VwGH 94/10/0067

VwGH94/10/006727.7.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des JW und der CW in A, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 3. März 1994, Zl. 18.315/24-IA8/94, betreffend Rodungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §19 Abs2 lita;
ForstG 1975 §19 Abs5 lita;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §19 Abs2 lita;
ForstG 1975 §19 Abs5 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 9. März 1992 beantragten die Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (BH) die nachträgliche Erteilung der Rodungsbewilligung für Teilflächen der Parzellen Nr. 841/1 und 839 im Ausmaß von rund 1,51 ha.

Mit einer weiteren Eingabe vom 6. April 1992 beantragten die Beschwerdeführer die Einbeziehung einer weiteren Teilfläche im Ausmaß von 3.000 m2 aus Parzelle 841/1 in das Rodungsverfahren. Für diese Teilfläche hatten die Beschwerdeführer bereits 1990 um die Erteilung der Rodungsbewilligung angesucht; diese war jedoch von der Forstbehörde erster und zweiter Instanz abgewiesen worden. Eine Berufung dagegen war bei der belangten Behörde anhängig.

Mit Bescheid vom 5. Mai 1993 wies die BH den Antrag der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Rodungsbewilligung für Teilflächen der Grundstücke 841/1 und 839 im Gesamtausmaß von 1,51 ha ab (Spruchabschnitt I). Der Antrag der Beschwerdeführer vom 6. April 1992 auf Einbeziehung einer Teilfläche des Grundstückes 841/1 im Ausmaß von 3.000 m2 in das Rodungsverfahren wurde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen (Spruchabschnitt II). In der Begründung zu Spruchabschnitt I wurde zusammenfassend ausgeführt, die Vergrößerung der Weideflächen zur Sömmerung des gesamten Viehbestandes stelle in Anbetracht der ausreichenden Futtergrundlage des Betriebes der Beschwerdeführer keine Agrarstrukturverbesserung dar. Zu Spruchabschnitt II führte die BH aus, die Rodungsfläche im Ausmaß von ca. 3.000 m2 des Grundstückes 841/1 sei Gegenstand eines Rodungsverfahrens gewesen, welches mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 2. September 1992 rechtskräftig entschieden worden sei. Der Antrag vom 6. April 1992 auf Erteilung einer Rodungsbewilligung für diese Fläche sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Die Beschwerdeführer beriefen gegen den Bescheid der BH "betreffend den abgewiesenen Rodungsantrag für die Teilflächen der Grundstücke 841/1 und 839". Zur Begründung führten sie aus, die im Bescheid angeführte Gesamtfläche ihres Betriebes im Ausmaß von 34 ha stimme nicht; richtig sei, daß die Gesamtfläche ihres Betriebes 58 ha betrage. Das Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen sei hinfällig, weil der Pachtvertrag über 4 ha Grünland auslaufe und somit die Berechnungen über das Verhältnis von Futterangebot zu Futterbedarf nicht mehr zuträfen. Alle am Verfahren beteiligten Parteien hätten gegen die Bewilligung des Rodungsantrages keinen Einwand erhoben. Die holzwirtschaftliche Situation sei zur Zeit sehr prekär und es sei auch keine Besserung in Aussicht. Nachdem der Betrieb der Beschwerdeführer einen überdurchschnittlich hohen Waldanteil aufweise, sei es für die Beschwerdeführer unlogisch, noch mehr Waldflächen zu bewirtschaften.

Der Landeshauptmann von Salzburg holte eine Stellungnahme der Agrarbehörde Salzburg ein und wies mit Bescheid vom 21. Dezember 1993 die Berufung der Beschwerdeführer ab. In der Begründung wird zusammenfassend ausgeführt, die beantragte Rodung stelle keine Maßnahme der innerbetrieblichen Agrarsturkturverbesserung dar. Die nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vorgenommene Kündigung des Pachtvertrages vermöge an der Gesamtbeurteilung nichts zu ändern, da die Rodefläche auf der Alm eine Weide- und keine Mähfläche sei und somit keinen Ersatz für die aufgelassene Pachtfläche darstelle. Es sei daher erforderlich, entweder den Viehstand zu verringern oder entsprechende Wiesenflächen im Talbereich zuzupachten. Eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung erfordere zwingend die Anpassung des Viehstandes an die Fläche und nicht umgekehrt. Wenn die Beschwerdeführer eine der aufgelassenen Pachtfläche ertragsmäßig entsprechende Wiesenfläche zupachteten, dann sei die gesamte Flächenausstattung ihres Gutes für den gesamten Viehstand ausreichend, um diesen das ganze Jahr hindurch durchzufüttern.

