VwGH 98/15/0187

VwGH98/15/018722.11.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerde der S GesmbH iL in P, vertreten durch Dr. Christian Hauser, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Prechtlgasse 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat) vom 5. August 1998, RV/091-06/05/97, betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 1988 bis 1991, Gewerbesteuer 1988, 1989 und 1991, Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1989 und Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1989, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs1;
BAO §119;
BAO §184;
BAO §280;
BAO §97;
BAO §115 Abs1;
BAO §119;
BAO §184;
BAO §280;
BAO §97;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Soweit die Berufungsentscheidung vom 28. April 1995, 6- 94/5044/03, die im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Verfahren betraf, hob sie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. Mai 1997, 95/15/0093, auf welches zur weiteren Sachverhaltsdarstellung verwiesen wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Die belangte Behörde habe keine Begründung dafür geliefert, warum sie im Rahmen der von ihr vorgenommenen Schätzung des Besteuerungsgrundlagen (§ 184 BAO) Aufwendungen für Schwarzarbeiter und für Schwarzeinkäufe sowie auf diese Wareneinkäufe entfallenden Vorsteuern nicht berücksichtigt habe.

Im fortgesetzten Verfahren fand am 29. Mai 1998 eine Besprechung mit einem Vertreter der Beschwerdeführerin statt. Mit Scheiben vom selben Tag fragte die belangte Behörde bei der Beschwerdeführerin an, ob sie die Berufung zurückziehen wolle.

Mit Schreiben vom 16. und 17. Juli 1998 teilte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit, er könne eine Stellungsnahme "insbesondere zum Betriebsprüfungsbericht" erst in der zweiten Augusthälfte abgeben, zumal die benötigten Akten zwischen Wirtschaftspolizei und Gutachtern "pendelten".

Mit dem angefochtenen Bescheid, welcher der Beschwerdeführerin am 1. Oktober 1998 zugestellt worden ist, gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge, indem sie die Aufwendungen und die entsprechenden Vorsteuern für Schwarzeinkäufe sowie den Personalaufwand für zwei "Schwarzarbeiter" berücksichtigte. Daraus resultierten auch entsprechende Änderungen des Einheitswertes des Betriebsvermögens und der Vermögensteuer. Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält - abgesehen von einer umfangreichen Darstellung der Berechnung der Besteuerungsgrundlagen - den Verweis auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis 95/15/0093 und den Hinweis, dass sich die Berücksichtigung des zusätzlichen Wareneinsatzes und des Personalaufwandes sowie der entsprechenden Vorsteuern aus dem genannten Erkenntnis ergebe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde habe gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Obwohl die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Schwierigkeiten der Erlangung der erforderlichen Belege um eine Erstreckung der Frist zur Abgabe einer Stellungnahme (bis zur zweite Augusthälfte) ersucht habe, habe die belangte Behörde einen Vorhalt erlassen und in der Folge eine Entscheidung getroffen. Dem Vertreter der Beschwerdeführerin sei es bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht möglich gewesen, die beschlagnahmten Belege zu erhalten.

Mit diesen Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dargetan. Bescheide werden gemäß § 97 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Im gegenständlichen Fall erfolgte die Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides durch die Zustellung am 1. Oktober 1998. Ungeachtet der früheren kollegialen Beschlussfassung der belangten Behörde war das Berufungsverfahren bis zur Zustellung des angefochtenen Bescheides unerledigt und hätte die Beschwerdeführerin bis zu diesem Zeitpunkt neues Vorbringen erstatten können. Die Beschwerdeführerin hat aber weder bis zu dem in ihren "Fristerstreckungsansuchen" genannten Zeitpunkt, nämlich den Ablauf der zweiten Augusthälfte des Jahre 1998, noch in der Folge im Verwaltungsverfahren die angekündigten weiteren Einwendungen erhoben oder um eine weitere Fristerstreckung angesucht.

Verwiesen sei im Übrigen darauf, dass nach den Ausführungen im Berufungsschriftsatz vom 30. September 1993 die beschlagnahmten Belege bereits während der Betriebsprüfung (Prüfungsbeginn: 21. September 1992) wieder in die Kanzel des steuerlichen Vertreters gelangt und dort zur Einsichtnahme aufgelegen seien.

Die Beschwerdeführerin bringt nunmehr vor, die belangte Behörde hätte von Amts wegen den Strafakt (wohl betreffend das gerichtliche Strafverfahren gegen TK) beischaffen oder den Sachverständigen Dr. G vernehmen müssen, um sich von der Vollständigkeit der Buchhaltungsunterlagen in Kenntnis zu setzen.

Mit diesem Vorbringen will die Beschwerdeführerin offenkundig dartun, dass es keiner Schätzung bedurft hätte. Hiezu sei auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis 95/15/0093 verwiesen, wonach die Beschwerdeführerin den Feststellungen nicht entgegengetreten sei, dass ihre Aufzeichnungen formell und materiell nicht ordnungsgemäß, insbesondere unvollständig seien und somit gemäß § 184 Abs. 3 BAO die Schätzungsbefugnis gegeben sei. Die Beschwerdeführerin hat auch im fortgesetzten Verfahren nichts Gegenteiliges behauptet.

Eine Pflicht der Abgabenbehörde zur (Re‑)Konstruktion von nicht oder nur unzureichend vorgelegten Aufzeichnungen, die der Abgabepflichtige zu führen und vorzulegen hat, ist im Gesetz nicht verankert. Der Hinweis auf eine Belegsammlung vermag nicht aufzuzeigen, dass die belangte Behörde zu Unrecht vom Vorliegen einer Schätzungsbefugnis ausgegangen wäre (vgl. nochmals das Erkenntnis 95/15/0093).

Die Beschwerdeführerin rügt schließlich, die belangte Behörde habe es unterlassen, zwischen den Einnahmen der Beschwerdeführerin und jenen der Einzelfirma des RH zu unterscheiden. Weiters habe die belangte Behörde bei der Schätzung Betriebseinnahmen doppelt angesetzt, weil sie Zahlungseingänge erfasst habe, obwohl bei der Beschwerdeführerin eine Erfassung der Betriebseinnahmen bereits im Zeitpunkt der Rechnungslegung erfolgt sei. Mit diesem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen kann aber - soweit es nicht ohnedies eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung beinhaltet - die Schlüssigkeit der auf die Ausführungen des Gutachtens des Sachverständigen Dr. G gestützten Schätzung nicht widerlegt werden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. November 2001

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