VwGH 88/14/0133

VwGH88/14/013327.6.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des WS in S, vertreten durch Dr. Karl Hatak, Rechtsanwalt in Linz, Hofgasse 7, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat III, vom 17. Mai 1988, Zl. 9/11/1-BK/D-1987, betreffend Einkommensteuer für 1984 und 1985, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §24;
EStG 1972 §37 Abs2 Z2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1988140133.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist technischer Angestellter (Arbeitnehmer) eines Textilunternehmens. Neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erzielte er seit 1977 als solche aus selbständiger Arbeit gewertete Einkünfte, und zwar im Hinblick auf die Entwicklung einer Tuchfaltanlage. Bis einschließlich 1983 erbrachte die selbständige Arbeit allerdings nur Verluste.

Nach den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens verkaufte (und lieferte) der Beschwerdeführer die von ihm (ohne Auftrag des Arbeitgebers außerhalb dessen Betriebes) entwickelte und hergestellte Tuchfaltanlage zu Beginn des Jahres 1985 seinem Arbeitgeber um brutto S 840.000,--. Ende 1984 war ihm bereits eine Anzahlung von S 250.000,-- zugekommen, den Rest erhielt er 1985.

In der Einkommensteuererklärung für 1984 machte der Beschwerdeführer einen Verlust in Höhe von S 84.965,-- geltend; die im Dezember 1984 geleistete Anzahlung müsse als im Zusammenhang mit der Veräußerung des ganzen Betriebes (im Jänner 1985) gesehen werden und sei daher bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes 1985 zu berücksichtigen.

In der Einkommensteuererklärung für 1985 erklärte der Beschwerdeführer einen Aufgabegewinn. Er führte dazu aus, daß seine selbständige Tätigkeit in der Entwicklung einer Tuchfaltanlage bestanden habe, die mit der Veräußerung dieser Anlage im Jahre 1985 abgeschlossen worden sei. Gleichzeitig mit der Veräußerung der Anlage sei die Aufgabe der selbständigen Tätigkeit erfolgt.

Das Finanzamt war demgegenüber der Auffassung, daß der Verkauf der Tuchfaltanlage als laufende Geschäftstätigkeit anzusehen sei, für die der begünstigte Steuersatz gemäß § 37 EStG 1972 nicht zustehe. Es rechnete daher bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung des Beschwerdeführers die im Jahre 1984 erhaltene Anzahlung von S 250.000,-- mit dem erklärten Verlust in Höhe von S 84.965,-- auf und ermittelte für das Jahr 1985 einen Gewinn aus Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von S 324.678,--. In diesem Sinne ergingen von den Abgabenerklärungen abweichende Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1984 und 1985.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, über die die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid im Beschwerdepunkt abschlägig entschied. Aus der Sicht des Beschwerdepunktes erscheint das Begründungselement des angefochtenen Bescheides von Bedeutung, daß die Veräußerung der Tuchfaltanlage als normaler Verkauf eines Umlaufgutes angesehen werden müsse.

Vorliegende Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insofern in seinen subjektiven Rechten verletzt, als rechtswidrig auf einen Vorgang, der als Betriebsaufgabe mit der Folge des ermäßigten Steuersatzes zu behandeln gewesen wäre, die Regeln für die Besteuerung laufender Einnahmen angewendet worden seien. Die weiteren Beschwerdeausführungen zeigen klar, daß der Beschwerdeführer unter diesem "Vorgang" die Veräußerung der von ihm hergestellten Tuchfaltanlage an das Textilunternehmen des Arbeitgebers im Jahre 1985 versteht und sich für beschwert erachtet, weil die belangte Behörde "diesen Veräußerungsvorgang als laufende Tätigkeit" qualifizierte, dessen Ergebnis also beim laufenden Gewinn und nicht als Teil eines 1985 erzielten und gemäß § 24 Abs. 4 und § 37 Abs. 2 Z. 2 EStG 1972 begünstigten Veräußerungsgewinnes durch Betriebsaufgabe (§ 24 Abs. 1 und 3 EStG 1972) erfaßte. Die Frage, ob 1985 überhaupt eine Betriebsaufgabe stattfand, erscheint vom Beschwerdepunkt nicht umfaßt, und dies umsoweniger, als ja das Finanzamt für 1985 eine solche Betriebsaufgabe ohnedies unterstellt sowie bei der Einkommensteuerfestsetzung berücksichtigt hatte und die belangte Behörde mit der in diesem Punkt abweisenden Berufungsentscheidung insoweit von der Einkommensteuerfestsetzung durch das Finanzamt nicht abwich. Der Beschwerdeführer stellt daher zu Recht die Frage in den Mittelpunkt, ob der Verkauf der von ihm entwickelten Tuchfaltanlage als Betriebsaufgabe (als den Aufgabegewinn beeinflussender Vorgang) oder als Bestandteil der laufenden Tätigkeit (als ein den laufenden Gewinn beeinflussender Vorgang) zu qualifizieren ist.

