Normen
AVG §56;
AVG §73 Abs1;
B-VG Art129;
B-VG Art144;
B-VGNov 1925;
B-VGNov 1975;
B-VGNov betreffend Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit 1946;
VwGG §27;
WRG 1959 §93 Abs5;
WRG 1959 §97 Abs2;
WRG 1959 §97 Abs4;
WRGNov 1959;
AVG §56;
AVG §73 Abs1;
B-VG Art129;
B-VG Art144;
B-VGNov 1925;
B-VGNov 1975;
B-VGNov betreffend Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit 1946;
VwGG §27;
WRG 1959 §93 Abs5;
WRG 1959 §97 Abs2;
WRG 1959 §97 Abs4;
WRGNov 1959;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei ist Mitglied des Abwasserverbandes Einzugsbereich T. Mit Schreiben vom 20. November 1989 teilte sie dem Abwasserverband mit, daß sie den Beschluß gefaßt habe, aus diesem Abwasserverband auszutreten und ersuchte, ehestens eine Mitgliederversammlung zur Entscheidung über das Ausscheiden der beschwerdeführenden Partei aus dem Abwasserverband einzuberufen.
Es erfolgte weder eine Einigung noch eine Genehmigung hinsichtlich dieses Austrittsantrages.
Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde begehrt die beschwerdeführende Partei, der Verwaltungsgerichtshof möge über ihren Austritt aus dem Abwasserverband entscheiden und den Austritt genehmigen.
Die Beschwerde erweist sich als unzulässig.
Nach § 21 der von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Satzung des Abwasserverbandes Einzugsbereich T ist ein Ausscheiden einzelner Mitglieder nur nach Begutachtung des Antrages im Vorstand durch Beschluß der Mitgliederversammlung möglich. Zuständig zur Entscheidung über den Antrag der beschwerdeführenden Partei war demnach die Mitgliederversammlung.
Eine durch Säumnisbeschwerde geltend zu machende Entscheidungspflicht einer Verwaltungsbehörde besteht nur dann, wenn diese zur Erlassung eines BESCHEIDES verpflichtet ist (vgl. Oberndorfer, Die Österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 75). Eine der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde besteht daher darin, daß die ausstehende Entscheidung der Mitgliederversammlung in Form eines Bescheides zu ergehen hätte.
Nach § 97 Abs. 2 WRG 1959 können gegen Entscheidungen und Verfügungen (Beschlüsse) des Vorstandes und der Mitgliederversammlung einschließlich von Wahlen die betroffenen Verbandsmitglieder binnen zwei Wochen nach erlangter Kenntnis die Schlichtungsstelle (§ 93 Abs. 5) schriftlich anrufen; diese hat eine gütliche Beilegung anzustreben und, wenn dies nicht gelingt, einen Schlichtspruch zu fällen.
§ 97 Abs. 2 WRG 1959 gebraucht die Begriffe "Entscheidungen und Verfügungen". Diese Begriffe bezeichneten im B-VG bis zur B-VG-Novelle 1925 die später als Bescheide bezeichneten Verwaltungsakte. Mit der B-VG-Novelle 1925 wurde der Ausdruck "Entscheidung oder Verfügung" in den Art. 129 und 144 B-VG in Klammer gesetzt und diesem Klammerausdruck jeweils der Begriff "Bescheid" vorangestellt. Durch die Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 1946, BGBl. Nr. 211/1946, wurde in den den Verwaltungsgerichtshof betreffenden Bestimmungen der Art. 129 ff B-VG der Klammerausdruck entfernt und es blieb nur mehr der Begriff "Bescheid". Im Art. 144 B-VG hingegen fanden sich der Klammerausdruck "Entscheidung oder Verfügung" noch bis zur B-VG-Novelle 1975, BGBl. Nr. 302/1975.
§ 97 Abs. 2 WRG 1959 geht auf die WRG-Novelle 1959, BGBl. Nr. 54/1959, zurück. Da § 97 Abs. 2 WRG 1959 eine Formulierung ("Entscheidungen und Verfügungen") verwendet, wie sie sich zum Zeitpunkt der Erlassung dieser Bestimmung teilweise noch im B-VG im Zusammenhang mit dem Bescheidbegriff fand, könnte der Schluß gezogen werden, der Gesetzgeber der WRG-Novelle 1959 habe mit den Begriffen "Entscheidungen und Verfügungen" einen Bescheid gemeint. Dagegen spricht aber schon der Umstand, daß 1959 bereits der Ausdruck Bescheid im B-VG verankert war und es daher unverständlich wäre, warum der WRG-Gesetzgeber zwar die Ausdrücke "Entscheidungen und Verfügungen" verwendete, wenn er damit einen Bescheid meinte, nicht aber den vom B-VG primär verwendeten Begriff "Bescheid"; dies umso mehr, als es in der Gesetzgebung - wie die B-VG-Novelle 1946 zeigt - schon vor 1959 üblich war, die Ausdrücke "Entscheidungen und Verfügungen" nicht mehr zur Bezeichnung von Bescheiden zu verwenden, sondern ausschließlich das Wort "Bescheid".
Gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe den Mitgliederversammlungen von Wasserverbänden im eigenen Wirkungsbereich generell die Befugnis zur Erlassung von Bescheiden eingeräumt, spricht, daß die gegen solche Entscheidungen und Verfügungen anzurufende Schlichtungsstelle in erster Linie eine gütliche Beilegung anzustreben und nur dann, wenn dies nicht gelingt, einen Schlichtspruch zu fällen hat. Gelingt die gütliche Einigung, ist keine Entscheidung mehr zu treffen. Welches Schicksal in einem solchen Fall der Entscheidung oder Verfügung der Mitgliederversammlung beschieden sein soll, regelt das Gesetz nicht ausdrücklich; die gütliche Einigung bewirkt offenbar den Wegfall der Wirksamkeit des Beschlusses der Mitgliederversammlung. Eine Konstruktion dieser Art ist für ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides völlig untypisch und indiziert daher, daß der Gesetzgeber die Entscheidungen und Verfügungen der Mitgliederversammlung eines Wasserverbandes grundsätzlich nicht als Bescheide angesehen hat.
Nach § 97 Abs. 4 WRG 1959 finden auf das Verfahren vor der Schlichtungsstelle und im übertragenen Wirkungsbereich die Bestimmungen des AVG sinngemäß Anwendung. Da das AVG Verfahren regelt, die mit Bescheid abzuschließen sind, wird durch diese Anordnung der sinngemäßen Anwendung des AVG auf das Verfahren vor der Schlichtungsstelle sowie im übertragenen Wirkungsbereich der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck gebracht, der Schlichtungsstelle sowie den übrigen Organen des Wasserverbandes im übertragenen Wirkungsbereich die Befugnis zur Erlassung von Bescheiden einzuräumen. Eine vergleichbare Anordnung für die Entscheidungen der Mitgliederversammlung im eigenen Wirkungsbereich fehlt. Zwar gibt es Bescheide auch außerhalb des Anwendungsbereiches des AVG, doch deutet der Umstand, daß der Gesetzgeber im Fall der Schlichtungsstelle und der Tätigkeit der Organe im übertragenen Wirkungsbereich das AVG für anwendbar erklärt, während eine solche Anordnung für die Tätigkeit der Mitgliederversammlung (und des Vorstandes) im eigenen Wirkungsbereich fehlt, daraufhin, daß der Gesetzgeber der Mitgliederversammlung (und dem Vorstand) im eigenen Wirkungsbereich - allenfalls mit Ausnahme der hier nicht näher zu erörternden Bestimmung des § 97 Abs. 3 WRG 1959 - keine Befugnis zur Erlassung von Bescheiden einräumen wollte. Daß die Schlichtungsstelle gegebenenfalls mit Bescheid zu entscheiden hat, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Die Konstellation, daß über nicht bescheidförmige Erledigungen mit Bescheid zu entscheiden ist, findet sich in der Rechtsordnung des öfteren, so z.B. im Zusammenhang mit den Wassergenossenschaften, aber auch mit den Agrargemeinschaften nach den Flurverfassungslandesgesetzen.
Bestärkt wird dieses Ergebnis noch durch folgende Überlegung:
Die Entscheidungen, welche von Organen eines Wasserverbandes zu treffen sind, sind ihrer Art nach in wesentlichen Bereichen dieselben, wie jene, die von Organenen einer Wassergenossenschaft zu treffen sind (z.B. Beitragsvorschreibung, Ausscheiden einzelner Liegenschaften oder Anlagen auf Verlangen ihres Eigentümers aus dem Verband nach § 82 Abs. 2 WRG 1959 in Verbindung mit § 87 Abs. 4 leg. cit., sonstige Streitigkeiten aus dem Verbandsverhältnis). Bezüglich der Entscheidungen von Organen der Wassergenossenschaften ist unbestritten, daß es sich dabei nicht um Bescheide handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1982, Zlen. 82/07/0003, 0004, u.a.). Es ist daher auch bei den Wasserverbänden davon auszugehen, daß ihre Akte keine Bescheide sind, soweit nicht der Gesetzgeber erkennbar anderes gewollt hat. Letzteres ist nur hinsichtlich der Entscheidungen der Schlichtungsstelle und jener der übrigen Verbandsorgane im Rahmen des übertragenen Wirkungsbereiches der Fall.
Eine Deutung der Entscheidungen und Verfügungen der Mitgliederversammlung (und des Vorstandes) im eigenen Wirkungsbereich als Bescheide ist auch nicht aus Rechtsschutzgründen geboten. § 97 Abs. 2 WRG 1959 erwähnt zwar nur Entscheidungen und Verfügungen (Beschlüsse) des Vorstandes und der Mitgliederversammlung, gegen die die Schlichtungsstelle angerufen werden kann, nicht aber ein Untätigbleiben der genannten Organe. Nach § 93 Abs. 5 WRG 1959 obliegt es aber der Schlichtungsstelle, Streitigkeiten aus dem Verbandsverhältnis gütlich beizulegen oder in bestimmten Fällen (§ 97 Abs. 2) zu entscheiden. Eine Streitigkeit aus dem Verbandsverhältnis liegt auch dann vor, wenn die Mitgliederversammlung oder der Vorstand über einen Antrag eines Mitglieds nicht entscheidet. Die Schlichtungsstelle ist in diesem Fall schon nach dem Wortlaut des § 93 Abs. 5 WRG 1959 jedenfalls zur gütlichen Beilegung der Streitigkeit zuständig. Da es aber nicht sinnvoll wäre, die Schlichtungsstelle nur zur gütlichen Streitbeilegung in diesem Fall zu berufen, ihr aber im Falle des Mißlingens einer solchen gütlichen Beilegung keine Entscheidungskompetenz zu geben und das Verbandsmitglied damit seines Rechtsschutzes zu berauben, muß die Entscheidungskompetenz der Schlichtungsstelle, wie sie in bezug auf Entscheidungen und Verfügungen der Organe des Wasserverbandes besteht, auch auf Fälle der Untätigkeit von Organen des Wasserverbandes erstreckt werden. Gegen eine Untätigkeit der Schlichtungsstelle steht die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes offen.
Da sich die Beschwerde deshalb schon als unzulässig erweist, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
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