VwGH 89/14/0004

VwGH89/14/000426.4.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des HM in K, vertreten durch Dr. Wolf-Dieter Arnold, Rechtsanwalt in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 15. November 1988, Zl. 162-3/86, betreffend Festsetzung der Einkommen- und Gewerbesteuer für 1981 bis 1984 und die Einheitswerte des Betriebsvermögens jeweils zum 1. Jänner der Jahre 1982 bis 1984, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §21 Abs1 Z1;
EStG 1972 §21 Abs2 Z1;
EStG 1972 §23 Z1;
GewStG §1 Abs1;
EStG 1972 §21 Abs1 Z1;
EStG 1972 §21 Abs2 Z1;
EStG 1972 §23 Z1;
GewStG §1 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt eine rund 185 ha große Landwirtschaft und ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG. Er hatte diesen Betrieb 1972 im Erbweg erworben. Der Nachlaß war überschuldet, die Passiva betrugen rund 5,37 Mio S. Der Beschwerdeführer erklärte in den Streitjahren Verluste, die insbesondere durch die Zinsen für einen Bankkredit (rund 8,5 Mio S) verursacht wurden. Zur Verringerung des Schuldenstandes bemühte sich der Beschwerdeführer bei der Gemeinde um die Umwidmung in Bauland einer Flächen von rund 2 ha seiner Landwirtschaft, die im Bauerwartungsland lag. Die Gemeinde machte die Umwidmung einerseits davon abhängig, daß der Beschwerdeführer eine größere Fläche (6 ha) als Bauland zur Verfügung stelle, andererseits davon, daß er mit den Aufschließungskosten für die von der Gemeinde bestimmte Planung in Vorlage trete und hiefür eine Bankgarantie erbringe. Der Beschwerdeführer ging auf diese Vorschläge ein, ließ einen den Planvorstellungen der Gemeinde entsprechenden Teilungsplan herstellen, trat den für die Erschließung notwendigen Straßengrund unentgeltlich an die Gemeinde ab und verkaufte die durch Parzellierung entstandenen Baugrundstücke (rund 2,23 ha) während der Streitjahre an zumeist durch Zeitungsinserate geworbene Interessenten, teilweise aber auch an eine von der Gemeinde bestimmte Siedlungsgenossenschaft für Sozialwohnbau. Die Aufschließungskosten, die der Beschwerdeführer ausgelegt hatte, waren teils im Grundstückspreis enthalten, teils wurden sie den Käufern gesondert in Rechnung gestellt.

Der Beschwerdeführer stellte sich auf den Standpunkt, bei dem parzellenweisen Abverkauf habe es sich um eine Vermögensumschichtung im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes zu dessen Rettung vor dem finanziellen Ruin (Verringerung der Bankverpflichtungen) gehandelt.

Die belangte Behörde ist hingegen der Ansicht des Finanzamtes beigetreten, der Beschwerdeführer habe in den Streitjahren durch seine Tätigkeit zur Baureifmachung und zum Verkauf der Grundstücke einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben, in den er die aus dem Betriebsvermögen der Landwirtschaft entnommenen Grundstücke als Umlaufvermögen eingebracht habe:

