VwGH 92/07/0173

VwGH92/07/017315.12.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Aumayr, in der Beschwerdesache der A-GmbH in B, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 4. August 1992, Zl. 511.416/11-I B/92, betreffend einen wasserrechtlichen Auftrag, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §66 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist ihrem Vorbringen nach Eigentümerin einer Liegenschaft, auf welcher die K. Gesellschaft m.b.H. eine Sondermülldeponie mit vier Stahlbetonbehältern zur Ablagerung von Sonderabfällen betrieben hat.

Nachdem der gemäß § 17 Abs 1 des Altlastensanierungsgesetzes zuständige Landeshauptmann im Zuge zweier Augenscheinsverhandlungen im Jahre 1991 gemäß § 138 Abs 3 WRG 1959 die Anordnung getroffen hatte, diese vier Stahlbetonbehälter (Silos) vom umgebenden Erdreich zu befreien, zu entleeren und ihren Inhalt in näher bezeichneter Weise zu entsorgen, hielt der Landeshauptmann am 22. April 1992 eine weitere Augenscheinsverhandlung ab, in deren Verlauf der beigezogene Amtssachverständige für Abfallchemie Befund und Gutachten über den Zustand der entleerten Silos und der damit verbundenen Auswirkungen ihrer Beschaffenheit für Grund- und Oberflächenwässer erstattete. Der daran anschließende Text der Verhandlungsniederschrift hat folgenden Wortlaut:

"Feststellung des Verhandlungsleiters:

Aufgrund des vorliegenden Gutachtens und der Voruntersuchungen, die im Gutachten angeführt wurden, wird von der Behörde gemäß § 31 Abs 3 WRG 1959 in Verbindung mit § 17 Altlastensanierungsgesetz, jeweils in der geltenden Fassung, Gefahr im Verzug angenommen.

Festgehalten wird, daß hinsichtlich des ordnungsgemäßen Abrisses und der Entsorgung der vier Silos von den Vertretern der K. Gesellschaft m.b.H. und (der Beschwerdeführerin) keine diesbezüglichen Äußerungen abgegeben werden.

Es werden nachstehende Anordnungen an die

K. Gesellschaft m.b.H. aufgetragen:

Mit den Abbrucharbeiten der vier Silos auf den Grundstücknummern 345/4, KG A., ist am Montag, 27. April 1992 bis spätestens 18.00 Uhr zu beginnen.

Der Abbruch der Silos hat einschließlich der ordnungsgemäßen Entsorgung des Abbruchmaterials ab Beginn (Montag, 27. April 1992) innerhalb von einer Woche vollständig zu erfolgen.

Nach Abbruch der Silos ist innerhalb von weiteren vier Wochen das allenfalls kontaminierte Erdreich unterhalb bzw. im unmittelbaren Nahbereich der Silos von einem befugten Institut zu analysieren und im Falle einer Kontaminierung zu entfernen.

Die Anlayse des allenfalls kontaminierten Erdreiches unter den vier Silos ist unverzüglich nach dem Ende der Abbrucharbeiten in Auftrag zu geben und die Ergebnisse der Behörde mitzuteilen.

Die verbleibende Grube ist mit sauberem Erdmaterial bis auf Geländeoberkante (umliegendes derzeitiges Gelände) aufzufüllen.

Der gesamte Abbruch einschließlich der allfälligen Wiederauffüllung der vier Silos bzw. des sauberen Erdmaterials ist durch ein von der Behörde gesondert zu bestellendes Organ laufend zu überprüfen.

Mit diesem Organ - das rechtzeitig vor Inangriffnahme der aufgetragenen bekanntgegeben wird - (ist) das terminliche Einvernehmen bei Durchführung der jeweiligen Arbeiten herzustellen.

Über die ordnungsgemäße Entsorgung der abzutragenden vier Silos bzw. des allenfalls kontaminierten Erdreiches sind der Behörde geeignete Nachweise zu übermitteln.

Sollte die K. Gesellschaft m.b.H. nicht bis Montag, 27. April 1992, 18.00 Uhr, mit den aufgetragenen Arbeiten begonnen haben, wird die A. Gesellschaft m.b.H. beauftragt, unverzüglich am Dienstag, 28. April 1992 (7.00 Uhr), mit den Arbeiten zu beginnen. Die oben angeführten Fristen sind auch von der A. entsprechend einzuhalten.

Weitere bzw. zusätzliche Aufträge behält sich die Behörde vor.

Im übrigen wird festgehalten, daß die vom Sachverständigen zitierten Untersuchungsergebnisse den Parteien zur Kenntnis gebracht wurden.

Dies wird hiermit bestätigt.

Stellungnahme der K. Gesellschaft m.b.H.:

Der der K. Gesellschaft m.b.H. nunmehr erteilte Auftrag ist aufgrund organisatorischer und technischer Maßnahmen in der festgesetzten Frist nicht durchführbar.

Ein Übernahme dieses Auftrages in der festgesetzten Frist

ist daher nicht möglich.

Stellungnahme der A.:

Die Vertreter der A. nehmen den erteilten Auftrag an. Da die K. Gesellschaft m.b.H. aus oben dargelegten Gründen nicht in der Lage ist, den ihr erteilten Auftrag anzunehmen, wird mit der Durchführung des Auftrages seitens A. am Montag, den 27. April 1992 unverzüglich begonnen werden."

Die von der Beschwerdeführerin gegen diese Anordnungen erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs 4 AVG mit folgender Begründung abgewiesen:

Zutreffend vertrete die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung die Auffassung, daß es sich bei den vom Landeshauptmann getroffenen Anordnungen anläßlich der Augenscheinsverhandlung vom 22. April 1992 um einen mündlich verkündeten Bescheid handle. Möge der Landeshauptmann angesichts der - durch das Gutachten nicht gedeckten - Feststellung des Verhandlungsleiters über das Vorliegen von Gefahr im Verzug die Anordnung notstandspolizeilicher Maßnahmen im Sinne des § 31 Abs 3 WRG 1959 beabsichtigt haben, stehe einem solchen Verständnis der von ihm getroffenen Anordnungen deren Wortlaut entgegen. Dies sei sowohl aus der Auftragserteilung an den Deponiebetreiber selbst, wie auch aus der Einräumung einer Beginn- und Endfrist für die Durchführung und ebenso auch aus der eindeutigen, einer Vollstreckung zugänglichen Formulierung dieser Anordnungen zu erschließen, weshalb das Fehlen der Bezeichnung als Bescheid ebenso als unwesentlich angesehen werden müsse wie das Fehlen "einer formalen Begründung", weil sich die zu der Anordnung führenden Erwägungen eindeutig aus der Verhandlungsschrift ergeben hätten. Die der Beschwerdeführerin nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 sonst nicht zukommende Parteistellung sei auf der Grundlage der Bestimmung des § 17 Abs 4 Altlastensanierungsgesetz zu bejahen. Die Berufung sei allerdings unberechtigt, weil die von der Beschwerdeführerin geäußerten Zweifel am Ausgehen einer Wassergefährdung vom Weiterbestand der Silos in Anbetracht des auf gleicher sachlicher Ebene nicht widerlegten Gutachtens des Amtssachverständigen das Berufungsbegehren nicht tragen könnten. Der in der Verhandlungsschrift enthaltene Hinweis auf § 31 Abs 3 WRG 1959 in Verbindung mit § 17 Altlastensanierungsgesetz stelle die Rechtsgrundlage des bekämpften Bescheides ausreichend deutlich dar. Die Beschwerdeführerin habe zudem nicht dargetan, in welchem subjektiven Recht der bekämpfte Bescheid sie verletze.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Dem Inhalt des Beschwerdevorbringens läßt sich die Behauptung der Beschwerdeführerin entnehmen, in ihrem Recht darauf verletzt zu sein, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 31 Abs 3 WRG 1959 die Entfernung ihr gehöriger Silos von einer ihr gehörigen Liegenschaft dulden zu müssen.

Der Beschwerdeführerin mangelt die Berechtigung zur Beschwerdeerhebung.

Zutreffend im Einklang mit der von ihr zitierten Rechtsprechung und Lehre stellt die Beschwerdeführerin die Gründe dar, aus denen die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Bescheidqualifikation der Anordnungen des Landeshauptmannes rechtsirrtümlich ist. Der Verwaltungsgerichtshof tritt dieser von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Rechtsauffassung bei und verweist dazu gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG auf das hg Erkenntnis vom 6. November 1990, 90/07/0080. Entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung stand der Wortlaut der Anordnungen des Landeshauptmannes ihrer Beurteilung als solche notstandspolizeilicher Maßnahmen nicht entgegen. Abgesehen davon, daß die Erteilung des Auftrages zunächst an die

K. Gesellschaft m.b.H. in der vom Verhandlungsleiter gewählten Formulierung viel eher darauf schließen läßt, daß er sich dieser Gesellschaft zur Durchführung der notstandspolizeilichen Maßnahme bedienen, als daß er sie als wasserrechtlich Verpflichtete in Anspruch nehmen wollte, erging im Zusammenhang mit der "Ablehnung des Auftrages" durch die

K. Gesellschaft m.b.H. der Auftrag an die

A. Gesellschaft m.b.H., welche Vorgangsweise den in der Verhandlung vom 22. April 1992 zum Ausdruck gebrachten Willensentschluß der Behörde auf Durchführung notstandspolizeilicher Maßnahmen unzweifelhaft dokumentiert hat. Die Setzung von Terminen und die Eindeutigkeit der vom Verhandlungsleiter gewählten Formulierung seines Auftrages entsprach nur der gebotenen Sorgfalt in der Vertragsgestaltung mit dem von der Behörde zur Auftragsdurchführung vorgesehenen Unternehmen.

Der von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Rechtsirrtum der belangten Behörde in der Beurteilung der vom Landeshauptmann getroffenen Anordnungen als eines Bescheides entzieht der Beschwerdeführerin aber gerade die Beschwerdeberechtigung. Da es an einem erstinstanzlichen Bescheid fehlte, hätte die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin richtigerweise zurückweisen müssen (vgl das bereits zitierte hg Erkenntnis vom 6. November 1990, 90/07/0080). Daß die belangte Behörde statt der Zurückweisung des Rechtsmittels der Beschwerdeführerin dessen Abweisung ausgesprochen hat, konnte im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin in einem subjektiv-öffentlichen Recht nicht verletzen (vgl die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 432 wiedergegebene hg. Judikatur).

Die Beschwerde war somit gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte