VwGH 90/07/0074

VwGH90/07/007419.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der E-Waldgenossenschaft, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. Februar 1990, Zl. 8 - LAS 13 Ba 2/7 - 90, betreffend Bewilligung der Absonderung eines Anteilsrechtes (mitbeteiligte Parteien: 1. D T, 2. G P, 3. G B und 4. E B), zu Recht erkannt:

Normen

AgrGG Stmk 1985 §37;
AgrGG Stmk 1985 §4;
AgrGG Stmk 1985 §43;
AgrGG Stmk 1985 §45;
AgrGG Stmk 1985 §6;
AgrGG Stmk 1985 §9 Abs2;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfGG §21;
FlVfGG §33;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfGG §37;
VwRallg;
AgrGG Stmk 1985 §37;
AgrGG Stmk 1985 §4;
AgrGG Stmk 1985 §43;
AgrGG Stmk 1985 §45;
AgrGG Stmk 1985 §6;
AgrGG Stmk 1985 §9 Abs2;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfGG §21;
FlVfGG §33;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfGG §37;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.080,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist gemäß § 2 des "Wirtschafts-Normale" vom 6. März 1880 eine "Privat-Gesellschaft". Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Leoben (ABB) vom 4. Dezember 1964, Zl. 2 E 2/68-1964, wurde gemäß § 88 des Gesetzes vom 5. Juni 1963, LGBl. Nr. 276/1963 (FLG 1963) von Amts wegen festgestellt, daß die in diesem "Wirtschafts-Normale" der Beschwerdeführerin im Bezugs-Tableau genannten anteilsberechtigten Häuser eine Agrargemeinschaft im Sinne des § 41 Abs. 1 leg. cit. darstellen. Die erst- und zweitmitbeteiligte Partei sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 10, bestehend u.a. aus der Baufläche 111 mit Haus S, mit welcher das Miteigentumsrecht am Besitz und Vermögen der Beschwerdeführerin verbunden ist, welches sich aus der maßgebenden Steuersumme von 3 Kronen 40 Heller ergibt.

Mit Kaufvertrag vom 24. November 1988 sowie im hiezu verfaßten Nachtrag vom 17. Februar bzw. 2. März 1989 haben die erst- und zweitmitbeteiligte Partei an die Ehegatten G. und E. B. (3. und 4. mitbeteiligte Partei) die mit der Liegenschaft EZ 10 als Stammsitzliegenschaft verbundenen Anteilsrechte am Besitz und Vermögen der Beschwerdeführerin um den beiderseits vereinbarten Kaufpreis von S 120.000,-- verkauft. Mit Eingabe von 28. November 1988 bzw. 2. März 1989 haben die Verkäufer bei der ABB um die agrarbehördliche Genehmigung zur Absonderung dieses agrargemeinschaftlichen Anteilsrechtes von der Liegenschaft EZ 10 und die Übertragung desselben zur Liegenschaft EZ 454, welche sich im Eigentum der Käufer befindet, angesucht.

Mit Bescheid vom 10. April 1989 hat die ABB gemäß § 4 Abs. 1 und 2 iVm § 46 des Steiermärkischen Argargemeinschaftengesetzes 1985 (StAgrGG 1985), LGBl. Nr. 8/1986, zur Absonderung des kaufgegenständlichen agrargemeinschaftlichen Anteilsrechtes von der Liegenschaft EZ 10 und zur Übertragung desselben auf die Liegenschaft EZ 454 ds Gb unter gleichzeitiger Bindung an diese Liegenschaft die agrarbehördliche Genehmigung erteilt.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat der Landesagrarsenat beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung (LAS) die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 (AgrVG 1950) als unbegründet abgewiesen. In seiner Begründung führte der LAS aus, die Liegenschaft EZ 10 bestehe aus den Grundstücken Nr. 114 Garten und Nr. 111 Baufläche mit einer Gesamtfläche von 1.609 m2. Auf der Baufläche befinde sich ein mehrstöckiges Haus, welches bis Ende 1987 der Gemeinde als Mieter zum Betrieb einer Musikschule gedient habe und seither leer stehe. Das Haus sei sanierungsbedürftig. Die Erstmitbeteiligte sei seit 1983 in St. Wolfgang, die Zweitmitbeteiligte seit ca. 11 Jahren in Deutschland wohnhaft. Sowohl aus familiären als auch aus wirtschaftlichen Gründen (Existenzsicherung) sei der Verkauf der Liegenschaft EZ 10 für die Eigentümer daher zweckmäßig. Das Ausmaß des mit der Liegenschaft EZ 10 verbundenen agrargemeinschaftlichen Anteiles ergebe sich aus dem Normale der Beschwerdeführerin. Er bestehe aus der maßgebenden Steuersumme von 3 Kronen 40 Kreuzer sowie dem Bezugsrecht für 20 Raummeter Brennholz, 6 Raummeter Aststreu und der Jahresnotdurft an Bauholz von 6,80 fm. Der zuletzt ausgeschüttete Gegenwert habe jährlich ca. S 8.000,-- betragen, der heutige Gegenwert (z.B. ca. 13 Raummeter Brennholz a S 600,--) könne nur zu einem kleinen Teil für die Erhaltung und Sicherung des Gebäudes auf der Liegenschaft EZ 10 beitragen. Bezüglich der Bau- , Brennholz- und Aststreubezüge bestehe keine Regelung der Naturalzuweisung. Vielmehr seien diese zu ortsüblichen Preisen zu beziehen, wodurch kein Vorteil gegenüber einem Bezug zu allgemeinen Marktbedingungen gegeben sei. Die "neuen Eigentümer" der Liegenschaft EZ 10

(E. Siedlungsgenossenschaft) beabsichtigen im bestehenden Gebäude sechs Wohneinheiten einzubauen und auf dem Gartengrundstück sechs Wohneinheiten neu zu errichten. Mit dem relativ geringen Gegenwert der agrargemeinschaftlichen Anteile würden vermehrte verwaltungstechnische Aufwendungen für den Erwerber (Gemeinschaftsverwaltung) oder durch Übertragung auf die Wohnungseigentümer (im Falle der Errichtung von Eigentumswohnungen) verbunden sein. Der ursprüngliche Zweck des Gebäudes und des Gartengrundstückes werde durch die beabsichtigte Maßnahme im wesentlichen dadurch geändert, daß zwischen dem Anteilsrecht und der künftigen Nutzung ("Bedarf für zwölf statt bisher eine Wohn-, Gebäudeeinheit") ein derartiges Mißverhältnis bestehe, daß das Anteilsrecht jedenfalls entbehrlich sei, weil es zur Erhaltung und Benützung der neuen Bausubstanz (ca. verdoppelter verbauter Raum) keinen wesentlichen Beitrag mehr leisten könne. Die dritt- und viertmitbeteiligte Partei hätten schon zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages am 24. November 1988 offenbar die Absicht gehabt, aus der Agrargemeinschaft auszuscheiden, da mit Beschluß der ABB vom 16. Dezember 1988 für sie betreffend ihre agrargemeinschaftlichen Anteile an der Beschwerdeführerin die Einleitung eines Spezialteilungsverfahrens bewilligt worden sei. Daraus könne geschlossen werden, daß der gegenständliche Kaufvertrag vom 24. November 1988 im Widerspruch zum wirtschaftlichen Zweck der Gemeinschaft stehe, wenn dadurch ein größerer Teil des Gemeinschaftsbesitzes (als der bisherige Anteil der dritt- und viertmitbeteiligten Partei) von der Beschwerdeführerin losgelöst werden sollte und die Betriebsstruktur des Gemeinschaftsbesitzes dadurch geschmälert werde. Bei Übertragung der in Rede stehenden Agraranteile an die dritt- und viertmitbeteiligte Partei sei daher zu besorgen, daß "durch das anhängige Spezialteilungsverfahren" dem wirtschaftlichen Zweck der Gemeinschaft nicht gedient sei.

Gemäß § 4 Abs. 2 StAgrGG 1985 könne die Absonderung auf Antrag des Eigentümers der Stammsitzliegenschaft von der Agrarbehörde bewilligt werden, wenn und insoweit die aus der Mitgliedschaft fließenden Nutzungen den ordentlichen Bedarf der Stammsitzliegenschaft überstiegen und wenn ferner u.a. das abzusondernde Anteilsrecht mit dem Anteil eines anderen Gemeinschaftsmitgliedes vereinigt werden soll. Aus dem Wort "kann" sei keine behördliche Ermessensentscheidung abzuleiten, vielmehr sei bei Vorliegen der beiden normierten Voraussetzungen die Absonderung zu bewilligen, sofern nicht Versagungsgründe gemäß Abs. 3 leg. cit. vorlägen. Daß durch die Absonderung eine dem wirtschaftlichen Zweck der Gemeinschaft abträgliche Zersplitterung oder Anhäufung der Anteilsrechte eintreten würde oder begründete Umstände dafür sprächen, daß der Anteilsrechtserwerb nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus anderweitigen Zwecken angestrebt werde, sei jedoch im gegenständlichen Fall nicht erweislich. Durch die Absonderung des mit der EZ 10 verbundenen Anteilsrechtes an der Beschwerdeführerin bzw. durch die Übertragung desselben auf die EZ 454 trete aber auch keine dem wirtschaflichen Zweck der Gemeinschaft abträgliche Anhäufung der Anteilsrechte ein, da die Erwerber des Anteilsrechtes bereits bisher mit 5,56 % an der Agrargemeinschaft anteilsberechtigt gewesen seien und durch den verfahrensgegenständlichen Erwerb lediglich eine Vermehrung um 0,28 % auf insgesamt 5,84 % verbunden sei. Eine derart geringe Vermehrung stelle keine dem wirtschaftlichen Zweck der Gemeinschaft abträgliche Anhäufung von Anteilsrechten dar. Die angestrebte Ausscheidung der dritt- und viertmitbeteiligten Partei aus der Beschwerdeführerin sei in einem gesonderten, bereits anhängigen Verfahren zu beurteilen und bescheidmäßig zu erledigen. Gemäß § 4 Abs. 6 StAgrGG 1985 könne die Agrarbehörde entgegen dem Mehrheitswillen einer Agrargemeinschaft eine Absonderung von Anteilsrechten verfügen, wenn diese den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Antragstellers - somit subjektiven Interessen - entspräche; dies treffe im gegenständlichen Fall zu. Da das abzusondernde Anteilsrecht mit einer bereits anteilsberechtigten Realität (EZ 454) verbunden werde, werde auch keine neue anteilsberechtigte Stammliegenschaft konstituiert. Die Beschwerdeführerin sei einem Anbot der erst- und zweitmitbeteiligten Partei nicht näher getreten. Die Bestimmung des § 4 des Normale der Beschwerdeführerin bestehe praeter legem zu § 4 StAgrGG 1985; eine restriktive Auslegung dieser Satzungsbestimmung würde die Dispositions- und Eigentumsfreiheit der Agrargemeinschaftsmitglieder einschränken.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Verletzung zwingender Verfahrensvorschriften aufzuheben; die Beschwerdeführerin erachtet sich ihrem Vorbringen nach in dem Recht verletzt, daß ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Absonderung eines Anteilsrechtes nicht bewilligt werde.

Die belangte Behörden hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin trägt in ihrer Beschwerde im wesentlichen vor, auf Grund des § 4 ihres "Wirtschafts-Normale" sei als einzig rechtlich zulässige Möglichkeit der Veräußerung eines Anteilsrechtes an der Agrargemeinschaft nur eine an diese selbst vorgesehen. Jede Veräußerungsabsicht setze daher voraus, daß der Beschwerdeführerin nicht nur die Kenntnis der Veräußerung vermittelt, sondern dieser ein präzises Angebot gemacht werde. Entgegen den aktenwidrigen Feststellungen der belangten Behörde sei die Beschwerdeführerin von der erst- und zweitmitbeteiligten Partei von der Veräußerungsabsicht in Kenntnis gesetzt worden, der Vorstand habe sein Interesse an dem Erwerb des Anteilsrechtes für die Gemeinschaft bekundet, es sei der Beschwerdeführerin jedoch kein Anbot gemacht worden. Für die Beurteilung einer Absonderung und Übertragung eines Anteilsrechtes sei primär das "Wirtschafts-Normale" der Beschwerdeführerin heranzuziehen. Würde das Normale gegen zwingende Rechtsvorschriften verstoßen, wäre es Aufgabe der Agrarbehörden, auf eine ihres Erachtens nach gebotene Satzungsänderung hinzuwirken.

Das Anteilsrecht sei im angefochtenen Erkenntnis unrichtig bewertet worden. Das von der belangten Behörde gewählte Argument des "unbedeutenden Anteilsrechtes" sei in Verbindung mit der Anhäufung nicht zulässig. Dies umso mehr, als im Zeitpunkt der Entscheidung hinreichend aktenkundig festgestanden sei, daß es den Erwerbern auch dieses Anteilsrechtes ausschließlich darauf ankomme, die Gemeinschaft nicht nur zu "zersplittern", sondern in ihrem Bestande auszuhöhlen. Diese Gefahr sei umso größer und begründeter, als die Erwerber des Anteilsrechtes keine Möglichkeit verstreichen ließen, durch weitere Erwerbsvorgänge Anteilsrechte zu erwerben und unverzüglich nach dem Erwerbsvorgang die Singularteilung beantragten. Die Anwendung des § 4 Abs. 6 StAgrGG 1985 setze voraus, daß die Versagungsgründe des Abs. 3 leg. cit. nicht vorliegen.

Gemäß § 4 Abs. 1 StAgrGG 1985 kann die mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen kann die Absonderung auf Antrag des Eigentümers der Stammsitzliegenschaft von der Agrarbehörde bewilligt werden, wenn und insoweit die aus der Mitgliedschaft fließenden Nutzungen den ordentlichen Bedarf der Stammsitzliegenschaft übersteigen und wenn das abzusondernde Anteilsrecht

a) mit dem Anteil eines anderen Gemeinschaftsmitgliedes vereinigt oder

  1. b) von der Agrargemeinschaft selbst erworben werden soll oder,
  2. c) falls es mit einer an der Gemeinschaft nicht beteiligten Liegenschaft verbunden werden soll, die Mehrheit der Gemeinschaftsmitglieder ohne Rücksicht auf die Zahl und Größe ihrer Anteile hiezu die Zustimmung erteilt.

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen ist die Bewilligung von der Agrarbehörde zu versagen, wenn

a) durch die Absonderung eine dem wirtschaftlichen Zweck der Gemeinschaft abträgliche Zersplitterung oder Anhäufung der Anteilsrechte eintreten würde oder

b) begründete Umstände dafür sprechen, daß der Anteilsrechtserwerb nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus anderweitigen Zwecken angestrebt wird.

Gemäß § 4 Abs. 6 leg. cit. kann, wenn die Mehrheit der Gemeinschaftsmitglieder der Absonderung nicht zustimmt (Abs. 2 lit. c), die Agrarbehörde auf Antrag des Eigentümers der Stammsitzliegenschaft eine derartige Veränderung durch Bescheid verfügen, wenn die Absonderung den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Antragstellers entspricht und die im Abs. 3 angeführten Versagungsgründe nicht vorliegen.

Unstrittig gehen die Parteien von der Geltung des "Wirtschafts-Normale" der Beschwerdeführerin aus dem Jahre 1880 aus. Die belangte Behörde geht in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses von folgendem Wortlaut des § 4 dieses "Normales" aus:

"Die Teilhaberschaft an diesem Genossenschafts-Vermögen ist untrennbar von dem Besitze der Stammrealitäten, mit denen dermalen die Teilhaberschaft verbunden ist, und welche im § 1 im Bezugs-Tableau aufgezählt wurden. Sie kann niemals den Gegenstand einer separaten Veräußerung bilden.

Das Recht der Teilhaberschaft an dem gemeinsamen Genossenschafts-Vermögen kann nicht auf eine andere Realität übertragen und keiner neuen Realität verliehen werden.

Auch die Waldgenossenschaft selbst kann durch Erwerbung einer oder mehrerer Realitäten hinsichtlich desselben die Rechte eines Teilhabers erwerben.

Zur Ausübung dieses Rechtes ist der jeweilige Vorstand berechtigt."

In der Beschwerde wird hiezu ausgeführt, daß die Bestimmung des § 4 des vorzitierten "Wirtschafts-Normale" der Beschwerdeführerin auf Grund eines Generalversammlungsbeschlusses vom 11. Juli 1953 wie folgt ergänzt worden sei:

"Im § 4 des Wirtschaftsnormales der E-Waldgenossenschaft hat der zweite Satz: "Sie kann niemals den Gegenstand einer separaten Veräußerung bilden" zu entfallen. An seine Stelle tritt folgende Bestimmung: "Das Recht der Teilhaberschaft zu dem gemeinsamen Genossenschaftsvermögen kann selbständig veräußert werden, jedoch nur an die E-Waldgenossenschaft, während die Übertragung an andere ausgeschlossen ist. Im Bezugs-Tableau ist in einem solchen Fall die betreffende Realität zu löschen und an deren Stelle die E-Waldgenossenschaft als berechtigt einzutragen. Dieser steht für diesen Fall das Stimmrecht zu. Die Kapitalserträgnisse fließen ihr zu.""

