VwGH 89/10/0169

VwGH89/10/016930.10.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Waldner und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kirchner, über die Beschwerde des HL in W, vertreten durch Dr. Armin Bonner, Rechtsanwalt in Feldkirch, Churerstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 13. Juni 1989, Zl. 18.338/02‑IC8/89, betreffend Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde R), zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §33
ForstG 1975 §34
ForstG 1975 §34 Abs1
ForstG 1975 §34 Abs6
ForstG 1975 §35
ForstG 1975 §35 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1989100169.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte ist zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1988, Zl. 88/10/0040, zu verweisen, mit dem der Bescheid der belangten Behörde vom 13. Jänner 1988, betreffend einen forstpolizeilichen Auftrag an den Beschwerdeführer, die Einfriedung des Waldgrundstückes Gp. 919, KG. R zu beseitigen, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde. Begründet wurde dieses Erkenntnis im wesentlichen damit, daß Feststellungen über das Vorliegen einer „Sperre“ im Sinne des § 34 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 (in der Fassung der Forstgesetz‑Novelle 1987, BGBl. Nr. 576, im folgenden kurz: FG) fehlten und die Argumentation der belangten Behörde in der Begründung dieses Bescheides deshalb widersprüchlich sei, weil sie diesen forstpolizeilichen Auftrag einerseits auf § 35 Abs. 2 und andererseits auf § 172 Abs. 6 FG gestützt habe, obwohl die rechtliche Zuordnung eines Sachverhaltes nur zu der einen oder der anderen Vorschrift zulässig sei.

Nachdem das Ermittlungsverfahren durch Erhebungen eines forsttechnischen Amtssachverständigen (vom 1. Dezember 1988) ergänzt worden war, erließ die belangte Behörde den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid mit folgendem Spruch:

„Gemäß § 35 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 33 Abs. 2 und 34 Abs. 2 und 3 FG wird die Unzulässigkeit der Sperreinrichtung des Grundstückes der Nr. 919, KG. R, festgestellt und dem Waldeigentümer HL die Beseitigung der Sperreinrichtung binnen 6 Wochen aufgetragen.“

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensablaufes aus, in der Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes (vom 25. Juni 1986) verweise der Beschwerdeführer darauf, daß die Errichtung eines Zaunes durch einen angrenzenden Spielplatz, auf dem auch Veranstaltungen durchgeführt würden, erforderlich sei und daß der Beschwerdeführer - entgegen der Auffassung der eingeschrittenen Behörden, daß kein wirtschaftlicher Grund für die Errichtung der Einfriedung vorliege - das Grundstück selbst bewirtschafte; es bedürfe seiner Ansicht nach auch keines wirtschaftlichen Interesses, das eine Umzäunung rechtfertige, weil es durch die erwähnten Veranstaltungen zu Verunreinigungen und Zerstörungen auf gegenständlichem Grundstück komme. Schon aufgrund dieser Tatsache müsse nach Meinung des Beschwerdeführers sein wirtschaftliches Interesse an einer teilweisen Einfriedung angenommen werden. Auch sei die freie Begehbarkeit durch diese Einschränkung nicht beeinträchtigt worden.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es weiter, gemäß § 35 Abs. 2 zweiter Satz FG habe die Behörde, soweit eine Überprüfung die Unzulässigkeit einer Sperre oder Sperreinrichtung ergebe, dies mit Bescheid festzustellen und dem Waldeigentümer die erforderlichen Maßnahmen, wie die Errichtung von Überstiegen oder Toren und die Beseitigung der Sperre oder der Sperreinrichtungen mit Bescheid aufzutragen. Gemäß § 35 Abs. 2 (richtig: Abs. 3) lit. a leg. cit. sei eine Sperre u.a. dann unzulässig, wenn Gründe gemäß § 33 Abs. 2 oder § 34 Abs. 2 oder 3 nicht vorlägen. Aus § 34 Abs. 8 FG ergebe sich, daß die Errichtung von Einfriedungen für bestimmte Zwecke, nämlich im Zusammenhang mit einer Sperre gemäß § 34 Abs. 3 leg. cit., zulässig sei. Lediglich in den Fällen des § 34 Abs. 3 FG (dauernde Sperre von Waldflächen) bestehe für den Waldeigentümer die Möglichkeit, die Sperre durch Hinweistafeln (§ 34 Abs. 5 lit. a in Verbindung mit Abs. 6) oder durch Errichtung von Einfriedungen (§ 34 Abs. 8) kenntlich zu Machen. Sollte die gemäß § 34 Abs. 3 FG gesperrte Fläche eingezäunt sein, seien in erster Linie Umgehungswege anzulegen. Sei dies jedoch nach Lage der gesperrten Waldfläche nicht möglich, sei die Möglichkeit der Benützung der durch die gesperrte Waldfläche führenden Wege durch Überstiege oder Tore zu gewährleisten. In allen sonstigen Fällen sei jedoch grundsätzlich davon auszugehen, daß Sperren ausschließlich durch Hinweistafeln, nicht jedoch durch die Errichtung von Einfriedungen kenntlich zu machen seien. Das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes gemäß § 34 Abs. 3 FG, welcher für die Zulässigkeit einer Sperre und einer damit verbundenen Sperreinrichtung spreche (Sonderkultur wie Christbaumzucht, Tiergärten, örtlicher Zusammenhang mit Wohnhaus des Waldeigentümers), sei im Zuge des bisherigen Verfahrens weder festgestellt noch vom Beschwerdeführer behauptet worden. Dem stehe vielmehr die Aussage des Beschwerdeführers entgegen, weder eine dauernde noch eine befristete Sperre im Sinne des Forstgesetzes errichten zu wollen. Gerade dies bewirke jedoch die Unzulässigkeit der gegenständlichen Sperreinrichtung. Wie das gegenständliche Ermittlungsverfahren ergeben habe, sei die Grundparzelle Nr. 919, KG. R, mit den Holzarten Fichte, Lärche, Hainbuche, Rotbuche und Eiche voll bestockt, wobei sämtliche Bäume eine Höhe von über 10 m aufweisen würden. Die Umzäunung bestehe aus einbetonierten Vierkantstahlprofilen, an denen zwei Holzlatten befestigt seien. Es bestünden insgesamt vier Durchlässe, welche eine Breite von je ca. 50 cm aufweisen würden.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe sich ergeben - so die belangte Behörde weiter -, daß auch sonstige Gründe einer Sperre - unabhängig von der Zulässigkeit der Errichtung von Sperreinrichtungen - nicht vorlägen. Derartige Gründe wären ein behördlich verfügtes Betretungsverbot, Waldflächen mit forstbetrieblichen Einrichtungen, Wieder- bzw. Neubewaldungsflächen, forstliche Baustellen, Gefährdungsbereiche der Holzfällung, Aufarbeitungsflächen von Windwürfen oder wissenschaftlich genützte Flächen. Das Vorliegen eines dieser Sperrgründe sei vom Beschwerdeführer nicht nur nicht behauptet, sondern ausdrücklich verneint worden. Mithin sei auch kein Grund gegeben, welcher die Errichtung einer Sperre unabhängig von der Errichtung einer damit verbundenen Sperreinrichtung rechtfertige. Ansonsten böten die forstgesetzlichen Bestimmungen anhand der vorgebrachten Gründe keine Möglichkeit, eine derartige Einfriedung auf Waldboden ohne weitere Voraussetzungen zu errichten. Da die Unzulässigkeit der gegenständlichen Einfriedung des Grundstückes Nr. 919, KG. R, im Sinne des § 35 Abs. 3 lit. a FG gegeben sei und dem durch die Errichtung von Überstiegen oder Toren aus den oben angeführten Gründen keine Abhilfe geschaffen werden könne, sei die Beseitigung der Sperreinrichtung anzuordnen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat keine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 FG darf jedermann, unbeschadet der Abs. 2 und 3 und des § 34, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten (§ 33 Abs. 2 normiert, daß bestimmte, näher beschriebene Waldflächen zu Erholungszwecken gemäß Abs. 1 nicht benützt werden dürfen, Abs. 3 erhält Regelungen, betreffend eine über Abs. 1 hinausgehende Benützung des Waldes). Nach § 34 Abs. 1 FG darf Wald, unbeschadet der Bestimmungen des § 33 Abs. 2 von der Benützung zu Erholungszwecken vom Waldeigentümer befristet (Abs. 2) oder dauernd (Abs. 3) ausgenommen werden (Sperre).

Gemäß § 35 Abs. 1 FG hat die Behörde Sperren,

a) hinsichtlich derer von einem Antragsberechtigten (Abs. 4) eine Überprüfung beantragt wurde, oder

b) deren Bewilligung gemäß § 34 Abs. 4 beantragt wurde, auf ihre Zulässigkeit zu prüfen.

