VwGH 89/17/0133

VwGH89/17/013315.12.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des Dr. HS in G, vertreten durch Dr. Leo Kaltenbäck, Rechtsanwalt in 8011 Graz, Kaiserfeldgasse 15, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 12. Jänner 1989, Zl. A 8‑K‑313/1988‑2, betreffend Vorschreibung von Kanalbenützungsgebühren für die Jahre 1983 bis 1988, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art139 Abs1
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art7 Abs1
FAG 1967 §15 Abs3 litd
F-VG 1948 §7 Abs5
KanalabgabenG Stmk 1955 §6
KanalabgabenO Graz 1971 §7 Abs2
KanalabgabenO Graz 1971 §7 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1989170133.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 12. Jänner 1989 wurde dem Beschwerdeführer unter anderem Kanalbenützungsgebühr für die Jahre 1983 bis 1988 vorgeschrieben. Nach der Begründung dieses Bescheides sei aus § 7 Abs. 2 der Verordnung des Gemeinderates von Graz vom 13. Mai 1971, mit der die Kanalabgabenordnung der Landeshauptstadt Graz erlassen wird, Zl. A 8-400/29-1971 (im folgenden: Grazer KAbgO), ersichtlich, daß für die entstehende Abgabepflicht ausschließlich der Umstand maßgebend sei, ob ein Spülklosett an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen sei. Eine Benützung dieses Klosetts sei für die Entstehung der Abgabepflicht unbeachtlich. Für jedes an das öffentliche Kanalnetz angeschlossene Spülklosett sei eine pauschalierte Kanalbenützungsgebühr vorzuschreiben, wenn der Wasserverbrauch pro Spülklosett von 250 m3 pro Jahr nicht überschritten werde. Erst bei Überschreiten dieser Richtmenge werde für den Mehrverbrauch eine zusätzliche Kanalbenützungsgebühr vorgeschrieben. Im Haus des Beschwerdeführers seien bis zur Fertigstellung des Dachbodenausbaues drei Spülklosette an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen gewesen. Nach Fertigstellung des Dachgeschoßausbaues seien nunmehr vier Spülklosette angeschlossen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er allein in diesem Hause wohne und pro Jahr nur einen Wasserverbrauch von rund 50 m3 zu verzeichnen habe, könne bei Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr nicht berücksichtigt werden, da bis zu einer Wassermenge von 250 m3 pro Spülklosett eine pauschalierte Kanalbenützungsgebühr zur Vorschreibung gelange.

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 13. Juni 1989, B 255/89, die Behandlung der Beschwerde ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.3. In seiner Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, die Kanalbenützungsgebühr für die in Rede stehende Liegenschaft nur nach Maßgabe des tatsächlichen Wasserverbrauches bezahlen zu müssen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 6 der Grazer KAbgO wird für die Benützung der öffentlichen Kanalisationsanlage auf Grund der Ermächtigung des § 7 Abs. 5 F‑VG 1948 in Verbindung mit § 15 Abs. 3 lit. d des FAG 1967 gemäß § 6 des Kanalabgabengesetzes 1955, LGBl. für Steiermark Nr. 71, eine jährliche Benützungsgebühr erhoben.

§ 7 Abs. 1 Grazer KAbgO lautet:

„(1) Bemessungsgrundlage für die Kanalbenützungsgebühr ist der Wasserverbrauch.“

§ 7 Abs. 2 und 3 Grazer KAbgO bestimmte in der ab 1. Jänner 1983 geltenden Fassung der Verordnung des Gemeinderates vom 15. Dezember 1980, Zl. A 8-19/4-1980, in Verbindung mit der Magistratskundmachung A 8-71/8-1982 vom 10. Dezember 1982:

„(2) Bis zu einem Wasserverbrauch von 250 m3 pro Spülklosett und Jahr wird die Kanalbenützungsgebühr pauschaliert mit S 648,96 zuzüglich USt pro Spülklosett und Jahr erhoben. Allein der Bestand eines an das öffentliche Kanalnetz angeschlossenen Spülklosetts begründet die Abgabepflicht. Ist bei einer an das öffentliche Kanalisationsnetz angeschlossenen Liegenschaft, die über ein an das Kanalnetz angeschlossenes Spülklosett nicht verfügt, ein Wasserverbrauch gegeben, so wird bis zu einem jährlichen Wasserverbrauch von 250 m3 die Gebühr pauschaliert mit S 648,96 zuzüglich USt pro Jahr erhoben; hinsichtlich des darüberhinaus gehenden Wasserverbrauches wird die Gebühr im Sinne des Abs. 3 bemessen und vorgeschrieben.

