VwGH 97/11/0391

VwGH97/11/039125.8.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des W in Uttendorf, vertreten durch Dr. Manfred Denkmayr und Dr. Georg Schwarzmayr-Lindinger, Rechtsanwälte in Mauerkirchen, Obermarkt 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 13. November 1997, Zl. 421.580/3-II/B/9/97, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
AVG §38;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Mandatsbescheid der Erstbehörde vom 2. Jänner 1997 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B vorübergehend für die Dauer von neun Monaten (gerechnet ab der am 9. Jänner 1997 erfolgten Bescheidzustellung) entzogen; weiters wurde dem Beschwerdeführer verboten, während dieser Zeit Motorfahrräder zu lenken. Diesem Bescheid lag die Annahme zugrunde, der Beschwerdeführer habe am 5. November 1996 als Lenker eines Kraftfahrzeuges in näher umschriebener Weise ein Verhalten gesetzt, das an sich geeignet gewesen sei, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, und mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen. Ihm sei bereits im Jahr 1993 die Lenkerberechtigung für die Dauer von fünf Monaten vorübergehend entzogen worden, weil er unter besonders gefährlichen Verhältnissen und mit besonderer Rücksichtslosigkeit einen Verkehrsunfall verschuldet habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens erließ die Erstbehörde den Bescheid vom 20. Mai 1997, mit dem sie die im Mandatsbescheid enthaltenen Aussprüche wiederholte.

Gegen den Vorstellungsbescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit einem (nicht als Bescheid anzusehenden) Schreiben vom 7. Juli 1997 teilte der Landeshauptmann von Oberösterreich dem Beschwerdeführer mit, daß das Berufungsverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des wegen des Vorfalles vom 5. November 1996 bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens ausgesetzt werde.

Mit Schriftsatz vom 19. August 1997 beantragte der Beschwerdeführer die unverzügliche Entscheidung über seine Berufung und führte aus, daß § 75 Abs. 5 KFG 1967 einer Aussetzung entgegenstehe.

Mit Schriftsatz vom 29. August 1997 beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 2 AVG den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag ab. In der Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, zur Zeit der Einbringung des Devolutionsantrages sei das Verwaltungsstrafverfahren betreffend die dem Vorstellungsbescheid zugrunde liegenden Übertretungen noch nicht rechtskräftig abgeschlossen gewesen. Der Landeshauptmann von Oberösterreich sei berechtigt gewesen, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verwaltungsstrafverfahrens auszusetzen, sodaß eine schuldhafte Säumigkeit dieser Behörde nicht vorliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Sie hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, jedoch keinen Kostenersatzantrag gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach dem letzten Satz des § 73 Abs. 2 AVG ist ein Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG abzuweisen, wenn die Säumnis der Unterbehörde darauf zurückzuführen ist, daß sie die Entscheidung einer Vorfrage abgewartet hat, auch wenn sie ihr Verfahren nicht mit Bescheid gemäß § 38 AVG ausgesetzt hat (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1989, Zlen. 89/11/0041, 0042, mwN).

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die Bestimmung des § 75 Abs. 5 KFG 1967, nach welcher die Behörden in Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkerberechtigung verpflichtet seien, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen, begrenze das Ermessen der Behörde, das Verfahren auszusetzen.

Zur Erwiderung auf dieses Vorbringen genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach auch die Anordnung kürzerer Entscheidungsfristen nichts an der Berechtigung der Behörde zur Unterbrechung des Verfahrens nach § 38 AVG ändert (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/11/0053, vom 24. Februar 1989, Zlen. 89/11/0041, 0042, und vom 28. November 1989, Zl. 89/11/0150). Der Beschwerdefall bietet keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Soweit der Beschwerdeführer ausführt, daß er längst wieder im Besitz der Lenkerberechtigung sei und die Entscheidung der Berufungsbehörde nur mehr von "theoretischer Bedeutung" sei, zeigt er damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die vom Beschwerdeführer beschriebene Situation kann - auch ohne Aussetzung des Verfahrens - häufig in Fällen eintreten, in denen eine bescheidmäßig verfügte, zeitlich befristete Maßnahme vor der Rechtskraft des Bescheides wirksam wird, sei es, daß die Maßnahme mit Mandatsbescheid angeordnet wurde, sei es, daß einer Berufung gegen einen Erstbescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

Soweit der Beschwerdeführer behauptet, es sei überhaupt nicht ersichtlich, warum der Landeshauptmann von Oberösterreich über seine Berufung nicht entschieden habe, ist ihm entgegenzuhalten, daß nach der Aktenlage, insbesondere nach dem Inhalt seiner Berufung gegen den Vorstellungsbescheid, davon ausgegangen werden muß, daß der zu ermittelnde Sachverhalt ein aufwendiges Verfahren erfordern würde, sodaß die Aussetzung der Verfahrensökonomie entspricht.

Mit seiner Behauptung, es bestehe keine Bindung der Kraftfahrbehörde an den im Verwaltungsstrafverfahren ergangenen Bescheid, setzt sich der Beschwerdeführer ohne nähere Begründung über die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bindung der Kraftfahrbehörde an die im Verwaltungsstrafverfahren erfolgte Bestrafung hinweg, sodaß es genügt, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf diese Rechtsprechung (siehe u.a. die Erkenntnisse vom 19. Mai 1998, Zl. 98/11/0015, und Zl. 98/11/0097, jeweils mwN) hinzuweisen.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Ein Kostenausspruch erübrigte sich, weil die obsiegende belangte Behörde keinen Antrag auf Aufwandersatz gestellt hat.

Wien, am 25. August 1998

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