VwGH 2000/11/0331

VwGH2000/11/033120.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des S in A, vertreten durch Dr. Bernd A. Oberhofer und Dr. Herbert Fink, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. Oktober 2000, Zl. IIb2-3-7-1-547/4, betreffend Erteilung einer Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997 §23 Abs3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2001:2000110331.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien, begehrte mit Antrag vom 9. März 2000 (bei der Erstbehörde eingelangt am 17. März 2000) den "Austausch" seines "nicht EU-FS". Zum Nachweis für seine Lenkberechtigung legte er einen jugoslawischen Führerschein mit Ausstellungsdatum 7. Februar 2000 für die Klassen B, C, D und E vor.

Dieser Führerschein wurde vom kriminaltechnischen Dienst der Bundespolizeidirektion Innsbruck untersucht. Nach dessen Untersuchungsbericht vom 30. März 2000 wurde eine "makro- und mikroskopische Untersuchung im sichtbaren Auf- und Streiflicht hinsichtlich mechanischer Rasuren, in Bezug auf chemische Rasuren, Betrachtung im UV- und IR-Licht mittels Docucenter" durchgeführt. Unter der Überschrift "Untersuchungsergebnis" wird ausgeführt, dass sich der zur Untersuchung vorgelegte Führerschein in seiner Ausführung (Bedruckstoff, Drucktechnik) von vorliegendem Vergleichsmaterial unterscheide und demnach eine Nachahmung (Totalfälschung) darstelle.

Mit Bescheid vom 6. April 2000 wies die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck den Antrag auf "Umschreibung des serbischen Führerscheins", welcher nunmehr auch die Klassen C, D und E umfasse, ab und führte begründend aus, der Beschwerdeführer besitze seit Jahren eine österreichische Lenkberechtigung für die Klassen A und B. Sein Antrag auf Umschreibung des serbischen Führerscheines, welcher nun auch die Klassen C, D und E umfasse, sei abzuweisen gewesen, weil die kriminaltechnische Untersuchung des Führerscheines ergeben habe, dass es sich dabei um eine Totalfälschung handle.

Gegen diesen Bescheid erhob der (nunmehr anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer Berufung, in der er rügte, dass ihm das kriminaltechnische Gutachten nicht zur Stellungnahme vorgelegt worden sei, sodass er keine Möglichkeit gehabt habe, es zu entkräften.

Mit Verfügung vom 9. Mai 2000 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Abgabe einer Äußerung zum kriminaltechnischen Gutachten auf.

Im Schriftsatz vom 31. Mai 2000 rügte der Beschwerdeführer, das Untersuchungsergebnis lasse sich nicht logisch auf die angewendeten Untersuchungsmethoden zurückführen. Das vorliegende "Vergleichsmaterial" sei im Gutachten nicht näher spezifiziert worden, sodass nicht gesagt werden könne, worin diese Unterschiede eigentlich lägen, und ob das Vergleichsmaterial noch aktuell sei. Aus der unterschiedlichen Ausführung von Drucksorten sei noch nichts über die Echtheit derselben ausgesagt. Es sei auch möglich, dass das Vergleichsmaterial eine Fälschung darstelle und der Führerschein des Beschwerdeführers echt sei.

In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 8. August 2000 zu diesem Schriftsatz führte die Bundespolizeidirektion Innsbruck, Kriminaltechnischer Dienst, aus, bei dem Untersuchungsbericht handle es sich nicht um das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen. Falls ein solches gewünscht werde, müsse ein diesbezüglicher Auftrag des Gerichtes ergehen. Die angewendeten Untersuchungsmethoden seien vom Bundesministerium für Inneres/Kriminaltechnische Zentralstelle entwickelt worden und seien allgemein anerkannt. Einzelheiten betreffend die Fälschungsmerkmale würden grundsätzlich nicht ausführlich beschrieben, um diesbezüglich allgemeine Qualitätsverbesserungen zu verhindern. Es handle sich bei dem vorgelegten "Führerschein" um eine Totalfälschung. Von der kriminaltechnischen Untersuchungsstelle würden jährlich etwa 900 Dokumente auf Echtheit überprüft. Es habe noch keinen Fall gegeben, dass der Untersuchungsbericht vom betreffenden Verdächtigen hätte widerlegt werden können.