Ergibt die Überprüfung die Zulässigkeit der Sperre, so hat gemäß § 35 Abs. 2 FG die Behörde in den Fällen des Abs. 1 lit. a dies mit Bescheid festzustellen, in den Fällen des Abs. 1 lit. b die Bewilligung zu erteilen. Ergibt die Überprüfung die Unzulässigkeit der Sperre oder der Sperreinrichtung, so hat die Behörde dies mit Bescheid festzustellen und dem Waldeigentümer die erforderlichen Maßnahmen, wie die Errichtung von Überstiegen oder Toren oder die Beseitigung der Sperre oder der Sperreinrichtung, mit Bescheid aufzutragen. Ergibt die Überprüfung, daß nur das Ausmaß der gesperrten Fläche überschritten wurde, so hat die Behörde das zulässige Ausmaß mit Bescheid festzulegen und dem Waldeigentümer mit Bescheid aufzutragen, bestehende Sperreinrichtungen, soweit sie der Sperre über das festgelegte Ausmaß hinaus dienen, zu beseitigen.

Ausgehend vom Spruch des angefochtenen Bescheides war zu prüfen, ob im Beschwerdefall eine unzulässige Sperreinrichtung vorliegt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Ansicht der belangten Behörde aus folgenden Erwägungen nicht als rechtswidrig zu erkennen:

Im FG wird der Begriff der „Sperreinrichtung“ nicht definiert. Aus dem Sinn und Zweck der hier in Betracht kommenden Normen des III. Abschnittes, Teil C, des Forstgesetzes 1975 („Benützung des Waldes zu Erholungszwecken“) ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes unter „Sperreinrichtung“ jede (technische) Einrichtung zu verstehen, die ihrer Art nach geeignet ist und dazu dient, das allseitige, freie Betreten des Waldes auszuschließen oder zumindest zu behindern.

Damit im Zusammenhang steht der Begriff der „Sperre“ eines Waldes, und zwar so, daß das Bestehen einer „Sperreinrichtung“ das Vorliegen einer „Sperre“ impliziert, d.h., daß bei Vorliegen einer Sperreinrichtung immer und ausnahmslos auch eine Sperre gegeben ist. Unter einer Sperre ist nämlich nach den hier in Betracht kommenden Vorschriften die Herausnahme einer Waldfläche von der allgemeinen Benützung zu Erholungszwecken durch eine nach außen hin in Erscheinung tretende Willenserklärung zu verstehen, wobei dies entweder ausdrücklich - wie etwa durch Hinweistafeln (vgl. § 34 Abs. 6 FG) - oder konkludent ‑ durch die Errichtung einer Sperreinrichtung - erfolgen kann. Der vom Beschwerdeführer unter Hinweis auf Bobek-Plattner-Reindl, Forstgesetz 1975, Wien 1977, (S. 98 f zu S 33) vertretenen Ansicht, daß nicht eine tatsächliche Behinderung das Wesen einer Sperre darstelle, vielmehr der Wille, den Wald vom Betretungsrecht auszunehmen, „förmlich durch eine entsprechende Kennzeichnung mit Hinweistafeln kundgemacht sein“ müsse, vermag der Gerichtshof nach dem Gesagten nicht zu folgen.

Im Beschwerdefall kann kein Zweifel bestehen, daß eine Sperreinrichtung im obigen Sinn vorliegt. Dies unabhängig davon, daß eine Überwindung des Zaunes an sich unschwer möglich ist und auch Durchlässe in diesem vorhanden sind, ist doch auch in einem solchen Fall davon auszugehen, daß die „allseitige, freie“ Begehbarkeit des Waldes zumindest behindert wird. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen vom 23. Oktober 1985 geht schon deshalb fehl, weil es auf Grund des unbestrittenen Sachverhaltes nicht um die Feststellung desselben, sondern um die Lösung einer Rechtsfrage, nämlich ob eine „Sperreinrichtung“ vorliegt, geht.

Der Beschwerdeführer räumt selbst ein, daß „Sperrgründe“, d.h. Gründe für eine zulässige Sperre, welche auch die Sperreinrichtung als zulässig erscheinen ließen, nicht vorliegen. Was aber das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte „wirtschaftliche Interesse“ daran anlangt, die gegenständliche Liegenschaft zu umzäunen, so kann dies auf sich beruhen, weil die belangte Behörde dies mangels entsprechender Rechtsgrundlage bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht in ihre Überlegungen einzubeziehen hatte.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 30. Oktober 1989

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte