VwGH 88/12/0060

VwGH88/12/006031.3.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Janistyn, über die Beschwerde des JZ in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs‑Kai 5, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 15. Februar 1988, Zl. I‑199175/74‑1‑87, betreffend Feststellung von Dienstpflichten, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56
AVG §6 Abs1
BDG 1979 §36 Abs2
BDG 1979 §37
BDG 1979 §45
BDG 1979 §49
GehG 1956 §25

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1988120060.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Amtsrat in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Burgenland; seine Dienststelle ist die Bezirkshauptmannschaft X, bei der ihm die Führung der Amtskasse obliegt.

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens hatte der Beschwerdeführer nach Ablegung der Beamtenaufstiegsprüfung (B‑Matura) und der Dienstprüfung für den gehobenen Rechnungs- und Verwaltungsdienst folgendes mit 17. Juli 1984 datiertes Schreiben an das Amt der Burgenländischen Landesregierung gerichtet:

„Da ich nunmehr seit 14. 6. 1984 in der Amtskasse beschäftigt bin und hier auch die üblicherweise anfallenden Arbeiten verrichte, habe ich meiner Meinung alle Voraussetzungen für die Überstellung in die Entlohnungsgruppe „b“ erfüllt....“

Mit Schreiben vom 5. Februar 1985 beantragte der Beschwerdeführer - nach seiner mit 1. Oktober 1984 erfolgten Überstellung in die Verwendungsgruppe B - unter Hinweis auf die ihm 1984 zuerkannte Fehlgeldentschädigung von monatlich S 225,-- und auch die „Gesamteinnahmen“ des Jahres 1984 (6,763 Mio S) eine Erhöhung dieser Fehlgeldentschädigung. Auf dieses Ansuchen teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, daß er schon den Höchstbetrag an Fehlgeldentschädigung erhalte. Einen neuerlichen Antrag stellte der Beschwerdeführer am 19. März 1985 unter dem Betreff „Fehlgeldentschädigung für Bundesstempelmarken“. Er führte in dem zuletzt genannten Antrag aus, daß der Verkauf von Bundesstempelmarken bei der Bezirkshauptmannschaft mit Erlaß der Landesamtsdirektion vom 2. Mai 1983 genehmigt worden sei und die Provision als Einnahme der Bezirkshauptmannschaft darzustellen sei. Da die Einnahmen aus diesem Titel 1984 über 3 Mio S betragen hätten, ersuche er um eine Fehlgeldentschädigung für Bundesstempelmarken.

Mit Schreiben vom 1. September 1986 ersuchte der Beschwerdeführer dann um bescheidmäßige Feststellung, ob der Verkauf von Bundesstempelmarken zu seinen Dienstpflichten gehöre, weil die Bundesstempelmarken-Einnahmen solche des Bundes seien, und weiters um bescheidmäßige Feststellung des Anteiles seiner Fehlgeldentschädigung für den Bundesstempelmarkenverkauf.

Da keine Erledigung dieses Feststellungsantrages durch die Dienstbehörde erster Instanz erfolgt war, stellte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. Juni 1987 einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde.

In der Folge wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. Jänner 1988 mitgeteilt, daß die Landesregierung beschlossen habe, ihm zusätzlich zur bereits bestehenden Fehlgeldentschädigung eine weitere für den Verkauf von Bundesstempelmarken ab 1. April 1985 zu gewähren.

Weiters erging der angefochtene Bescheid mit folgendem Inhalt:

„Gem. § 36 Beamten‑Dienstrechtsgesetz 1979 wird festgestellt, daß der Verkauf von Bundesstempelmarken zu Ihren Dienstpflichten gehört.

Begründung:

Auf Grund Ihrer dienstrechtlichen Stellung (Verwendungszweig „Gehobener Rechnungs- und Verwaltungsdienst“) gehört die Führung der Amtskassa und somit der Verkauf von Bundesstempelmarken zu Ihren gewöhnlichen Dienstverrichtungen.

Laut Auskunft der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Burgenland kann eine Bezirksverwaltungsbehörde jederzeit die Berechtigung zum Verschleiß von Bundesstempelmarken erwerben.

Da die Bezirkshauptmannschaft X über eine solche Verschleißberechtigung verfügt - die Verschleißtätigkeit erfolgt daher über Weisung des Bezirkshauptmannes ‑, obliegt die Wahrnehmung der damit verbundenen Agenden jenem Bediensteten, der mit der Führung der Amtskassa betraut ist.

Zum Ausgleich von Verlusten, die Ihnen durch entschuldbare Fehlleistungen für den Verschleiß von Bundesstempelmarken entstehen können, wurde Ihnen mit Beschluß der Landesregierung vom 6. November 1987, Zl. I‑867/98-1987, gem. § 20 a Gehaltsgesetz 1956 eine Fehlgeldentschädigung nach den Bestimmungen des Beschlusses der Landesregierung vom 13.11.1963, Zl. LAD/II‑447/2‑1963 in der Fassung des Beschlusses vom 31.8.1983, Zl. I‑1078/45‑1983, zuerkannt.“

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und kostenpflichtige Aufhebung begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, daß nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 36 BDG 1979 eine Tätigkeit als zu seinen Dienstpflichten gehörig festgestellt wird und er als Folge davon in seinem Recht auf Vergütung für Nebentätigkeit nach § 25 des Gehaltsgesetzes 1956 durch unrichtige Anwendung dieser Normen in Verbindung mit § 37 BDG 1979 sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt wird.

Zur primären Frage der Zulässigkeit des angefochtenen Feststellungsbescheides ist davon auszugehen, daß die Verwaltungsbehörden berechtigt sind, außerhalb ausdrücklicher gesetzlicher Einzelermächtigung im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit von Amts wegen Feststellungsbescheide über Rechte und Rechtsverhältnisse zu erlassen, sofern ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlaß hiezu gegeben ist und die Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. Unter diesen Voraussetzungen kommt auch den Parteien des Verwaltungsverfahrens die Berechtigung zu, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung ist und insofern im Interesse der Partei liegt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid wie im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Als subsidiärer Rechtsbehelf scheidet der Feststellungsbescheid jedenfalls dann aus, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen Verfahrens (mit einem das rechtliche Interesse abdeckenden Ergebnis) zu entscheiden ist (diesbezüglich vgl. das Erkenntnis vom 6. Februar 1989, Zl. 87/12/0112, und die dort weiters genannte Rechtsprechung und Literatur).

§ 36 des im Beschwerdefall als Landesgesetz anwendbaren Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 lautet:

„(1) Jeder Beamte, der nicht vom Dienst befreit oder enthoben ist, ist mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines in der Geschäftseinteilung seiner Dienststelle vorgesehenen Arbeitsplatzes zu betrauen.

(2) In den Geschäftseinteilungen der Dienststellen darf ein Arbeitsplatz nur für Aufgaben vorgesehen werden, die die volle Normalarbeitskraft eines Menschen erfordern. Soweit nicht zwingende dienstliche Rücksichten entgegenstehen, dürfen auf einem Arbeitsplatz nur gleichwertige oder annähernd gleichwertige Aufgaben zusammengefaßt werden.

(3) .........

(4) Der Beamte ist verpflichtet, vorübergehend auch Aufgaben zu besorgen, die nicht zu den Dienstverrichtungen der betreffenden Einstufung und Verwendung gehören, wenn es im Interesse des Dienstes notwendig ist.“

Der Beschwerdeführer beruft sich in seinem Vorbringen zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften insbesondere auf § 36 Abs. 2 BDG 1979. Er bringt im wesentlichen vor, daß auf seinem Arbeitsplatz eine Arbeitsquantität angehäuft werde, welche bereits - so wie früher - die Normalarbeitskraft zweier Beamter erfordere; dies sei auch bei einer Kontrolle durch die Landesbuchhaltung festgestellt worden. Die belangte Behörde habe sich in der Bescheidbegründung mit diesem Erhebungsergebnis nicht auseinandergesetzt, ansonst hätte sie erkannt, daß die zusätzliche Übertragung des Stempelmarkenverkaufs im Sinne des § 36 Abs. 2 BDG 1979 wegen Überschreitung der Belastungsgrenze für eine Normalarbeitskraft unzulässig sei.

Dem ist vorerst sachverhaltsmäßig entgegenzuhalten, daß es sich nach der Aktenlage und nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers beim Stempelmarkenverkauf um eine in der Amtskasse der BH X seit 1983 - aber damals vom Beschwerdeführer und einem C‑Beamten - ausgeübte, also nicht um eine nur dem Beschwerdeführer vor kurzem übertragene, zusätzliche Tätigkeit handelt. Maßgebend für die vom Beschwerdeführer behauptete Überschreitung der Belastungsgrenze ist nach seinem eigenen Vorbringen vielmehr das Abziehen des zweiten Kassenbeamten.