Die Beschwerdeführer beriefen und machten geltend, die beantragte Rodung sei im öffentlichen Interesse gelegen, weil größere offene Flächen aus Sicht des Fremdenverkehrs wünschenswert wären und die beantragte Rodung daher den Bedürfnissen des Fremdenverkehrs sehr entgegenkomme. Dies ergebe sich auch aus den angeschlossenen Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde und des Fremdenverkehrsverbandes.

Mit Bescheid vom 3. März 1994 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer ab. In der Begründung wird nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, aus den in den unterinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten und Stellungnahmen ergebe sich, daß die auf der Alm zur Rodung beantragte Fläche keine Mäh-, sondern eine Weidefläche sei und daß daher durch die Rodung kein Ersatz für die verlorengegangene Pachtfläche von 4 ha Grünland geschaffen werden könne. Um den Viehstand zu halten, müßten vielmehr ertragreiche Wiesenflächen im Talbereich zugepachtet werden. Weiters könne es nicht ausschließliches Ziel einer Agrarstrukturverbesserung sein, die landwirtschaftlichen Nutzflächen durch Rodung von Waldflächen zu vergrößern, und zwar unabhängig vom Größenverhältnis der Waldflächen zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen. Zum einen stehe es den Beschwerdeführern frei, durch Zupachtung entsprechender talnaher Wiesenflächen einen Ersatz für den aufgekündigten Pachtvertrag zu schaffen und zum anderen könnte auch der Viehstand der nunmehrigen Flächenausstattung angepaßt werden. Aus den obgenannten Gründen sei daher festgestellt worden, daß die beantragte Rodung keine Maßnahme der innerbetrieblichen Agrarstrukturverbesserung darstelle. Diesen Feststellungen seien die Beschwerdeführer in der Berufung nicht entgegengetreten. Aus den von den Beschwerdeführern vorgelegten Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde sowie des Fremdenverkehrsverbandes sei im wesentlichen nur zu entnehmen, daß die Belassung der Rodefläche als Alm im Interesse des Tourismus sehr begrüßt werde. Die Abwechslung zwischen Wald und Almgebiet in diesem Erholungsraum stelle einen positiven Anreiz für die Erholungssuchenden dar. Durch die Rodung sollte aber tatsächlich in erster Linie eine Agrarstrukturverbesserung des landwirtschaftlichen Betriebes der Beschwerdeführer bewirkt werden; positive Schreiben der Gemeinde bzw. des Fremdenverkehrsverbandes, daß die Rodung auch positive Auswirkungen für den Fremdenverkehr habe, seien als alleinige Begründung für ein öffentliches Interesse am Fremdenverkehr nicht ausreichend.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführer bringen vor, aus den von ihnen im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bestätigungen des Bürgermeisters der Gemeinde und des Fremdenverkehrsverbandes ergebe sich entgegen der Auffassung der belangten Behörde, daß die Erhaltung der Rodungsflächen als Alm im öffentlichen Interesse des Fremdenverkehrs und des Landschaftsbildes und somit der Raumordnung gelegen sei. Die belangte Behörde habe sich nicht ausreichend mit den Argumenten der Beschwerdeführer auseinandergesetzt und sei ihrer Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhaltes nicht nachgekommen. Die Zurückweisung des Rodungsantrages hinsichtlich einer Teilfläche des Grundstückes Nr. 841/1 im Ausmaß von 3.000 m2 sei auch deshalb rechtswidrig, weil keine rechtskräftig entschiedene Sache vorliege. Im Beschwerdefall habe sich zum einen die Sachlage durch Aufkündigung der gepachteten Wiesenfläche wesentlich geändert und zum anderen hätten die Beschwerdeführer auch das öffentliche Interesse des Fremdenverkehrs bzw. der Raumordnung geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Nach § 17 Abs. 2 leg. cit. kann unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

Öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 2 sind nach § 17 Abs. 3 ForstG insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen.

Die Aufzählung öffentlicher Interessen im § 17 ist keine erschöpfende; es können daher auch andere als die dort ausdrücklich angeführten öffentlichen Interessen zur Begründung einer Rodung herangezogen werden. Die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten öffentlichen Interessen "des Fremdenverkehrs und des Landschaftsbildes und somit der Raumordnung" sind im Beschwerdefall aber für die Begründung einer Rodungsbewilligung ungeeignet.

