VwGH 98/08/0014

VwGH98/08/001417.2.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde des Mag. FR in Wien, vertreten durch Dr. Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 28. November 1997, Zl. LGS-W Abt. 12/1218/56/1997, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe als Pensionsvorschuß, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §23 Abs1;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §36 Abs1;
AlVG 1977 §36 Abs3 litB;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §50 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen, angefochtenen Bescheid ergibt sich, daß die belangte Behörde die Zuerkennung der Notstandshilfe als Pensionsvorschuß vom 1. Oktober 1996 bis 31. Mai 1997 widerrufen und das unberechtigt Empfangene in Höhe von S 27.746,-- rückgefordert hat, weil der Beschwerdeführer im Bezug der Notstandshilfe stehend dem Arbeitsmarktservice nicht gemeldet habe, daß seine Ehegattin seit 2. September 1996 in einem Dienstverhältnis gestanden sei. Der Einwand des Beschwerdeführers, er hätte das Dienstverhältnis seiner Ehegattin mittels Postkarte gemeldet, habe nicht nachvollzogen werden können, weil sich weder eine Postkarte im Leistungsakt finde, noch Aufzeichnungen seitens des Arbeitsmarktservice vorhanden seien. Überdies hätte der Beschwerdeführer erkennen müssen, daß die Leistung in ungeminderter Höhe nicht gebühren habe können, da die Meldung eines Dienstverhältnisses nur dann Sinn mache, wenn sie auf die Leistung von Einfluß sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, bezieht sich diese Verfahrensrüge ausdrücklich nur auf die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte erkennen müssen, daß ihm die ausbezahlte Leistung nicht gebühre.

Da sich jedoch die Auffassung der belangten Behörde als richtig erweist, daß der Beschwerdeführer den Bezug durch die Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat, geht diese Verfahrensrüge ins Leere (vgl. das Erkenntnis vom 28. April 1992, Slg. 13627/A):

Gemäß § 50 Abs. 1 AlVG ist derjenige, der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen.

Gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes (hier: der Notstandshilfe als Pensionsvorschuß) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat, oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Pensionsvorschuß im Sinne des § 23 AlVG ist nach dem Abs. 1 dieser Gesetzesstelle als Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe zu gewähren, sofern die übrigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Leistungen gegeben sind.

Gemäß § 36 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 lit. B AlVG ist das Einkommen des Ehepartners des Arbeitslosen nach Maßgabe der Erlassung näher bezeichneter Richtlinien und unter Berücksichtigung der in der genannten Gesetzesstelle näher bezeichneten Vorgaben auf die Notstandshilfe des Arbeitslosen anzurechnen. Diese Anrechnung wird in den §§ 2 und 6 der Notstandshilfeverordnung näher geregelt.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch seine Ehegattin aufgrund des genannten Regelungszusammenhanges eine im Sinne des § 50 AlVG für das Fortbestehen und des Ausmaßes des Anspruches maßgebliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen darstellt, da im Sinne des § 36 Abs. 2 zweiter Satz AlVG die Beurteilung von Notlage im Sinne der Bestimmungen über die Notstandshilfe stets auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners mitumfaßt (vgl. zu solchen Konstellationen die hg. Erkenntnisse vom 10. Dezember 1952, Slg. Nr. 2770/A, vom 31. Jänner 1985, 83/08/0044, und vom 30. September 1985, 84/08/0179). Auch diese, dem angefochtenen Bescheid erkennbar zugrundeliegende Rechtsauffassung der belangten Behörde zieht der Beschwerdeführer nicht in Zweifel.

Er bestreitet lediglich, die Meldung (im Sinne des § 50 AlVG) nicht rechtzeitig erstattet zu haben, und behauptet, er habe den Sachverhalt der Aufnahme der Erwerbstätigkeit seiner Ehegattin per 2. September 1996 mittels Postkarte dem Arbeitsmarktservice mitgeteilt, wobei er sich in seiner Beschwerde auf ein "Muster" dieser Postkarte, welches seiner Beschwerde beiliege, beruft. Dieses "Muster" ist ein Vordruck des Arbeitsmarktservice mit der Überschrift "Mitteilung an die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice" und folgendem (hinsichtlich des Datums und des Arbeitgebers handschriftlich auszufüllenden) Text:

"Ich gebe bekannt, daß ich ab 2.9.1996 bei Firma Fürnkranz GesmbH beschäftigt bin".

 

Auf der Rückseite enthält diese Karte "vom Absender auszufüllen" Vor- und Zuname, Versicherungsnummer, Adresse, sowie den weiteren Hinweis, daß sonstige Veränderungsmeldungen persönlich oder schriftlich zu erstatten seien und der Weiterbezug nach Wegfall des Abmeldungsgrundes unverzüglich bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice persönlich zu beantragen sei.

Das mit der Beschwerde vorgelegte "Muster" enthält auf der Rückseite den Vor- und Zunamen der Ehegattin des Beschwerdeführers, deren Versicherungsnummer und die (gemeinsame) Wohnanschrift. Dazu bringt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde noch vor, daß das Arbeitsmarktservice "auf diese Karte" reagiert habe, zumal der Arbeitslosenbezug der Ehegattin des Beschwerdeführers per 2. September 1996 eingestellt und für September nur ein Tagessatz überwiesen worden sei. Die Postkarte sei daher nicht verloren gegangen. Da der Beschwerdeführer beim selben Arbeitsmarktservice Pensionsvorschuß beziehe, sein Anspruch im Akt seiner Ehegattin und der Arbeitslosengeldanspruch seiner Ehegattin in seinem Akt "erfaßt sei", sich beide Akten im selben Gebäude befänden und "dieses Amt mit elektronischer Datenverarbeitung arbeitet", habe er angenommen, daß im Rahmen der Einstellung der Leistungen seiner Ehegattin auch sein Anspruch überprüft werde und sich aus diesem Sachverhalt keine Veränderungen ergeben hätten.

Diesen Ausführungen ist zu entgegnen, daß die gesetzlich vorgesehene Meldepflicht ihren Grund darin findet, daß die Behörden der Arbeitsmarktverwaltung aufgrund des massenhaften Auftretens gleichartiger Verwaltungssachen naturgemäß nicht in der Lage sind, den Fortbestand der Anspruchsvoraussetzungen von Amts wegen in jedem Einzelfall im Auge zu behalten und regelmäßig zu überprüfen, um daraus gegebenenfalls die Konsequenzen für den Leistungsanspruch zu ziehen. Die Meldung soll dem betreffenden Verwaltungsakt angeschlossen und zum Gegenstand der weiteren Bearbeitung durch den zuständigen Referenten gemacht werden. Diesen Zweck kann die Meldung aber nur dann erfüllen, wenn sie vom Meldepflichtigen selbst stammt bzw. dies aus der Meldung ersichtlich ist. Es kann im gegebenen Zusammenhang unerörtert bleiben, wie weit die meldepflichtige Person verpflichtet ist, durch Angabe individualisierender Merkmale (Vornamen, Zuname, Geburtsdatum, Versicherungsnummer, Adresse) diesen Effekt möglichst sicherzustellen oder ob der Meldepflicht auch dann Genüge getan werden kann, wenn die eine oder andere dieser Angaben fehlt, weil es sich im Beschwerdefall - wie aus dem mit der Beschwerde vorgelegten und darin bezogenen "Muster" hervorgeht - um die Meldung der Ehegattin des Beschwerdeführers zu deren Versicherungsnummer handelt und damit - wie die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum erkannt hat - nicht um die Meldung des Beschwerdeführers. Ob es aufgrund der Organisation des Arbeitsmarktservice möglich gewesen wäre, daß dem zuständigen Referenten bei Bearbeitung des Aktes der Ehegattin des Beschwerdeführers der Umstand seines Leistungsbezuges auffallen und ob dies zu einer Einstellung auch der Leistungen des Beschwerdeführers hätte führen können, ist nicht maßgeblich, zumal die Verletzung der Meldepflicht im Sinne der Verschweigung maßgeblicher Tatsachen für den Bezug als Begründung des Rückforderungstatbestandes ausreicht (vgl. Dirschmied, Arbeitslosenversicherungsrecht3, 2.2. zu § 25). Da der Beschwerdeführer - wie aus seinem Vorbringen hervorgeht - bewußt keine eigene Meldung erstattet hat, liegt auch eine vorsätzliche Verletzung der Meldepflicht vor.

Da der Beschwerdeführer im übrigen nicht bestreitet, daß ihm im maßgebenden Zeitraum vom 1. Oktober 1996 bis 31. Mai 1997 aufgrund der Höhe des Arbeitsverdienstes seiner Ehegattin Pensionsvorschuß als Notstandshilfe nicht zustand (zum Widerruf der Leistung liegt kein wie immer geartetes Beschwerdevorbringen vor), erfolgte die Rückforderung der Notstandshilfe im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG schon deshalb zu Recht, ohne daß die eingangs erwähnte Frage der Verletzung von Verfahrensvorschriften noch geprüft werden müßte.

Da somit schon aus der Beschwerde zu entnehmen ist, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, konnte sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen werden.

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