VwGH 99/08/0047

VwGH99/08/004717.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der A GmbH in W, vertreten durch Dr. Erhart Weiss, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 1, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 16. Februar 1999, Zl. 120.169/8-7/98, betreffend Versicherungspflicht nach ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1.) Mag. A in K, vertreten durch Dr. Bernhard Hainz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3; 2.) Wiener Gebietskrankenkasse, 1101 Wien, Wienerbergstraße 15-19;

3.) Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1; 4.) Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Wien, 1011 Wien, Weihburggasse 30;

5.) Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1151 Abs1;
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs4;
AVG §59 Abs1;
VwRallg;
ABGB §1151 Abs1;
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs4;
AVG §59 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse stellte mit Bescheid vom 30. Jänner 1996 fest, dass die Erstmitbeteiligte auf Grund ihrer Tätigkeit als Lektorin bei der beschwerdeführenden Gesellschaft ab 1. Juli 1997 in keinem die Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden sei.

Dem dagegen erhobenen Einspruch der Erstmitbeteiligten gab der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 26. Juli 1996 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Erstmitbeteiligten Folge gegeben und festgestellt, dass die Erstmitbeteiligte "auf- grund ihrer Tätigkeit als Lektorin" bei der beschwerdeführenden Gesellschaft in der Zeit vom 1. Juli 1993 bis 8. September 1994 der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei. In der Begründung dieses Bescheides gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen wieder und nahm nach Darstellung der Rechtslage folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

"(Die Erstmitbeteiligte) war im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.7.1993 bis 8.9.1994 bei der (beschwerdeführenden Gesellschaft) beschäftigt. Der Beschäftigung lag ein mündlicher Vertrag zugrunde. Ihre Tätigkeit umfasste entsprechend den im Akt der Wiener Gebietskrankenkasse befindlichen Honorarnoten eine nicht näher genannte Tätigkeit im Ausmaß von in der Regel 19 bis 20 Arbeitstagen im Monat (mit Ausnahmen), die Arbeitstage jeweils a 4 Stunden; weiters war sie als Lektorin für den Verlag tätig, wobei die Lektoratstätigkeit in den einzelnen Monaten ein unterschiedliches Ausmaß annahm. Die beiden Tätigkeiten wurden gesondert entlohnt, wobei hinsichtlich der Lektoratsstunden das betreute Werk/die Werke angeführt waren.

Wie aus den oben genannten Honorarnoten hervorgeht, hat (die Erstmitbeteiligte) diese Tätigkeit in regelmäßiger Arbeitszeit erbracht, ihre Arbeitzeit war am Vormittag, und zwar zwischen 8 Uhr und 8.30 Uhr und bis ca. 13 Uhr. Die Tätigkeit umfasste auch die Bearbeitung der Post einschließlich Ablage. Weiters war in der Tätigkeit die Organisation von Buchpräsentationen vorgesehen. Ebenso wurde der Kontakt mit den Autoren, die vom Verlag betreut wurden, gehalten und Druckfahnen korrigiert.

Die Lektorratstätigkeit wurde teilweise im Betrieb und teilweise in der Wohnung (der Erstmitbeteiligten) durchgeführt.

In der Regel war nicht die Lektoratstätigkeit, sondern die sonstige Büroarbeit zeitlich überwiegend.

(Die Erstmitbeteiligte) führte ihre Tätigkeit (gemeint wohl: in) hierarchischer Unterordnung unter dem Geschäftsführer und besonders unter (dem Verlagsleiter S.) durch. Bezüglich einer Vertretung wurde keine Vereinbarung getroffen.

(Die Erstmitbeteiligte) hat in dem im Aufbau befindlichen Betrieb die oben genannten Aufgabengebiete zur selbständigen inhaltlichen Bearbeitung übernommen, sodass einzelne den Arbeitsgang betreffende Weisungen nicht erteilt wurden.

Ein Krankheitsfall trat nicht ein, der Urlaub wurde vereinbart. (Die Erstmitbeteiligte) hat der beschwerdeführenden

Gesellschaft eine Lohnsteuerkarte vorgelegt."