Zweck der Regelungen des § 24 im Zusammenhalt mit § 37 EStG 1972 über Veräußerungsgewinne ist es, die im Rahmen einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe massiert anfallenden außerordentlichen Gewinne zu begünstigen. Nicht geht es jedoch im Rahmen der §§ 24 und 37 EStG 1972 um eine Begünstigung solcher Geschäftsfälle, die zur normalen Geschäftstätigkeit des Steuerpflichtigen zählen, mögen sich auch im engen zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe stehen (vgl. die Urteile des Bundesfinanzhofes vom 25. Juni 1970, IV 350/64, BStBl. II Seite 719, vom 19. Mai 1971, IR 46/70, BStBl. II Seite 688, und vom 2. Juni 1981, IV R 136/79, BStBl. II Seite 798). Gleich dem Bundesfinanzhof sieht der Verwaltungsgerichtshof daher z.B. in jenen Gewinnen, die der Unternehmer aus dem Geschäftszweck entsprechenden Warenlieferungen an seine Kunden erzielt, laufende Gewinne und keinen Aufgabegewinn, auch wenn die Lieferungen während der Zeit der Aufgabehandlungen erfolgen. Die Gewinne sind noch Ausfluß der normalen Geschäftstätigkeit und nicht der Betriebsaufgabe.

Im Beschwerdefall ist in Rechnung zu stellen, daß der Beschwerdeführer einem Textilunternehmen jene Tuchfaltanlage veräußerte, deren Herstellung Gegenstand seines Unternehmens war. Die Veräußerung der Tuchfaltanlage an ein Textilunternehmen durch den Beschwerdeführer als Hersteller erfüllte unmittelbar den Zweck, zu dem er sein Unternehmen - die Herstellung der Tuchfaltanlage - betrieben hatte (siehe auch die Eingabe des Beschwerdeführers an die belangte Behörde vom 28. März 1988: ....

doch bestand der Betriebszweck .... einzig und allein darin, diese

Tuchfaltanlage zu entrichten und nach Möglichkeit auch zu veräußern"). Der Verkauf eines Produktes durch den Produzenten an einen Kunden gehört beim Produzenten zur normalen Geschäftstätigkeit, wobei es an dieser Betrachtung nichts ändert, ob die vorhandenen Ersatzteile sofort oder erst später geliefert werden. Der Verkauf des Produktes kann nicht deshalb der Betriebsaufgabe zugeordnet werden, weil der Hersteller nach dem Verkauf die Produktion einstellt; nur die Produktionsmittel, nicht das dem Unternehmenszweck entsprechend verkaufte Produkt, sind in einem solchen Fall Gegenstand der Betriebsaufgabe. Dies gilt auch dann, wenn der Hersteller insgesamt nur ein Erzeugnis - hier nur eine Tuchfaltanlage - herstellt und veräußert, weil auch die Veräußerung des einen Erzeugnisses zu einem zur "normalen" Geschäftstätigkeit des Herstellers zählenden Verkauf seines Produktes an einen Kunden führt. Auch bei einem Baumeister, der nur ein einziges Gebäude errichtet und dann verkauft, wäre der Verkauf ein "normaler" Geschäftsfall und kein Vorgang der Betriebsaufgabe.

Der Beschwerdeführer vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Wien, am 27. Juni 1989

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