Die Höhe des Schuldenstandes der Landwirtschaft sei ohne Bedeutung, weil ein Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht schon darin liege, daß durch die Grundstücksverkäufe eine Notlage abgewendet oder Betriebsschulden getilgt werden oder die Verkaufserlöse in der Landwirtschaft verblieben. Es falle auch nicht ins Gewicht, daß die Ausschreibung, die Vergabe und die Überwachung der Aufschließungsarbeiten durch die Gemeinde erfolgt sei, weil die Erschließung des Baugeländes dem Beschwerdeführer auch dann als eigene Tätigkeit zuzurechnen sei, wenn er sich zu ihrer Durchführung eines Dritten bediene. Folglich komme es auch nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer von seinem vertraglichen Recht, der Gemeinde eine bessere Baufirma vorzuschlagen, Gebrauch gemacht habe. Zwar werde die Behauptung des Beschwerdeführers, seine Mitwirkung an der Baureifmachung sei zwangsweise erfolgt, durch das Schreiben der Gemeinde vom 15. Jänner 1986 bestätigt; dieser "Geschehnisablauf" werde jedoch durch verschiedene Schriften der Bezirksverwaltungsbehörde, der Gemeinde, und durch die Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der Gemeinde nicht erwiesen. Die Erschließung von Bauland sei grundsätzlich Sache der Gemeinde und die Festsetzung des Bebauungsplanes ein behördlicher Akt; es sei daher klar, daß der Beschwerdeführer bestimmte Forderungen habe erfüllen müssen. Daß die Gemeinde nicht 2 ha, sondern insgesamt 6 ha "als Bauland beansprucht" habe, hätte dem Beschwerdeführer nur gelegen sein können, schließlich habe er sich dagegen nicht gewehrt. Die Initiative zum Verkauf der Grundstücke und die Betreibung der Aufstellung der notwendigen Pläne sei jedoch vom Beschwerdeführer ausgegangen, er habe die Bankgarantie freiwillig beigebracht und die Verpflichtung übernommen, die Aufschließungskosten zu tragen. Er habe auch die Kosten der Erschließung bevorschußt und die ihm erwachsenen Kosten zuzüglich eines Gewinnzuschlages auf die einzelnen, zumeist über Zeitungsinserate geworbenen Käufer der Grundstücke überwälzt.

Auf Grund dieser Überlegungen gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer der Streitjahre sowie hinsichtlich der Einheitswerte des Betriebsvermögens jeweils zum 1. Jänner der Jahre 1982 bis 1984 nur teilweise Folge, weil sie hinsichtlich des Teilwertes bzw. der Anschaffungskosten der Grundstücke nicht wie das Finanzamt von einem Quadratmeterpreis für Bauerwartungsland von S 50,--, sondern von einem solchen von S 100,-- ausging.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, als Landwirt für Grundstücksverkäufe "zur ESt und GewSt und der Einheitswertfeststellung nicht veranlagt zu werden". Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Grundstückshandel ist Gewerbebetrieb. Er kann auch dann vorliegen, wenn eigenes, auch im Erbweg erworbenes Vermögen aufgeschlossen, parzelliert und parzellenweise verkauft, der Grund und Boden also als Ware behandelt wird. Dabei ist jedoch zu beachten, daß gemäß § 23 Z. 1 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb u. a. nur vorliegen, wenn die Betätigung auch nicht als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft anzusehen ist. Gehören die Grundstücke, deren Abverkauf nach Baureifmachung erfolgen soll - wie hier - zum Betriebsvermögen einer Land- und Forstwirtschaft, so liegt in der Baureifmachung und dem parzellenweisen Abverkauf jedenfalls dann nur ein Hilfsgeschäft im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, wenn die Erhaltung dieses Betriebes die betreffenden Maßnahmen erzwingt (vgl. Philipp, Gewerbesteuer Kommentar, Tz 1 - 179 zu § 1, wonach sogar im Zweifel bei der Veräußerung von Grundstücken im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nur ein Hilfgeschäft vorliege; BFH 28.6.1984, IV R 156/81, BStBl II 1984, 798). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 31. Mai 1983, 82/14/0188 (ÖStZB 1984, 73), "Notverkäufe" in Grenzfällen als Indiz gegen einen (gewerblichen) Grundstückshandel bezeichnet.

Die von der belangten Behörde für ihren Rechtsstandpunkt angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betrifft durchwegs keine vergleichbaren Fälle (Baureifmachung landwirtschaftlicher Betriebsgrundstücke zur Rettung des landwirtschaftlichen Betriebes).

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist für die Beurteilung der Frage, ob es sich hier um Hilfsgeschäfte des landwirtschaftlichen Betriebes gehandelt hat, daher sehr wohl entscheidend, ob der hohe Schuldensstand den Beschwerdeführer zum Verkauf von Betriebsgrundstücken gezwungen hat, um den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erhalten zu können, und ob der Beschwerdeführer ohne die von ihm gesetzten Maßnahmen dieses Ziel nicht hätte erreichen können, weil sich Käufer für die unaufgeschlossenen Grundstücke, die den zur Rettung notwendigen Preis bezahlt hätten, nicht gefunden haben und die Gemeinde die Umwidmung des Bauerwartungslandes in Bauland von den bereits erwähnten Maßnahmen des Beschwerdeführers ebenso abhängig gemacht hat, wie von der Ausdehnung der Veräußerungsbereitschaft des Beschwerdeführers von 2 auf 6 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche.

Zu Recht rügt der Beschwerdeführer die Feststellung der belangten Behörde, die durch das Schreiben der Gemeinde vom 15. Jänner 1986 bestätigte Behauptung, seine Mitwirkung an der Baureifmachung sei zwangsweise erfolgt, finde "im Geschehnisablauf" keine Stütze, womit die belangte Behörde zum Ausdruck brachte, daß sie dem Beschwerdeführer und dem erwähnten Schreiben der Gemeinde keinen Glauben schenke. Die von der belangten Behörde zur Begründung dieser Feststellung zitierten Aktenstellen widerlegen jedoch die Richtigkeit des Schreibens der Gemeinde vom 15. Jänner 1986 nicht, wonach die Gemeinde eine Umwidmung in Bauland von der Erfüllung ihrer Bedingungen abhängig gemacht hat. Ein Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf eine seinen Veräußerungszielen entsprechende Widmungsänderung durch Verordnung bestand nicht. Die von der belangten Behörde angenommene Freiwilligkeit des Beschwerdeführers hätte sich daher darin erschöpft, entweder sein Betriebssanierungsprojekt aufzugeben, oder sich den Bedingungen der Gemeinde für die Änderung des Flächenwidmungsplanes und die Erlassung des Bebauungsplanes zu unterwerfen. Daß das Ergebnis dieser Unterwerfung u.a. in einer als "Vereinbarung" bezeichneten Urkunde Ausdruck fand, beweist nicht, daß dem Beschwerdeführer eine andere Möglichkeit zur Verfügung gestanden wäre, sein Ziel zu erreichen. Folgt man daher der bisher unwiderlegt gebliebenen Darstellung des Beschwerdeführers, so ist auch die Ansicht der belangten Behörde unrichtig, der Beschwerdeführer habe sich zur Aufschließung der Gemeinde bedient. Wie der Inhalt des bereits erwähnten Schreibens der Gemeinde vom 15. Jänner 1986 - bislang ebenfalls unwiderlegt - zeigt, lag die Planung nämlich bei der Gemeinde, die ihre Vorstellungen dem Beschwerdeführer vorschrieb; diesem blieb daher nur die ihm überantwortete Ausführung. Bei dieser Sachlage kann daher nicht davon gesprochen werden, daß sich der Beschwerdeführer der Gemeinde bediente, sondern umgekehrt, die Gemeinde des Beschwerdeführers, um die ihren Vorstellungen entsprechende Planung und Aufschließung zu verwirklichen. Hiefür spricht, daß die Grundstücke des Beschwerdeführers "die einzige Erweiterungsfläche für eine geordnete und zentralisierte Bauentwicklung der Ortschaft" bildeten, daß die Gemeinde vom Beschwerdeführer verlangte, er möge 12.000 m2 Grundfläche "für sozialen Wohnbau bzw. Reihenhäuser" bereitstellen, wodurch seine freie Verfügung über die Grundstücksflächen eingeschränkt wurde, sie die alleinige Bauherrschaft in Anspruch nahm, die Größe der Baugrundstücke (in Übereinstimmung mit dem Bezirksbauamt) bestimmte und ausschließlich die Baumaßnahmen für die Aufschließung festlegte. Die dem Beschwerdeführer verbleibende Einflußnahme beschränkte sich daher auf die Ausführung der Wünsche der Gemeinde und die Vorlage der Kosten.

Geht man von diesem Gesamtbild der Tätigkeit des Beschwerdeführers aus, kann darin und in den folgenden Veräußerungen von Baugrundstücken, falls diese Maßnahmen zur Rettung des Gutsbetriebes durch dessen Entschuldung erfolgt sind, nach der Verkehrsauffassung keine Überschreitung des Rahmens für Hilfsgeschäfte zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft erblickt werden.

Die belangte Behörde hat ihrem Bescheid daher eine unrichtige Rechtsansicht zugrundegelegt und diesen solcherart mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der angefochtene Bescheid mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufgehoben werden, ohne daß es noch eines Eingehens auf weitere Beschwerdegründe bedurfte.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 26. April 1989

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte