VwGH 98/16/0180

VwGH98/16/018017.5.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der S in F, vertreten durch Dr. Manfred Ammann, Rechtsanwalt in 6830 Rankweil, Alemannenstraße 47, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Feldkirch vom 5. Juni 1998, Zl. Jv 1755-33/98, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

WFG 1984 §53 Abs3;
WSG 1984 §42 Abs3;
WFG 1984 §53 Abs3;
WSG 1984 §42 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 25. Oktober 1994 wurde das Pfandrecht für eine Darlehensforderung der Beschwerdeführerin an der Liegenschaft des G.W. in Zwischenwasser, Schmalzgasse 6, einverleibt. Die Eintragung beruhte auf einem Antrag der Beschwerdeführerin mit dem Vermerk "gebührenfrei gem. Wohnhaussanierungsgesetz BGBl. 483/1984".

Mit Zahlungsaufforderung vom 3. April 1998 forderte der Kostenbeamte u.a. die Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit. b GGG an, weil die Wohnnutzfläche der sanierten Wohnung 150 m2 übersteige. Darauf teilte die Beschwerdeführerin dem Kostenbeamten mit Schreiben vom 15. April 1998 mit, dass der die Wohnnutzfläche überschreitende Raum (Kinderzimmer im Ausmaß von 16 m2) als Waschküche genützt werde. Der vorhandene Raum weise lediglich eine Raumhöhe von 1,80 m auf und das Ausmaß des vorhandenen Fensters betrage nur 80 x 50 cm, weshalb er nicht für Wohnzwecke genützt werden könne, zumal nach der Bautechnikverordnung eine mittlere Raumhöhe von 2,30 m erforderlich sei. Damit reduziere sich die effektive Wohnnutzfläche auf 137,50 m2. Mit diesem Schreiben wurde eine Bestätigung der Gemeinde vorgelegt, wonach W.G. den als Kinderzimmer geplanten Raum nun als Waschküche benütze; angeschlossen war auch ein Plan, der dieses Kinderzimmer enthielt..

Mit Zahlungsauftrag vom 20. April 1998 schrieb der Kostenbeamte die Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit. b, die Eingabengebühr gemäß TP 9 lit. a, einen Mehrbetrag gemäß § 31 GGG und die Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG vor.

Mit einem als "Berichtigungsantrag" betitelten Schreiben vom 30. April 1998 überreichte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Vorkorrespondenz eine Bestätigung des Bürgermeisters der Gemeinde Zwischenwasser, wonach das im Einreichplan ausgewiesene Kinderzimmer als Waschküche genützt werde, wonach weiters der Zugang zu diesem Raum nur vom Windfang erreichbar sei und die Belichtung des Raumes weniger als 10 % der Bodenfläche betrage, während laut § 20 Bautechnikverordnung die Belichtung für Aufenthaltsräume ein Zehntel der Bodenfläche zu betragen hätte.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag nur insoferne Folge, als bei der Eingabengebühr noch ein alter Gebührensatz in Anschlag zu bringen war; im Übrigen wurde dem Berichtigungsantrag keine Folge gegeben. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das von ihr durchgeführte Ermittlungsverfahren, aus dem sich ergeben hätte, dass durch den Darlehensnehmer das gegenständliche Objekt einer Generalsanierung unterzogen worden sei und zwei selbstständige Wohneinheiten geschaffen worden wären. Das die Gebührenpflicht auslösende Darlehen hätte der Sanierung der Einheit Top 1 gedient. Laut den vorliegenden Planunterlagen habe die Nutzfläche (Erd- und Obergeschoß) dieser Einheit inklusive des angeblich als Waschküche genutzten Raumes 159,7 m2 betragen. Des Weiteren umfasse das sanierte Objekt Flächen von 66,6 m2 im Kellergeschoß, 21,2 m2 im Erdgeschoß (nicht ausgebaut) und 41 m2 im Dachgeschoß (nicht ausgebaut). Das die Gebührenpflicht auslösende Darlehen hätte der Sanierung eines Objektes gedient, dessen Nutzfläche insgesamt 159,7 m2 betragen habe, sodass schon aus diesem Grund die Gebührenbefreiung nicht zuzuerkennen gewesen sei. Die Nutzung eines Raumes sei für die Berechnung der Nutzfläche unerheblich und bilde auch der Umstand, dass dieser Raum nicht für Wohnzwecke geeignet sei, kein Argument für eine Nichtberücksichtigung, da § 43 Abs. 3 WSG 1984 ausdrücklich auf die Nutzfläche einer Wohnung und nicht die Wohnnutzfläche abstelle. Außerdem habe sich auf Grund einer Einsichtnahme in den Förderungsakt des Amtes der Vorarlberger Landesregierung ergeben, dass entsprechend den Wohnhaussanierungsrichtlinien Gesamtbaukosten von S 1,300.000,-- anerkannt und hiefür ein Annuitätenzuschuss von 60 % gewährt worden sei. Die anerkannten Gesamtbaukosten hätten sich daraus errechnet, dass maximal eine Nutzfläche von 130 m2 als förderungswürdig erachtet und hiefür höchstens S 10.000,--/m2 Nutzfläche als Sanierungskosten anerkannt wurden. Dieser förderungswürdigen Fläche stehe eine weitere Fläche von insgesamt 158,50 m2 gegenüber, sodass sich ein klares Überwiegen des nicht begünstigten Teiles des Bauvorhabens ergebe. Die Begünstigung stehe daher auch dann nicht zu, wenn die Waschküche in Abzug zu bringen wäre.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Befreiung von den Gerichtsgebühren verletzt erachtet. Mit der Beschwerde legte die Beschwerdeführerin den Bauakt vor, aus dem sich das Bauansuchen vom 29. Mai 1995 und die Baubewilligung vom 11. Juli 1995 ergibt. Im Bauansuchen wird die Nutzfläche der Wohnung Top 1 mit 133,7 m2 angegeben. Der bewilligte Bauplan enthält an der Stelle, an der im Einreichplan ein Kinderzimmer vorgesehen war, einen als "13,6 qm Büro" bezeichneten Raum.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. In dieser Gegenschrift wird eine neue Berechnung angestellt, in der der ursprünglich einbezogene Raum mit 13,6 m2 nicht mehr enthalten ist, dafür aber im Dachgeschoß der Dachraum von 41 m2 hinzugerechnet wird, sodass in der Gegenschrift eine Nutzfläche von 184,7 m2 ermittelt wird.