Als Grundlagen für diese Feststellungen nannte die belangte Behörde den Akteninhalt sowie die Ergebnisse des von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahrens und hob beweiswürdigend hervor, dass die von der Erstmitbeteiligten der beschwerdeführenden Gesellschaft gelegten Honorarnoten "als wichtige Urkunden für die Beurteilung dieses Sachverhaltes herangezogen wurden", weil diese bis zuletzt von der beschwerdeführenden Gesellschaft nahezu unverändert akzeptiert worden seien. Aus diesen Honorarnoten gehe unmissverständlich hervor, dass die Tätigkeit der Erstmitbeteiligten geteilt gewesen sei. Die Behauptung, sie habe nur Lektoratstätigkeiten durchgeführt, finde in diesen Urkunden keine Deckung. Es stelle sich auch die Frage, warum eine ca. 20-stündige wöchentliche Anwesenheit der Erstmitbeteiligten im Betrieb monatelang akzeptiert worden sei, wenn diese dort nicht eine vom Dienstgeber entgegen genommene Arbeit verrichtet hätte. Im Übrigen wäre dann wohl auch keine monatelange Bezahlung dieser Arbeitstage erfolgt. Für den Umstand, dass für diese Tätigkeiten eine Arbeitskraft notwendig sei, spreche die an die Tätigkeit der Erstmitbeteiligten anschließende Aufnahme einer Ersatzkraft in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis. Die Organisation von Buchpräsentationen und das Halten von Kontakten zu Autoren sei von einem dazu befragten Zeugen grundsätzlich nicht bestritten worden. Es sei auch plausibel, dass die Erstmitbeteiligte die sich auf ihre Tätigkeit (Lektorat, Autorenbetreuung, Buchpräsentationen einschließlich Organisation) beziehenden Telefonate entgegen genommen und die entsprechende Post betreut habe. Auch das Bestehen eines zentralen Büroservice und einer Telefonzentrale spreche nicht gegen diese Annahme, weil diese Einrichtungen nicht in der Lage gewesen wären, auf die speziellen Bedürfnisse der genannten Aufgaben einzugehen. Die Behauptungen, die Erstmitbeteiligte hätte Aufträge ablehnen und sich vertreten lassen können, seien ohne Grundlage und ohne konkreten Hintergrund über die Notwendigkeit und über die genauen Umstände einer solchen Vereinbarung vorgebracht worden, weshalb sie als Schutzbehauptungen gewertet würden. Wegen der Formlosigkeit des Vertrages gehe die belangte Behörde davon aus, dass keine unüblichen Vereinbarungen getroffen worden seien, da solche zu Erinnerungs- und Beweiszwecken wohl schriftlich festgehalten worden wären. Die regelmäßige Anwesenheit der Erstmitbeteiligten im Büro während des gesamten Beschäftigungszeitraumes spreche "schwerwiegend" gegen Aussagen von Mitarbeitern der beschwerdeführenden Gesellschaft, wonach es der Erstmitbeteiligten überlassen worden sei, wo sie ihre Tätigkeit ausübte. Eine behauptete Vereinbarung, die in der Praxis in keiner Weise umgesetzt werde (abgesehen vom Lektorat), werde von der belangten Behörde als nicht getroffen angesehen. Nach den Zeugenaussagen der Mitarbeiter der beschwerdeführenden Gesellschaft sei der Schwerpunkt der Tätigkeit der Erstmitbeteiligten im Lektorat gelegen gewesen. Diese Tätigkeit - so die belangte Behörde weiter - habe jedoch zeitlich nicht überwogen; gemäß den Honorarnoten sei auch eine andere Tätigkeit verrichtet worden. Der Zeuge S. habe bei seiner Aussage vor der belangten Behörde behauptet, verschiedene Tätigkeiten bzw. Anwesenheiten der Erstmitbeteiligten seien unverbindlich gewesen; die belangte Behörde erachte es jedoch als unglaubwürdig, dass eine Beschäftigte 13 Monate lang eine Tätigkeit, für die sie auch Entgelt beziehe, ausübe, die vom Beschäftiger nicht verbindlich bestellt worden wäre.