Dazu äußerte sich der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 5. September 2000. Er führte aus, der Untersuchungsbericht vom 30. März 2000 stelle zweifellos ein Gutachten dar. Auch in der Stellungnahme vom 8. August 2000 würden keine weiteren Einzelheiten angegeben, auf welchem Weg und aufgrund der Anwendung welcher Kenntnisse und Fähigkeiten man zu dem "speziellen Ergebnis" gelangt sei, weshalb die in der Stellungnahme vom 31. Mai 2000 getätigten Vorbehalte vollinhaltlich aufrecht erhalten würden.

Am 10. Oktober 2000 langte bei der belangten Behörde der Untersuchungsbericht des Bundesministeriums für Inneres, Kriminaltechnische Zentralstelle - Fachbereich Dokumentenprüfung, ein, der die Untersuchungsmethoden beschreibt (stereomikroskopische Untersuchung bei 10-80facher Vergrößerung, Untersuchung auf dem Bildanalysesystem (Video Spectral Comparator - VSC 2000/Foster & Freeman) unter Anwendung unterschiedlicher Lichtquellen und Sperrfilter, Einbeziehung der Erkenntnisse der zentralen Unterlagen-/Mustersammlung) und zu dem Ergebnis gelangt, dass das Formular im Bedruckstoff, in der Typographie und Drucktechnik sowie in den sicherungstechnischen Merkmalen mit dem vorliegenden aktuellen und authentischen Vergleichsmaterial nicht übereinstimme. Es stelle eine nach dem Bubble-Jet-Verfahren hergestellte Reproduktion unter Nachahmung sämtlicher urkundentechnischer Sicherheitsmerkmale dar. Zu den Stempelabdrücken fehle authentisches Vergleichsmaterial. Die bei der Untersuchung erhaltenen Befunde ließen keine Aussage über deren Echtheit zu. Anhand der Fälschungsmerkmale und Reproduktionsspuren seien 77 in ganz Österreich aufgetretene total gefälschte jugoslawische Führerscheine durch die kriminaltechnische Zentralstelle beurteilt und verglichen und in bisher 14 Fälschungsklassen zusammengefasst worden. Unter einer Fälschungsklasse würden jene Formulare eingereiht, die gleiche Merkmale aufweisen und aufgrund dieser derselben Produktionsstätte zugeordnet werden könnten. Das zur Untersuchung vorgelegte Formular habe der Fälschungsklasse 6 zugeordnet werden können, in welcher fünf weitere Formulare einlägen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus, Voraussetzung für die "Umschreibung" einer ausländischen, in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung sei die Echtheit des vorgelegten Führerscheines. Der Einwand des Beschwerdeführers, das kriminaltechnische Gutachten sei nicht schlüssig, sei nicht berechtigt, weil die Methoden beschrieben worden seien und durch diese Methoden festgestellt worden sei, dass sich der vom Beschwerdeführer vorgelegte Führerschein in seiner Ausführung hinsichtlich des Bedruckstoffes und der Drucktechnik vom Vergleichsmaterial unterscheide. Aufgrund des Untersuchungsberichtes vom 30. März 2000 und der ergänzenden Stellungnahme vom 8. August 2000 sei davon auszugehen, dass es sich bei dem vorgelegten Führerschein um eine Totalfälschung handle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 3 FSG ist dem Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung auf Antrag bei Erfüllung der in den Z. 1 bis 5 dieser Gesetzesstelle näher umschriebenen Voraussetzungen eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen.