Die Beschwerdeführerin hat sich zu dieser Gegenschrift geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 42 Abs. 3 Wohnhaussanierungsgesetz, BGBl. Nr. 483/1984, zuletzt geändert durch das BG BGBl. Nr. 460/1990, sind Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnhaussanierung gefördert werden, von den Gerichtsgebühren befreit. Bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 150 m2 nicht übersteigt.

Diese Bestimmung entspricht der des § 53 Abs. 3 Wohnbauförderungsgesetz 1984 in der Fassung BGBl. Nr. 829/1992 mit dem einzigen Unterschied, dass an Stelle von Wohnhaussanierungen dort Wohnbauförderungsmaßnahmen begünstigt sind.

Bei Ermittlung der Nutzfläche im Sinne der genannten Bestimmungen hat der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinen Erkenntnissen vom 24. Jänner 2001, Zl. 2000/16/0009 und vom 15. März 2001, Zl. 2000/16/0625 darauf abgestellt, ob die tatsächliche Ausstattung des Raumes geeignet ist, Wohnzwecken zu dienen; auf die konkrete Verwendung komme es hingegen nicht an.

Im Verwaltungsverfahren hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass der Raum auf Grund seiner Raumhöhe und der mangelnden Belichtung Wohnzwecken nicht dienen könne und diesbezüglich auch eine Bestätigung der Baubehörde vorgelegt. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aber nicht auseinander gesetzt, weil sie von der Rechtsauffassung ausging, dass die Nutzung eines Raumes für die Berechnung der Nutzfläche unerheblich sei.

Soweit die belangte Behörde Feststellungen aus dem Förderungsakt getroffen hat und geförderte den nicht geförderten Flächen gegenüber gestellt hat, muss ihr vorgehalten werden, dass bezüglich dieses Ermittlungsergebnisses der Beschwerdeführerin kein Gehör gewährt wurde. Die Beschwerdeführerin hat auch dargetan, welches Vorbringen sie bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels erstattet hätte, sodass eine Wesentlichkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zu bejahen ist.

Soweit die belangte Behörde in der Gegenschrift vorbringt, dass auch der nicht ausgebaute Dachraum einzubeziehen sei, ist ihr das aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot entgegen zu halten.

Vorrangig belastete die belangte Behörde den Bescheid dadurch, dass sie ausgehend von ihrer Rechtsansicht Feststellungen über die Ausstattung der für die Nutzfläche herangezogenen Räume unterließ, mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Im Hinblick auf die genannten Vorerkenntnisse konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Mai 2001

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