Normen
AVG §18 Abs4
AVG §56
AVG §58 Abs3
PVG 1967 §26 Abs4
PVGO 1968 §17 Abs1
PVGO 1968 §30
VwGG §34 Abs1
ZustG §24
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1995:1995120116.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Lehrer in einem
öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine
Dienststelle ist das Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium
XY. Er ist Mitglied des dortigen Dienststellenausschusses.
Er bekämpft folgende ihm zugestellte Erledigung der
belangten Behörde, die er als Bescheid wertet:
"ZENTRALWAHLAUSSCHUSS
beim
Bundesministerium für Unterricht und Kulturelle Angelegenheiten
für Bundeslehrer an allgemeinbildenden Schulen,
Pädagogischen Akademien und Pädagogischen Instituten,
sowie die Bundeserzieher, die ausschließlich
für Schüler dieser Schulen bestimmt sind
Wasagasse 10 1090 Wien
Tel.: 0222/317 61 97 Fax: 0222/310 16 79
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An den
Vorsitzenden des Dienststellenausschusses am
Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium
K-Straße 2
XY
Sehr geehrter Vorsitzender,
Auf Grund des do Antrags vom 9. März 1995 auf Aberkennung des
PV-Mandats für Koll. Mag. J wegen Verletzung der
Verschwiegenheitspflicht hat der oa ZWA in seiner heutigen
Sitzung darüber beraten und ist zu folgendem einstimmigen
Beschluß gelangt:
Gem. § 26 Abs. 4 des Personalvertretungsgesetzes vom
10. März 1967, BGBl.133-1967 in der geltenden Fassung wird dem
Mitglied des Dienststellenausschusses an der do
Bundesdienststelle ab sofort sein Mandat aberkannt.
Diese Verfügung kann durch kein ordentliches Rechtsmittel
angefochten werden.
Als Vorsitzender des do DA werden Sie ersucht, Herrn Koll. J
diese Verfügung nachweislich zur Kenntnis zu bringen und der
Dienststellenversammlung kundzumachen.
Mit kollegialen Grüßen
für den Zentralwahlausschuß
(unleserliche Unterschrift) (unleserliche Unterschrift)
...................... .........................
(Schriftführerin) (Obmann)
Wien, am 22. März 1995"
Die gegen diese Erledigung gerichtete Beschwerde erweist
sich aus folgenden Gründen als unzulässig:
Gemäß § 26 Abs. 4 Satz 1 PVG, BGBl. Nr. 133/1967, kann der
zuständige Zentralwahlausschuß dem Personalvertreter, der die
ihm obliegende Verschwiegenheitspflicht verletzt, sein Mandat
aberkennen. Nach dem dritten Satz dieser Bestimmung ist auf das
Verfahren vor dem Zentralwahlausschuß die Bestimmungen des AVG
anzuwenden. Die Verfügung des Zentralwahlausschusses kann durch
kein ordentliches Rechtsmittel angefochten werden.
Gemäß § 18 Abs. 4 Satz 1 AVG müssen alle schriftlichen
Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit
Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens
abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die
Erledigung genehmigt hat (die übrigen in dieser Bestimmung
getroffenen Regelungen spielen im Beschwerdefall keine Rolle).
Die Vorschriften des § 18 Abs. 4 AVG gelten gemäß § 58 Abs. 3
AVG auch für Bescheide.
Gemäß § 30 der Bundes-Personalvertretungs-Geschäftsordnung
(PVGO), BGBl. Nr. 35/1968, finden auf die Geschäftsführung der
Wahlausschüsse die Bestimmungen der Abschnitte I und VI mit der
Maßgabe sinngemäß Anwendung, daß der Zentralwahlausschuß im
Wahlprüfungsverfahren (§ 20 Abs. 13 des
Bundes-Personalvertretungsgesetzes) und im Verfahren gemäß § 21
Abs. 6 und § 26 Abs. 4 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes
aus seiner Mitte einen Berichterstatter bestimmen kann, dem die
Vorbereitung der Beschlußfassung, insbesondere die Ausarbeitung
des Bescheidentwurfes, und die Antragstellung im Ausschuß
obliegt.
Nach der im Abschnitt I getroffenen Bestimmung des § 17
Abs. 1 PVGO sind Schriftstücke, die namens des
Personalvertretungsausschusses ausgefertigt werden, vom
Vorsitzenden und im Falle seiner Verhinderung von seinem
Stellvertreter zu unterzeichnen. § 17 Abs. 3 leg. cit. trifft
eine Sonderregelung für schriftliche Ausfertigungen, die an
mehr als zehn Adressaten ergeht.
Die dem Beschwerdeführer zugekommene, dem
Verwaltungsgerichtshof in einer offenkundig vollständigen
Ablichtung vorgelegte Ausfertigung der angefochtenen Erledigung
vom 22. März 1955 enthält keine leserliche Unterschrift.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
wurde die grundsätzliche Forderung des Gesetzgebers, für die
Parteien eines Verfahrens müsse die Identität des Genehmigenden
erkennbar sein, durch die AVG-Novelle, BGBl. Nr. 199/1982, noch
insofern verdeutlicht, als seither gefordert wird, daß sich aus
der Ausfertigung in leserlicher Form der Name des Betreffenden
ergeben muß; sollte daher eine Unterschrift unleserlich sein,
so muß in anderer leserlicher Form dessen Name der Erledigung
entnehmbar sein. Fehlt es an einer Unterschrift im Sinne des
Gesetzes und ergibt sich aus der Erledigung auch sonst kein
Anhaltspunkt dafür, wer die Erledigung genehmigt hat, also
erscheint auch keine "leserliche Beifügung des Namens" des
Genehmigenden auf, so liegt kein Bescheid vor (vgl. dazu z.B.
das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1985,
Zl. 84/11/0178, vom 12. März 1986, Zl. 85/03/0144, sowie die
Beschlüsse vom 10. Dezember 1986, Zl. 86/01/0072, vom
27. März 1987, Zl. 85/12/0236, sowie vom 18. Dezember 1991,
Zl. 91/12/0267 uva.).
Die Angabe der Funktion reicht bei Unleserlichkeit der
Unterschrift des Genehmigenden nicht aus, dem gesetzlichen
Erfordernis der leserlichen Beifügung des Namens des
Genehmigenden zu genügen: In diesem Fall geht nämlich aus der
Erledigung selbst nicht der Name dessen hervor, der die
Erledigung genehmigt hat. Die mit der Funktionsangabe eröffnete
Möglichkeit den Namen des genehmigenden Organwalters zu
ermitteln, vermag nicht die nach dem Gesetz geforderte, im Fall
der unleserlichen Unterschrift (bzw. des Fehlens einer
Unterschrift im Sinn des § 18 Abs. 4 AVG) für das
Zustandekommen des Bescheides unabdingbare Namensnennung des
Genehmigenden zu ersetzen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom
20. Mai 1992, 88/12/0085).
§ 18 Abs. 4 AVG unterscheidet nicht zwischen monokratischen
Behörden und Kollegialbehörden, sondern gilt für die
Ausfertigung jeder schriftlichen Willensäußerung einer Behörde.
Es ist daher für die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage
der Folgen einer fehlerhaften Ausfertigung ohne Bedeutung, daß
bei Kollegialbehörden mit der "Genehmigung" im Sinne des § 18
Abs. 4 Satz 1 AVG (die regelmäßig durch den Vorsitzenden des
Kollegialorgans erfolgt - vgl. auch §§ 30 in Verbindung mit 17
PVGO) beurkundet wird, daß das dazu berufene Kollegialorgan den
der ausgefertigten Erledigung zugrundeliegenden Beschluß
getroffen hat (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom
28. November 1990, 90/02/0115, und vom 22. April 1993,
92/09/0315, sowie den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom
26. September 1989, B 3/87 = Slg. 12.139, zur Bedeutung der
Unterschrift des "Genehmigenden" in der Ausfertigung einer
Erledigung, die auf der Willensbildung eines Kollegialorgans
beruht und den Folgen des Fehlens der Unterschrift).
Die (bloße) Zustellung (Ausfolgung) der oben wörtlich
wiedergegebenen Erledigung der belangten Behörde durch den
Vorsitzenden des Dienststellenausschusses an den
Beschwerdeführer kann gleichfalls nichts daran ändern, daß sich
der angefochtenen Erledigung nicht der Name des die Erledigung
Genehmigenden im Sinne des § 18 Abs. 4 AVG entnehmen läßt, was
dazu führt, daß die Erledigung schon mangels einer wesentlichen
für das Vorliegen des Bescheidcharakters notwendigen
Voraussetzung nicht als Bescheid zu werten ist.
Da der Beschwerde daher kein gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1
B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtener Bescheid
zugrundeliegt, war sie gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 12 Abs. 3 VwGG
mangels Vorliegens einer wesentlichen Prozeßvoraussetzung
zurückzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedoch zur
Klarstellung veranlaßt, auf folgendes hinzuweisen:
- Rechtsfolge der mangelnden Bescheidqualität der
angefochtenen Erledigung ist es, daß der Beschwerdeführer nach
wie vor sein Mandat inne hat, bis ihm gegenüber ein Bescheid
nach § 26 Abs. 4 PVG erlassen wird, der jedenfalls den
gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht.
- Sollte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das
Mandat nach § 26 Abs. 4 PVG mit Bescheid aberkennen wollen,
wird es erforderlich sein, diesen Bescheid nach § 58 Abs. 2 AVG
hinreichend zu begründen. Wäre die angefochtene Erledigung ein
Bescheid gewesen, hätte sie den Anforderungen des § 58 Abs. 2
AVG jedenfalls nicht entsprochen: Denn die Unterlassung
jeglicher Begründung des Bescheides hindert die
verwaltungsgerichtliche Nachprüfung seiner Gesetzmäßigkeit; sie
ist überdies deshalb wesentlich, weil die Partei über die
Erwägungen der Behörde nicht unterrichtet und dadurch in der
Verfolgung ihrer Rechtsansprüche gehindert wird.
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