durchgeführten Ortsaugenschein stellte der Beschwerdeführer formell den Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die geplanten Anschüttungen und übergab Projektunterlagen.

Der vom LH beigezogene wasserbaufachliche Amtssachverständige erklärte mit Schreiben vom 19. Februar 1999, dass gegen die Aufschüttung der betroffenen Grundstücke mit inertem Material kein Einwand bestehe, jedoch die Herstellung einer Ufersicherung vor Einbringung des Schüttmaterials für notwendig erachtet werde.

Am 23. Februar 1999 reichte der Beschwerdeführer ergänzende Projektunterlagen nach.

Mit Schreiben vom 4. April 2000 trat der LH die Angelegenheit zuständigkeitshalber an die Bezirkshauptmannschaft N (BH) ab.

Die BH erteilte dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 26. Mai 2000 gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung von Einbauten im Bereich des Neusiedler Sees unter Vornahme von Anschüttungen und zur Errichtung von Uferbefestigungen (Stahlspundwänden) auf den Grundstücken Nr. 4, 5 und 6, alle KG N, nach Maßgabe der im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren vorgelegenen und als solche genehmigten Projektsunterlagen bzw. der im Abschnitt A festgelegten Beschreibung sowie bei Einhaltung näher angeführter Nebenbestimmungen.

Gegen diesen Bescheid erhoben drei Nachbarn Berufungen.

Mit einem am 14. Februar 2001 bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz vom 13. Februar 2001 begehrte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde. Darin brachte er vor, zwar habe der LH am 24. Jänner 2001, also erst sieben Monate nach Einlangen der Berufungen, eine mündliche Büroverhandlung abgehalten; auf die Frage des Beschwerdeführers, wann endlich mit einer Entscheidung zu rechnen sei, sei er aber auf "frühestens Jahresende 2001" vertröstet worden.

Da die belangte Behörde innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung traf, brachte der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein. Dieser setzte der belangten Behörde zunächst eine dreimonatige Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides; diese Frist wurde über Ersuchen der belangten Behörde um weitere sechs Monate erstreckt.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 2. Mai 2002 wies die belangte Behörde den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers ab. Daraufhin wurde das Säumnisbeschwerdeverfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juli 2002, 2001/07/0112, eingestellt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides vom 2. Mai 2002, mit dem der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers abgewiesen wurde, heißt es, seit Einbringung der Berufungen (19. bzw. 20. Juni 2000) bis zur Einbringung des Devolutionsantrages bei der belangten Behörde (14. Februar 2001) sei eine Frist von mehr als sechs Monaten vergangen, in der der LH nicht über die Berufungen entschieden habe. Der Devolutionsantrag sei somit grundsätzlich zulässig.

Wie dem Akt zu entnehmen sei, habe eine mit Gleichschrift vom 19. September 2000 für 24. Oktober 2000 anberaumte Besprechung mit den dem Verfahren beizuziehenden Amtssachverständigen auf Grund der Verhinderung eines der Sachverständigen auf 9. November 2000 verschoben werden müssen.

Mit Gleichschrift vom 12. Dezember 2000 sei eine Besprechung unter Teilnahme des Beschwerdeführers, der Berufungswerber und der erforderlichen Amtssachverständigen für 24. Jänner 2001 anberaumt worden.

In der Besprechung vom 24. Jänner 2001 sei festgelegt worden, dass für das Nachreichen ergänzender Unterlagen bzw. Vorbringen im Berufungsverfahren eine Frist von acht Wochen eingeräumt werde.

Aus den dargestellten Gründen habe der LH das Verfahren nicht binnen der Frist von sechs Monaten abschließen können, weshalb die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des LH zurückzuführen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Erstreckung der Frist für die Nachholung des versäumten Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof sei unzulässig gewesen.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, es sei unzutreffend, wenn die belangte Behörde meine, den LH treffe kein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung der Entscheidung. Die belangte Behörde gebe für ihre Annahme auch keine Begründung.

Schließlich meint der Beschwerdeführer, die belangte Behörde hätte nach Ablauf von sechs Monaten nach Einlangen des Devolutionsantrages nicht mehr mit dessen Abweisung vorgehen, sondern in der Sache selbst entscheiden müssen. Sie sei zur Erlassung des angefochtenen Bescheides auch nicht mehr zuständig gewesen. Der angefochtene Bescheid sei am 7. Mai 2002 zugestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die ursprüngliche Dreimonatsfrist für die Nachholung des versäumten Bescheides bereits abgelaufen, die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes über die Verlängerung dieser Frist der belangten Behörde aber noch nicht zugestellt gewesen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eine Vorschrift des Inhalts, dass die im Devolutionsweg angerufene Behörde nach Ablauf von sechs Monaten nach Einlagen des Devolutionsantrages diesen nicht mehr abweisen dürfe, sondern nur mehr mit einer Entscheidung in der Sache selbst vorgehen könne, gibt es nicht.