Welche der beiden Textierungen des § 4 des "Wirtschafts-Normale" der Beschwerdeführerin nun tatsächlich in Geltung steht, ist aus den vorgelegten Verwaltungsakten für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich; den Beschwerdebehauptungen entgegenstehendes Vorbringen der belangten Behörde liegt mangels Ausführung einer Gegenschrift nicht vor.

Ausgehend von der unbestrittenen Annahme der Geltung des vorzitierten "Wirtschafts-Normale" als Satzung der Beschwerdeführerin erweist sich aber die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, die Bestimmung des § 4 des Normale der Agrargemeinschaft "E-Waldgenossenschaft" bestehe

"praeter legem" zu § 4 StAgrGG 1985, und würde eine restriktive Auslegung dieser Satzungsbestimmung die Dispositions- und Eigentumsfreiheit der Agrargemeinschaftsmitglieder einschränken, bei beiden vordargestellten Textierungen dieser Satzungsbestimmung als rechtsirrig. Vom heutigen Standpunkt aus sind die seinerzeitigen Regulierungsurkunden und Satzungen der Agrargemeinschaften als rechtskräftige individuelle Verwaltungsakte (Bescheide) anzusehen, deren inhaltliche Richtigkeit grundsätzlich nicht mehr überprüft werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/07/0079 und vom 12. Oktober 1993, Zl. 90/07/0095). Bescheide sind innerhalb der Grenzen der Rechtskraft verbindlich und binden die Verwaltungsbehörden, auch wenn sie rechtswidrig sind. Ausgehend von der Geltung des "Wirtschafts-Normale" der Beschwerdeführerin aus dem Jahr 1880 kann somit das Anteilsrecht an der Beschwerdeführerin - losgelöst von der Stammsitzliegenschaft - "niemals den Gegenstand einer separaten Veräußerung bilden" oder zufolge des Beschlusses ex 1953 "nur an die E-Waldgenossenschaft" selbständig veräußert werden, "während die Übertragung an andere ausgeschlossen ist."

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die § 4 StAgrGG 1985 widersprechende Bestimmung des § 4 des "Wirtschafts-Normale" der Beschwerdeführerin kann unter den Voraussetzungen des § 45 StAgrGG 1985 in Ausübung des im § 6 leg. cit. normierten Aufsichtsrechtes der Agrarbehörden von Amts wegen oder über Antrag des satzungsmäßig berufenen Organes der Beschwerdeführerin abgeändert werden. Für den Fall der Abänderung der Satzungen der Beschwerdeführerin im Sinne des § 4 StAgrGG 1985 sieht sich der Verwaltungsgerichtshof veranlaßt darauf zu verweisen, daß die Parteistellung der Agrargemeinschaft im Verfahren betreffend die Absonderung von Mitgliedschaftsrechten von einer Stammsitzliegenschaft darin begründet ist, dafür Sorge zu tragen, daß durch die Absonderung nicht eine dem wirtschaftlichen Zweck der Agrargemeinschaft abträgliche Zersplitterung oder Anhäufung der Anteilsrechte eintritt (§ 4 Abs. 3 lit. a leg. cit.), nicht jedoch aus dem Umstand erwächst, daß die Absonderung im Gesetz auch an die Voraussetzung geknüpft ist, daß sie nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus anderweitigen Zwecken angestrebt wird, da diese Voraussetzung ihrem Inhalt nach nichts anderes als die fallbezogene Ausformulierung des von den Agrarbehörden wahrzunehmenden öffentlichen Interesses an der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft ist (vgl. das zur vergleichbaren Rechtslage nach dem O.Ö. FLG 1979 ergangene hg. Erkenntnis vom 14. September 1993, Zl. 92/07/0004).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesonders deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens gründet sich auf den über das gesetzliche Ausmaß geltend gemachten Aufwand für Stempelmarken; der im § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG geregelte Schriftsatzaufwand verhindert als Pauschalbetrag die Zuerkennung eines Einheitssatzes und zusätzlich begehrter Umsatzsteuer.

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