Die Erteilung einer (österreichischen) Lenkberechtigung nach dieser Gesetzesstelle setzt den Besitz einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung voraus. Nur wenn das Ermittlungsverfahren ergibt, dass der Antragsteller Besitzer einer solchen Lenkberechtigung ist, kann ihm demnach gemäß § 23 Abs. 3 FSG die Lenkberechtigung erteilt werden. Wichtigstes Beweismittel in diesem Zusammenhang ist regelmäßig der Führerschein, also die über die Berechtigung von der ausländischen Kraftfahrbehörde ausgestellte Urkunde. Der Beweis kann aber auch auf jede andere Weise erbracht werden, die geeignet ist, die Überzeugung vom Besitz der genannten Lenkberechtigung zu verschaffen. Wenn die Behörde - wie im vorliegenden Fall aufgrund des Ergebnisses einer kriminaltechnischen Untersuchung des Führerscheines - davon ausgehen muss, dass es sich bei dem ihr vorgelegten Führerschein um eine Fälschung handelt, hat sie dies dem Antragsteller bekannt zu geben und ihn aufzufordern, andere geeignete Unterlagen vorzulegen, insbesondere solche betreffend die von ihm absolvierte Ausbildung und die von ihm erfolgreich abgelegte Prüfung. Insoweit trifft die Partei im Erteilungsverfahren eine spezifische Mitwirkungspflicht, deren Verletzung zur Versagung der beantragten Lenkberechtigung führen kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/11/0260).

Im vorliegenden Fall musste die belangte Behörde schon aufgrund des Untersuchungsberichtes der Bundespolizeidirektion Innsbruck, Kriminaltechnischer Dienst, vom 30. März 2000 und der ergänzenden Stellungnahme vom 8. August 2000 annehmen, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Führerschein um eine Totalfälschung handelt. Die Hinweise auf die angewendeten Untersuchungsmethoden und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse (Abweichen der Ausführung hinsichtlich Bedruckstoff und Drucktechnik von vorliegendem Vergleichsmaterial) lassen das Untersuchungsergebnis, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Führerschein um eine Fälschung handelt, nicht als unschlüssig erkennen. Dass der Sachverständige geeignetes Vergleichsmaterial, nämlich aktuelle jugoslawische Führerscheine, herangezogen hat, muss von ihm aufgrund seiner Fachkenntnis angenommen werden. Der Beschwerdeführer hat zwar in seinen Stellungnahmen in Zweifel gezogen, ob der Sachverständige geeignetes Vergleichsmaterial herangezogen hat, und die Meinung vertreten, es könne auch das Vergleichsmaterial gefälscht und der vom Beschwerdeführer vorgelegte Führerschein echt sein, er ist damit aber dem Gutachten nicht mit konkretem Vorbringen, insbesondere hinsichtlich der näheren Umstände betreffend den behaupteten Erwerb einer jugoslawischen Lenkberechtigung im Februar 2000, entgegengetreten, sodass der belangten Behörde kein Verfahrensfehler unterlaufen ist, wenn sie das Gutachten dem Bescheid zugrunde gelegt hat.

Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer zwar nicht im Sinne des zuvor Gesagten aufgefordert, andere geeignete Unterlagen vorzulegen, doch wurde die Relevanz eines darin gelegenen Verfahrensmangels vom Beschwerdeführer nicht dargetan. Die Beschwerde enthält nämlich keine Behauptungen, was der Beschwerdeführer im Falle der Aufforderung hätte vorlegen können.

Soweit der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde der belangten Behörde vorwirft, sie habe die ihr angebotenen Beweise nicht aufgenommen, ist ihm zu erwidern, dass er im Verwaltungsverfahren keine konkreten Beweisanträge gestellt hat.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass der belangten Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits der Untersuchungsbericht der Kriminaltechnischen Zentralstelle des Bundesministeriums für Inneres vom 12. September 2000 vorlag. Sie hat ihren Bescheid darauf nicht gestützt und diesen Untersuchungsbericht dem Beschwerdeführer auch nicht zur Kenntnis gebracht. Da der Inhalt dieses Untersuchungsberichtes das Ergebnis des Untersuchungsberichtes der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 30. März 2000 bestätigt und näher begründet, wurden durch die Nichtberücksichtigung dieses Beweismittels Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. September 2001

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