§ 17 Abs. 2 ForstG sieht die Erteilung einer Rodungsbewilligung dann vor, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt. § 19 Abs. 2 lit. a ForstG räumt dem Waldeigentümer das Recht zur Einbringung eines Antrages auf Erteilung einer Rodungsbewilligung ein; § 19 Abs. 5 lit. a leg. cit räumt ihm im Rodungsverfahren Parteistellung im Umfang seines Antragsrechtes ein. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß der Waldeigentümer aus dem Vorliegen irgendeines öffentlichen Interesses ein Recht auf Erteilung der Rodungsbewilligung ableiten kann. Öffentliche Interessen begründen nur dann ein subjektives Recht des Waldeigentümers, wenn sie einen entsprechenden Nahebezug zu den eigenen Zielen und Interessen des Waldeigentümers, deren Verwirklichung die Rodung dienen soll, aufweisen. Im Beschwerdefall sollte durch die Rodung die Futterbasis für den Viehbestand der Beschwerdeführer vergrößert werden. Die Rodung zielt nicht auf die Schaffung oder Verbesserung von Fremdenverkehrseinrichtungen ab. Die von den Beschwerdeführern mit der Rodung verfolgten Ziele weisen auch keinen solchen Nahebezug zu den öffentlichen Interessen des Fremdenverkehrs auf, der eine Geltendmachung dieser öffentlichen Interessen durch die Beschwerdeführer rechtfertigen würde (vgl. auch § 19 Abs. 2 lit. b ForstG).

Abgesehen davon liegen die geltend gemachten öffentlichen Interessen des Fremdenverkehrs aber auch gar nicht vor.

Die vorliegende Befürwortung durch den Bürgermeister reicht für die Begründung eines öffentlichen Interesses nicht aus.

Im Schreiben des Fremdenverkehrsverbandes vom 11. Jänner 1994 heißt es, aus der Sicht des Tourismus sei es sehr wesentlich, die Vielfalt der Landschaft zu erhalten. Optisch gehöre es einfach dazu und es sei typisch für das Salzkammergut, daß Waldflächen durch Almenlandschaften unterbrochen seien. Der Mangel an Arbeitskräften im landwirtschaftlichen Bereich habe vielfach dazu geführt, Almgebiete wieder aufzuforsten bzw. durch natürlichen Bewuchs zu verringern. Im Interesse des Tourismus würde der Fremdenverkehrsverband es sehr begrüßen, wenn die Rodungsflächen nicht mehr aufgeforstet, sondern als Alm erhalten würden. Eine Nichtaufforstung sei für den Tourismus wesentlich.

Mit diesen Aussagen wird kein öffentliches Interesse des Fremdenverkehrs an der Rodung begründet. Ein solches läge nur dann vor, wenn bei Nichterteilung der Rodungsbewilligung wesentliche Nachteile für den Fremdenverkehr zu besorgen wären oder wenn durch die Rodung eine wesentliche Verbesserung für Belange des Fremdenverkehrs erzielt werden könnte. Derlei wird durch das Schreiben des Fremdenverkehrsverbandes in keiner Weise dargetan.

Was die Zurückweisung des Rodungsantrages für eine Teilfläche von 3.000 m2 aus Parzelle 841/1 betrifft, hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf hingewiesen, daß die Beschwerdeführer den Spruchabschnitt II des Bescheides der BH vom 5. Mai 1993, mit welchem die Zurückweisung dieses Rodungsantrages ausgesprochen worden war, nicht bekämpft haben. Ihre Berufung bezieht sich ausdrücklich auf "den abgewiesenen Rodungsantrag für die Teilflächen der Grundstücke 841/1 und 839". Schon diese Formulierung läß angesichts des Umstandes, daß die BH in ihrem Bescheid deutlich zwischen der Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Rodungsbewilligung für Teilflächen der Grundstücke 841/1 und 839, im Spruchabschnitt I und der Zurückweisung des Antrages auf Einbeziehung einer Teilfläche des Grundstückes 841/1, im Ausmaß von 3.000 m2 in das Rodungsverfahren im Spruchabschnitt II unterschieden hat, keinen Zweifel aufkommen, daß die Beschwerdeführer nur gegen den abweisenden, nicht aber gegen den zurückweisenden Teil des Bescheides berufen haben. Bestätigt wird dies durch einen Blick auf die Berufungsausführungen, die sich ausschließlich mit den von der BH für den abweisenden Teil ihres Bescheides angegebenen Gründen auseinandersetzen.

Der zurückweisende Teil des erstinstanzlichen Bescheides war daher gar nicht mehr Gegenstand der Entscheidung des Landeshauptmannes und damit auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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