In rechtlicher Hinsicht kam die belangte Behörde zu der Auffassung, dass der überwiegende Teil der Tätigkeit der Erstmitbeteiligten in Büroarbeit bestanden habe, die sie in persönlicher Abhängigkeit erbracht habe. Die in persönlicher Unabhängigkeit erbrachte Lektoratstätigkeit schade dieser Einschätzung nicht. Der geringfügige Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Arbeitszeit könne das Überwiegen der die persönliche Abhängigkeit bestimmenden Merkmale nicht ausschließen. Es sei ohne Bedeutung, welche Vereinbarungen über die Beschäftigung getroffen worden seien, wenn die tatsächliche Durchführung davon abweiche. Es sei davon auszugehen, dass die Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft hinsichtlich der Verwendung der von der Erstmitbeteiligten im Büro verbrachten Arbeitszeit bestimmenden Einfluss gehabt hätten. Das grundsätzlich bestehende Recht zur Kontrolle (der Tätigkeit der Erstmitbeteiligten) sei wegen des kooperativen Arbeitsklimas bzw. des Vertrauensverhältnisses in den Hintergrund getreten. Die wirtschaftliche Abhängigkeit der Erstmitbeteiligten sei zu bejahen, weil sie die Bürotätigkeit in den Räumen des Verlages ausgeübt habe und über die Betriebsmittel des Verlages nicht verfügungsberechtigt gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, die Abweisung der Beschwerde sowie Zuspruch des Aufwandersatzes beantragt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Die Erstmitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt und die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt haben erklärt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen, während sich die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit verweist die beschwerdeführende Gesellschaft in ihrer Beschwerde auf die mit der Erstmitbeteiligten getroffene Vereinbarung und deren Bedeutung für die tatsächliche Vertragsabwicklung, weil sich Letztere nicht wesentlich vom Vertragsinhalt entfernt hätte. Nach dieser Vereinbarung hätte die Erstmitbeteiligte lediglich Lektoratsarbeiten verrichten sollen, die nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit durchgeführt worden wären.

Mit diesem Argument zeigt die beschwerdeführende Gesellschaft zwar keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil sie ihre Rechtsrüge nicht auf den festgestellten Sachverhalt stützt; der Verwaltungsgerichtshof nimmt aber diese Rechtsrüge zum Anlass, die Feststellung im Spruch des angefochtenen Bescheides, die Erstmitbeteiligte sei "auf Grund ihrer Tätigkeit als Lektorin" bei der beschwerdeführenden Gesellschaft der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen, einer näheren Prüfung zu unterziehen:

In der Bescheidbegründung ging die belangte Behörde von zwei gesondert entlohnten Beschäftigungen der Erstmitbeteiligten aus; einerseits von einer "Bürotätigkeit" im Ausmaß von monatlich rund 20 Arbeitstagen zu vier Stunden und andererseits von einer Lektoratstätigkeit, die "teilweise im Betrieb und teilweise in der Wohnung" der Erstmitbeteiligten durchgeführt worden sei und ein unterschiedliches Ausmaß angenommen hätte. In rechtlicher Hinsicht wertete die belangte Behörde sodann die "Büroarbeit" als zumindest überwiegend in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit geleistet, während die Lektoratstätigkeit in persönlicher Unabhängigkeit erbracht worden sei.

Damit hat die belangte Behörde deutlich gemacht, dass sie von einer getrennten Betrachtungsweise beider Tätigkeitsbereiche der Erstmitbeteiligten ausgegangen ist und diese Tätigkeiten in Bezug auf ihren Inhalt einer unterschiedlichen Beurteilung unterzogen hat. Stellt die belangte Behörde - entgegen ihrer eigenen Einschätzung - im Spruch des angefochtenen Bescheides aber die Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht der Tätigkeit der Erstmitbeteiligten (nur) "als Lektorin" fest, so steht dies in unlösbarem Widerspruch zur Begründung des Bescheides, nach der die "Büroarbeit" in abhängiger Beschäftigung geleistet worden sei, während die "Tätigkeit als Lektorin" nicht den Tatbestand eines (voll-)versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erfüllt habe. Wird im Spruch - überflüssiger Weise - die zur Versicherungspflicht führende Tätigkeit konkret bezeichnet, so hat dies die normative Wirkung, dass (nur) diese Tätigkeit als in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit verrichtet anzusehen ist. Eine derartige in den Spruch des Bescheides aufgenommene Feststellung entfaltet, insbesondere für das Beitragsverfahren, Bindungswirkung. Es kann auf sich beruhen, ob eine solche Feststellung in einem über die Versicherungspflicht absprechenden Bescheid überhaupt zulässig ist, weil sie im vorliegenden Fall schon deshalb rechtswidrig ist, weil sie im Widerspruch zur Begründung des Bescheides steht.

Wegen des vorrangigen Aufhebungsgrundes der Rechtswidrigkeit des Inhaltes war auf die übrigen Beschwerdeargumente zur behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, die im Übrigen auch völlig unsachliche Ausführungen enthalten ("Der Bescheid ist durch eine Frau als Referentin ausgefertigt"), nicht einzugehen.

