VwGH 96/19/0095

VwGH96/19/00957.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, in der Beschwerdesache des Z in B, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. November 1995, Zl. 116.923/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §33 Abs3
AVG §45 Abs2
AVG §47
VwGG §26 Abs1 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1997:1996190095.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde sechs Wochen, gerechnet ab dem Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides. Nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers erfolgte die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 23. November 1995. Das Kuvert, mit dem die vorliegende Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof postalisch übermittelt wurde, trägt einen mit 5. Jänner 1996 datierten Poststempel.

Über Vorhalt dieses Umstandes brachte der Beschwerdeführer vor, die Beschwerde sei vom Kanzleileiter seiner Rechtsvertreterin am 4. Jänner 1996, also fristgerecht, zur Post gegeben worden, wie sich aus einer Eintragung im Postbuch der Beschwerdevertreterin vom 4. Jänner 1996 ergebe. Eine zum Beweis der rechtzeitigen Aufgabe der Beschwerde angebotene eidesstättige Erklärung des damit betrauten Kanzleibediensteten der Beschwerdevertreterin wurde nicht vorgelegt. Der Verwaltungsgerichtshof ließ jedoch eine Einvernahme desselben im Rechtshilfeweg durchführen.

Nach § 33 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 62 Abs. 1 VwGG werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet.

Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer im Wege der Post beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde ist jener Zeitpunkt maßgeblich, in welchem die betreffende Briefsendung der Post tatsächlich zur Weiterbeförderung übergeben wurde (§ 33 Abs. 3 AVG i.V.m. § 62 VwGG). Dabei ist zur Beurteilung dieses Zeitpunktes grundsätzlich der auf der Briefsendung angebrachte Datumsstempel heranzuziehen. Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde am letzten Tag der Frist beim Postamt überreicht oder in einen Postkasten eingeworfen wird, auf dem der Vermerk angebracht ist, daß er noch am selben Tag ausgehoben werde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. September 1963, Zl. 715/62, Slg. Nr. 6086/A, und vom 26. April 1973, Zlen. 601, 602/72). Ein nicht eingeschrieben zur Post gegebenes, sondern in einen Briefkasten eingeworfenes Schriftstück muß daher vor der letzten Aushebung des Briefkastens in diesen eingeworfen werden, um noch an diesem Tag als ausgehoben zu gelten (vgl. das erstzitierte Erkenntnis). Der Aufgabestempel besitzt den Beweiswert einer öffentlichen Urkunde, wobei ein Gegenbeweis jedoch zulässig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1978, Zl. 2658/77). Wird daher die Richtigkeit des Poststempels bestritten oder entstehen darüber Zweifel, so hat der Verwaltungsgerichtshof unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gemäß § 45 Abs. 2 AVG nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht worden ist oder nicht (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 26. April 1973).

Die vorgelegte Kopie aus dem Postbuch der Beschwerdevertreterin ist schon deshalb nicht geeignet, die rechtzeitige Aufgabe der Sendung nachzuweisen, weil aus diesem Postbuch der Zeitpunkt, an dem die Sendung tatsächlich in postalische Behandlung genommen wurde, nicht zu entnehmen ist.

Der Kanzleibedienstete der Beschwerdevertreterin gab in seiner Rechtshilfeeinvernahme an, er könne sich an den konkreten Fall nicht mehr erinnern. Daraus ist zu entnehmen, daß seine Behauptung, die Beschwerde sei noch an dem Tag, an dem sie geschrieben wurde, zur Post gegeben worden, lediglich eine Schlußfolgerung aus den vom Zeugen ausführlich dargelegten Gepflogenheiten im Kanzleibetrieb der Beschwerdevertreterin darstellt. Das Fehlen einer konkreten Erinnerung des Kanzleiangestellten an den Vorgang der Postaufgabe zeigt sich insbesondere auch darin, daß er nicht angeben konnte, ob die Beschwerde zur Post gegeben oder in einen Postkasten eingeworfen wurde.

Der Leiter des zuständigen Postamtes gab über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes zur Stellungnahme an, ihm sei "noch kein Fall bekannt geworden, daß eine während der Sammelzeiten bzw. Öffnungszeiten übergebene Sendung nicht am selben Tag weitergeleitet wurde". An dem fraglichen Briefkasten werde mittels Zeittafel der Beginn der Aushebung täglich von Montag bis Freitag mit 06.00 Uhr, 15.30 Uhr oder 18.30 Uhr angekündigt; der Zeitpunkt der tatsächlichen Aushebung des Briefkastens liege etwas später, nämlich etwa 10 Minuten später. Eine Überprüfung des Stempelprüfbuches habe keinen Anstand ergeben.

Bei dieser Beweislage (weder der Kanzleiangestellte der Beschwerdevertreterin noch der zuständige Postamtsleiter vermögen in ihren Aussagen von konkreten Erinnerungen auszugehen) kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, daß durch den Poststempel auf dem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Briefkuvert eine unrichtige Beurkundung des Zeitpunktes erfolgt ist, an welchem die betreffende Sendung in postalische Behandlung genommen wurde.

Zusammenfassend konnte somit ein tauglicher Gegenbeweis gegen die Richtigkeit der durch den Poststempel erfolgten Beurkundung nicht erbracht werden, weshalb die Beschwerde wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.

 

 

Wien, am 7. März 1997

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte