VwGH 89/18/0162

VwGH89/18/016219.1.1990

N gegen Wiener Landesregierung vom 11. September 1989, Zl. MA 70-11/1484/88/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Normen

AVG §13a;
AVG §45 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1990:1989180162.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 11. September 1989 wurde die Beschwerdeführerin im Instanzenzug für schuldig erkannt, sie sei am 20. Mai 1988 gegen 19.35 Uhr als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges in Wien 9, Pulverturmgasse, vor ONr. 8, an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt gewesen und habe es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von diesem Vorfall zu verständigen. Sie habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen; es wurde eine Geld- und eine Ersatzarreststrafe verhängt. Die Berufungsbehörde gab in ihrem bestätigenden Bescheid zunächst die Zeugenaussagen des P und des W wörtlich wieder und führte dann aus, daß der rechte hintere Kotflügel des Kraftfahrzeuges des Aufforderers (R) beschädigt worden und das Schlußlicht gesprungen sei. Nach den Angaben in der Zulassungskartei sei der von den beiden Zeugen nach dem Kennzeichen identifizierte und als blau beschriebene Pkw der Marke BMW 520 auf die Beschwerdeführerin zugelassen; bei der telefonisch eingeholten Lenkerauskunft habe sie sich selbst als Lenkerin zur Tatzeit bezeichnet. In Anbetracht dieser Umstände sei der Verantwortung der Beschwerdeführerin, sie sei zur Tatzeit nicht am Tatort, sondern auf einer Autobusreise in Österreich und in der Bundesrepublik Deutschland gewesen, kein Glauben zu schenken gewesen. Die Beschwerdeführerin habe für diese Alibibehauptung keine Beweise angeboten. Der Verkehrsunfall mit Sachschaden sei von der Beschwerdeführerin bei gehöriger Aufmerksamkeit zu bemerken gewesen, da ein Aufgehen der Wagentür und ein Wiederzuschlagen derselben während der Fahrt eines Fahrzeuges auf jeden Fall ein wahrnehmbares Geräusch erzeuge, so daß die Beschwerdeführerin den Eintritt des Sachschadens am anderen Fahrzeug hätte bemerken müssen. Die Beschwerdeführerin habe den Sachschaden nicht der nächsten Polizeidienststelle gemeldet. Die Tat sei als erwiesen anzunehmen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen "Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens" erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde bekämpft im wesentlichen die Richtigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. N.F. Nr. 8619/A) schließt die auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG 1950 eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, das heißt, ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, weshalb wesentliche Mängel der Sachverhaltsfeststellung einschließlich der Beweiswürdigung zur Aufhebung des Bescheides führen. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Die vom Verwaltungsgerichtshof nach diesen Maßstäben vorzunehmende Prüfung ergab keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde. Es ist aktenwidrig, daß die Beschwerdeführerin Angaben über die Stichhältigkeit ihres Alibis gemacht hätte. Die diesbezüglich erstmals in der Beschwerde angebotenen Beweise sind als Neuerungen unzulässig (siehe Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 552/4, S. 553/4). Die Verfahrensgesetze enthalten keine Bestimmung, wonach die Partei zur Erhebung bestimmter Behauptungen und zur Stellung bestimmter Beweisanträge anzuleiten wäre; nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. Erkenntnisse vom 30. Jänner 1985, Zl. 84/03/0394, 0395, vom 11. November 1987, Zl. 86/03/0237, vom 18. Mai 1988, Zl. 87/03/0178) bezieht sich die Manuduktionspflicht des § 13a AVG 1950 auf Verfahrenshandlungen und deren Rechtsfolgen; hingegen sind die Behörden des Verwaltungsverfahrens nicht verhalten, den Parteien Unterweisungen zu erteilen, wie sie ihr Vorbringen zu gestalten haben, um einen von ihnen angestrebten Erfolg zu erreichen.

Was schließlich die von der Beschwerdeführerin behauptete Unmöglichkeit für einen Zulassungsbesitzer anlangt, ohne entsprechende Aufzeichnungen Auskunft darüber zu geben, wer das auf seinen Namen zugelassene Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, so wird auf § 103 Abs. 2 des Kraftfahrgesetzes 1967 verwiesen, wonach dann, wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden kann, solche Aufzeichnungen zu führen sind.

Da es somit der Beschwerde nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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