Ist die Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides vom Verwaltungsgerichtshof verlängert worden, ist die belangte Behörde zur Erlassung des (nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen) Bescheides auch dann zuständig, wenn die Erlassung (Zustellung) des angefochtenen Bescheides innerhalb der letztlich infolge rechtzeitigen Antrages verlängerten Frist erfolgte. Darauf, dass über diesen Fristverlängerungsantrag nach Ablauf der ursprünglichen Dreimonatsfrist entschieden wurde und diese Verfügung den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach Erlassung (Zustellung) des angefochtenen Bescheides zugestellt wurde, kommt es nicht entscheidend an, weil die Bewilligung der Fristverlängerung insofern zurückwirkt (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. August 2000, 99/12/0103). Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor.

Soweit der Beschwerdeführer die Fristverlängerung im Säumnisbeschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anspricht, geht er am Thema des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorbei. In diesem Verfahren geht es nämlich ausschließlich darum, ob die belangte Behörde den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers zu Recht abgewiesen hat. Das aber hat mit dem Säumnisbeschwerdeverfahren nichts zu tun.

Nach § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht nach § 73 Abs. 2 AVG auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Ein Verschulden des Beschwerdeführers an der nicht rechtzeitigen Erledigung ist im Beschwerdefall mangels entsprechender Begründung im angefochtenen Bescheid nicht erkennbar.

Die Zurückweisung des Devolutionsantrages wäre daher nur dann rechtens, wenn eine rechtzeitige Entscheidung dem LH durch unüberwindliche Hindernisse unmöglich gewesen wäre.

Solche unüberwindliche Hindernisse werden in der Begründung des angefochtenen Bescheides aber nicht aufgezeigt. Dort werden lediglich die vom LH gesetzten Schritte geschildert, ohne dass aber aus dieser Schilderung allein der Schluss gezogen werden könnte, dass den LH kein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung traf. Weder wird erklärt, warum der LH seinen ersten Verfahrensschritt, nämlich die Besprechung der drei Amtssachverständigen, erst für den angesichts des für die Entscheidung zur Verfügung stehenden sechsmonatigen Zeitraumes sehr späten Termin des 24. Oktober 2001 anberaumte, noch ist ersichtlich, warum überhaupt eine interne Besprechung der Amtssachverständigen erforderlich war, die nur in Gegenwart aller drei Sachverständigen abgehalten werden konnte, sodass bei Ausfall eines Sachverständigen ein neuer Termin vereinbart werden musste.

Die belangte Behörde erwähnt auch Unterlagen, für deren Beibringung eine Frist bei der Besprechung am 24. Jänner 2001 eingeräumt worden sei. Ob es sich dabei um Unterlagen handelt, die der Beschwerdeführer hätte nachbringen müssen, geht aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, wäre in dem Umstand, dass der Beschwerdeführer diese Unterlagen bis dahin nicht beigebracht hatte, kein überwiegendes Verschulden des Beschwerdeführers zu erblicken, so lange nicht fest steht, dass der Beschwerdeführer rechtzeitig zur Beibringung dieser Unterlagen aufgefordert wurde.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Beschwerdeführer hat auch den Antrag gestellt, der Verwaltungsgerichtshof möge "im Sinne des § 38 Abs. 2 VwGG selbst auf Grundlage der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen".

Wie sich aus der Beschwerde ergibt, meint der Beschwerdeführer damit, der Verwaltungsgerichtshof solle über die wasserrechtliche Bewilligung selbst entscheiden.

Für eine solche Entscheidung ist im Rahmen einer Bescheidbeschwerde kein Raum. Der diesbezügliche Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG beträgt EUR 180,--, der Schriftsatzaufwand EUR 908,--, was eine Summe von EUR 1.088,-- ergibt. Der Beschwerdeführer hat an Kosten einen Betrag von EUR 1.090,-- (plus Umsatzsteuer) verrechnet. Dieser findet in den einschlägigen Bestimmungen über den Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof keine Deckung. Umsatzsteuer ist nicht gesondert zu vergüten, da sie bereits im Schriftsatzaufwand enthalten ist.

Der Beschwerdeführer beantragte auch die "Zuerkennung des Aufwandsersatzes gemäß § 59 Abs. 2 VwGG" für die Säumnisbeschwerde vom 23. August 2001.

Dieser Aufwandersatz wurde bereits mit dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juli 2002, 2001/07/0112, zugesprochen.

Wien, am 17. Oktober 2002

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte