VwGH 95/06/0200

VwGH95/06/020029.8.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des U in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. August 1995, Zl. Ve1-550-1743/9, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde St. Johann in Tirol, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §13 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;
BauO Tir 1989 §31 Abs3;
BauRallg;
ROG Tir 1994 §41 Abs2;
ROG Tir 1994 §41 Abs3;
ROG Tir 1994 §41;
AVG §1;
AVG §13 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;
BauO Tir 1989 §31 Abs3;
BauRallg;
ROG Tir 1994 §41 Abs2;
ROG Tir 1994 §41 Abs3;
ROG Tir 1994 §41;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. n1, Grundbuch 82114, S. Auf diesem Grundstück ist ein Wohnhaus errichtet; das Grundstück ist nach dem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde nunmehr jedoch als Freiland gewidmet. Im Jahre 1989 wurde dem Beschwerdeführer die baupolizeiliche Bewilligung zur Errichtung eines eingeschoßigen Geräteschuppens mit den Ausmaßen von 3 m x 3 m und einer Wandhöhe von 2,30 m erteilt. Der Beschwerdeführer errichtete aber stattdessen einen zweigeschoßigen historischen Kornkasten aus dem 18. Jahrhundert (3,80 m x 3,80 m, Wandhöhe ca. 6 m), den er auf einem anderen Grundstück abgebaut und auf dem Grundstück Nr. n1 wiedererrichtet hatte. Entsprechend einer mit Bescheid vom 18. September 1989, in dem auch die Baueinstellung verfügt wurde, an ihn gerichteten Aufforderung stellte der Beschwerdeführer in weiterer Folge ein neues Bauansuchen, welches in allen Instanzen mit der Begründung abgewiesen wurde, daß das Bauvorhaben im Widerspruch zum geltenden Flächenwidmungsplan, in dem das verfahrensgegenständliche Grundstück als Freiland ausgewiesen sei, stünde; eine Vorstellung des Beschwerdeführers blieb erfolglos. Gleichzeitig mit der Abweisung des Bauansuchens wurde die Herstellung des mit Bescheid vom 17. Mai 1989 genehmigten Zustandes aufgetragen. Auch die dagegen erhobene Berufung und Vorstellung blieben erfolglos.

Mit einem am 31. Dezember 1992 bei der mitbeteiligten Marktgemeinde eingegangenen Antrag suchte der Beschwerdeführer sodann um die "Wiedererrichtung eines alten Getreidespeichers zur Nutzung als forstwirtschaftlicher Geräteschuppen" auf demselben Grundstück an. DIESES ANSUCHEN IST GRUNDLAGE DES BESCHWERDEGEGENSTÄNDLICHEN VERWALTUNGSVERFAHRENS. Als Verwendungszweck gab der Beschwerdeführer ausdrücklich "Abstellraum für forstwirtschaftliche Geräte" an. Die Baubehörde holte daraufhin ein Gutachten des Bezirksforstamtes ein, das auf den ursprünglich genehmigten eingeschoßigen Geräteschuppen verwies, in dem hinsichtlich der Bewirtschaftungsgeräte ausreichend Lagerungsmöglichkeit gegeben gewesen wäre. Ein weiterer Raum im Obergeschoß sei weder erforderlich noch notwendig. Darauf bezugnehmend führte der Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung aus, daß Lagerraum zwar vielleicht nicht in dem verfahrensgegenständlichen Ausmaß erforderlich sei, aber der vorhandene zweigeschoßige Getreidespeicher aus dem 18. Jahrhundert aus orts- und landschaftsbildnerischen Gründen einem eingeschoßigen "Primitivbau" vorzuziehen sei. Das Projekt sei daher sehr wohl im Freiland genehmigungsfähig.

Mit Bescheid vom 11. Jänner 1994 wurde das Bauansuchen des Beschwerdeführers abgewiesen. In ihrer Begründung führte die Behörde aus, daß das verfahrensgegenständliche Gebäude gegenüber dem ursprünglich genehmigten Geräteschuppen eine wesentliche Erweiterung darstelle und eine solche im Freiland nur zulässig sei, wenn sie betriebswirtschaftlich erforderlich sei. Diese Frage müsse von einem Sachverständigen geklärt werden. Aus dem diesbezüglichen Gutachten gehe hervor, daß eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit eines weiteren Raumes im Obergeschoß für die Lagerung von Bewirtschaftungsgeräten aufgrund der Größe der Bewirtschaftungsfläche nicht gegeben sei. Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachten orts- und landschaftsbildnerischen Gründe verwies die Behörde auf die Vorschrift des § 42 TROG 1994. Danach bestehe kein Ermessensspielraum für eine wesentliche Erweiterung land- und forstwirtschaftlicher Gebäude aus Gründen, die nicht ausschließlich in einer betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit liegen. Durch die bereits vorhandene rechtskräftige Baubewilligung für einen eingeschoßigen Geräteschuppen werde dem betriebswirtschaftlichen Bedarf des Bauwerbers Rechnung getragen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, der er ein Gutachten des Tiroler Volkskunst-Museums beilegte. Daraus gehe hervor, daß der verfahrensgegenständliche Kornkasten aus dem 18. Jahrhundert mit einigen Abweichungen zum selbstverständlichen Baubestand bestimmter Landesteile Tirols (Kufstein, Kitzbühel, Schwaz) gehöre und dieser Typus früher auch im Raum S anzutreffen gewesen sei. Der Beschwerdeführer warf der Behörde in seiner Berufung vor, sich, obwohl das Bauansuchen bereits vom 31. Dezember 1992 stamme und die mündliche Verhandlung am 22. März 1993 stattgefunden habe, mit der Bescheidausfertigung bis zum 11. Jänner 1994 Zeit gelassen zu haben, damit die wesentlich restriktiveren Vorschriften des TROG 1994 zur Anwendung kämen. Die Behörde habe ihn durch ihre Vorgangsweise in seinem rechtlichen Gehör verletzt, da er keine Möglichkeit gehabt hätte, sein Bauansuchen den Erfordernissen des TROG 1994 anzupassen und ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Des weiteren wiederholte der Beschwerdeführer seine Ausführungen betreffend die Orts- und Landschaftsbildgestaltung durch einen aus dem 18. Jahrhundert stammenden Kornkasten und wies darauf hin, daß die Behörde den Umstand unberücksichtigt gelassen hätte, daß die Obergeschoßräumlichkeiten für Lagerungszwecke wegen der baulichen Gestaltung nicht nutzbar seien. Insgesamt könne aufgrund des Vorhandenseins eines Obergeschoßes mit einer Fläche von rund 13 m2 nicht von einer "wesentlichen Erweiterung" im Sinne des § 42 TROG 1994 gesprochen werden. Die Behörde habe auch keine entscheidungswesentliche Behauptung dergestalt aufgestellt, daß das zweigeschoßige Gebäude gegenüber dem ursprünglich genehmigten eingeschoßigen Geräteschuppen eine wesentliche Erweiterung darstelle. Das Vorliegen einer wesentlichen Erweiterung richte sich nicht allein nach dem räumlichen Ausmaß, sondern es müsse diesbezüglich vielmehr eine - im bisherigen Verfahren unterbliebene - Interessenabwägung stattfinden.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde St. Johann wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Die Behörde hätte das zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Recht, d.h. das TROG 1994, anzuwenden. Rechtliche Erwägungen der Behörde seien nicht Gegenstand des Parteiengehörs. Außerdem wäre eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die Darlegung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens im angefochtenen Bescheid saniert. Die Berufungsbehörde teile jedoch nicht die rechtliche Beurteilung der Behörde erster Instanz hinsichtlich der Subsumtion des festgestellten Sachverhaltes unter § 42 TROG 1994. Beim gegenständlichen Bauvorhaben handle es sich um die Neuerrichtung eines Gebäudes, nicht um einen Um- oder Zubau. Daher müsse § 47 TROG 1994 zur Anwendung kommen. Nach dieser Bestimmung dürften sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude, wie etwa Städel in Massivbauweise, nur auf hiefür gewidmeten Sonderflächen errichtet werden. Nach dem in Geltung stehenden Flächenwidmungsplan sei das verfahrensgegenständliche Grundstück als Freiland ausgewiesen, weshalb ein Widerspruch bestehe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, in der er zunächst Ausführungen zu den unterschiedlichen Regelungen im TROG 1984 und im TROG 1994 machte. Die Behörde hätte außerdem keine Ermittlungen zur Frage, ob das verfahrensgegenständliche Gebäude einen "ortsüblichen Stadel" darstelle, der landwirtschaftlichen Zwecken diene, durchgeführt. Gemäß § 41 TROG 1994 hätte bejahendenfalls eine Erteilung der Baubewilligung erfolgen müssen. § 41 Abs. 1 TROG 1994 verlange das Erfordernis der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit bei ortsüblichen Städeln nicht mehr. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Subsumierung des Sachverhaltes unter § 47 TROG 1994, es hätte § 41 Abs. 2 TROG zur Anwendung kommen müssen.

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. September 1994 wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers stattgegeben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Partei zurückverwiesen.

§ 42 TROG 1994 betreffend Zu- und Umbauten komme mangels Vorliegens eines solchen nicht zur Anwendung; der beantragte Getreidekornkasten sei nicht als Änderung des seinerzeit bewilligten Geräteschuppens zu beurteilen. Die Berufungsbehörde habe daher zwar zu Recht den Versagungsgrund geändert; sie hätte jedoch der Partei diesfalls "Parteiengehör im erforderlichen Umfang" zu gewähren gehabt. Da jedoch das Obergeschoß nach den Angaben des Beschwerdeführers nicht genutzt werde, sondern bei dessen Errichtung nach den Ausführungen des Beschwerdeführers lediglich auf die Landschaftsgestaltung Bedacht genommen worden sei und daher an Stelle der für die land- und forstwirtschaftlichen Zwecke erforderlichen erdgeschoßigen Ausführung ein "volkskundlich wertvoller Kornkasten" errichtet worden sei, werde die Ortsüblichkeit einer derartigen Bauführung schwer nachweisbar sein. Nichtsdestoweniger sei es nicht ausgeschlossen, daß die Gemeindebehörde bei Wahrung des Parteiengehörs zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Grundsätzlich werde aber die Auffassung vertreten, daß die genannte Bestimmung "keine Handhabe zur Errichtung von Museumsstücken im Freiland" biete. Von der Berufungsbehörde wurde sodann zur Klärung der Frage, ob es sich beim verfahrensgegenständlichen Gebäude um ein "ortsübliches" im Sinne des § 41 TROG handelt, neuerlich eine Stellungnahme von forstfachlicher Seite eingeholt, der zu entnehmen war, daß für die Lagerung der Bewirtschaftungsgeräte im gegenständlichen Fall die Notwendigkeit eines zweigeschoßigen Geräteschuppens nicht gegeben und der historische Kornkasten in keiner Weise für forstwirtschaftliche Zwecke ortsüblich sei. Unter Zugrundelegung dieses Ergebnisses gelangte der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Partei erneut zu einer Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung. Darin machte er u.a. geltend, es sei verfehlt, den angefochtenen Bescheid auf § 41 Abs. 2 TROG 1994 zu stützen, da das Grundstück ursprünglich als Bauland ausgewiesen gewesen sei und auf diese Widmung nach wie vor abgestellt werden müsse. Der Beschwerdeführer wendete sich dagegen, den Bescheid auf das Gutachten der Bezirksforstinspektion zu stützen, und begründete dies damit, daß dieses von falschen Prämissen ausginge. Es sei nämlich die Tatsache übersehen worden, daß der Beschwerdeführer mittlerweile 4 ha dazugepachtet habe und bei insgesamt ca. 6 ha Bewirtschaftungsfläche das verfahrensgegenständliche Objekt erforderlich sei. Die Behörde habe es trotz unlösbaren Widerspruches zum forstfachlichen Gutachten unterlassen, sich mit dem Gutachten des Tiroler Volkskunst-Museums auseinanderzusetzen. Darin sehe der Beschwerdeführer einen Begründungsmangel.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten formalen Mangelhaftigkeit verwies die belangte Behörde auf die Niederschrift der in Betracht zu ziehenden Gemeindevorstandssitzung, aus der sich eindeutig ergäbe, daß auch die dem Bescheid zugrunde liegende Begründung der Beschlußfassung unterzogen worden sei. Bezugnehmend auf die Frage der Geltung des Flächenwidmungsplanes, nach dem das verfahrensgegenständliche Grundstück nicht mehr als Bauland, sondern als Freiland ausgewiesen sei, führte die belangte Behörde unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, daß zwar den Widmungsbezeichnungen eines Flächenwidmungsplanes jener Inhalt zu unterstellen sei, der ihnen nach den im Zeitpunkt des Inkrafttretens des jeweiligen Flächenwidmungsplanes geltenden gesetzlichen Bestimmungen zukomme, daraus aber nicht automatisch die Geltung des Flächenwidmungsplanes in seiner ursprünglichen Fassung abgeleitet werden könne. Für den gegenständlichen Fall könne selbst bei Heranziehung des TROG 1984 als Prüfungsmaßstab nichts gewonnen werden, da in diesem Fall die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, welche im gegenständlichen Verfahren nicht vorliege, nachgewiesen werden müsse. Die Vorstellungsbehörde schloß sich der von der Berufungsbehörde vertretenen Meinung, wonach der gegenständliche Kornkasten nicht als ortsüblicher Stadel im Sinne des § 41 TROG 1994 anzusehen sei, an und kam neuerlich zu dem Schluß, daß die genannte Bestimmung keine Handhabe zur Errichtung von Museumsstücken im Freiland biete. Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer gerügte Befangenheit aufgrund der Mitwirkung derselben Organwalterin bei der Vorbereitung des erst- und des zweitinstanzlichen Bescheides verwies die belangte Behörde auf den Umstand, daß die vom Bauamt der mitbeteiligten Partei konzipierten Bescheide von den jeweils zuständigen Organen (Bürgermeister und Gemeindevorstand) durch die erfolgte Beschlußfassung gedeckt seien und daher keine Befangenheit erkennbar sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete unter gleichzeitiger Vorlage der Verwaltungsakten eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Anwendung der Vorschriften des TROG 1994 im Beschwerdefall ist festzuhalten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A) im Verwaltungsverfahren in Ermangelung einer ausdrücklichen oder erschließbaren anderen Regelung stets das im Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht anzuwenden ist (dies gilt auch für das Berufungsverfahren). Auf den Zeitpunkt der Antragstellung kommt es dabei nicht an. Der belangten Behörde ist daher ebenso wie den Gemeindebehörden darin zu folgen, daß trotz der am 31. Dezember 1992 erfolgten Antragstellung die Vorschriften des am 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen TROG 1994 zur Anwendung kommen, da im Beschwerdefall schon der erstinstanzliche Bescheid am 11. Jänner 1994 (also unter der Geltung des TROG 1994) erlassen wurde und das TROG 1994 außer im § 115, der hier nicht zur Anwendung kommt, keine ausdrücklichen Übergangsvorschriften für bereits anhängige Baubewilligungsverfahren enthält (§ 115 betrifft Sonderbestimmungen zu § 55 Abs. 4 TROG 1994 für Bauführungen auf Grundstücken, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TROG 1994 als Bauland oder Sonderflächen gewidmet sind).

Der Beschwerdeführer macht sowohl als Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften den Umstand geltend, daß den Parteien im Rahmen der Wahrung des Parteiengehörs diese während des Verfahrens eingetretene Änderung der Rechtslage zur Kenntnis gebracht hätte werden müssen.

Dieser Vorwurf geht jedoch schon deshalb ins Leere, weil dem Beschwerdeführer, der auch im Verwaltungsverfahren anwaltlich vertreten war, jedenfalls durch die Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 19. September 1994 die Änderung der Rechtslage bekannt war. Es ist daher nicht näher auf die Frage einzugehen, inwieweit Subsumtionsfragen überhaupt Gegenstand des Parteiengehörs sein müssen, zumal gemäß § 45 Abs. 3 AVG den Parteien lediglich das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens bekanntzugeben ist (eine Notwendigkeit zur Einräumung neuerlichen Parteiengehörs nach Änderung der Rechtslage ergibt sich daher in der Regel nur dann, wenn die Behörde ihre Entscheidung aufgrund der neuen Rechtslage auf andere, den Parteien noch nicht vorgehaltene Sachverhaltselemente stützen möchte; vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1989, Zl. 88/06/0010).

2. Eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides ergibt sich nach Ansicht des Beschwerdeführers außerdem aus der unrichtigen Lösung der Frage der Anwendung der §§ 41 Abs. 2 und 3 TROG 1994. Es sei alleine maßgeblich, ob das Bauvorhaben einen ortsüblichen Stadel in Holzbauweise darstelle, der land- und forstwirtschaftlichen Zwecken diene, oder ob es sich allenfalls um ein Nebengebäude handle, das nicht Wohnzwecken diene.

§ 41 Abs. 2 TROG 1994 läßt die Errichtung von ortsüblichen Städeln in Holzbauweise, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen, im Freiland zu und zählt als Beispiele für solche ortsüblichen Städel u.a. Heupillen, Hainzenhütten und Harpfen auf. Unter Zugrundelegung dieser Bestimmung kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie, ebenso wie die Gemeindebehörden, den verfahrensgegenständlichen Getreidekornspeicher nicht als ortsüblichen Stadel im Sinne der genannten Vorschrift angesehen hat. Dieser mag - und nichts anderes besagt das vom Beschwerdeführer zitierte Gutachten des Tiroler Volkskunst-Museums - im 18. Jahrhundert für die Lagerung und Speicherung von Getreide durchaus ortsüblich gewesen sein. Für die Nutzung als forstwirtschaftlicher Geräteschuppen Ende des 20. Jahrhunderts folgt daraus noch nicht die Ortsüblichkeit im Sinne des § 41 Abs. 2 TROG. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, ist die Verwendung eines Gebäudes im Freiland mit der Frage der Ortsüblichkeit untrennbar verbunden. Die belangte Behörde verweist zutreffend darauf, daß andernfalls etwa die Verwendung eines Stadels als Baulager zu gewerblichen Zwecken im Freiland möglich wäre, wenn man nur die "Hülle" des Stadels bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit heranziehen müßte. Damit ergibt sich aber, daß bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit sowohl auf die äußere Form als auch auf die Funktion des Gebäudes abzustellen ist. Dies wird letztlich auch durch die demonstrative Aufzählung im § 41 Abs. 2 TROG 1994 gestützt, da zur Erläuterung des Begriffes "ortsübliche Städel" Bauwerke angegeben werden, bei denen die Zuordnung zum jeweiligen Begriff nicht nur durch die Form allein, sondern auch durch die Verwendung erfolgt (Heupillen, Hainzenhütten, Harpfen, Stanggerhütten). Darüber hinaus kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertritt, daß § 41 Abs. 2 TROG 1994 keine Handhabe biete, früher übliche Gebäude (gleichsam als Museumsstück) wiederzuerrichten. Als Folge der Auffassung, daß es nur darauf ankäme, daß das beantragte Bauwerk für irgendeinen der vom Gesetz anerkannten Zwecke in der jeweiligen Gegend als ortsüblich anzusehen ist, ergäbe sich nämlich, daß unbeschränkt viele derartige Gebäude auf einem Grundstück errichtet werden könnten, die aber nicht jene Funktion erfüllen, die ihnen sonst zukommt; auch dies scheint zu zeigen, daß die Ortsüblichkeit im Sinne des Gesetzes nur vorliegt, wenn das Gebäude auch entsprechend dem sonst üblicherweise gegebenen Verwendungszweck benützt wird.

Damit geht der Vorwurf des Beschwerdeführers insgesamt ins Leere, die Behörde hätte sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Getreidekornkasten unter den Begriff "ortsüblicher Stadel in Holzbauweise" fällt. Zuzustimmen ist der belangten Behörde auch, daß die Tatsache, daß der Beschwerdeführer mittlerweile Flächen dazugepachtet habe, im Beschwerdefall für die Beurteilung der Ortsüblichkeit im Sinne des § 41 leg. cit. nicht relevant ist, zumal auch nach den Angaben des Beschwerdeführers das Obergeschoß nicht für forstwirtschaftliche Geräte verwendet werden kann, die Größe seines Betriebes somit keinen Einfluß darauf hat, ob der beantragte Geräteschuppen ein- oder zweigeschoßig erforderlich ist.

3. Die Beschwerde erweist sich aber im Ergebnis insoferne als berechtigt, als die Gemeindebehörden sich nicht mit der Frage der Bewilligungsfähigkeit gemäß § 41 Abs. 3 TROG 1994 auseinandergesetzt haben und die belangte Behörde diesen Begründungsmangel nicht aufgegriffen hat.

§ 41 Abs. 3 TROG 1994 lautet:

"(3) Im Freiland dürfen weiters Nebengebäude, die nicht Wohnzwecken dienen, und sonstige Nebenanlagen zu Gebäuden errichtet werden."

Eine Unterlassung dieser Prüfung und der Darlegung des Ergebnisses derselben im Bescheid zur Ermöglichung seiner Nachprüfung (§ 60 AVG) käme nur in Betracht, wenn von vornherein feststünde, daß kein Nebengebäude iSd § 41 Abs. 3 TROG 1994 vorliegen kann; in einem solchen Fall läge - selbst wenn man von einem Verfahrensmangel sprechen wollte - jedenfalls keine Relevanz dieses Mangels vor. Dies ist aber im Beschwerdefall nicht der Fall. Die belangte Behörde hätte den bei ihr bekämpften Gemeindebescheid entweder im Hinblick auf diesen Begründungsmangel (der auch wesentlich ist) wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben gehabt, oder aber selbst die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen treffen und im angefochtenen Bescheid begründen müssen, weshalb kein Nebengebäude vorliegt bzw. allenfalls, aus welchen Gründen auch ein solches Nebengebäude im vorliegenden Fall nicht genehmigt werden könne.

Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf hinweist, daß Gegenstand des Bauverfahrens das Bauansuchen vom 31. Dezember 1992 zu sein gehabt hätte und sie lediglich die Wiedererrichtung eines alten Getreidekornspeichers zur Nutzung als forstwirtschaftlichen Geräteschuppen, und nicht die Frage, ob das geplante Bauwerk als Nebengebäude im Sinne des § 41 Abs. 3 TROG 1994 zu bewilligen gewesen wäre, zu prüfen gehabt habe, so ist darauf zu verweisen, daß die konkret erfolgte Antragstellung um Erteilung einer Baubewilligung keine Einschränkung der Prüfung der Zulässigkeit des Bauvorhabens im Hinblick auf bestimmte Rechtsvorschriften bewirken konnte, zumal die nunmehr anzuwendenden Vorschriften zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht in Kraft waren. Der belangten Behörde ist zuzugestehen, daß die Antragstellung grundsätzlich die Entscheidungskompetenz der Behörden determiniert. Dies ist aber nur dahingehend zu verstehen, daß mit der Antragstellung um Erteilung einer bestimmten Bewilligung (Baubewilligung, Widmungsbewilligung, Benützungsbewilligung etc.) zum einen feststeht, um welches Verfahren es sich handelt, daß aber andererseits das vorgelegte Projekt von der Behörde auf seine Konsensfähigkeit nach allen im jeweiligen Verfahren anzuwendenden (Bau‑)Vorschriften zu prüfen ist. Selbst dann, wenn eine bestimmte Gestaltung oder eine bestimmte Verwendung eine Subsumtion der baulichen Anlage unter eine bestimmte Vorschrift (hier: § 41 Abs. 3 TROG 1994) von vornherein ausgeschlossen erscheinen läßt, besteht - wie die belangte Behörde dies im Ergebnis anzunehmen scheint - kein Hindernis der Beurteilung des eingereichten Projektes unter dem Gesichtspunkt dieser Bestimmung. Eine derartige Einschränkung kann nur dort angenommen werden, wo sich aus einer Rechtsvorschrift ausnahmsweise die Verpflichtung des Antragstellers ableiten läßt, den Rechtsgrund seines Anspruches im Antrag zu nennen und damit die "Sache" des Verwaltungsverfahrens selbst auf diese Art einzugrenzen. Weder ist dies im Baurecht allgemein der Fall, noch kann den im Beschwerdefall anzuwendenden Vorschriften, insbesondere § 41 TROG 1994, ein derartiger Inhalt entnommen werden bzw. bedeutet die Antragstellung auf "Wiedererrichtung eines Getreidekornkastens zur Nutzung als forstwirtschaftlicher Geräteschuppen", daß die Baubehörde das Bauwerk nur im Hinblick auf bestimmte Vorschriften zu beurteilen hätte. § 41 TROG 1994 sieht nämlich nicht vor, daß im Zusammenhang mit der Errichtung der dort genannten Bauwerke zusätzlich zum Baubewilligungsverfahren ein eigenes Verfahren (zur Erteilung einer eigenen Bewilligung) zu führen wäre; § 41 TROG 1994 stellt vielmehr eine raumordnungsrechtliche Vorschrift dar, die aufgrund des § 31 Abs. 3 TBO dazu führt, daß bei Fehlen der entsprechenden Widmung ein Bauansuchen abzuweisen ist, wenn das Projekt nicht gemäß § 41 Abs. 2 oder 3 TROG 1994 zulässig ist.

