Normen
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3;
EStG 1972 §21;
EStG 1972 §23;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3;
EStG 1988 §21;
EStG 1988 §23;
LiebhabereiV §1 Abs1;
LiebhabereiV §2 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2002:1996150219.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 940,70 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt seit 1985 in H die Erzeugung von biologischem Humus aus organischem Abfall fremder Betriebe durch den Einsatz von Würmern.
Die aus dieser Tätigkeit von 1985 bis 1992 erklärten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben (und davon die Zinsen und Lohnaufwendungen) stellen sich wie folgt dar:
Jahr | Umsatz | Ausgaben | (Zinsen) | (Lohn) | Einkünfte |
1985 | 0 | 34.475 | 0 | 12.250 | - 34.475 |
1986 | 0 | 125.939 | 3.919 | 0 | - 125.939 |
1987 | 15.080 | 919.780 | 68.601 | 249.211 | - 904.700 |
1988 | 72.446 | 888.395 | 144.306 | 379.098 | - 815.949 |
1989 | 77.724 | 1.020.510 | 209.635 | 384.353 | - 942.786 |
1990 | 122.956 | 858.443 | 15.558 | 349.334 | - 735.486 |
1991 | 117.828 | 936.834 | 59.229 | 453.640 | - 819.006 |
1992 | 256.396 | 911.423 | 188.490 | 480.953 | - 655.027 |
Eine für die Jahre 1987 bis 1989 durchgeführte Betriebsprüfung gelangte zur Ansicht, dass die vom Beschwerdeführer getätigte Humuserzeugung als Liebhaberei zu werten sei.
Aufgrund der Ergebnisse der Betriebsprüfung stellte das Finanzamt die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 1985 bis 1990 mit 0 S fest, wobei die Feststellung für 1990 gemäß § 200 Abs 1 iVm § 190 Abs 1 BAO vorläufig erfolgte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die hiergegen erhobene Berufung als unbegründet ab und traf nunmehr auch für das Jahr 1990 eine endgültige Feststellung.
Während die Beurteilung der Einkunftsquelleneigenschaft für die Jahre 1985 bis 1989 nach Lehre und Rechtsprechung vor Inkrafttreten der Liebhabereiverordnung vom 18. Mai 1990, BGBl. 332/1990 (nachfolgend LVO), zu erfolgen habe, sei für das Jahr 1990 bereits die LVO maßgeblich. Die Frage der in § 2 Abs 2 LVO normierten Anerkennung von Anlaufverlusten stelle sich im vorliegenden Falle nicht, weil die gegenständliche Tätigkeit im Jahre 1985 aufgenommen worden sei und der mögliche Anlaufverlustzeitraum somit spätestens im Jahre 1988 geendet habe.
Hinsichtlich der Streitjahre 1985 bis 1989 führte die belangte Behörde aus, eine Einkunftsquelle liege nur dann vor, wenn die Betätigung nach den Verhältnissen des Einzelfalles geeignet sei, auf Dauer einen Gewinn abzuwerfen. Sei dies nicht der Fall, so sei die Tätigkeit einkommen- wie auch umsatzsteuerrechtlich ohne Relevanz.
Erst nach Ablauf eines Beobachtungszeitraumes könne mit der notwendigen Sicherheit beurteilt werden, ob die Wirtschaftsführung so erfolgt sei, dass sie auf längere Sicht eine gewinnbringende Tätigkeit erwarten lasse, wobei für die Land- und Forstwirtschaft als Richtschnur von einem Zeitraum von 5 bis 8 Jahren auszugehen sei.
Im Falle des Beschwerdeführers sei der Beobachtungszeitraum von 8 Jahren abgelaufen. Es lägen Erklärungen bis 1992 vor, die allesamt hohe Verluste aufwiesen. Nach den Ausführungen in der mündlichen Berufungsverhandlung sei auch 1993 ein beträchtlicher Verlust gegeben.
Die herrschende Lehre und Rechtsprechung verlange zur Beurteilung einer Einkunftsquelle grundsätzlich eine Prognose über die künftige wirtschaftliche Entwicklung. Der Beschwerdeführer habe ein derartige Prognose mittels eines Gutachtens erstellen lassen. Bestehe der Beobachtungszeitraum aus einem geschlossenen Verlustzeitraum, so sei die Prognose beinahe bedeutungslos und die Beurteilung der Liebhaberei anhand des Beobachtungszeitraumes vorzunehmen. Auch allfällige Umsatzsteigerungen und Verlustminderungen in Folgejahren führten dann zu keinem anderen Ergebnis, wenn innerhalb des Beobachtungszeitraumes ausschließlich Verluste erwirtschaftet würden.
Bei der vorliegenden Bewirtschaftung der "Wurmfarm" durch Fremdarbeitskräfte, hohen Fremdkapitalanteil und ungünstige Produktionsbedingungen, so insbesondere der Trennung von Produktions- und Vertriebsstätte, erscheine schon objektiv gesehen die Erzielung eines Gesamtgewinnes innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nicht möglich.
Wenngleich die subjektive Einstellung bei einer objektiv eindeutigen Liebhabereitätigkeit keine entscheidende Bedeutung habe, so sei hinsichtlich der subjektiven Gewinnerzielungsabsicht des Beschwerdeführers anzumerken, dass dieser sich aufgrund seines hohen Einkommens aus anderen Einkunftsquellen einen Verlustbetrieb leisten könne. Dieses Faktum spreche ebenso für die mangelnde Gewinnerzielungsabsicht wie die Tatsache, dass der Beschwerdeführer 1927 geboren sei und nunmehr das 69. Lebensjahr erreicht habe.
Hinsichtlich des Streitjahres 1990 folge die belangte Behörde der Ansicht des Beschwerdeführers, wonach die vorliegende Tätigkeit eine solche nach § 1 Abs 1 LVO sei, zumal das Züchten von Würmern zur Humusproduktion keine Hobby-, Freizeit- oder Neigungstätigkeit sei.
Fielen bei Betätigungen iSd § 1 Abs 1 LVO Verluste an, so sei das Vorliegen der Absicht einen Gesamtgewinn (§ 3 LVO) zu erzielen, insbesondere anhand folgender in § 2 Abs 1 Z 1 bis 6 LVO genannten Kriterien zu beurteilen:
1. Ausmaß und Entwicklung der Verluste sowie Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen:
Bei Betrachtung der angeführten Verluste seien diese als beträchtlich anzusehen. Die Verluste überstiegen durch all die Jahre des Beobachtungszeitraumes die Umsätze bei weitem. Die Ausgaben machten zwischen dem 60-fachen (1987) und dem 3,5-fachen (1992) der Umsätze aus. Die Verluste seien auch 1993 nicht zurückgegangen, wobei aufgrund der Angaben in der mündlichen Berufungsverhandlung, wonach von 1995 auf 1996 60% der Würmer verendet seien, auch weiterhin mit hohen Verlusten zu rechnen sein werde.
2. Ursachen aufgrund derer im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuss erzielt wird:
Der Bestand an Arbeitskräften habe insbesondere bei der Land- und Forstwirtschaft hohe Bedeutung, da dort die persönliche und manuelle Mitarbeit des Betriebsinhabers Voraussetzung für den betrieblichen Erfolg sei. Die Preise für die aus Land- und Forstwirtschaft erzielbaren Produkte erlaubten weder einen Großeinsatz von fremden Arbeitskräften noch eine überproportionale Fremdfinanzierung. Auch in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes werde bei land- und forstwirtschaftlichten Betrieben das Fehlen der Mitarbeit des Betriebsinhabers als Indiz für Liebhaberei gewertet.
Dass sich der Wohnsitz des Beschwerdeführers in Wien und der Betrieb im Bezirk N befinde, sei ein wirtschaftlicher Nachteil. Berücksichtige man das Alter und die wirtschaftliche Stellung des Beschwerdeführers, so seien dies Indizien dafür, dass er seine "Wurmfarm" nachhaltig manuell und somit unter Einsparung von Arbeitskräften nicht werde bewirtschaften können. Allein die Lohnkosten überstiegen die "erzielbaren Umsätze" bei weitem.
Dies sei auch eine der Hauptursachen dafür, dass der Betrieb des Beschwerdeführers keinen Gewinn abwerfe, der aber bei einer anderen Wirtschaftsführung, etwa im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebes und manueller Mitarbeit des Betriebsinhabers sehr wohl möglich wäre.