(3) Übersteigt der Wasserverbrauch einer Liegenschaft den der Pauschalgebühr zugrundegelegten Wasserverbrauch, so wird der Mehrverbrauch zusätzlich der Gebührenbemessung zugrunde gelegt. Dabei wird ein Satz von S 0,77 zuzüglich USt pro m verbrauchten Wassers je Jahr zur Vorschreibung gebracht.“

Die entsprechenden Beträge waren ab 1. Jänner 1984 (Verordnung A 8‑1124/11-1983): S 936,72 bzw. S 0,77, und ab 1. Juli 1985 (Verordnung A 8‑K 194/1984-5): S 1.124,40 bzw. S 0,92.

§ 7 Abs. 4 bis 6 Grazer KAbgO lautet:

„(4) Die Kanalbenützungsgebühr ist eine Jahresgebühr und wird auf der Grundlage des Jahrswasserverbrauches des jeweils abgelaufenen Kalenderjahres ermittelt.

(5) Zur Ermittlung des Wasserverbrauches wird auch die aus eigenen oder sonstigen nicht öffentlichen Anlagen gewonnene Wassermenge zugrundegelegt, und zwar dergstalt, daß diese zu der aus der öffentlichen Wasserversorgung bezogenen Wassermenge hinzugezählt wird. Von der so ermittelten Größe des Wasserverbrauches kann die nachweislich nicht in die öffentliche Kanalisationsanlage abgeführte Wassermenge in Abzug gebracht werden.

(6) Bei ausschließlich öffentlicher Wasserversorgung und bei Vorhandensein entsprechender Meßeinrichtungen wird der der Gebührenbemessung zugrundezulegende Wasserverbrauch einer Liegenschaft von Amts wegen (Kanalbauamt) festgestellt. In allen übrigen Fällen, insbesondere auch bei nachweislich nicht in die öffentliche Kanalisationsanlage abgeführter Wassermengen, ist der Abgabepflichtige zur Anzeige des Wasserverbrauches angehalten. Die vom Abgabepflichtigen gemachten Angaben werden von den Organen der Stadt (Kanalbauamt) überprüft. Unterbleibt die Anzeige des Wasserverbrauches durch den Abgabepflichtigen, so erfolgt auch in diesem Fall die Festsetzung des Wasserverbrauches von Amts wegen.“

2.2.1. In der Beschwerde wird zugestanden, daß die Frage der Benützung eines - angeschlossenen - Spülklosetts für die Entstehung der Abgabepflicht dem Grunde nach nicht beachtlich sei. Jedenfalls wäre aber der tatsächliche Wasserverbrauch der betreffenden Liegenschaft beachtlich gewesen, wie dies auch dann der Fall sei, wenn ein bestimmter fiktiver Verbrauchswert überschritten werde. Die Art und Weise der Berechnung und Vorschreibung des Mehrverbrauches, der den fiktiven Pauschalwert übersteige, sei auch auf den gegenteiligen Fall, in welchem der tatsächliche Wasserverbrauch den fiktiven Verbrauchswert nicht erreiche bzw. kraß unterschreite, anwendbar. In diesem Falle hätte daher von der festgesetzten Pauschalgebühr pro m3 nicht verbrauchten Wassers ein Abzug in Höhe des in § 7 Abs. 3 Grazer KAbgO festgelegten Satzes vorgenommen werden müssen. Bemessungsgrundlage sei nämlich der Wasserverbrauch und die Kanalbenützungsgebühr sei als Jahresgebühr auf der Grundlage des Jahreswasserverbrauches des jeweils abgelaufenen Kalenderjahres zu ermitteln. Diese letzteren Bestimmungen des § 7 Abs. 1 und 4 der Verordnung seien nicht nur auf Fälle des Wassermehrverbrauches anwendbar.

2.2.2. Maßstab für das Ausmaß der Kanalbenützung, welche wiederum für den Beitrag des Liegenschaftseigentümers zu den Instandhaltungs-, Betriebs- und Erneuerungskosten (§ 6 Abs. 2 Stmk KanalAbgG 1955) bestimmend sein soll, ist grundsätzlich der Wasserverbrauch. Dem Wasserverbrauch wird die aus eigenen, aus öffentlichen und aus nichtöffentlichen Wasserversorgungsanlagen gewonnene Wassermenge zugrunde gelegt. Dabei wird nun vom Verordnungsgeber, sofern eine bestimmte Wasserverbrauchsmenge nicht überschritten wird, eine Pauschalgebühr (pauschalierte Mindestgebühr) vorgesehen. Wie sich aus der Regelung des § 7 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 der Grazer KAbgO ergibt, ist nur der Mehrverbrauch an Wasser, der über die Verbrauchsmenge, die der Pauschalgebühr zugrunde gelegt ist, hinausgeht, im Einzelfall festzustellen und mit einem (geringeren) Kubikmetersatz zu vergebühren.

Da der Verordnungsgeber einen (pauschalierten) Wasserverbrauch (Wasserbezug) angenommen und zur Grundlage einer Mindestgebühr gemacht hat, kann die Regelung über die Bemessung eines Mehrverbrauches nicht analog, wie der Beschwerdeführer meint, auf den Fall eines den Pauschalwert unterschreitenden Wasserbezuges, also eines Minderverbrauches, übertragen werden.

Für die Auffassung des Beschwerdeführers könnte auch aus § 7 Abs. 5 zweiter Satz der Grazer KAbgO nichts gewonnen werden, da sich diese Bestimmung nicht auf den der Mindestgebühr zugrunde gelegten fiktiven Bezug, sondern aus den bei einem Mehrverbrauch ermittelten tatsächlichen Wasserverbrauch, genauer: auf den ihn indizierenden tatsächlichen Wasserbezug, bezieht. Der in der eben genannten Bestimmung ermöglichte Abzug bestimmter Wassermengen von der so ermittelten Größe betrifft die nachweislich nicht in die öffentliche Kanalanlage abgeführte, also anderweitig verbrauchte oder abgeführte Wassermengen. Die Anwendung dieser Norm auf die der pauschalierten Mindestgebühr zugrunde gelegte Wassermenge bloß mit dem Argument, der tatsächliche Wasserbezug sei geringer als der in der Verordnung der Pauschalgebühr zugrunde gelegte, stünde mit dem in § 7 Abs. 2 der Verordnung normierten Charakter der Gebühr als einer pauschalen Mindestgebühr in unlösbarem Widerspruch.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher die Auslegung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof ist in seinem Ablehnungsbeschluß zu B 255/89 unter Hinweis auf VfSlg. 10947/1986 und 10733/1985 offenkundig von der Gesetzmäßigkeit der Grazer KAbgO ausgegangen.

Auch beim Verwaltungsgerichtshof sind keine verfassungs-rechtlichen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der anzuwendenden Verordnungsstellen entstanden - dies sowohl unter dem Gesichtspunkt, daß die Anzahl von angeschlossenen Spülklosetten einen tauglichen Maßstab für das Ausmaß der Kanalbenützung und somit einen sachlichen Anknüpfungspunkt für die Gebührenbemessung darstellt, als auch unter dem Aspekt, daß mit eben dieser Anknüpfung wie auch mit der Normierung einer Mindestgebühr dem Bereitstellungserfordernis einer ausreichend dimensionierten (zu betreibenden und zu erneuernden) Kanalanlage gebührenrechtlich Rechnung getragen wird.

2.4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 1989

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