§ 41 TROG 1994 ist daher im Baubewilligungsverfahren anzuwenden, ohne daß es einer besonderen Antragstellung bedürfte. Die belangte Behörde bleibt auch jegliche Angabe darüber schuldig, WELCHE Vorschriften im Falle einer Antragstellung wie im Beschwerdedfall (ausschließlich) anwendbar sein sollten; es bleibt auch unerfindlich, weshalb die Behörde meint, aufgrund eines derartigen Antrages sei zwar der am 1. Jänner 1994 (also nach Antragstellung) in Kraft getretene § 41 Abs. 2 TROG 1994 bei der Beurteilung des Antrages heranzuziehen gewesen, nicht aber § 41 Abs. 3 TROG 1994.

Eine Beurteilung des beantragten Projektes unter dem Gesichtspunkt des § 41 Abs. 3 TROG 1994 erübrigte sich auch nicht im Hinblick auf die im gegenständlichen Verfahren ergangene (und unbekämpft gebliebene) Vorstellungsentscheidung vom 19. September 1994. Tragender Grund für die Aufhebung des bei der belangten Behörde bekämpften Gemeindebescheides war nach der Begründung dieses aufsichtsbehördlichen Bescheides der Umstand, daß die Gemeindebehörde dem Beschwerdeführer im Hinblick auf den von ihr erstmals herangezogenen Versagungsgrund das Parteiengehör im erforderlichen Ausmaß zu gewähren gehabt hätte. Wenn die belangte Behörde dabei im Zusammenhang mit der Darlegung der Wesentlichkeit des Verfahrensmangels nicht ausschloß, daß das Projekt aufgrund des vom Beschwerdeführer genannten § 41 Abs. 2 TROG 1994 bewilligungsfähig sein könnte, so hat sie damit keinesfalls zum Ausdruck gebracht, daß das Projekt NUR unter dem Gesichtspunkt des § 41 Abs. 2 TROG 1994 bewilligungsfähig wäre. Der Vorstellungsentscheidung vom 19. September 1994 kommt daher keine Bindungswirkung dahingehend zu, aufgrund welcher Vorschriften das Projekt allenfalls bewilligungsfähig sein könnte.

Die belangte Behörde hätte daher - in ähnlicher Weise, wie sie dies in ihrem Bescheid vom 19. September 1994 im Hinblick auf die festgestellte Verletzung des Parteiengehörs getan hat - den bei ihr bekämpften Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben gehabt, weil im Beschwerdefall nicht von vornherein anzunehmen ist, daß die Gemeindebehörden auch bei Vermeidung des Begründungsmangels zu keinem anderen Bescheid hätten kommen können. Da sie dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

4. Der angefochtene Bescheid war daher aus dem unter 3. dargestellten Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Stempelgebührenaufwand für Beilagen, deren Vorlage nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war.

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