Ein weiterer Grund für das Fehlen der Gewinnerzielungsmöglichkeit sei die Fremdfinanzierung des Unternehmens, die zwar in "den späteren Streitjahren" abgenommen habe, jedoch im Jahr 1992 mit Zinsen von 188.490 S beinnahe ihr Höchstmaß (1989 209.635 S) wiederum erreicht habe.
3. Marktgerechtes Verhalten in Hinblick auf angebotene Leistungen sowie Preisgestaltung; Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (zB Rationalisierungsmaßnahmen):
Das marktgerechte Verhalten in Hinblick auf angebotene Leistungen und in Hinblick auf die Preisgestaltung werde in dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten besonders hervorgehoben. Der Senat könne jedoch aufgrund des Anbietens von Probepackungen, Gratishumus und dem Einschalten einer kostenintensiven internationalen Werbeagentur mittelfristig kein auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Marketing erkennen, wenngleich eingeräumt werde, dass sich ein solches Marktverhalten langfristig betrachtet positiv auf den Absatz auswirken könnte. Im Falle des Beschwerdeführers hätten jedoch die im Gutachten hervorgehobenen Marketingmaßnahmen bei der Betrachtung der weiterhin bestehenden hohen Verluste zu keiner positiven Entwicklung geführt. Schließlich sei die Trennung von Produktions- und Vertriebsstätte selbst nach Feststellung des vorgelegten Gutachtens ein beachtliches Wirtschaftserschwernis, das im Vergleich zu anderen Farmen erhebliche Nachteile mit sich bringe.
Eine Zusammenschau dieser Kriterienbeurteilung führe zum Schluss, dass ein Gesamtgewinn bei der vorliegenden Art und Weise der Bewirtschaftung einer "Wurmfarm" nicht möglich sei.
Unter Einbeziehung der vom Beschwerdeführer vorgelegten wirtschaftlichen Prognose sei ein erstmaliger Gewinn bei positiver Entwicklung erst im Jahre 1996, bei negativer Entwicklung erst im Jahre 1998 zu erwarten.
Das "Positivszenario" des Gutachtens gehe für 1991 von einem Umsatz in Höhe von 150.000 S und einem Aufwand in Höhe von 900.000 S sowie für 1992 von einem Umsatz von 300.000 S und einem Aufwand von 945.000 S aus. Tatsächlich seien 1991 ein Umsatz von 117.828 S und ein Aufwand von 936.834 S sowie 1992 ein Umsatz von 256.396 S und ein Aufwand von 911.423 S zu verzeichnen. Für 1993 sei laut Aussagen in der mündlichen Berufungsverhandlung ein Verlust in Höhe des Jahres 1992, somit - 655.000 S, erzielt worden, welcher weit über dem prognostizierten Verlust laut Gutachten (- 467.250 S) liege.
Diese Umstände sprächen für eine noch schlechtere Entwicklung als das im Gutachten dargestellte "Negativszenario", welches einen bescheidenen erstmaligen Gewinn erst im Jahre 1998 ausweise.
Dass nicht einmal das vom Gutachten angeführte "Negativszenario" zu erreichen sein werde, sei aus den Aussagen in der mündlichen Berufungsverhandlung zum Ausdruck gekommen, wonach die Würmer im Winter 1993 und insbesondere von 1995 auf 1996 großteils verendet seien und aufwandsintensiv wiederum hätten aufgezüchtet werden müssen. Der Standort des Betriebes sei ungünstig, zumal ein Klima mit milderen Wintermonaten eine klimatische Voraussetzung für eine gewinnorientierte "Wurmfarm" sei. Das Weiterbetreiben einer "Wurmfarm" mit diesem Standort könne daher auch aus diesen Gründen nur als Liebhaberei beurteilt werden. Sogar das Gutachten weise auf die Schwachstelle der langen Wintermonate hin.
Die vom Beschwerdeführer beantragte Einvernahme des Gutachters sei entbehrlich gewesen, weil sich keine entscheidungsrelevanten weiteren Fragen zum Gutachten ergeben hätten.
Der Senat gehe davon aus, dass ein Gesamtgewinn in einem Zeitraum anfalle, der angesichts des Lebensalters des Beschwerdeführers jenseits dessen statistischer Lebenserwartung liege. Eine gewinnorientierte Wurmdüngerproduktion würde auch eine Umorientierung in der Düngerpraxis in der Landwirtschaft und einen Preis für Wurmdünger voraussetzen, der einen flächendeckenden Einsatz ermöglichte. Weder die derzeitige Düngerpraxis, noch der Preis für Humusdünger ließen in absehbarer Zeit auf höhere Absätze und somit Gewinnchancen hoffen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.
Der Beschwerdeführer führt hierin aus, die von ihm im Rahmen seiner "Wurmfarm" betriebene Erzeugung von biologischem Humus habe sich im Ausland bereits bewährt. Seine Farm sei in Österreich einer der ersten Betriebe, welcher sich mit dieser Erzeugung befasse. Es handle sich sohin um ein innovatives Pilotprojekt mit allen zusätzlichen und mit jeder Unternehmensgründung verbundenen Problemen und Risken.
Wenn daher schon bei den üblicherweise aus Land- und Forstwirtschaft anfallenden Einkünften nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Beobachtungszeitraum von 5 Jahren als angemessen anzusehen sei, um die objektiven Ertragsaussichten beurteilen zu können, so reiche dieser Beobachtungszeitraum für eine solche innovative und erstmalige Produktion nicht aus, sondern es müsse ein längerer Beobachtungszeitraum zugebilligt werden. Dies sei auch dem vorgelegten und in der Berufungsentscheidung verwerteten Sachverständigengutachten zu entnehmen, welches eben erst für das Jahr 1996 mit einem positiven Wirtschaftsergebnis rechne.
Der angemessene Beobachtungszeitraum sei aber darüber hinaus zu verlängern, wenn eine kontinuierliche Geschäftsentwicklung durch außergewöhnliche, vom Betriebsinhaber nicht zu steuernde Ereignisse unterbrochen werde. Unter diesem Gesichtspunkt und unter der Beachtung, dass bereits einmal in der Vergangenheit aufgrund äußerer Umstände ein erheblicher Ausfall an Würmern zu verzeichnen gewesen sei, müsse der Beobachtungszeitraum entsprechend verlängert werden bzw neu beginnen. Das Verenden der Würmer, dh der Produktionsmittel der "Wurmfarm", stelle einen gleichartigen Schaden dar, wie in einem Industrie- oder Gewerbebetrieb der Verlust der Produktionsmaschinen etwa durch Feuereinwirkung, Sturm oder Wasser.
Auch biete das vorgelegte Gutachten für die Ansicht, dass die gegenständliche Erzeugung von biologischem Humus besser in einer Gegend mit milderem Klima erfolgen solle, keinerlei Anhaltspunkt. Die Generalisierung der von der belangten Behörde vertretenen Meinung würde ergeben, dass neue und innovative Produktionen wegen der damit verbundenen außergewöhnlichen Risken überhaupt nicht in Angriff genommen werden dürften.
Wenn die belangte Behörde vermeintlich ungünstige Produktionsbedingungen, insbesondere wegen der Trennung von Produktions- und Vertriebsstätte zu erkennen glaube, so habe sie den Umstand der räumlichen Trennung außerordentlich überbewertet. Produktions- und Vertriebsstätte befänden sich "im selben Ort", der Aufwand für den Transport sei daher nur unerheblich größer als bei einer einheitlichen Produktions- und Vertriebsstätte.
Weiters habe sich die belangte Behörde bei der Feststellung, dass beim Aufbau des Unternehmens zu viel Fremdmittel eingesetzt worden seien, nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt, dass der Beschwerdeführer bei Erkennen der "extrem langen Anlaufzeit" mit der Umschichtung von Fremd- auf Eigenkapital begonnen habe, was als ein weiteres Zeichen für seine ernste Gewinnerzielungsabsicht angesehen werden müsse.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Den Parteien ist zunächst beizupflichten, dass erst hinsichtlich der Feststellung von Einkünften für das Jahr 1990 die LVO anzuwenden ist.
Die belangte Behörde geht davon aus, dass es sich bei der vom Beschwerdeführer betriebenen Erzeugung von Humus aus dem organischen Abfall fremder Betriebe durch den Einsatz von Würmern um eine landwirtschaftliche Tätigkeit handelt. Dem ist entgegenzuhalten, dass, abgesehen von den in § 21 Abs 1 Z 3 und 4 EStG 1972 und 1988 genannten, hier von vornherein nicht in Betracht kommenden Fällen, nur Einkünfte aus Betrieben, welche Pflanzen oder Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen ( Z 1 leg cit), oder aber Einkünfte aus Tierzucht oder Tierhaltung iSd § 30 Abs 3 bis 7 BewG (Z 2 leg cit) zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zählen. Solches trifft aber gerade auf die Betätigung des Beschwerdeführers nicht zu. Im Falle des Vorliegens einer Einkunftsquelle handelte es sich somit um Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
1985 bis 1989
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist eine Betätigung nur dann als Einkunftsquelle anzusehen, wenn nach der ausgeübten Art der Betätigung objektive Ertragsfähigkeit vorliegt, dh wenn nach der konkreten Art der Wirtschaftsführung ein positives steuerliches Gesamtergebnis innerhalb eines absehbaren Zeitraumes erzielbar ist. Eine Zeitspanne ist dann als absehbarer Zeitraum anzusehen, wenn sie nach den wirtschaftlichen Gepflogenheiten der betroffenen Verkehrskreise als übliche Rentabilitätsdauer des geleisteten Mitteleinsatzes kalkuliert wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, 97/15/0107).
Als absehbarer Zeitraum gilt bei der Liegenschaftsvermietung ein Zeitraum von ca. 20 Jahren (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, 98/13/0025). Bei Einkünften aus Kapitalvermögen aus stillen Beteiligungen hat der Verwaltungsgerichtshof einen Zeitraum von 17 Jahren als nicht mehr übliche Rentabilitätsdauer angesehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, 95/14/0146). Bei der beschwerdegegenständlichen Betätigung, die sich auf ein innovatives, noch nicht etabliertes Produkt bezieht, wird der absehbare Zeitraum deutlich über 10 Jahren liegen. Handeln nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip schließt längerfristige Rentabilitätsberechnungen nämlich nicht aus (vgl. hierzu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Juli 1996, 93/13/0171).
Im zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates 93/13/0171 hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, dass der Beobachtungszeitraum nicht mit dem Kalkulationszeitraum im Sinne der absehbaren Zeit zur Möglichkeit der Erwirtschaftung eines Gesamterfolges gleichgesetzt werden kann.
Für die Beurteilung, ob die Betätigung des Beschwerdeführers in den Jahren 1985 bis 1989 als Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuergesetzes anzusehen ist, ist eine Prognose anzustellen. Der Prognose sind normale wirtschaftliche Verhältnisse zu Grunde zu legen, ungewöhnliche Verhältnisse hingegen sind auszublenden (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1989, 86/14/0105).
Nun hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in allgemeiner Form die Feststellung getroffen, dass die gegenständliche Betätigung des Beschwerdeführers durch den Einsatz von Fremdarbeitskräften, einem "hohem" Fremdkapitalanteil und die gegebenen Produktionsbedingungen schon "objektiv betrachtet" nicht geeignet sei, innerhalb eines angemessenen Zeitraumes einen Gesamtgewinn zu erzielen. In Verkennung der Rechtslage hat es die belangte Behörde allerdings unterlassen, im Sinne der oben stehenden Ausführungen einen absehbaren Zeitraum zu bestimmen und unter der Mitwirkung des Beschwerdeführers eine konkrete Prognoserechnung für diesen Zeitraum anzustellen.
Als Folge dieses Rechtsirrtums sind im angefochtenen Bescheid keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen, innerhalb welches Zeitraumes der Beschwerdeführer mit seiner Tätigkeit - bei Ausblenden außergewöhnlicher Umstände - einen Gesamtgewinn hätte erwirtschaften können.
Darauf hingewiesen sei, dass die belangte Behörde, wie nachstehend näher ausgeführt, auch nicht davon ausgehen konnte, dass die Betätigung von vornherein keinesfalls geeignet war, einen Gesamtgewinn zu erwirtschaften.
Für das fortgesetzte Verfahren bleibt weiters zu beachten, dass es sich bei der Frage, ob das Verenden von 60% der Würmer bei der gegenständlichen Betätigung als außergewöhnlich anzusehen, oder aber dem mit dieser Betätigung gewöhnlich verbundenen Risiko zuzuordnen ist, um eine naturwissenschaftliche Fachfrage handelt, welche allenfalls durch ein entsprechendes Gutachten zu lösen sein wird.
1990
Die Parteien gehen zutreffend davon aus, dass es sich bei der gegenständlichen Tätigkeit um eine solche gemäß § 1 Abs 1 LVO handelt, sodass die für die Qualifizierung als Einkunftsquelle maßgebliche Absicht, einen Gesamtgewinn zu erzielen, zunächst zu vermuten ist.
Die Vermutung kann anhand der in § 2 Abs 1 LVO genannten objektiven Kriterien, welche die Beurteilung der subjektiven Gewinnabsicht ermöglichen, widerlegt werden.
Stellt sich bei einer Tätigkeit nach § 1 Abs 1 LVO (mit Ausnahme der Vermietung) objektiv erst nach mehreren Jahren heraus, dass sie niemals erfolgbringend sein kann, kann sie dennoch bis zu diesem Zeitpunkt als Einkunftsquelle anzusehen sein. Erst wenn die Tätigkeit dann nicht eingestellt wird, ist sie für Zeiträume ab diesem Zeitpunkt als Liebhaberei zu qualifizieren (vgl. hiezu Herzog/Zorn, Das neue Liebhabereirecht, RdW 1990, 265ff).
Da die LVO das subjektive Ertragstreben in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt, ist im Rahmen der durch § 2 Abs 1 leg cit normierten Kriterienprüfung das Schwergewicht auf die bis zum jeweiligen Veranlagungsjahr eingetretene Entwicklung, nicht hingegen auf nachfolgende Jahre zu legen, was die belangte Behörde verkannt hat.
Wenn die belangte Behörde die Gewinnerzielungsmöglichkeit aus dem Betrieb der "Wurmfarm" mit der Begründung der derzeitigen Düngepraxis in der Landwirtschaft und des Preises für Humusdünger von vornherein verneint hat, so ist ihr zu erwidern, dass sich aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten ergibt, dass dieser mit dem Vertrieb seines Produktes nur auf Privatkunden abstellt. Darüber hinaus übersieht die belangte Behörde, dass für ein ökologisches Produkt die Möglichkeit, sich in einem Marktsegment zu etablieren, nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann.
Soweit die belangte Behörde die Gewinnerzielungsmöglichkeit aufgrund der klimatischen Bedingungen am vom Beschwerdeführer gewählten Standort ausschließt, hätte sie sich auf entsprechende Unterlagen, etwa auf ein naturwissenschaftliches Fachgutachten zu stützen gehabt.
Was nun die Kriterienprüfung nach § 2 Abs 1 LVO anbelangt, so hat die belangte Behörde der Frage nach dem Bemühen des Beschwerdeführers, die Verlustzone zu verlassen, nicht jene entscheidende Bedeutung beigemessen, die diesem Kriterium zukommt. Dem vom Beschwerdeführer vorgelegten und von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid mehrmals herangezogenen (betriebswirtschaftlichen) Fachgutachten sind eine Reihe bis einschließlich 1990 gesetzter Maßnahmen zu entnehmen, die das Bemühen um eine Verbesserung der Ertragslage erkennen lassen. So hat der Beschwerdeführer zur besseren Vermarktung des Produktes eine internationale Werbeagentur mit der Gestaltung der Verpackung beauftragt, Werbemaßnahmen in Fach-, Tages- (so etwa im "Kurier" vom 24. Mai 1988 sowie am 3. April und 15. Juni 1990 in der "Kronenzeitung") und Postwurfzeitschriften gesetzt sowie Probepackungen in Fachmärkten angeboten. Auch hat der Beschwerdeführer gerade im Jahre 1990 durch Einsatz von Eigenmittel die Fremdkapitalfinanzierung reduziert. Die belangte Behörde hätte daher zu dem Schluss gelangen müssen, dass diese Maßnahmen als wesentliche Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage anzusehen sind und daher für das Vorliegen einer subjektiven Gewinnerzielungsabsicht sprechen.
Im Hinblick auf diese Bemühungen des Beschwerdeführers sind die anderen in § 2 Abs 1 LVO genannten Kriterien im gegenständlichen Fall nicht geeignet, das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht für das Jahr 1990 zu widerlegen:
Den Kriterien des Ausmaßes und der Entwicklung der Verluste und des Verhältnisses der Verluste zu den Gewinnen (§ 2 Abs 1 Z 1 und Z 2 LVO) kommt im gegenständlichen Falle im Hinblick auf den erst kurzen Zeitraum seit Aufnahme der Tätigkeit (1985 bis 1990) nur geringe Bedeutung zu. Zudem ist die Verlustentwicklung seit 1986 nach oben hin weitgehend stabil und zeigt gerade im Jahr 1990 einen deutlichen Rückgang auf. Demgegenüber ist im erwähnten Zeitraum ein bescheidener, aber laufender Anstieg der Umsätze zu verzeichnen. Auch der Fremdkapitalaufwand hat im Jahre 1990 einen Tiefststand erreicht.
Die belangte Behörde meint, die Ursache, aufgrund derer im Gegensatz zu vergleichbaren landwirtschaftlichen Betrieben kein Gewinn erzielt wird, sei darin zu sehen, dass der Beschwerdeführer im Betrieb nicht selbst (landwirtschaftliche) Tätigkeiten verrichte und aus diesem Grunde Fremdarbeitskräfte heranziehen müsse. Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich aber bei der vom Beschwerdeführer entwickelten Betätigung nicht um eine solche, welche der Land- oder Forstwirtschaft zuzurechnen wäre, sodass die diesbezüglichen Ausführungen schon aus diesem Grunde ins Leere gehen. Der Umstand, dass sich die Tätigkeit des Unternehmers auf die kaufmännischen Belange beschränkt, stellt als solches bei gewerblichen Tätigkeiten kein Indiz gegen die Gewinnerzielungsabsicht dar.
Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass auch das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten davon spricht, dass die Trennung von Produktions- und Verpackungsstätte nicht als "idealtypisch" anzusehen und daher betriebswirtschaftlich ungeeignet sei. Grundsätzlich konnte die belangte Behörde auf diesen Umstand im Rahmen der Kriterienprüfung nach § 2 Abs 1 LVO Bedacht nehmen. Entscheidendes Gewicht kommt diesem Argument aber schon deshalb nicht zu, weil die belangte Behörde nicht dargetan hat, in welchem Ausmaß sich dieser Umstand auf das Betriebsergebnis niedergeschlagen hat.
Die belangte Behörde meint, die bereits angeführten Werbemaßnahmen des Beschwerdeführers ließen mittelfristig kein auf Gewinnerzielung gerichtetes Marketing erkennen. Sie bleibt aber die Begründung schuldig, warum sie das Verhalten des Beschwerdeführers in Hinblick auf Leistungen und Preisgestaltung als nicht marktgerecht anzusehen vermag. Die Tatsache, dass die erwähnten Maßnahmen (zudem in einem hier teilweise nicht maßgeblichen Zeitraum nach 1990) bislang zu keiner positiven Entwicklung geführt hätten, ist nicht geeignet, diese Maßnahmen ohne weitergehende Erläuterung als nicht marktgerecht zu qualifizieren.
Anzumerken bleibt auch, dass im Rahmen der hier auf Grund § 2 Abs 1 LVO anzustellenden Kriterienprüfung dem Alter des Betriebsinhabers keinerlei Bedeutung zukommt.
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die belangte Behörde dadurch, dass sie Gewinnerzielungsabsicht des Beschwerdeführers für das Jahr 1990 als widerlegt angesehen hat, die Rechtslage verkannt hat.
Der angefochtene Bescheid war sohin wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 501/2001. Die Umrechnung der entrichteten Stempelgebühren beruht auf § 3 Abs 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl I 72/2000. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung war nur die einfache Vorlage des angefochtenen Bescheides erforderlich.
Wien, am 28. Februar 2002
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