Abgesehen davon kann dem Beschwerdevorbringen hinsichtlich der behaupteten Rechtsverletzung auf der Grundlage des § 36 Abs. 2 BDG 1979 keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommen. Dem die der Beschwerde zugrundeliegende Rechtsauffassung, daß die Übertragung von weiteren dienstlichen Aufgaben über die Belastungsgrenze für eine Normalarbeitskraft nach § 36 Abs. 2 BDG 1979 hinaus unzulässig sei, steht im Gegensatz zu einer Reihe anderer dienst- und besoldungsrechtlicher Normen, insbesondere zu der Verpflichtung Überstunden zu leisten. Da zumindest aus dem im Beschwerdepunkt angezogenen § 36 Abs. 2 BDG 1979 kein Recht des Beamten auf Schutz vor Überlastung folgt, sondern nur eine Verpflichtung des Trägers der Organisationsgewalt, bei Erstellung der Geschäftseinteilung die Normalarbeitskraft zu berücksichtigen, normiert ist, liegt im Beschwerdefall, bezogen auf die genannte gesetzliche Regelung, weder ein Rechtsanspruch noch ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers vor. Durch die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung kann der Beschwerdeführer - bezogen auf § 36 Abs. 2 BDG 1979 - daher auch nicht wie behauptet in einem Verfahrensrecht verletzt worden sein.

Mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides wird aber eine über § 36 Abs. 2 BDG 1979 hinausgehende, auch die anderen Absätze der genannten Bestimmung umfassende Aussage getroffen.

Die Beschwerde macht als inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend, die Zuordnung des Stempelmarkenverkaufs zum Rechnungswesen an einer Bezirkshauptmannschaft sei völlig verfehlt. Weiters räumt der Beschwerdeführer zwar ein, daß die Vereinnahmung von Bargeld zu seinen gewöhnlichen Dienstverrichtungen bei der Führung der Amtskasse gehöre, verweist aber darauf, daß in anderen Bereichen Bedienstete, die häufig gar nicht mit der Führung von Kassengeschäften betraut seien, auf Grund besonderer Vereinbarungen gegen gesonderte Entlohnung den Bundesstempelmarkenverkauf durchführten. Er vertritt weiters die Auffassung, daß die Tätigkeit des Bundesstempelmarkenverkaufes lediglich als C-wertig einzustufen sei und vermeint, daß sie ihm nur als Nebentätigkeit im Sinne des § 37 BDG 1979 hätte übertragen werden können.

Nach § 37 Abs. 1 BDG 1979 können dem Beamten ohne unmittelbaren Zusammenhang mit den dienstlichen Aufgaben, die ihm nach diesem Bundesgesetz obliegen, noch weitere Tätigkeiten für den Bund in einem anderen Wirkungskreis übertragen werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Wertung einer Tätigkeit als Nebentätigkeit schon dann ausgeschlossen, wenn der Beamte eine Tätigkeit erbringt, die im Wirkungskreis seiner Dienststelle gelegen ist (vgl. in diesem Sinne das Erkenntnis vom 25. April 1988, Zl. 87/12/0041 und die dort weiters genannte Judikatur). Daß diese - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift vorbringt - im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erbrachte Serviceleistung des Bundesstempelmarkenverkaufs bei der Bezirkshauptmannschaft X etwa deshalb, weil der Vertrieb von Bundesstempelmarken auch durch Trafiken erfolgt, nicht auch im Rahmen der Bezirksverwaltungsbehörde erfolgen dürfte, hat der Beschwerdeführer gar nicht in Abrede gestellt. Viel mehr ergibt sich sowohl aus der Beschwerde als auch aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, daß der Beschwerdeführer den Bundesstempelmarkenverkauf seit Jahren im Zusammenhang mit der Führung der Amtskasse als eine seiner Dienststelle übertragene dienstliche Aufgabe ausgeübt hat. Bereits daraus folgt, daß die Annahme in der Beschwerde, es liege eine Nebentätigkeit vor, unberechtigt ist, weil die Wahrnehmung einer dienstlichen Aufgabe im Wirkungskreis der Dienststelle keine Nebentätigkeit darstellen kann.

Bei der Sachlage im Beschwerdefall kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß es sich bei der Tätigkeit des Bundesstempelmarkenverkaufes im Vergleich zu den sonstigen vom Beschwerdeführer zu besorgenden Kassengeschäften um eine inhaltlich wesentlich andere und, wie in der Beschwerde behauptet wird, unterwertige Verwendung im Sinne des § 36 Abs. 4 BDG 1979 handle. Im übrigen hat der Beschwerdeführer selbst als Begründung für seine Überstellung in die Verwendungsgruppe B seine Tätigkeit in der Amtskasse, die damals bereits mit dem Bundesstempelmarkenverkauf betraut war, ins Treffen geführt.

Die solcherart unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen.

Wien, am 31. März 1989

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