Bei ihrer neuerlichen Entscheidung wird die belangte Behörde allerdings Folgendes zu beachten haben:

Die belangte Behörde geht von einer getrennt durchzuführenden Beurteilung der in Frage stehenden Tätigkeiten bei einer von ihr selbst angenommenen - zumindest teilweisen - zeitlichen und inhaltlichen Überschneidung bzw. Verzahnung dieser Tätigkeitsbereiche aus, wobei die belangte Behörde die Lektoratsarbeit offensichtlich als auf Basis eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages erbracht ansieht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Nebeneinanderbestehen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses und eines freien Dienstverhältnisses bzw. eines Werkvertragsverhältnisses - vor dem Hintergrund der rechtlichen Zulässigkeit und der Voraussetzungen einer Vertragsverbindung - zu einem Dienstgeber nicht ausgeschlossen; für die Bejahung einer rechtswirksamen Trennung solcher Rechtsverhältnisse kommt es entscheidend auf den Parteiwillen, die objektive Trennbarkeit und auf Überlegungen unter dem Gesichtspunkt arbeitsrechtlicher Schutzprinzipien an (vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, Zl. 91/08/0077, mit weiteren Nachweisen). Besteht aber eine solche zeitliche und sachliche Verschränkung der beiden Tätigkeitsbereiche, die es im Zweifel ausschließt, zwei jeweils zeitgleich bestehende, jedoch getrennte Beschäftigungsverhältnisse zum selben Dienstgeber nebeneinander anzunehmen (vgl. die Erkenntnisse vom 3. Juli 2002, Zl. 99/08/0125, und vom 7. August 2002, Zl. 99/08/0140, mit weiteren Judikaturhinweisen), dann kommt es bei der Beurteilung der Ausübung dieser beiden Tätigkeiten durch den selben Dienstnehmer darauf an, ob in seinem rechtlichen Verhältnis zum Dienstgeber insgesamt die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG überwiegen (vgl. das Erkenntnis vom 16. Februar 1999, Zl. 96/08/0171).

Im Beschwerdefall lässt sich den Feststellungen nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnehmen, ob und inwieweit die von der belangten Behörde angenommenen Tätigkeitsbereiche getrennt verrichtet wurden, zumal die belangte Behörde einerseits die getrennte Rechnungslegung zum Anlass genommen hat, die Tätigkeiten zu unterscheiden; auf der anderen Seite ist vom Überwiegen einer Tätigkeit und davon die Rede, dass die Lektoratsarbeit auch im Büro durchgeführt worden sei. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Aussage des Verlagsleiters der beschwerdeführenden Gesellschaft vor der belangten Behörde, wonach dieser Zeuge Tätigkeiten wie die Einmahnung von Fristen, das Halten von Kontakten zu Autoren sowie weitere Tätigkeiten (Klebearbeiten) als mit der Aufgabe des Lektors verbunden ansah und der "Lektoratsarbeit" zuordnete.

Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren daher (weitere) Feststellungen zu treffen haben, die eine Beantwortung der Frage ermöglichen, ob eine die Untrennbarkeit der Tätigkeiten der Erstmitbeteiligten begründende sachliche und zeitliche Verschränkung vorliegt; bejahendenfalls wird die belangte Behörde zur Beurteilung der Versicherungspflicht die Gesamttätigkeit der Erstmitbeteiligten für die beschwerdeführende Gesellschaft zu berücksichtigen haben. Den im angefochtenen Bescheid zur Frage der Versicherungspflicht angestellten Überlegungen der belangten Behörde ist insoweit beizupflichten, als bei Fehlen eindeutiger vertraglicher Regelungen von den "wahren Verhältnissen" der Beschäftigung auszugehen ist, das heißt davon, ob bei der tatsächlichen (und nicht bloß vereinbarten) Art der Beschäftigung die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen. Ein dem Beschäftigungsverhältnis zu Grunde liegender Vertrag kann nämlich nur dann als Teil der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung herangezogen werden, wenn er eindeutige Regelungen trifft, die von den tatsächlichen Gegebenheiten (der Durchführung der Beschäftigung) nicht abweichen (vgl. das schon zitierte Erkenntnis vom 15. Dezember 1992 mit weiteren Judikaturhinweisen).

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (vgl. § 110 ASVG) bestand auch kein Anspruch auf Stempelgebührenersatz.

Wien, am 17. Dezember 2002

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